Ursula Helmhold

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Last Statements

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Rösler hat eben - -
- Herr Dr. Rösler
hat eben in seiner Rede darauf hingewiesen, dass ich einen Zwischenruf dazu gemacht habe, was wir heutzutage unter „Normalfamilie“ zu verstehen hätten. Ich möchte dazu nur Folgendes anmerken: Ich habe 1978 geheiratet. Ich habe zwei Kinder, die 1982 und 1984 geboren sind. Ich werde am 27. Januar 2008 meinen 30. Hochzeitstag begehen. Ich glaube, das ist mehr, als mancher hier im Haus von sich behaupten kann.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Prüssner, ich hatte bei Ihrem Vortrag ein bisschen das Gefühl, dass Sie das selbst nicht so richtig glauben, was Sie hier erzählen; denn ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass Sie uns hier als Frau in dieser Debatte allen Ernstes erzählen wollen: Die Besten kriegen den Job. - Damit teilen Sie uns eigentlich ziemlich deutlich mit, die Frauen müssten sich nur ein kleines bisschen mehr anstrengen - oder sie sind dann wohl doch zu blöd, um all die Ämter zu übernehmen, in denen heute noch die Männer sitzen.
Meine Damen und Herren, schauen Sie sich einmal um: Kabinett, Staatssekretäre, schauen Sie sich diese Seite des Hauses an, schauen Sie sich
die Liste an, die die FDP aufgestellt hat! Offensichtlich sind in Ihrer Partei nur 10 % der Frauen gut genug, um auf den ersten zehn Plätzen der Landesliste zu erscheinen.
Diese Botschaft haben wir hier eben bekommen. Frau Prüssner, ich glaube Ihnen nicht, dass Sie das in Wirklichkeit ernst meinen.
Meine Damen und Herren, ich stelle hier teilweise große Erregung - übrigens vor allen Dingen bei den Herren der Schöpfung - fest,
wenn wir über das Betreuungsgeld und auch über die Abschaffung des Ehegattensplittings reden. Natürlich ist das nicht schön, meine Herren. Das kann ich mir schon vorstellen; denn Sie wissen ja, was Ihnen blüht, wenn mehr Frauen berufstätig werden: Da bricht zu Hause die Versorgung weg! Das hat Mann natürlich nicht so gerne.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei diesem Plenum ist die Zeit, um neben anderen Feldern auch über fast fünf Jahre schwarz-gelbe Sozialpolitik Bilanz zu ziehen.
Erinnern wir uns daran zurück, wie es 2003 mit Ihrer sozialpolitischen Dramaturgie anfing:
Der Finanzminister hatte sein Image als harter Maxe fest im Blick und hat das gesamte Kabinett zur Ablieferung hoher Millionenbeträge gezwungen. Das war im Sozialhaushalt, in dem der Anteil der freiwilligen Leistungen naturgemäß prozentual sehr gering ist, allerdings ganz besonders
schlimm. Das Motto war: Was wir zu Beginn einer Wahlperiode an Schweinereien durchziehen, wird am Schluss vielleicht vergessen sein. Die damalige Sozialministerin musste im Prinzip mit der Ketten
säge durch die sozialpolitische Landschaft in Niedersachsen gehen.
Der härteste Schnitt war die nahezu komplette Streichung des Landesblindengeldes. Ausgerechnet an den blinden Menschen wollten Sie ein symbolisches Exempel äußerster Sparsamkeit statuieren, meine Damen und Herren. Sie wollten blinde Menschen wieder zu Fürsorgeempfängern machen, machten aber glücklicherweise die Rechnung ohne die beispiellose Solidarität der Niedersächsinnen und Niedersachsen, die Sie dazu
zwangen, diese Beschlüsse wieder zurückzunehmen. So musste Frau Ross-Luttmann den Trümmerhaufen, der ihr hinterlassen wurde, auffegen und den Kompromiss eingehen, den sie mit uns und dem Landesblindenverband schon anderthalb Jahr vorher hätte finden können.
Sie haben den Einrichtungen der Behindertenhilfe eine harte Nulldiät verordnet. Behinderte Menschen wurden zur Sparbüchse Ihrer Haushaltspolitik. Das ist mehr als schäbig gewesen. Dass Sie sich heute damit brüsten, das Gleichstellungsgesetz für Behinderte quasi in letzter Minute im letzten Monat hier beschlossen zu haben, gereicht Ihnen doch wahrlich nicht zur Ehre.
Die Ihnen mit der Föderalismusreform ebenfalls zufallende Aufgabe, das Heimgesetz auf Landesebene neu zu regeln, haben Sie vorsichtshalber nicht einmal angefasst.
Der Verkauf der Landeskrankenhäuser sollte weitere Haushaltslöcher stopfen. Es gab dafür weder ein psychiatriepolitisches Konzept noch eine psychiatriepolitische Notwendigkeit. Auch hier haben wir Ihnen Brücke über Brücke gebaut, Sie sind aber nicht darüber gegangen. Ob am Ende Ihre fiskalische Rechnung aufgeht, wage ich angesichts der weitgehenden Zusagen, die Sie den Investoren gemacht haben, deutlich zu bezweifeln. Es bleibt dabei: Der Verkauf war haushaltspolitisch überflüssig, psychiatriepolitisch mehr als leichtfertig und verfassungsrechtlich höchst bedenklich, meine
Damen und Herren.
Aber an Watschen von Verfassungsgerichten haben Sie sich ja zwischenzeitlich geradezu gewöhnt.
Mit der Abschaffung und Kommunalisierung des Pflegewohngeldes gaben Sie dem Drängen des Landkreistages nach, und die Folgen für die alten Menschen in Niedersachsen nahmen Sie leichtfertig in Kauf. Sie geben jede Steuerungsmöglichkeit aus der Hand, ebenso die Möglichkeit einheitlicher landesweiter Standards. Viel mehr Menschen - es sind über 12 000 - fallen in die Sozialhilfeabhängigkeit. Genau das sollte eigentlich im Alter vermieden werden. Die Sozialhilfeträger zwingen
zunehmend weniger betuchte alte Menschen in Mehrbettzimmer. Meine Damen und Herren, es ist unwürdig, im Alter zwangsweise in einem Mehrbettzimmer leben zu müssen. Dies haben Sie zu verantworten.
Um die Sicherung der Zahl der Fachkräfte in der Altenpflege drücken Sie sich sehenden Auges. Dass Sie sich weigern, mit der Wiedereinführung der Umlagefinanzierung für gerechte Bedingungen innerhalb der Ausbildungsbetriebe zu sorgen und vor allen Dingen die Ausbildung langfristig zu sichern, wird sich noch bitter rächen.
- Das ist kein rechtliches Problem, Herr Böhlke. Es ist inzwischen ausgeklagt, dass die Umlage erhoben werden kann.
Überhaupt haben Sie das rechtzeitige Umsteuern vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung verschlafen. Das zeigte sich nicht nur in der Ablehnung zahlreicher Anträge unserer Fraktion zur demografischen Entwicklung, das zeigt sich am deutlichsten in Ihrer fünf Jahre währenden Weigerung, in das Bund-Länder-Programm „Stadtumbau West“ einzusteigen. Gerade hier hätten Sie beweisen können, dass Sie die Zeichen der Zeit erkannt haben und die Kommunen aktiv auf die kommenden Herausforderungen vorbereiten wollen. Stattdessen haben Sie viel Zeit, Geld und Energie in eine Demografie-Enquetekommission gesteckt, die letztlich bereits bekannte Erkenntnisse zusam
mengetragen hat, was in eine Enzyklopädie der Unverbindlichkeiten mündete.
Zu Ihrer Negativbilanz gehört auch die Aufkündigung der von Ihnen immer so bezeichneten partnerschaftlichen Sozialpolitik mit den Wohlfahrtsverbänden; Herr Schwarz hat darauf hingewiesen. Sie haben mehrmals die Lotto- und Toto-Mittel um
insgesamt 25 % gekürzt. Jetzt legen Sie 5 % drauf und brüsten sich damit.
Sie haben allein bei den globalen Minderausgaben über 100 Millionen Euro aus dem Sozialhaushalt genommen und brüsten sich jetzt damit, 50 Millionen Euro draufgelegt zu haben. Meine Damen und Herren, Sie verhalten sich doch so wie jemand, der einem das Schwein wegnimmt und einen Monat später ein Kotelett zurückgibt. So kann man mit den Verbänden nicht umgehen.
Wir haben Ihnen gesagt, dass die Einstellung der landesweiten Fachstelle für Wohnraumberatung falsch ist. Jetzt haben Sie sie zurückgenommen und wollen das unter dem neuen Emblem Niedersachsenbüro wiederbeleben. Ich freue mich ja, dass Sie unsere Vorschläge aufnehmen und jetzt den von uns geforderten Sozialfonds umsetzen wollen, den wir Ihnen im Juni zum ersten Mal vorgeschlagen haben. Sie haben sich ja sechs Monate lang in dieser Frage tot gestellt, sodass wir uns schon gewundert haben, ob Sie sich dazu noch jemals mucksen wollen. Ansonsten interessiert Sie, meine Damen und Herren, die zunehmende Armut in diesem Land jedoch herzlich wenig. Sie wollen davon so wenig wie möglich wissen. Deswegen gibt es mit Ihnen keine Sozialberichterstattung. Wie die Koalitionsfraktionen hier mit den Wohlfahrtsverbänden umgegangen sind - Sie haben sie über ein Jahr lang hingehalten, immer wieder einmal Gespräche geführt und versichert, sie dächten darüber nach; passiert ist aber nichts -, das ist mehr als schäbig.
Auf eine Initiative zur Erhöhung der Regelsätze wenigstens für Kinder können wir noch lange warten. Aber dies passt natürlich zu Ihrer Schulpolitik insgesamt.
Dass Ihre frauenpolitische Bilanz im tiefroten Bereich landet, können Sie nicht bestreiten. Herr Schwarz hat dazu bereits einiges gesagt. Bei Ihnen wird eben aus Frauenpolitik Familienpolitik. Dies greift zu kurz. Warme Worte ersetzen nicht Gleichstellungsstrukturen, die wir noch dringend brauchen.
Meine Damen und Herren, wir werden die Zeit bis zum 27. Januar nutzen, das kollektive Gedächtnis der Niedersächsinnen und Niedersachsen in der Frage Ihrer sozialpolitischen Bilanz aufzufrischen. Darauf seien Sie gefasst! - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Managerabfindungen und -gehälter haben in den vergangenen Jahren wirklich schwindelerregende Höhen erreicht. Das immer stärkere Auseinanderklaffen der Bezüge am oberen Ende und der geringen Einkommen am anderen Ende ist inzwischen zu einer ernsthaften Bedrohung der Grundlagen unseres gesellschaftlichen Konsenses
geworden. Während die Bezüge der DAXVorstandschefs - dabei sind Aktienoptionen nicht eingerechnet - in den vergangenen vier Jahren um 62 % anstiegen, mussten sich Arbeiter und Angestellte mit lumpigen 2,8 % zufriedengeben. Während über 600 000 Menschen selbst von einem Vollzeitarbeitsplatz nicht leben können, schieben sich die Vorstände deutscher Unternehmen immer höhere Millionenbeträge zu.
In diesen Männerbünden hat sich in den letzten Jahren eine Kultur der Schamlosigkeit breitgemacht. Man will und bekommt exorbitante Gehälter, ohne bereit zu sein, selbst das geringste Risiko zu tragen. Das Risiko tragen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer allein. Der frühere Vorstandsvorsitzende von DaimlerChrysler setzte riesige Investitionssummen in den Sand, und zum Dank erhielt er einen Extrabonus von geschätzten 50 Millionen Euro aus Aktienoptionen. Das ist kein goldener Handschlag mehr; dieser Handschlag ist schon eher aus Platin. Ich finde das unanständig.
Je mehr Arbeitsplätze abgebaut werden, desto höher ist der Bonus der Vorstände. Das ist die Logik des Systems. Je mehr Niedriglöhne vom Steuerzahler subventioniert werden, desto besser ist es für die Aktienkurse. Diese Logik finde ich pervers.
Eine Kaste hebt ab - so schrieb der Spiegel in dieser Woche. Ich glaube das nicht. Da hebt niemand mehr ab. Da leben Menschen längst auf einem anderen Planeten.
Es ist Zeit, über diese Unanständigkeiten offen zu reden. Vor allen Dingen muss die Debatte über Mindestlöhne weitergeführt und zu Ende gebracht werden. Ich finde es unerträglich, wie z. B. die FDP hier reflexhaft reagiert und Mindestlöhne automatisch mit Arbeitsplatzabbau gleichsetzt.
- Kommen Sie mir nicht mit den Entlassungen bei Axel Springer, Herr Bode! Es ist doch schlicht nicht richtig, wenn Sie behaupten, die PIN-Group entlasse Hunderte von Mitarbeitern, weil sie als Tochterunternehmen nicht in der Lage sei, Mindestlöh
ne zu zahlen. Das ist schlicht die Unwahrheit. Tatsächlich gab es schwerwiegende Fehler im Management der PIN-Gruppe. Über 50 Millionen Euro sind versenkt worden, und zwar ohne Mindestlöhne; denn diese gibt es überhaupt noch nicht.
An dieser Stelle ist der Schlingerkurs des Ministerpräsidenten überhaupt nicht nachvollziehbar. Wir wissen immer noch nicht genau, Herr Wulff, ob Sie ein bisschen für den Mindestlohn oder ein bisschen dagegen sind. Sie erzählen das eine, und Herr Rösler erzählt das andere. Am 20. Dezember wird im Bundesrat über Mindestlöhne abgestimmt. Wer sich nicht auf den Erpressungsversuch der PIN-Group einlässt, wer dafür ist, dass Menschen Löhne beziehen, von denen sie auch leben können, der muss am 20. Dezember dafür stimmen, dass es in diesem Lande endlich Mindestlöhne gibt. Herr Ministerpräsident, das erwarte ich von Ihnen und von Ihrer Regierung.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem die Kollegen von der CDU und auch der Kollege Schwarz aus Besuchergruppen an diesen Prozessen relativ unbeteiligte Personen zitiert haben, möchte ich doch noch einmal sagen, wie es bei Ihren eigenen Funktionsträgern vor Ort aussieht.
In Schaumburg war gemäß einer Zeitungsmeldung vom 10. November der Kollege Schwarz auf einer Veranstaltung der FDP und lobte das dreigliedrige Schulsystem. Ich zitiere:
„Renate Jobst, Kreisvorsitzende der FDP, sah für die Schulsituation vor Ort andere Ansätze als der Landtagsabgeordnete. Eine Stärkung der
Hauptschule würde nicht angenommen.“
Am selben Tag in den Schaumburger Nachrichten über die CDU Lindhorst:
„‚Wir können nicht umhin, auch mit ins Boot zu gehen’. Das hat gestern Dietmar Hasemann, der CDU-Fraktionsvorsitzende in der Samtgemeinde Lindhorst betont. Mit dem ‚Boot’ meint er die mittlerweile drei Bewerber im Kreis für neue Gesamtschul-Standorte. Dazu muss nach Meinung des CDU-Politikers auch Lindhorst gehören.“
Ich finde, das sind interessante Befunde. Ihre eigenen Leute gehen Ihnen doch inzwischen vor Ort von der Fahne, nämlich dort, wo es brennt.
Eines noch: In Wirklichkeit gibt es noch 17 Länder mit diesem streng gegliederten System. Das sind 16 deutsche Bundesländer, es ist Österreich, und dazu kommen noch ein paar kleine Kantone in der Schweiz.
Dieses Modell ist ein Auslaufmodell, meine Damen und Herren!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur einen einzigen Satz. Herr McAllister, da Sie hier dieses Bündnis für Dreigliedrigkeit vorgestellt haben, kann ich nur sagen: Mein Eindruck ist, dass zu den größten Befürwortern der Hauptschule in diesem Land diejenigen gehören, die ihre eigenen Kinder auf keinen Fall dorthin schicken würden.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Heineking, angesichts der Aufreihung, die Sie uns hier eben geboten haben, kann ich eigentlich nur ein ehemaliges Mitglied dieses Landtags zitieren: Mit Gänsen redet man nicht über Weihnachten. - Diese Truppen, die Sie hier eben aufgezählt haben, sind für mich wirklich nicht relevant.
Ich möchte Ihnen einmal eines sagen: Die Menschen in Niedersachsen kaufen Energiesparbir
nen. Sie schalten ihre Stand-by-Geräte ab. Die kaufen sich neue Elektrogeräte nur mit höchster Energieeffizienz. Und warum machen sie das? Sie wissen, dass jede lange Reise mit dem ersten Schritt beginnt. Das heißt auch, dass ein ehrgeiziges CO2-Einsparungsziel damit beginnt, dass man alle erdenklichen Schritte geht. Das Tempolimit ist dabei natürlich ein großer Schritt, Herr Heineking. Ich weiß nicht, ob Sie in Ihrem Auto eine Anzeige haben, die Ihnen immer sagt, wie viel Benzin Sie bei bestimmten Geschwindigkeiten verbrauchen. Jeder Mensch, der das hat, wird Ihnen sagen, dass es ein großer Unterschied ist, ob man 130 km/h fährt oder weiter auf das Gaspedal tritt und
180 km/h fährt.
Dann steigt der Verbrauch exponentiell. Je mehr Benzin man verbraucht, desto mehr CO2 wird in die Luft abgegeben. Das ist so klar wie Kloßbrühe. Da können Sie noch so viel erzählen.
Das sagt Ihnen jeder Mensch. Das weiß man ganz einfach.
Eines noch: Der Polizeipräsident Klosa ist ja inzwischen so weit, dass er neben der A 2 aus lauter Verzweiflung Holzkreuze aufstellt.
Die Feuerwehren haben auch die Nase voll davon, immer die Unfallopfer zusammenzukratzen. - Danke schön.
Danke schön, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Frau Lorberg, ich finde es schwierig, wenn Sie hier eine Rede auf der Grundlage des Bleiberechts halten. Das, worüber wir hier diskutieren wollen, ist nicht das Bleiberecht, sondern es geht hier um ein Gnadenrecht für die Menschen,
bei denen sozusagen alle anderen Regelungen, auch das Bleiberecht, versagt haben. Das darf man in dieser Diskussion nicht durcheinanderwerfen.
Aber ich sage Ihnen eines: Sie können doch hier nicht wegreden, dass zwei Mitglieder der Härtefallkommission, weil die Bedingungen dieser Kommission so schlecht sind, sagen: Wir können unsere Arbeit nicht mehr weiterführen, wenn die Hürden so hoch sind, dass ein Mensch in diesem Bundesland praktisch überhaupt kein Härtefall werden kann.
Es hat in einem Jahr fünf Anerkennungen durch die Härtefallkommission gegeben, und das waren etwa 7 % aller Eingaben. Das ist doch nicht in Ordnung.
Frau Lorberg, Sie haben eben von unserem Weltbild gesprochen. Unser Weltbild hier ist zutiefst christlich. Da halten wir es mit der Schrift, und darin steht: Was du dem Geringsten meiner Brüder angetan hast, das hast du mir getan. - Das ist genau das, was wir von einer Härtefallkommission erwarten. Das sollten Sie vielleicht ganz besonders gut wissen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, was Ihnen durch den Kopf ging, als Sie die Fotos des Finanzministers im Cockpit der Phantom F4 gesehen haben. Vielleicht haben die männlichen Kollegen schnell weitergeblättert, während sie vor Neid erblasst sind. Vielleicht haben die weiblichen Kolleginnen etwas genauer hingeguckt. Damit wäre wohl aufgegangen, was sich der Kollege Möllring von seinem
Spaßausflug gewünscht hat: Erstaunen, Bewunderung, vielleicht auch ein kleines bisschen Neid. Einmal im Leben Kampfjet fliegen - davon träumt wahrscheinlich doch jeder ganze Kerl. Herr Ministerpräsident, kennen Sie das auch, diese unbändige Lust, einmal im Leben Freiheit und Abenteuer über den Wolken? - Zum Glück war zufällig auch noch ein Fotograf in der Nähe. So entstanden der Schnappschuss im Cockpit und noch ein paar andere dazu: der Minister in der Fliegerkombi, mit und ohne Helm, breitbeinig und windzerzaust, lässig auf der Tragfläche seiner persönlichen Air Force One,
sozusagen ein bisschen der Robert Redford für Arme.
Das Motto lautete: Ein Minister hebt ab. Was kann denn schon dabei sein?
Aber Spaß beiseite, meine Damen und Herren. Es stellt sich doch die Frage, was das eigentlich für eine Veranstaltung war. Zuerst hieß es, der Minister habe sich einen Jugendtraum erfüllt. Dann hieß es, er wollte sich einmal einen Eindruck von der Belastung der Truppe verschaffen. Nun heißt es sogar, der Flug sei Ausdruck der innigen Verbundenheit mit der Bundeswehr.
Heißt das, wer Phantom fliegt, zeigt sich mit der Bundeswehr verbunden, und im Umkehrschluss, wer nicht Phantom fliegt, ist mit der Bundeswehr nicht verbunden? Oder müssen wir es sogar so interpretieren: Wer höher, länger oder schneller fliegt, ist der Bundeswehr mehr verbunden? Oder ist man der Bundeswehr im U-Boot vielleicht noch ein bisschen mehr verbunden, weil Fahren im U-Boot etwas gefährlicher ist? - Ich weiß es nicht. Das müssen Sie einmal erklären.
Herr Minister, Sie haben wahrscheinlich gelesen, was die Menschen in Niedersachsen zu diesem Ausflug sagen: Peinlich, geschmacklos, abgehoben im wahrsten Sinne des Wortes, eine Dreistigkeit.
Eines ist sicher: Es gibt einen großen Unterschied zwischen den Jugendträumen des Ministers und den Träumen von jungen Menschen in Niedersachsen. „Mit 17 hat man noch Träume“, heißt es im Schlager. „Mit 17 kann man noch hoffen, da sind die Wege noch offen.“ Dies gilt aber nicht in Niedersachsen. Viele junge Menschen haben ihre Träume, Wünsche und Hoffnungen - und diese sind sicherlich bescheidener als die des Ministers längst aufgegeben.
Zu wenig Kitas, zu volle Klassen, zu viele Schulabbrecher, viel zu wenig Lehrstellen, Studiengebühren, Kinderarmut, Abschiebung von Kindern und Jugendlichen, die sich nichts weiter wünschen - das sind bescheidene Wünsche -, als dort zu leben, wo sie ihr Leben lang gewesen sind, wo sie zur Schule gegangen sind und wo sie ihren Lebensmittelpunkt haben - das ist die Realität für Kinder und Jugendliche in Niedersachsen.
Von dem Wunsch nach Chancengleichheit will ich gar nicht erst reden, den Sie mit Ihrem gegliederten Schulsystem überhaupt nicht erfüllen. Chancen - sofort verpasst! Wie viel Enttäuschung, wie viel Angst ist bei den Kindern und Jugendlichen mit ihrer Lebensrealität verbunden! Mit 17 haben sie ihre Träume in Niedersachsen schon längst aufgegeben, jedenfalls viele von ihnen.
Angesichts all dessen schwadronieren Sie, Herr Minister, im Zusammenhang mit einem Düsenjäger von erfüllten Jugendträumen. Ich meine, die Menschen in Niedersachsen sind darüber zu Recht empört. Jegliche Bodenhaftung ist abhanden gekommen, so heißt es in einem Leserbrief in der Neuen Presse.
Übersetzt heißt das für mich: Arroganz der Macht.
Eine Lehrerin hat mir neulich erzählt, dass sie ihre kostbare Zeit dafür verwenden muss, bei jeder Bestellung von Material oberhalb einer geringfügigen Summe drei Angebote einzuholen. In der kostbaren Zeit, in der sie eigentlich unterrichten und sich um die Kinder kümmern sollte, muss sie wegen des Gebots der Sparsamkeit herumtelefo
nieren und E-Mails schreiben. Der Finanzminister aber lässt sich spazieren fliegen. Sie wissen doch überhaupt nicht mehr, was in diesem Land los ist!
Gestatten Sie mir noch einen Satz. - Verehrter Herr Möllring, gestehen Sie es einfach einmal ein: Das war ein dicker Fehler, das war eine Bruchlandung, das ist wirklich dumm gelaufen. Bezahlen Sie Ihre Rechnung und verschonen Sie die Niedersachsen in Zukunft mit Ihrem Zynismus! Den Rest werden dann hoffentlich die Wählerinnen und Wähler erledigen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich ja, dass der Minister moderate Töne angeschlagen und seinen Fehler zugegeben hat.
- Das ist vorbildlich. Noch vorbildlicher wäre es allerdings,
wenn er die Konsequenz zöge, zu sagen, dass dies nicht in Ordnung gewesen sei. Er hat ja zugegeben, dass man nicht unbedingt fliegen muss, um Verbundenheit mit der Bundeswehr zu demonstrieren, so wie es die grünen Politikerinnen und Politiker seit vielen Jahren halten.
- Herr Althusmann, bei Ihnen konnte eben regelrecht der Eindruck entstehen, dass man mitfliegen müsse, weil man ansonsten mit der Bundeswehr nicht verbunden sei. Angesichts dessen frage ich mich allerdings, warum nicht das gesamte Kabinett zwangsverpflichtet wird, einmal Phantom zu fliegen, um mit der Bundeswehr verbunden zu sein.
Spaß beiseite, das hat der Finanzminister überhaupt nicht gesagt.
Meine Damen und Herren, wir müssen festhalten, dass wir uns hier im Landtag alle mit der Bundeswehr verbunden fühlen. Aber welches öffentliche Interesse besteht tatsächlich daran, dass unter Einsatz von Steuermitteln der Niedersächsische Finanzminister in einem Kampfjet mitfliegt? Ich glaube nicht, dass die Bundeswehr geradezu gequengelt hat, dass der Minister mitfliegt. So hat er es eben auch nicht dargestellt.
Noch einmal: Die Menschen in Niedersachsen interessiert es nicht, wie der Finanzminister aussieht, wenn die Zentrifugalkräfte an ihm zerren und ziehen. Aber die Menschen in Niedersachsen interessiert, ob sich ein Minister an die Regeln hält. Nach meiner Auffassung haben Sie sich nicht an die Regeln gehalten.
Sie haben sich als Minister einen Flug spendieren lassen, was nach dem Ministergesetz nicht zulässig ist.
Natürlich haben Sie sich nebenher auch noch moralisch blamiert. Wir erwarten, dass Sie dieses Geld zurückzahlen. Übrigens hätten Sie sich und den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern den
teuren Gesundheitscheck ersparen können; denn die Frage, ob bei Ihnen noch alle und vor allem die politischen Reflexe richtig funktionieren, ist nach dieser Luftnummer eindeutig beantwortet.
Das ist mir jetzt egal, Uwe. Die Uhr läuft, und deshalb fange ich an.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir verabschieden heute als letztes Bundesland ein Gleichstellungsgesetz für Menschen mit Behinderung. Die Geschichte dieses Gesetzes reicht bis ins Jahr 1996 zurück. In diesem Verlauf haben sich die jeweils Handelnden wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. Die damalige SPD-Regierung legte ihren Gesetzentwurf nach langem Hin und Her im Dezember 2002 vor. Damit war klar, dass er wegen des kurz bevorstehenden Endes der Wahlperiode nicht mehr beschlossen werden konnte, d. h. er verschwand erst einmal sofort im Papierkorb.
Nach dem Regierungswechsel kündigte Frau von der Leyen forsch an, jetzt komme aber bald ein Gesetzentwurf zur Gleichstellung behinderter
Menschen. Aber daraus wurde nichts.
Sie entschwand nach Berlin und hinterließ ihrer Nachfolgerin ein sozialpolitisches Chaos, u. a. die Großbaustelle Landesblindengeld und die Leerstelle des nicht vorhandenen Gleichstellungsgesetzes. Frau Ross-Luttmann kam nun die Aufgabe zu, die Hinterlassenschaften aus dem Feuer zu holen: erst das Landesblindengeld, dann das
Gleichstellungsgesetz.
Das ging zwar auch nicht ganz reibungslos, aber am Ende haben wir heute einen Gesetzentwurf, der akzeptabel ist. Allerdings gleicht es eher einem Wunder, dass das bis heute noch geklappt hat;
denn wer den ersten Gesetzentwurf der Landesregierung aus dem Frühjahr gelesen hat, der konnte nur noch mit dem Kopf schütteln. Es war ein Entwurf für ein Gleichstellungsgesetz light, der, wie es das Bündnis für ein Gleichstellungsgesetz sehr richtig formuliert hat, eine sozialpolitische Bankrotterklärung gegenüber den Belangen behinderter Menschen darstellte. Kritik fand insbesondere die Aussparung der Kommunen von jeglichen Verpflichtungen, z. B. zur Herstellung von Barrierefreiheit. Auch gab es mehr Kann- als Sollvorschriften. Ein Verbandsklagerecht war nicht vorgesehen.
Nach Vorlage dieses zahnlosen Entwurfes gab es einen Sturm der Entrüstung, und, was ich richtig finde, der Gesetzentwurf wurde geändert, sehr verbessert. Gemeinsam mit den Verbänden, mit dem Landesbehindertenbeauftragten und der Opposition wurde dieser Gesetzentwurf so nachgefüttert, dass man jetzt davon sprechen kann, dass es ein echtes Gleichstellungsgesetz ist.
Endlich werden nun auch die Kommunen in die Ziele des Gesetzes verbindlich eingebunden. Örtlich sollen Behindertenbeiräte eingerichtet werden, Stimmzettelschablonen werden obligatorisch, das Verbandsklagerecht ist enthalten, das Anrecht auf Gebärdendolmetscher wurde präzisiert. Dieser
neue Entwurf wurde vom Landesbehindertenbeauftragten wie auch vom Landesbehindertenrat ausdrücklich begrüßt. In den Beratungen wurde deutlich, dass die Koalitionsfraktionen auch sehr offen für Vorschläge der Opposition waren. Ich danke ausdrücklich für die Zusammenarbeit in vielen Punkten.
Mehrere Präzisierungen und Klarstellungen erfolgten auf unseren Vorschlag hin, u. a. dass Hochschulen jetzt verbindlich Menschen mit Hör- und Sprachbehinderung eine besondere Art der Prüfung ermöglichen müssen. Sogar noch nach den Beratungen im Ausschuss wurden seitens der Koalitionsfraktionen Verbesserungen in den Entwurf eingearbeitet. Inzwischen können wir davon sprechen, dass dieses Gesetz den berechtigten Forderungen der Menschen mit Behinderungen Genüge tut.
Gleichwohl fanden einige behindertenpolitische
Anliegen keinen Eingang in den Gesetzentwurf. Das Thema der integrativen Erziehung in Kindergärten und Schulen ist leider vollständig ausge
spart worden. Hierbei werden wir darauf achten, dass dieser Anspruch in der nächsten Wahlperiode bei den anstehenden Änderungen des Niedersächsischen Schulgesetzes weiter verfolgt wird.
Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Antwort auf unsere Anfrage zur Integration behinderter Kinder in die Regelschulen erbracht hat, dass in den letzten Jahren sogar mehr Kinder an Förderschulen überwiesen wurden als zuvor. Das können wir naturgemäß nicht gutheißen.
Bei der Herstellung von Barrierefreiheit lässt das Gesetz noch relativ viele Ausnahmen und Relativierungen zu. Dadurch besteht die Gefahr, dass die Barrierefreiheit tatsächlich auf den Sankt
Nimmerleins-Tag verschoben werden könnte. Wir hätten uns gewünscht, dass es hier mehr Verpflichtungen gegeben hätte und vor allen Dingen auch Zielvereinbarungen.
Letztlich sind wir aber bereit, diese Bedenken zurückzustellen und mit unserer Zustimmung zu diesem Gesetz deutlich zu machen, dass es jetzt mit Hilfe der Betroffenen und der Opposition gemeinsam gelungen ist, ein vernünftiges Gesetz zu schreiben, das sich nicht hinter den anderen Landesgesetzen zu verstecken braucht.
Die aus unserer Sicht noch nicht hinreichend gelösten Probleme sollten bei der vorgesehenen Überprüfung des Gesetzes besondere Aufmerksamkeit finden.
Bei Abwägung aller Gesichtspunkte haben wir uns als Oppositionsfraktion daher entschlossen, dem Gesetzentwurf - bei Berücksichtigung der in unserem Änderungsantrag vorgeschlagenen zwei Änderungen- zuzustimmen. Über weitere Änderungen werden wir sicherlich in der nächsten Wahlperiode sprechen müssen.
„Wir sind nicht behindert, wir werden behindert“, erklären uns die Betroffenen seit Jahrzehnten. Mit der heutigen Abstimmung werden wir in Niedersachsen zumindest einen großen Schritt zu mehr
gleichberechtigter Teilhabe gemeinsam gehen
können. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Jahre 2050 wird ein Drittel der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land 60 Jahre und älter sein. Gleichzeitig wird der Anteil der Menschen über 65 Jahren doppelt so groß sein wie der der Menschen unter 20 Jahren. Das ist ein Trend oder eine Entwicklung, die man nicht mehr stoppen oder verändern kann. Das ist Tatsache.
Zahlreiche gerontologische Studien beweisen, dass Menschen mit steigendem Alter nicht gleicher werden, sondern dass sich eher die Ungleichheiten zwischen ihnen verstärken, auch wenn sie manchmal in der öffentlichen Wahrnehmung als homogene Gruppe gelten. „Die Alten“ - das ist beileibe nicht so. Es ist sehr wichtig, dass wir diese Vielfalt erkennen und akzeptieren und Rahmenbedingungen schaffen, damit sich auch im Alter diese Vielfalt entfalten kann. Ich meine, heute passiert tatsächlich zu wenig. Ältere wollen ebenso wie Jüngere am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Sie wollen sich engagieren, ihr Wissen einbringen, sich weiterbilden usw. Im Gegensatz zu mancher Annahme gibt es keine magische Grenze, bei deren Überschreitung plötzlich Stillstand angesagt wäre. Das wäre ja zu vermuten, wenn man sich z. B. die willkürlichen Altersbegrenzungen für Schöffen oder z. B. für die Besetzung von Wahlausschüssen ansieht.
Fähigkeitsverluste und Gebrechlichkeit sind natürlich an kein Alter gebunden, auch wenn sie in bestimmten Altersgruppen manchmal gehäuft auftreten. Es gibt Jüngere, die nicht durchblicken, und es
gibt Ältere, die nicht durchblicken. Das ist an kein kalendarisches Alter gebunden.
Viele Menschen haben Angst vor dem Alter. Das zeigen Umfragen, und das muss zu denken geben. Das hängt mit den Erfahrungen zusammen, die sie in dieser Gesellschaft machen. Das hängt mit dem zusammen, was die SPD heute zum Thema gemacht hat, nämlich mit Altersdiskriminierung. Sie hat zahlreiche Formen, das wird in der Begründung aufgeführt. In welchem Umfang sie vorkommt, ist schwer abzuschätzen. Es gibt darüber leider keine Untersuchungen.
Dies ist im Moment ein gesellschaftspolitisches Thema. Der Blick auf den Arbeitsmarkt reicht völlig aus, um zu verstehen, warum die Verunsicherung so groß ist. Es ist die Jungendzentriertheit in den Unternehmen, über die wir bereits gestern debattiert haben. Dort herrscht eine ungeheure gesellschaftliche Ausgrenzung von älteren Menschen, eine Diskriminierung, die auch angesichts des demografischen Wandels und der Tatsache, dass wir die älteren Menschen als Fachkräfte mit ihrem reichen Erfahrungswissen auf dem Arbeitsmarkt dringend brauchen, völlig unverständlich ist. Es reicht an dieser Stelle nicht aus, dass die Bundesregierung immer nur die „Initiative 50plus“ beschwört und Mehrgenerationenhäuser zum Allheilmittel erklärt. Nein, Bundes- wie Landesregierung sind gefordert, systematisch alle Politikfelder daraufhin durchzugehen, wo Diskriminierung von älteren Menschen stattfindet und wie man ihr wirksam entgegenwirken kann. Übrigens diskriminiert auch Altersarmut; sie führt dazu, dass Menschen nicht mehr teilhaben können, was insbesondere für Frauen gilt.
Die Änderungen des Sozialgesetzbuchs II, die von Herrn Beck gerade vorgeschlagen worden sind, nämlich die Verlängerung des Anspruchs, ALG I zu beziehen, und ein erleichterter Zugang zu einer wieder eingeführten Erwerbsunfähigkeitsrente, wären allerdings aus meiner Sicht für diese notwendige neue Kultur der Altersarbeit vollkommen kontraproduktiv und leisteten erneut der kollektiven Frühverrentung und damit dem Altersbild Vorschub, die Älteren seien für den Arbeitsmarkt nicht mehr tauglich und müssten daher möglichst schnell aus ihm herauskatapultiert werden. Dies ist in diesem Zusammenhang nicht hinnehmbar, auch das ist Altersdiskriminierung.
Die SPD knüpft mit ihrem Entschließungsantrag an das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz an und fordert ein Landesprogramm. Man könnte natürlich ebenso gut über ein Ausführungsgesetz des Landes nachdenken. Darüber sollten wir im Ausschuss sorgfältig reden, sofern wir dazu überhaupt noch kommen sollten. Ich habe allerdings den Eindruck - das tröstet mich ein bisschen -, dass die Medien sich zunehmend dieses Themas annehmen. In Wirklichkeit ist es ein gesellschaftliches Problem; ihm entgegenzutreten erfordert Zivilcourage und bürgerschaftliches Engagement. Streiten wir gemeinsam dafür, dass sich dies verbessert. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hatte im Zusammenhang mit der Änderung der NGO, der NLO und des Gesetzes über die Region Hannover mehrfach betont, die Frauenbeauftragten keinesfalls abschaffen, sondern stärken zu wollen. Es bestehe sogar zukünftig eine Pflicht zur Berufung einer Gleichstellungsbeauftragten für alle Kommunen.
Der Ministerpräsident sagte zu, dass es in den CDU-geführten Kommunen in der Regel bei der Hauptamtlichkeit bleiben werde.
Tatsächlich haben sich die Beschäftigungsverhältnisse und Arbeitsbedingungen der Frauen- bzw. Gleichstellungsbeauftragten in vielen Kommunen bereits dramatisch verändert.
- Sie können doch gleich sprechen, Herr Althusmann. Seien Sie nicht so aufgeregt. Wir fangen doch erst an.
In Lüneburg beispielsweise soll die derzeitig hauptamtlich beschäftigte Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises künftig gleichzeitig hauptamtlich beschäftigte Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Lüneburg mit jeweils einer halben Stelle werden.
Bisher stand in jeder der beiden Verwaltungen jeweils eine volle Stelle dafür zur Verfügung.
Wir fragen die Landesregierung:
1. Welche Erkenntnisse liegen ihr darüber vor, in welchem Umfang und in welcher Form sich die Beschäftigungsverhältnisse der Gleichstellungsbeauftragten verändert haben?
2. Wie definiert sie ein „hauptamtliches“ Beschäftigungsverhältnis, und wie beurteilt sie die Unklarheiten, die diesbezüglich in verschiedenen Kommunen bei den Beschäftigungsverhältnissen der Gleichstellungsbeauftragten aufgetreten sind?
3. Wie bewertet sie die Tatsache, dass aufgrund der sich abzeichnenden Entwicklung die Behauptung, dass die Bedeutung der Gleichstellungsbeauftragten durch die erwähnten Gesetzesänderungen von 2005 gestärkt wurde, nicht aufrechterhalten werden kann?
Herr Kollege Riese, als ich Ihre Frage gehört habe, ist mir doch der Text des Liedes von Johanna von Koczian in den Sinn gekommen: „Das bisschen Haushalt macht sich von allein.“ - So ähnlich kann man bei Ihrer Frage nach einem quantitativen Zusammenhang zwischen der Zahl der in der Gleichstellung erbrachten Stunden und der erreichten Gleichstellung denken: Auch das bisschen Gleichstellung macht sich offensichtlich nebenher. - Ich frage mich, ob das auch für andere Bereiche in der Verwaltung gilt. Man könnte ja fragen, ob es einen
Zusammenhang z. B. zwischen dem erreichten Denkmalschutz und den in diesem Bereich erbrachten Stunden gibt. Da fiele mir eine ganze Menge ein. Aber: Spaß beiseite.
Ich stelle fest, dass die Ministerin die Beantwortung von großen Teilen unserer Fragen schuldig geblieben ist. Deswegen werde ich einen Teil der Antworten liefern:
2003 gab es in Niedersachsen 184 hauptamtliche Frauenbeauftragte. Zum Stichtag 1. Juni 2006 - Frau Ministerin sagte eben, sie habe damals umfangreiche Informationen vorgelegt; sie hat es aber unterlassen, zu sagen, dass sie das getan hat, weil wir damals eine Anfrage gestellt haben und eine Bilanz haben wollten - sind aus diesen 184 146 hauptamtliche Frauenbeauftragte geworden. Zum Stichtag 23. Juli 2007 gibt es noch 129. Es ist unschwer zu erkennen, dass in den Kommunen ein Drittel der hauptamtlichen Frauenbeauftragten abgeschafft worden ist.
Ich frage die Landesregierung: Wie soll der Verfassungsauftrag der Gleichstellung - er ist ja noch immer nicht verwirklicht worden - verwirklicht werden, wenn Sie die Instrumente im Land derartig schwächen?
Frau Ministerin, in der Diskussion im Jahr 2005, als es um die Schwächung und Abschaffung der kommunalen Frauenbeauftragten ging, habe ich Ihrer Vorgängerin abgenommen, dass sie ehrlich versucht hat, sich gegen die Pläne des Innenministers zu wehren. Bei Ihnen war das leider nicht der Fall; denn Sie haben damals - ich erinnere mich gut daran - eine flammende Verteidigungsrede für die Abschaffung und Schwächung der kommunalen Frauenbeauftragten gehalten.
Genau so ist diese Diskussion heute weitergegangen, meine Damen und Herren.
Sie stehen hier Seit‘ an Seit‘ mit dem Innenminister und schwächen die Frauen, obwohl Sie etwas ganz anderes tun sollten.
Indem Sie uns immer erzählen, man könne das Ehrenamt und das Hauptamt gleichstellen, versuchen Sie, der Bevölkerung und diesem Parlament lauwarmes braunes Wasser als heiße Schokolade mit Sahne zu verkaufen. Damit kommen Sie aber nicht durch, Frau Ministerin!
Was ist eigentlich Ihre Aufgabe? - Ich habe einmal versucht, das nachzuvollziehen. Man braucht sich ja nur hier im Parlament umzugucken - auch Sie haben es eben gesagt -: 20 % auf der Regierungsbank sind Frauen, auf Staatssekretärsebene ist es genau das Gleiche.
Ist Ihnen bekannt, Frau Ministerin, dass von den 26 Abteilungsleiterposten in den niedersächsischen Ministerien gerade einmal sechs mit Frauen besetzt sind und von den vieren in der Staatskanzlei überhaupt keiner? Wo sehen Sie in der Landesverwaltung eigentlich Ihre Aufgabe, als Frauenministerin tätig zu werden?
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Zachow, Sie haben gesagt, die Grünen seien in dieser Frage im Abseits. Wenn man von Fußball nun aber ein wenig versteht, dann weiß man, dass sich derjenige im Abseits befindet, der am weitesten vorn und somit am dichtesten am Tor ist.
In diesem Fall sind wir am dichtesten bei den Kommunen. Am vergangenen Freitag hat die Landesregierung ihren Umweltstaatssekretär zu einem Treffen - - -
Sehr gern. Wenn die Uhr angehalten würde, wäre das gut.
Lieber Herr Kollege Dürr, Tatsache ist, dass der, der im Abseits steht, vorne ist. Darin geben Sie mir sicherlich recht.
Ich möchte jetzt aber nicht über Fußball diskutieren, sondern über die Versalzung der Weser.
Was Sie hier machen und mit dem gemeinsamen Antrag vorschlagen, ist ein Scheingefecht und dem derzeitigen Wahlkampf geschuldet. Wirklich ins Gefecht gehen in dieser Frage aber die 21 Kommunen, die gegen die erteilte Einleitungsgenehmigung klagen. Meiner Meinung nach lassen Sie die Kommunen mit dem gefassten Beschluss im Regen stehen, Herr Brockmann. Ich verstehe auch nicht so ganz, dass die SPD die Belange der Kommunen sozusagen hochhält, aber unserem Änderungsantrag, der darauf abzielt, die Klage der Kommunen zu unterstützen, nicht beitritt. Das kann ich nicht ganz nachvollziehen.
Wir fordern die Landesregierung auf: Unterstützen Sie die Kommunen; denn wir hoffen sehr, dass das Gericht feststellt, dass die Einleitungserlaubnis aus dem Jahr 2003 nicht dazu missbraucht werden darf, für die nächsten 700 bis 1 000 Jahre immer wieder neue Salzfrachten zu genehmigen.
Wir müssen jetzt für oder gegen die Kommunen und vor allem auch für oder gegen das Überleben der Weser Stellung beziehen.
Meine Damen und Herren, dieses Problem soll doch jetzt dem Wahlkampf geopfert werden. Dieses Problem soll vom Tisch. Darauf zielt dieser Antrag ab. Auch im Beschlussvorschlag heißt es wieder, dass die Versalzung von Werra und Weser nach der Wende von 28 000 mg Chlorid auf 2 500 mg gesenkt wurde. Das ist ja richtig. Man muss aber eines bedenken: K+S hat für diese Senkung der Salzfracht mehr als 100 Millionen an Staatsgeldern bekommen. Dieses Geld hat auch Niedersachsen bezahlt. Was aber ist passiert? - In Thüringen sind die Werke dichtgemacht worden, und Kali und Salz hat einfach so weitergemacht. Mein Eindruck ist der, dass Kali und Salz die Politik hintergangen und gegebene Zusagen nicht eingehalten hat. Deshalb glaube ich auch, dass man an dieser Stelle sehr sorgfältig sein muss und Kali und Salz nicht auffordern sollte, eine andere Lösung zu suchen. Das wird nicht funktionieren. Das wird nur dazu führen, dass man sagt: Hier gibt es keinen erhöhten Grenzwert.
Wir dürfen nicht dulden, dass Kali und Salz auf Kosten der Umwelt derart agiert. Es ist doch so, dass die Bodenabbauindustrie - egal, ob Kohle, Torf, Gestein oder Gips - immer noch glaubt, sie könne endlos so weitermachen und auf Kosten der Natur dicke Konzerngewinne einfahren. Schon jetzt werden täglich bis zu 200 Lastwagenladungen an die Werra gefahren und in sie hineingekippt. Das ist ein Frevel an der Natur und ein Frevel an der Weser. Diesen Frevel kann man hier mit lauwarmen Entschließungen auch nicht schönreden.
Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, ich kann die Motive, die Sie bewogen haben, der Beschlussvorlage der Regierungsfraktionen zuzustimmen, bei bestem Willen nicht nachvollziehen. Sie nehmen eine ganz weiche Position ein, Herr Brockmann. Sie haben eben dagegenargumentiert. Sie können sich jetzt noch besinnen. Stimmen Sie unserem Änderungsantrag im Interesse der Weser, im Interesse der Natur und der Menschen an der Weser sowie im Interesse der klagenden Kommunen zu. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Rechtsextremismus ist in unserer Gesellschaft keine Randthema mehr. Es häufen sich Naziaufmärsche wie an diesem Wochenende in Hildesheim unter der Führung des bekannten
Neonazis Christian Worch. Jürgen Rieger sammelt Immobilien: ein geschenktes Haus in Rodenberg, der Versuch des Hotelkaufs in Delmenhorst und jetzt der Kauf des Bahnhofs in Melle. In Hannover musste der Landesparteitag der NPD genehmigt werden. Rechtsextreme Parteien sitzen in drei Landesparlamenten und haben bei den letzten Kommunalwahlen zahlreiche Mandate errungen.
Die Zivilgesellschaft wehrt sich - mit Aufrufen, Demos und bunten Aktionen. Das ist richtig, das ist gut. Aber reicht das aus? - Meine Damen und Herren, ich fürchte, dass die zivilgesellschaftlichen Anstrengungen nicht mehr ausreichen. Es gibt keinen Mangel an Initiativen und Aufrufen gegen rechts. Trotzdem weht die NPD-Fahne über dem Bahnhof in Melle. Das ist unerträglich, meine Damen und Herren.
Nach Mode, Musik und Internet haben die Rechten im Moment eine neue Strategie: Sie versuchen, sich in die Mitte der Gesellschaft zu schleichen. Sie geben Hausaufgabenhilfe, sie machen kulturelle Angebote, sie bieten Freizeitgestaltung für Jugendliche an, sie singen in Chören, sitzen in Kirchenvorständen und in den Parlamenten. Dadurch erscheinen sie manchem als quasi legitimiert.
Genauso wie Bürgerinnen und Bürger sind viele Kommunen verunsichert: Wie ist mit diesen Menschen in den Parlamenten umzugehen? - Und: Was nicht verboten ist, ist erlaubt. - Das scheint eine Formel zu sein, mit der man sich an dieser Stelle behilft. Wie soll man schließlich auch erklären, dass eine Partei, deren Programm erwiesenermaßen menschenverachtend und verfassungswidrig ist, gewählt wird und in Parlamenten sitzen kann? Wie soll man erklären, dass dieser Staat dieser Partei 1,8 Millionen Euro aus Steuergeldern geben muss, damit sie ihre Infrastruktur ausbauen und ihre verfassungsfeindlichen Hetztiraden finanzieren kann? Sie erhalten Fraktionskostenzuschüsse, Wahlkampfkostenrückerstattungen, Sitzungs- und Fraktionsgelder. Meine Damen und Herren, damit finanziert diese Gesellschaft quasi Rechtsextreme! Das halte ich für falsch.
Ich möchte dieses Geld lieber für den Kampf gegen rechts, für Aufklärung, Information und pädagogische Arbeit ausgeben.
Meine Damen und Herren, ich weiß, dass man rechte Gesinnung nicht verbieten kann. „Freiheit ist immer auch die Freiheit der Andersdenkenden“, sagte eine deutsche Kommunistin. Das ist richtig. Rechte Gesinnung kann man nicht verbieten. Aber ich meine, diese Gesellschaft hat die Pflicht, dafür zu sorgen, dass dieser Gesinnung kein parlamentarisches Spielbein gegeben wird, dass sie nicht salonfähig gemacht wird und dass sie vor allem nicht noch Steuergelder für ihre verfassungsfeindliche Arbeit erhält.
Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind ein sehr hohes Gut, das ich nicht leichtfertig preisgeben will. Aber es gibt keinen vernünftigen Zweifel daran, dass die NPD und die mit ihr sympathisierenden Schlägerhorden unsere demokratische Ordnung sofort abschaffen würden, wenn man sie denn ließe.
Wenn das so ist, dann kann ein Verbotsverfahren nicht daran scheitern, dass zu viele V-Leute in der NPD wirken. Dies würde das Ziel des Einsatzes dieser V-Leute ja geradezu auf den Kopf stellen. Es stellt sich die Frage, was dieser Einsatz gebracht hat, wenn die rechte Bewegung in den letzten zehn Jahren trotzdem ihre Sammlungsbewegung konsolidieren und ihre Strategien zur Rekrutierung ihrer Mitglieder verfeinern konnte. Sie konnte ihre Strategie der „national befreiten Zonen“ entwickeln, die Zahl ihrer Provokationen, Aufmärsche und Veranstaltungen steigern und sich in den Parlamenten breitmachen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, es hilft nichts, den politischen Kampf gegen die juristische Auseinandersetzung zu stellen. Unsere Gesellschaft braucht beides: Sie braucht die starke Zivilgesellschaft, die der rechten Brut überall da, wo sie auftritt, stark entgegentritt und sagt: Das wollen wir nicht. - Wir brauchen Aufklärung und viel pädagogische Arbeit. Aber wir brauchen auch den politischen Willen, die scharfe Waffe des Rechtsstaates gegen seine stärksten Feinde zu ziehen.
Die NPD, meine Damen und Herren, ist keine demokratische Partei. Man darf sie nicht in Ruhe lassen. Man darf sie nicht noch stützen oder womöglich den Eindruck erwecken, sie könnte gleichberechtigt mit uns in den Parlamenten sitzen.
Der Präsident des Niedersächsischen Staatsgerichtshof, Professor Jörn Ipsen, hat es in einem Interview wie folgt ausgedrückt: Man muss verfassungsfeindliche Parteien insbesondere dort bekämpfen, wo sie ihren größten Einfluss haben - also in den Parlamenten.
Lassen Sie uns gemeinsam dafür werben, dass die Voraussetzungen für einen neuen Anlauf für ein Verbot geschaffen werden. An die Landesregierung richte ich die Aufforderung, im Bundesrat eine Initiative dafür auf den Weg zu bringen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich bemüht, in meiner Einbringungsrede zur Aktuellen Stunde keine Schärfe in die Debatte zu bringen; denn ich glaube, dafür ist dieses Thema
zu wichtig. Aber wenn der Innenminister hier geradezu versucht, den Eindruck zu erwecken, wir hätten kein Problem,
dann kann ich das nicht unwidersprochen lassen. Ich sage nur: Wir haben in letzter Zeit eine Häufung des Problems.
Ich sage nur die Stichworte Bad Lauterberg, Schaumburg, Kameradschaften, Hildesheim, Göttingen, Hannover, Dörverden, Melle. Es gibt eine steigende Zahl von rechtsextremen Gewalttaten. Wir können doch nicht so tun, als ob das, was hier bislang passiert ist, ausreicht! Die Zivilgesellschaft ist wichtig. Aber ganz offensichtlich reicht das nicht aus.
Ich sage Ihnen eines: Dass der Verbotsantrag vor dem Verfassungsgericht gescheitert ist, hat nichts damit zu tun, dass diese Partei nicht verfassungsfeindlich wäre. Das ist nie geprüft worden. Das war nie Gegenstand der Verhandlungen. Der Antrag ist doch nur formal abgelehnt worden. Wir können doch nicht aus Angst vor dem Scheitern eines zweiten Verbotsverfahrens nur dasitzen wie das Kaninchen vor der Schlange und sagen: „Da können wir jetzt aber nichts mehr machen, weil wir Angst haben, dass das nicht klappt“. Das Gegenteil ist richtig. Wir müssen alles tun, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass es beim nächsten Mal klappt.
Dazu gehört natürlich auch, dass der Innenminister und diese Landesregierung ihre Hausaufgaben machen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Schünemann, die ungewohnte Fragefreudigkeit der Koalitionsfraktionen an dieser Stelle und die hektische Betriebsamkeit gegen Ende lassen mich doch - -
Ich kann nicht umhin, mir die Frage zu stellen, ob diese ungewohnte Fragefreudigkeit und die Neigung, Fragen zu Selbstverständlichkeiten zu stellen, nicht etwas damit zu tun hat
- oh, was sind Sie aufgeregt; ich scheine recht zu haben -,
dass Sie gerne vermeiden wollen, dass die zweite Frage, die mein geschätzter Kollege Professor Hans-Albert Lennartz gestellt hat, an die Reihe kommt. Diese Frage beschäftigt sich damit, dass der Ministerpräsident - ziemlich allein in der Republik - einen Vorstoß gestartet hat, bereits 18Jährigen den Besitz von großkalibrigen Waffen zu ermöglichen.
Ich frage die Landesregierung: Habe ich recht mit der Einschätzung, dass die Behandlung dieser Frage äußerst unangenehm gewesen wäre?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, ich möchte noch einmal darauf zurückkommen, dass wir in vielen Debatten, die wir hier geführt haben, immer einer Argumentation von Ihnen dahin gehend ausgesetzt waren, wir bräuchten 200 Betten im Maßregelvollzug. Das war eines der Argumente für die Privatisierung. Wir haben allerdings schon immer darauf hingewiesen, dass ein großer Teil dieser Betten von den Einrichtungen bereits aus eigener Kraft geschaffen worden ist. Nun haben Sie hier eben gesagt, dass nicht mehr die Ansage gilt: Wir müssen verkaufen, weil wir diese 200 Betten aus eigener Kraft nicht schaffen können. - Bisher hieß es immer, man brauche einen starken Partner. - Jetzt sollen plötzlich 70 bis 80 Betten vom Land selber geschaffen werden, wofür 18 Millionen Euro vorgesehen sind. Damit ist im Grunde all das, was uns hier immer erzählt wurde, hinfällig geworden. Ich finde, das ist tatsächlich skandalös, weil der Verkauf hier im Prinzip unter einem völlig falschen Vorzeichen durchgeführt worden ist.
Sie haben uns immer gesagt: Wir brauchen 200 Betten, aber diese können wir nicht bezahlen. - Jetzt stehen aber doch 18 Millionen Euro zur Verfügung.
Ich komme jetzt zur Frage. Ist es richtig, dass in den Verhandlungen den neuen privaten Trägern der forensischen Abteilungen eine Belegungsgarantie von 98 % gegeben worden ist? Wenn das so ist, schließt sich die zweite Frage an: Wie wird die Landesregierung in der Praxis dafür sorgen, dass diese Belegungsgarantie erfüllt wird, das heißt, werden dann Patienten sozusagen ohne Not aus den landeseigenen Häusern in die privaten Einrichtungen verlegt, damit die Belegungsgarantie erfüllt wird? - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Schuljahr hat begonnen, und damit brechen wieder einmal schwierige Zeiten für Familien mit Kindern an, die an oder unterhalb der Armutsgrenze leben. Bereits im Juni hatten wir Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, aufgefordert, einen Sozialfonds aufzulegen, der gerade in diesen Situationen helfen kann. Zu diesem Ansinnen haben Sie sich weder
geäußert noch irgendwelche eigenen Aktivitäten unternommen. Haben Sie eigentlich eine Vorstellung davon, in welche Nöte arme Familien geraten, wenn sie zum Schuljahresbeginn die Liste der anzuschaffenden Materialien bekommen? So belaufen sich die Kosten für ein Kind in der Grundschule, 3. Klasse, auf 70 Euro und für ein Kind im Gymnasium, 6. Klasse, auf 84,60 Euro, allerdings nur bei Französisch; will das Kind Latein lernen, sind es 99,70 Euro. In diesen Kosten sind noch nicht Dinge wie Turnzeug und Turnschuhe, Klassenkasse und Kopiergeld enthalten.
Der Kultusminister hat uns hier im Juni erzählt, er fahre ständig mit offenem Fenster durch Niedersachsen; dennoch habe er die Rufe nach mehr Gesamtschulen nicht gehört. Wahrscheinlich hat er auch noch nicht von den knapp 200 000 Kindern und Jugendlichen aus armen Familien in Niedersachsen gehört, die große Probleme haben, auch nur dieselben Unterrichtsmaterialien wie ihre Klassenkameraden zu besitzen. Wenn Sie nicht hören können, Herr Minister, dann können Sie aber vielleicht sehen. Dann hätten Sie die Petition der Landesarmutskonferenz lesen können, die Sie auf ebendiese Problematik aufmerksam gemacht hat.
Dort heißt es wörtlich:
„Wir erleben mehr und mehr die Situation, dass gerade Kinder und Jugendliche im Bildungsbereich aufgrund fehlender materieller Möglichkeiten Ausgrenzungen erleben. Mit 208 Euro - oder 278 Euro, je nach Alter - sollen Nahrung, Kleidung, Genussmittel, Strom und alles Weitere bezahlt werden. Die Kosten für die Schulbildung der Kinder und Jugendlichen sind in diesen Regelleistungen nicht vorgesehen, und das Kindergeld steht nicht wie bei anderen Familien zusätzlich zur Verfügung, sondern wird von den Regelsätzen in voller Höhe abgezogen. Die Eltern geraten in Not, weil sie das Geld für Schulsachen nicht übrig haben. Den Kindern und Jugendlichen wird die Chancengleichheit genommen.“
So weit die Landesarmutskonferenz.
Meine Damen und Herren, an dieser Situation ändert auch nichts, dass die Leihgebühren für Schulbücher für Leistungsbezieher nach SGB II, SGB XII und Asylbewerberleistungsgesetz übernommen werden oder für mehrtägige Klassenfahrten einmalige Beihilfen beantragt werden können. Das ist lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein.
Sie sollten hier in diesem Hause spätestens seit der Einführung von Sozialfonds an Schulen in verschiedenen Städten wissen, dass es an den Schulen brennt und dass die Kollegien nicht mehr wissen, wie sie mit dem Problem der Armut umgehen sollen. Es werden Tafeln und Essensausgaben speziell für arme Kinder gegründet; Initiativen sammeln Geld, um hier zu helfen. Ich selbst werde am Sonntag an einem Solidaritätslauf in meinem Landkreis teilnehmen, der sich genau mit diesem Thema beschäftigt. Ähnliches findet im ganzen Land statt, und es wird sicherlich auch in Ihren Wahlkreisen so sein. Sie können nicht so tun, als wüssten Sie von nichts.
Das ist die Wahrheit über die Situation in Niedersachsen. Herr Minister, wer die Wahrheit nicht kennt, sollte sich informieren. Wer aber die Wahrheit kennt und trotzdem nicht handelt, der handelt verantwortungslos;
denn Sie sind für die Kinder in diesem Lande verantwortlich, und zwar für alle und ganz besonders für diejenigen, die aufgrund ihrer Herkunft weniger Chancen haben. Genau dafür fühlen Sie sich offenbar nicht zuständig. Sie verantworten, dass Tausende von Kindern mit knurrenden Mägen in der Ganztagsschule sitzen und deswegen von der Ganztagsbetreuung abgemeldet werden.
Kinderarmut ist in der Bundesrepublik keine Randerscheinung mehr. Armutslagen von Kindern und Jugendlichen sind alltäglich und mit geminderten Teilhabechancen verbunden. Kinder brauchen vielfältige Förderungen. Aber zunächst einmal muss die materielle Absicherung erfolgen. Das ist die Grundlage für alles Weitere. An dieser Stelle müssen wir handeln, meine Damen und Herren.
Alle Studien belegen und die Sozialverbände beklagen, dass der Regelsatz für Kinder nicht auskömmlich ist. Wenn man sich den Gesetzgebungsprozess der Hartz IV- und SGB II-Gesetzgebung einmal vor Augen führt, dann weiß man, irgendwann kam der Zeitpunkt, an dem gesagt wurde: Jetzt brauchen wir Regelsätze. - Bei den Kindern hat man es sich leicht gemacht und festgelegt, dass sie einen Prozentanteil vom Satz der Erwachsenen bekommen: je nach Alter 60 oder 80 %.
- Im Gegensatz zu Ihnen lernen wir dazu, wenn wir merken, dass etwas nicht in Ordnung ist. Deswegen spreche ich heute mit Ihnen über dieses Thema.
Wenn man sich hinsichtlich der Regelsätze die Umsetzung in der Praxis anschaut, dann stellt man fest, dass man aus Kindern nicht einfach kleine Erwachsene machen kann. 2,57 Euro sind pro Tag für Essen und Trinken vorgesehen. Das reicht nicht einmal für das Mittagessen an der Schule, geschweige denn für eine gesunde Ernährung. Wir können nicht auf der einen Seite die zunehmende Zahl von Fehlernährungen bei Kindern beklagen und auf der anderen Seite diese Summe festschreiben.
Oder nehmen wir einen anderen Punkt: Schuhe und Bekleidung. Grundlage für die Festsetzung der Regelsätze, meine Damen und Herren, ist die Verbrauchsstichprobe für die unteren 20 % der Einkommensbezieher. Das sind meist Rentnerhaushalte. Diese haben im Jahr 2003 im Monat 35,31 Euro für Bekleidung und Schuhe ausgegeben. Davon werden im Regelsatz 89 % anerkannt das sind 31,42 Euro. Für ein Kind von unter 14 Jahren werden 60 % dieses Betrages anerkannt das sind 18,85 Euro im Monat für Bekleidung und Schuhe. Meine Damen und Herren, der Bedarf eines Kindes an Kleidung und Schuhen beträgt doch nicht 60 % des Bedarfs eines Erwachsenen. Gute Kinderschuhe, das weiß jeder, der Kinder hat, kosten genauso viel wie Schuhe für Erwachsene. Kinder brauchen, wenn sie wachsen, pro
Jahr ungefähr sechs Paar Schuhe. Sie können sich ausrechnen, wie weit man mit diesem Regelsatz kommt.
Im Ergebnis ist der Regelsatz, so wie er jetzt hergeleitet wird, eine Größe jenseits von Gut und Böse. Das hat mit der Realität nichts mehr zu tun. Das müssen wir ändern.
- Das haben wir gemeinsam beschlossen, Frau Körtner. Sie wissen, dass das Gesetzgebungsverfahren zum SGB II den Vermittlungsausschuss durchlaufen hat. Das ist sozusagen ein Gemeinschaftswerk aller hier vertretenen Fraktionen. Aber wir haben den Mut, zu sagen: Das war falsch. Deswegen reden wir heute darüber.