Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren, Mitglieder des Hohen Hauses! Ich bitte darum, die Plätze einzunehmen. Wir hatten vereinbart, um 10 Uhr zu beginnen. Nunmehr ist es bereits 10.05 Uhr.
Hiermit eröffne ich die 75. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt der sechsten Wahlperiode. Dazu heiße ich die Mitglieder des Hohen Hauses und die Gäste des Hauses herzlich willkommen.
- Ich bitte darum, die Plätze einzunehmen und den Geräuschpegel zu senken, um die Arbeitsfähigkeit zu gewährleisten.
Es gibt Entschuldigungen von Mitgliedern der Landesregierung. Mit Schreiben vom 8. Oktober 2014 bat die Landesregierung, für die 37. Sitzungsperiode folgende Mitglieder zu entschuldigen: Herr Ministerpräsident Dr. Haseloff entschuldigt sich an beiden Sitzungstagen ganztägig wegen der Teilnahme an der Jahreskonferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder in Potsdam.
Herr Staatsminister Robra entschuldigt sich an beiden Sitzungstagen ganztägig wegen der Teilnahme an der Jahreskonferenz der Regierungschefinnen und Regierungschef der Länder in Potsdam.
Herr Minister Bullerjahn entschuldigt sich heute ab 13 Uhr wegen der Teilnahme an der Sitzung des Risikoausschusses der NordLB in Hannover.
Herr Minister Stahlknecht entschuldigt am Freitag bis 15.30 Uhr wegen der Teilnahme an einer Besprechung der Innenminister und -senatoren der Länder zur Sicherheitslage und Flüchtlingssituation in Deutschland auf Einladung des Bundesministers des Inneren Dr. Thomas de Maizière in Berlin. - Weitere Entschuldigungen liegen nicht vor.
Ich komme zur Tagesordnung. Die Tagesordnung für die 37. Sitzungsperiode liegt Ihnen vor. Die Fraktionen der CDU, DIE LINKE, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben fristgemäß ein Thema zur Aktuellen Debatte eingereicht, das unter Tagesordnungspunkt 19 in die Tagesordnung aufgenommen wurde. Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat soll die Beratung darüber am Freitag an erster Stelle erfolgen. Der ursprünglich für Freitag an erster Stelle vorgesehene Tagesordnungspunkt wird somit an zweiter Stelle beraten. - Gibt es weitere Anmerkungen zur Tagesordnung?
Wir möchten anregen, die Tagesordnungspunkte 9 und 10 zu tauschen. Dies ist bereits zwischen den Fraktionen abgestimmt worden.
Vielen Dank, Herr Kollege Striegel. - Wir können feststellen, dass einvernehmlich verabredet worden ist, die Tagesordnungspunkte 9 und 10, über die heute im Verlauf des Nachmittags beraten wird, in der Reihenfolge zu tauschen. - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann können wir so verfahren.
Zum zeitlichen Ablauf möchte ich Sie darüber informieren, dass am heutigen Abend eine parlamentarische Begegnung des Ministeriums für Wissenschaft und Wirtschaft des Landes SachsenAnhalt und des EU-Hochschulnetzwerkes Sachsen-Anhalt im Gebäude der NordLB stattfindet. Zu diesem Gespräch am heutigen Abend sind Sie alle herzlich eingeladen.
Endbericht des Zeitweiligen Ausschusses „Grundwasserprobleme, Vernässungen und das dazugehörige Wassermanagement“
Bericht Zeitweiliger Ausschuss „Grundwasserprobleme, Vernässungen und das dazugehörige Wassermanagement“ - Drs. 6/3268
Als Berichterstatterin hat nunmehr die Vorsitzende des zeitweiligen Ausschusses Frau Abgeordnete Take das Wort.
Frau Take, Berichterstatterin des Zeitweiligen Ausschusses „Grundwasserprobleme, Vernässungen und das dazugehörige Wassermanagement“:
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe heute die ehrenvolle Aufgabe, dem Hohen Haus den Endbericht über die Arbeit des Zeitweiligen Ausschusses „Grundwasserprobleme, Vernässungen und das dazugehörige Wassermanagement“ vorzulegen.
Nach dreijähriger Arbeit hat der zeitweilige Ausschuss mit der Sitzung am 25. Juni 2014 seine Tätigkeit beendet. In der 34. Sitzung des Landtages am 15. November 2012 haben wir Ihnen einen Zwischenbericht vorgelegt. In der Drs. 6/3268 liegt Ihnen nunmehr der umfangreiche Endbericht zur Kenntnisnahme vor.
Ich möchte zunächst noch einmal auf die Ausgangslage Ende 2010/Anfang 2011 eingehen, um Ihnen die damaligen Verhältnisse in Erinnerung zu rufen. Gleichzeitig komme ich auch auf grundlegende Ursachen für die aufgetretenen und teilweise noch aktuell andauernden Problemlagen zu sprechen.
Hunderte Hektar unter Wasser stehende Ackerflächen, stellenweise überflutete Verkehrswege und Schäden an baulichen Anlagen und Grundstücken waren Ende 2010/Anfang 2011 sichtbarer Ausdruck dafür, dass die Aufnahmefähigkeit der Böden für weitere Niederschläge erschöpft war.
Landesweit verzeichneten die Messstellen historische Grundwasserhöchststände. Vielerorts klagten die Bürger über unter Wasser stehende Keller. Ein Mann, der es mit Galgenhumor nahm, fuhr mit dem Boot monatelang durch seinen Garten.
Die naturräumliche Lage des Landes Sachsen-Anhalt hat seit Jahrhunderten, insbesondere in den Flussbereichen der Urstromtäler von Elbe, Saale, Mulde sowie Schwarzer und Weißer Elster, zu hohen Grundwasserständen und Vernässungen geführt.
Verstärkt wurden die naturräumlichen Gegebenheiten auch in der Vergangenheit durch aperiodisch auftretende Extremniederschlags- und Hochwasserereignisse, in deren Folge die Grundwasserstände anstiegen und zu großflächigen Vernässungen führten.
Mit der Zunahme der Bevölkerungszahlen und einsetzender Industrialisierung zu Beginn des 19. Jahrhunderts ging auch eine intensivere Nutzung der Grundwasserressourcen einher. So stieg die Wasserförderung sowohl für die Nutzung als Trinkwasser als auch für die Brauchwassernutzung für die sich stetig entwickelnde Industrie.
Dieser Entwicklungstrend setzte sich im Land Sachsen-Anhalt bis gegen Ende des 20. Jahrhunderts fort. Die Folge waren größere Grundwasserflurabstände, sodass das Gefährdungsrisiko für Vernässungen gering war.
Bedingt durch wirtschaftliche und strukturelle Änderungen in den 90er-Jahren, aber auch verstärkt durch die demografische Entwicklung führten ein bewussterer Umgang der Menschen mit dem Gut Wasser, die Einstellung bzw. der Rückgang der Wasserförderung und die Zuleitung von Trinkwasser aus Talsperren in weiten Gebieten zum Grundwasseranstieg und zur Vernässung von Äckern und Nutzflächen. Extremwetterlagen und die Flutung ehemaliger Kohletagebaue verschärften die Situation.
Im Verlaufe dieses Jahres haben wir eine lange Trockenperiode hinter uns, aber die prekäre Lage, die vorher bestand, kann sich jederzeit wiederholen.
Wasser ist Segen und Fluch zugleich. Ohne Wasser dürstet die Natur, kümmert die Ernte, leidet der Mensch.
Wir haben in den letzten Jahren aber erschreckend gesehen, was Wasser alles anrichten kann. An dieser Stelle rede ich nicht nur von den schrecklichen Hochwasserereignissen, die uns in den letzten Jahren gleich zwei Mal ereilten, sondern auch und vor allem von den Problemen, die die Menschen mit nassen Kellern, vollgelaufenen Garagen, schimmelnden Wänden und Schlammmassen haben, die sich durch ihre Orte wälzen.
Ich denke an die Bauern, die durch die Nässe wichtigen Boden für den Anbau von Nahrungsgütern verloren haben und die für ihre Tiere nicht genug Futter ernten können, weil ihre Flächen unter Wasser stehen und nicht befahren werden können.
Seit Beginn unserer Ausschusstätigkeit war und ist es unser erklärtes Ziel, die Betroffenen mit ihren Sorgen und Nöten nicht allein zu lassen. Ich bin davon überzeugt - und ich denke auch im Namen des gesamten Ausschusses sprechen zu können -, dass uns dies zu großen Teilen gelungen ist.
Dieser Eindruck wurde uns in zahlreichen Gesprächen mit Betroffenen, mit Kommunen und Bürgerinitiativen trotz noch bestehender Probleme vermittelt. Vielen Dank für ihr Vertrauen.
Ich möchte nun auf die wesentlichen Teile unserer Ausschusstätigkeit eingehen, damit Sie, sehr geehrte Kollegen, einen Eindruck von unserer Arbeit erhalten. Die Tätigkeit des Vernässungsausschusses war, gemäß Einsetzungsbeschluss, geprägt durch umfangreiche Sachstandsermittlungen, Ursachenanalysen und die Formulierung von Schlussfolgerungen und Empfehlungen zu zentralen Handlungsfeldern, und zwar im Zusammenhang mit hohen Grundwasserständen, Vernässungen und Erosionen.
In der ersten Phase unserer Tätigkeit besuchten wir an acht Sitzungstagen die Regionen, die besonders stark von Vernässung betroffen waren. Einzelne Abgeordnete - und das aus allen Fraktionen - führten gesonderte Besuche und Gespräche durch, wofür sie vom Ausschuss ermächtigt wurden.
In der zweiten Phase ließen wir uns von der Landesregierung die Pilotprojekte in den Bereichen Magdeburg, Schönebeck, Dessau-Roßlau und Halle (Saale) vorstellen. Wir erörterten den im Dezember 2011 vorgelegten Bericht der Landesregierung über eingeleitete Maßnahmen im Umgang mit hohen Grundwasserständen und Vernässungen in Sachsen-Anhalt.
Wir wirkten mit bei der Umsetzung der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für Maßnahmen zur Beseitigung oder Minderung sowie
Wir erörterten den Sachstand zum Finanzierungsbedarf im Zuge des Darlehensprogramms der Investitionsbank „Sachsen-Anhalt modern“ zur Unterstützung von Privatpersonen, die ihr Eigentum nach Vernässung sanieren mussten. Wir sahen uns die Anträge von Gemeinden und Gebietskörperschaften an, die einen Umfang von über 500 000 € hatten, und empfahlen sie dem Finanzausschuss zur Genehmigung.
An dieser Stelle einen herzlichen Dank an die Mitarbeiter der Landesanstalt für Altlastenfreistellung und hier besonders an Herrn Keil und Frau Schafranka für ihre umsichtige Arbeit und Bereitschaft, die Antragsteller zu beraten und ihnen bei der Erstellung prüfungsfester Anträge zur Seite zu stehen.
Im Rahmen der Ursachenergründung zu hohen Grundwasserständen und Erosionen befasste sich der Ausschuss mit Fragestellungen wie der Unterhaltung an Gewässern erster und zweiter Ordnung, der Melioration von Staunässeflächen in der Landwirtschaft, den Auswirkungen von Wasser- und Winderosionen in der Fläche, dem Einfluss von Nasskiesabbau auf das Grundwasserregime, den Einflüssen von ehemaligen Braunkohletagebauen und des Altbergbaus auf das Grundwasserregime, den Folgen des aktiven Bergbaus auf das Grundwasserregime und den Auswirkungen des vorbeugenden Hochwasserschutzes auf das Grundwassermanagement.
Im Zusammenhang mit den genannten Problemlagen ergab sich für den zeitweiligen Ausschuss eine Reihe von Handlungsfeldern, die unter Mitwirkung von Experten aus Ministerien, Fachbehörden, Verbänden und Vereinen sowie Forschungseinrichtungen umfänglich erörtert wurden.
Im Ergebnis der Ursachenanalyse wurden Schlussfolgerungen gezogen und Handlungsempfehlungen gegeben. Einige Beispiele dazu.
Demografische und sozioökonomische Entwicklung. Aufgrund der zu erwartenden Bevölkerungsentwicklung werden Strukturveränderungen im Bereich der städtischen und dörflichen Infrastruktur, insbesondere der Wasserver- und Abwasserentsorgung, unausweichlich sein. Diese Maßnahmen der Daseinsvorsorge werden mit erheblichen finanziellen Aufwendungen verbunden sein. Deshalb müssen größere Anpassungsmaßnahmen auf der Basis einer gesicherten Datengrundlage umgesetzt werden.
Wichtig ist darüber hinaus, dass die Landesentwicklungsplanung als Instrument der Daseinsvorsorge konsequent fortgeschrieben und an die aktuelle Entwicklung angepasst wird.
Klimawandel. Der Klimawandel wird kurz- und langfristige Auswirkungen auch auf das Wassermanagement von Oberflächen- und Grundwässern sowie die Land- und Bodennutzung haben. Die konkreten Folgen des Klimawandels sind derzeit noch nicht genau zu verifizieren. Einerseits wird es im Land Sachsen-Anhalt zu einem Überangebot von Grundwasser kommen, andererseits werden Regionen im Land von einer Verknappung betroffen sein.
Um die zukünftige Entwicklung besser erfassen zu können, sind die regionalen Klimaszenarien hinsichtlich der Auswirkungen auf das Wassermanagement zu verbessern sowie die Bewirtschaftungsverhältnisse den sich verändernden hydrologischen und hydrogeologischen Verhältnissen anzupassen.