Johannes Gerlach
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Last Statements
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, greifen mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ein wichtiges und ernstes Thema, das Thema der sogenannten Teilleistungsschwächen, auf. Aber es gibt wenigstens zwei weitere Teilleistungsschwächen, wenn auch nicht so offensichtlich abgrenzbare: die Hyperaktivität und die Konzentrationsschwäche. Und was ist mit den Stotterern? Darauf hat eine Gutachterin in der Anhörung hingewiesen.
Es gibt ein Missverständnis. Sie wollen mit dem Gesetzentwurf keine Teilleistungsschwächen regulieren, sondern nur die echten Behinderungen Legasthenie und Dyskalkulie. Wo aber liegt die Grenze zwischen Schwäche und Behinderung? Die Schwäche wäre nur zeitweise und therapierbar, die Behinderung ist manifest. Erschwerend kommt hinzu, dass wir nicht genug wissen, um Legasthenie oder Dyskalkulie als nicht therapierbar einzustufen. Eine therapierbare Störung wird besonders dann manifest, wenn sie nicht oder falsch therapiert wird. Die dann manifeste Behinderung braucht auch keine Therapie mehr, sondern „nur“ noch den Nachteilsausgleich.
Ihr Gesetz bringt neue Probleme, die mit dem vorliegenden Entwurf nicht lösbar sind. Wir können keiner Regelung zustimmen, die nur ab einer hohen Schwelle greift, nämlich der festgestellten Behinderung. Wir brauchen vielmehr Regelungen unterschwelliger Art, für die der § 35a unseres Schulgesetzes als Rahmen ausreichend ist.
Aus unserer Sicht ist das Anliegen des Gesetzentwurfs unbedingt zu unterstützen, auch wenn der Entwurf selbst sehr problematisch ist. Wir sollten ihn zum Anlass nehmen, unsere Schule aus der Sicht der Teilleistungsschwächen zu betrachten und zu erkennen, dass wir dringend Handlungsbedarf hinsichtlich der Veränderung der dominierenden Lernkultur haben. Was wir also wirklich brauchen, ist erstens eine individuell fördernde Lernkultur, zweitens eine Qualifizierungsoffensive hinsichtlich Diagnose, Förderung und Umgang bei/mit Teilleistungsschwächen oder -störungen und drittens die Überarbeitung und Anpassung der dem Schulgesetz nachgeordneten Rechtsvorschriften – das ist schon angeklungen – sowohl mit Blick auf die Teilleistungsschwächen oder -störungen als auch generell die individualisierende Lernkultur.
Dem Gesetzentwurf selbst können wir nicht zustimmen, da er wie dargestellt Abhilfe nur in wenigen Einzelfällen leisten wird, das Problem aber nicht lösen kann. Die Einzelfälle sollten nach der heutigen Debatte und mit dem nötigen Nachdruck seitens des Parlaments auch ohne Gesetzesänderung lösbar sein, denn das Schulgesetz eröffnet längst den Rahmen hierzu.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Solidarprinzip der Rentenversicherung – auch Umlageverfahren genannt – ist die Voraussetzung dafür, dass möglichst wenige Menschen in eine Altersarmut abrutschen. Deshalb ist die Rente für uns heute das Hauptthema, so wie wir es gewählt haben.
Die Deutschen werden immer älter. Dies ist eine gute Nachricht, denn sie bedeutet zum Beispiel, dass die Arbeitswelt in den letzten Jahrzehnten immer humaner geworden ist, dass die Umweltbedingungen gravierend verbessert wurden und der medizinische Fortschritt kontinuierlich gestiegen ist. Das sind alles Leistungen, die die Sozialdemokratie mit vorangetrieben hat und auf die wir zu Recht stolz sind.
Das bestätigte auch der erste Sächsische Lebenslagenbericht. Aber er besagt auch: Für die Zukunft ist jedoch eine Trendwende zu befürchten. Weshalb? Weil wir viele Arbeitslose und Langzeitarbeitslose sowie viele Menschen haben, die für geringe Löhne arbeiten – und das auch noch mit unterbrochenen Erwerbsbiografien. All das
sind rentenmindernde Faktoren; Herr Krauß hat es bereits angedeutet.
Deshalb sind wir als SPD für die Beibehaltung der Altersangleichung bis 2029 – dann gehen die heute 47-Jährigen in Rente –, für die Beibehaltung des Demografiefaktors, aber auch für die flexiblen Übergänge in den Ruhestand. Dazu gehören die Fortführung der von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Altersteilzeit bis etwa 2015 – so stellen wir uns das vor –, die Weiterentwicklung einer Teilrente – ein nicht ganz einfaches Verfahren, wie ich gern zugeben will –, den Insolvenzschutz für Arbeitszeitkonten und die Sicherung des Nichtabsenkens der Rente und des Beitragssatzes.
Was macht die politische Konkurrenz: Die ehemalige PDS vergibt „Freibier für alle“ – ich erinnere an Ihren Entschließungsantrag von gestern, in dem Sie die Rücknahme aller stabilisierenden Maßnahmen verlangen. Die FDP hat sich insbesondere durch ihre „JuLis“Vorsitzenden besonders destruktiv hervorgetan. In deren Fokus stehen die derzeit noch recht gut ausgestatteten Rentnerhaushalte des Ostens.
Aber die Krise der Finanzwirtschaft ist auch an der FDP nicht spurlos vorübergegangen: Die Rufe nach kompletter Kapitaldeckung sind genauso leiser geworden wie die damalige Bierdeckeldiskussion beim Koalitionspartner. Die FDP schweigt, aber die unsinnigen Forderungen kann man weiterhin auf den offiziellen Seiten herausragender FDP-Politiker lesen. – Ich bin nach dem gestrigen, etwas lustigen Auftritt Ihres Vorsitzenden zur Rente gespannt, womit wir heute überrascht werden.
In diesem Sinne soll es mein erster Beitrag gewesen sein. Ich harre der Diskussion, die wir führen werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Pellmann, wir
wollen – um das noch einmal ganz deutlich zu sagen – eine sehr viel langsamere Angleichung Ost-West haben aus genau den Gründen, die mein Kollege jetzt erläutert hat. Wir haben die Höherbewertung der Renten im Moment für die Leute hier im Osten. Wir möchten das ausdrücklich nicht gefährden. Das noch einmal zur Klarstellung.
Eine Sache, die Sie gesagt haben, habe ich nicht verstanden. Sie haben, wenn ich es richtig mitbekommen habe, gesagt, 20 % der Alterseinkünfte hier im Osten liegen unter dem Durchschnitt. Das heißt für mich im Umkehrschluss: 80 % sind gleich oder liegen darüber. Ich bin mir nicht so richtig sicher, was Sie gemeint haben.
Unsere Aussage ist – dazu stehen wir auch –, dass die Rentner im Osten derzeit so schlecht nicht gestellt sind. Aber ich habe ganz klar und mit Betonung das formuliert, was im Lebenslagenbericht steht, nämlich dass die Gefahr besteht, dass hier etwas abrutscht.
Sie wollen mir eine Frage stellen?
Ja, immer – oder meistens.
Also zu dem Ersten: Glückwunsch, dass Sie eine Antwort in eine Frage gekleidet haben; das muss man ja auch schaffen.
Zu dem Zweiten, was Sie anfragen. Da bin ich mir nicht so sicher, Herr Dr. Pellmann, ob das erstens wirklich alle Gewerkschaften sind, wie Sie sagen – wenn ich es richtig in Erinnerung habe –, und zweitens ist es so: Ich habe die Aussage gemacht, wir wollen sie langsamer. Sie sprechen – wenn ich das nicht wieder falsch interpretiere – von 2010, die FDP spricht auch von 2010 Rentenangleichung.
Dann ist die Frage aus unserer Sicht: Ist das zu schnell, weil da an einer anderen Stelle etwas wegbricht, was wir nicht wegbrechen lassen wollen? Ich bin mir nicht sicher, ob das richtig ist, was Sie hier unterstellt haben, dass alle Gewerkschaften und alle wichtigen Sozialverbände – so sinngemäß haben Sie es gesagt – das genauso wollen wie Sie auch. Da habe ich meine Zweifel. Ich denke, dass sie dieses andere System auf keinen Fall gefährden wollen. Darauf berufe ich mich oder wir uns als SPD bei unserer Aussage.
Ein paar Worte noch zu Frau Schütz. Wir sind uns mit Ihnen, Frau Schütz, einig, dass wir die zukünftigen Generationen nicht über Gebühr belasten wollen. Das lässt sich so leicht dahersagen, weil es im Moment niemanden so richtig weh tut, weil wir heute leben und nicht in zehn Jahren.
Ich bin mir auch überhaupt nicht sicher, ob diese Prognose, die Dr. Pellmann mit den 30 % Altersarmut abgegeben hat, so eintritt. Ich weiß es nicht.
Moment. Ja, Sie wollen die Politik eigentlich so ändern, dass Sie ein ganzes Stück zurück wollen und ein paar wenige Dinge mitnehmen.
Herr Dr. Pellmann, alles das, was Sie in Ihrem Entschließungsantrag an Abschaffungen wollen, würde ein Chaos hervorrufen. Das kann ich Ihnen sagen. Dann müssten Sie sich ein ganz neues System der Bezahlung einfallen lassen, wie Sie das machen wollen. Das bekommen Sie mit Ihrer Millionärssteuer nicht hin. Die Millionäre werden sich nicht jedes Jahr abschröpfen lassen. Das geht auch nicht, denn irgendwann sind dann die Millionen einmal alle. Das sage ich Ihnen einmal so. Die Renten müssen dauerhaft gezahlt werden und nicht als EinmalAbschlagszahlung.
Aber noch einmal zurück zu Frau Schütz. Ihr Schwerpunkt – das habe ich heute hier herausgehört – liegt nach wie vor auf dem kapitalgedeckten Aufbau einer parallelen Rente. Interessant ist, dass Ihr großer Chef – ich habe ihn heute nicht reden hören, ich weiß nicht, was er heute auf dem FDP-Parteitag gesagt hat, er muss ja wohl seine Rede gerade beendet haben –, neuerdings von einem MehrSäulen-Modell spricht. Ich habe Sie aber so verstanden, dass die tragende Säule Ihres Systems die kapitalgedeckte ist. Andere, die man sich dazu denken kann – Ihr JuLisChef spricht dann von sozialen Komponenten, die er nicht ausführt –, sollen dann noch dabei sein.
Wir sind darin anderer Meinung. Wir denken, dass das Umlageverfahren die zentrale Säule bleiben muss, weil das, was in letzter Zeit mit den Finanzen passiert ist, eine große Gefahr für diejenigen ist, die sich auf irgendwelche Fonds berufen bzw. auf Fonds verlassen, die sich auf irgendwelche kapitalgedeckten Einlagen, die irgendwo in der Welt herumschwirren, mit denen irgendwelche Ge
schäfte gemacht werden, verlassen, darauf, dass das immer genau die Prozente an Zinsen abwirft, die dann notwendig sind, um deren kapitalgedeckte Rente auch zu sichern. Ob das auf Dauer hält?
Dann ist uns ein Umsteuern in dem gegenwärtigen Verfahren, bei dem diejenigen, die heute arbeiten, in einen Topf einzahlen und das Geld praktisch gleich wieder herausgenommen und den Rentnern gegeben wird, natürlich mit einem – das hat Herr Krauß sehr deutlich gesagt – nicht unerheblichen Beitrag, den der Steuerzahler dazuschießt, lieber.
Wir halten dieses System für stabiler als das äußerst anfällige kapitalgedeckte System, das Sie wollen. Wir halten aus diesem Grunde unser System für solidarischer als Ihres.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke meinem Kollegen, dass er sehr speziell auf diese Dinge eingegangen ist. Das spart mir eine Menge Zeit, noch einmal auf den einen oder anderen Punkt einzugehen.
Im Klimamagazin März 2009 befindet sich ein ausführlicher Bericht über die Carteret-Inseln – ich hoffe, ich spreche den Namen richtig aus, es war ein englischer Seeforscher – vor Papua-Neuguinea. In fünf Jahren werden diese Pazifikinseln nicht mehr bewohnbar sein, weshalb man jetzt mit der zwangsweisen Umsiedlung der circa 2 200 Bewohner beginnt.
Aber, keine Angst, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Inseln liegen mehrere Tausend Kilometer entfernt, und die Wahrscheinlichkeit, dass diese ersten Klimaflüchtlinge in sächsischen Ausländerbehörden vorsprechen, ist ziemlich unwahrscheinlich.
Auch die Gesamtfläche von Sachsen liegt so hoch, dass schon die gesamte Antarktis abschmelzen müsste, um Sachsen als Atlantikanrainer auszuweisen.
Aber ganz so einfach ist es eben nicht, wie ich das etwas überspitzt formuliert habe. Es ist inzwischen Allgemein
gut für die Bevölkerungsmehrheit geworden, dass wir uns auf Änderungen zubewegen, die wir zwar theoretisch überblicken, aber noch lange nicht verinnerlicht haben. Doch Politik kann nur das Mehrheitsfähige leisten und nicht das Wünschbare, das von einer Mehrheit nicht mitgetragen wird. Darunter leiden viele Aktivisten, egal in welchem Themenbereich.
Doch das demokratische System, zu dem ich ausdrücklich stehe und das ich nicht eintauschen möchte, ist sehr langsam, auch wenn es sich in letzter Zeit bei dem Thema Klima erstaunlich beschleunigt hat. Es gibt Gott sei Dank auch im politischen Raum Menschen, die weit über ihre Wahlperiode hinaus denken und sich den Zukunftsthemen stellen.
Um es vorwegzunehmen: Die Macht des Faktischen wird auch das sächsische Parlament mit seinen nächsten Regierungen zu Beschlüssen zwingen, die sich viele heute noch nicht einmal ansatzweise vorstellen können. Das macht es mir leichter, mit Optimismus aus diesem Parlament auszuscheiden.
Die Klimaziele der Staatsregierung vom 03.03.2009 liegen uns vor. Im Vorwort zu den Vorschlägen der interministeriellen Arbeitsgruppe Klima und Energie steht – ich zitiere –: „Die nachfolgend dargestellten Ziele wurden auf der Basis vorliegender Studien und Potenzialabschätzungen entwickelt und beruhen auf belastbaren Prognosen. Es wird davon ausgegangen, dass die Ziele durch die Umsetzung der im „Aktionsplan Klima und Energie“ enthaltenen Maßnahmen sowie der auf europäischer und deutscher Ebene eingeleiteten Initiativen erreichbar sind.“
Das heißt, es wird an dieser Stelle eine klare Randbedingung gestellt. Dann kommt man auch auf diese 24,3 %, und über diese 0,3 % kann man sich streiten, aber so sind die Randbedingungen nun einmal gegeben. Nur unter diesen Bedingungen ist diese Zahl erklärbar. Die deutschlandweite Zahl liegt, wenn man die Offshore-Bereiche herausnimmt, bei 22 %. Das nur als Vergleich.
Kommende Parlamente werden wahrscheinlich andere Maßnahmen beschließen, vielleicht auch deutlich höhere Ziele erreichen. Das wissen wir heute noch nicht. Dass es überhaupt diese Ziele gibt, ist der Zusammensetzung der Koalition geschuldet. Darüber sind wir nicht so sehr böse. Ich möchte zwei Maßnahmen kurz erläutern, denn Prof. Mannsfeld ist auf einen Punkt schon eingegangen, und das ist die Regionalplanung.
Das SMI als das zuständige Ministerium sollte so schnell wie möglich die Regionalplanungsstellen offiziell informieren, dass die Grundlage für zukünftige Entscheidungen nicht mehr das alte CDU-Regierungs-Energieprogramm von 2004 ist, sondern der neue Kabinettsbeschluss vom März 2009 mit seinen bereits genannten quantitativen Vorgaben für die erneuerbaren Energien.
Eigentlich müsste das eine Selbstverständlichkeit sein, aber es gibt Planungskolleginnen und -kollegen, die es noch nicht verinnerlicht haben. Natürlich müssen wir die Verfahren der Landesplanung und Landesentwicklung
einhalten, aber kein Mensch hindert uns, das schnell zu tun, damit sich die Entscheidungsgrundlage vor Ort schnell ändert. Ich freue mich, dass Prof. Mannsfeld es in dieser Weise angedeutet hat.
Ich möchte etwas zur Windkraft und deren Repowering sagen. In einem „SZ“-Artikel Ende April 2009 gegen den Windpark der Gemeinde Moldáva auf dem Osterzgebirgskamm auf tschechischer Seite kommt der Freiberger Landrat Volker Uhlig zu Wort, der nach „SZ“-Bericht „die Gefahr erkannt“ habe. Landrat Uhlig sagte wörtlich: „Der geplante Windkraftpark stellt eine Gefahr für die touristische und wirtschaftliche Entwicklung des Erzgebirges dar.“ Großzügig habe ich als Kreisrat des Erzgebirgskreises darüber hinweggesehen, dass er gleich für das gesamte Erzgebirge gesprochen hat. Aber ich habe ihn öffentlich aufgefordert, mir doch wenigstens zwei konkrete Beispiele zu nennen, bei denen durch Windkraftanlagen eine Gefahr für die sächsische Wirtschaft entstanden sei. Auf diese Antwort warte ich heute noch.
Weshalb erzähle ich Ihnen das? Weil bis heute durch Halb- oder Unwissen – manchmal ist es auch Überheblichkeit – ganze Bevölkerungsgruppen durcheinandergebracht werden, wenn dieses Halb- oder Unwissen nur von sogenannten berühmten Persönlichkeiten stammt.
Ich zitiere den ehemaligen Ministerpräsidenten Biedenkopf: „In Wirklichkeit handelt es sich bei den Windrädern um reine Gelddruckmaschinen. Sie sind ökologisch wie ökonomisch sinnlos.“ – Dieses Biedenkopf-Zitat hält sich bis heute zäh – besonders bei Entscheidern der kommunalen Ebene – und stellt Windräder ins gesellschaftliche Abseits, weil sie zu den „Abzockern“ unserer Gesellschaft gemacht werden. Geld zu verdienen ist keine Schande, aber es kommt darauf an, womit und wie man es verdient.
Wann werden die Menschen Windanlagen akzeptieren? Sie werden es dann tun, wenn sie damit in Lohn und Brot kommen. Mit demselben Motiv wurden die stinkenden Fabriken im schönen Erzgebirge, die vielen rauchenden Schlote und später die Strommasten akzeptiert, denn sie brachten Arbeit und Wohlstand ins Gebirge.
Ich weiß, dass dieser Vergleich hinkt, aber die Tatsache, dass die Menschen erkennen müssen bzw. erkennen sollen, dass diese Anlagen für sie auch Wohlstand bringen, ist mir eine sehr wichtige Botschaft. Man kann sie nicht einfach als störende Dinge abtun.
Mit zwei Schauermärchen über die Windanlagen möchte ich gern noch aufräumen: Erstens, mit dem „gefürchteten“ Schlagschatten. Hierzu gibt es sehr strenge Bestimmungen. Niemand braucht in den 8 760 Stunden des Jahres mehr als acht Stunden Schlagschatten zu erdulden. Das ist weniger als ein Zehntel Prozent der Jahresstunden. Länger als eine halbe Stunde hintereinander darf das ebenfalls nicht zugemutet werden. Die Windanlagen von heute sind mit einer Automatik ausgestattet, die bei Sonnenschein eine automatische Abschaltung der Anlage bewirkt, wenn ihr Schatten länger als zulässig auf ein bewohntes Gebäude fällt. Das ist in der Regel nicht bekannt.
Zweitens möchte ich mit dem Märchen von dem „unerträglichen“ Lärm aufräumen. In 500 Metern Entfernung hört man allenfalls ein schwaches Rauschen. Sie sind leiser als jede Autobahn oder Landstraße. Eines ist auch klar: Je größer die Anlagen werden, desto langsamer laufen sie und erzeugen damit weniger Rauschen.
Erfolgreiche Bürgermeister – auch in Sachsen – haben ihren Bürgerinnen und Bürgern Beteiligungen angeboten. Mir sind von dort keinerlei Beschwerden bekannt. Das sollte Schule machen – nicht das reflexartige Gebell von Windkraftgegnern, die sich nur oberflächlich mit den segensreichen ökonomischen Effekten dieser Anlagen beschäftigt haben.
Zurück zum Kabinettsbeschluss, dem auch unsere beiden SPD-Minister zugestimmt haben. Es ist das, was in der Koalition derzeit mehrheitsfähig ist.
Die SPD allein ist weitergegangen. Wir haben in unser Energieprogramm die Zielstellung aufgenommen, ab dem Jahre 2060 die komplette Stromversorgung sowie 80 % der Wärmeversorgung Sachsens aus erneuerbaren Energien sicherzustellen. Es gibt einige, für die das viel zu lasch ist; mindestens genauso viele halten es für utopisch. So entstehen Programme und politische Ziele. Das kann man beklagen oder beklatschen, je nachdem, auf welcher Seite man steht, aber eines ist wichtig: Bei diesen demokratischen Prozessen wird diskutiert und nicht mehr vom Politbüro ohne Gegenmeinung einfach durchgestellt.
Deshalb ist es wichtig und gut, dass es heute den GRÜNEN-Antrag gibt. Er ist ein Gegenstück, gelebte Demokratie, die Gegenmeinung braucht und aushält. Die Koalition wird allerdings nicht zustimmen.
Natürlich ist er in seiner Begründung „nur“ die Zusammenfassung der Grünen Ausbaustudie 2020. Diese Art der Veröffentlichung ist aus meiner Sicht legitim, mehr aber auch nicht. Er ist eine politische Botschaft der Auftraggeber für die Machbarkeit des deutlich schnelleren Ausbaus der erneuerbaren Energien.
Bei aller Klimadetaildiskussion dürfen wir eine Betrachtung nicht außer Acht lassen: Wir werden nicht umhin kommen, unseren Lebensstil als solchen auf den Prüfstand zu stellen und dazu eine breite Diskussion zu führen. Dazu gehört wesentlich die Art unserer Mobilität, die ich aus Zeitgründen heute nicht erwähnt habe.
Ich wiederhole, weil mir das hierzu gefallen hat, Worte der Fraktionschefin der GRÜNEN, Frau Hermenau, die sie am Mittwoch zur Wirtschaftsdebatte sagte: „Die zehnte Mallorca-Reise macht nicht wirklich noch zufriedener, noch glücklicher, als man sein könnte. Ein glückliches Familienleben, in dem jeder für den anderen Zeit hat, eine interessante Aufgabe, bei der man aber nicht das große Geld verdienen kann, können deutlich mehr Zufriedenheit und Glück bedeuten.“ Dem ist aus klimapolitischer Sicht wenig hinzuzufügen.
Ich danke Ihnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Lebenslagen älterer Menschen sind genauso differenziert und vielschichtig zu betrachten wie die Lebenslagen insgesamt, die im von der SPD initiierten 1. Sächsischen Lebenslagenbericht zu Beginn dieser Legislaturperiode beschrieben werden.
Ältere Menschen ab dem 60. Lebensjahr, wie in der Großen Anfrage definiert – Herr Dr. Pellmann, ich hoffe, Sie hatten mit dem Wort „Endzeitstimmung“ keinen Ausrutscher, denn das war sicherlich anders gemeint – umfassen a) Menschen, die noch voll im Erwerbsleben, also in der Berufstätigkeit stehen, b) Menschen, die den Übergang zur Rente knapp vor sich haben, c) Menschen, die bereits in Rente sind, aber noch voll engagiert und in ein reiches Familienleben eingebunden sind, d) eine Vielzahl von Menschen, die verstärkt Hilfen und gesundheitliche Betreuung benötigen sowie e) Menschen, die Pflege und besondere Wohnangebote benötigen.
Man kann das sicherlich etwas anders klassifizieren, aber ich habe es in dieser Form getan. Es ist eine breite Palette verschiedener Lebenslagen, die uns die Große Anfrage als Thema anbietet.
Sachsen ist bei dem Thema Senioren und Seniorinnen ein Vorreiterland. Gemeinsam mit den Sachsen-Anhaltern sind die Sachsen im Durchschnitt am ältesten. So steht es auch im Entschließungsantrag. Solche Diskussionen, wie wir sie heute führen, haben einen großen Vorteil: Wir können die positiven Aspekte des demografischen Wandels herausstellen und in diesem Zusammenhang ein Gesellschaftsbild der Zukunft entwerfen, das die Chancen und Potenziale der älteren Generation und eine älter werdende Gesellschaft in den Mittelpunkt neuer Überlegungen rückt.
Seit dem Eintritt der SPD in die Koalition ist eine Menge passiert. So hat die Staatsregierung einen Altenhilferahmenplan vorgelegt, eine Hospizkonzeption erarbeitet, und im 1. Sächsischen Lebenslagenbericht gibt es ein eigenes Kapitel über die Lebenslagen von Seniorinnen und Senioren. Dieser geht ausführlich auf die Einkommenssituation derzeitiger und künftiger Rentenbezieher ein und analysiert die Bereiche Pflege, Wohnen und Gesundheit. Im Bereich Wohnen wurde eine Förderrichtlinie zur Anpassung von Wohnraum für generationsübergreifendes Wohnen erarbeitet. Derzeit wird im Bereich des SMS an einem neuen Gesundheitsziel „Aktives Altern“ gearbeitet. Auch bei der Neugestaltung des Heimrechts befinden wir uns in einer intensiven Diskussion um die weitere Gestaltung in diesem Bereich.
Sie sehen also, wir haben in den vergangenen Jahren analysiert und gehandelt. Wir haben eine gute Grundlage
für die Sicherung und Verbesserung der Lebensqualität der sächsischen Seniorinnen und Senioren gelegt. Deshalb können wir uns mit der Formulierung, die Sie im Entschließungsantrag – mehr möchte ich dazu nicht sagen – gewählt haben, dass die Staatsregierung weit davon entfernt sei, auch nur eine Ahnung zu haben, was dabei überhaupt auf sie zukomme, überhaupt nicht einverstanden erklären.
Mit unserer Bilanz sind wir nicht unzufrieden. Natürlich ist dieser Prozess noch nicht abgeschlossen und weitere Maßnahmen sind notwendig. Da wir morgen eine ausführliche Debatte zum Thema Alterssicherung und Rente haben werden, konzentriere ich mich heute auf die NichtRenten-Themen, die aber nicht weniger wichtig sind.
Anknüpfend an meine Eingangsworte, die Potenziale – das ist mir besonders wichtig – älterer Menschen in den Blick zu nehmen, stellt sich für mich die Frage, wie wir es zukünftig schaffen, dass Seniorinnen und Senioren am gesellschaftlichen Leben mit einer hohen Lebensqualität teilhaben. Egal, ob jung und fit oder schon älter und hilfebedürftig – neben den kulturellen und Bildungsangeboten, die, wie aus der Großen Anfrage hervorgeht, immer besser genutzt werden – als Beispiel nenne ich Seniorenstudium –, ist mir die Unterstützung für ehrenamtliches und bürgerschaftliches Engagement besonders wichtig.
Erst letzte Woche wurde im Rahmen einer ARDThemenwoche darauf hingewiesen, dass sich mehr unter 25-Jährige als über 60-Jährige ehrenamtlich engagieren. Diese Tatsache hat mich etwas irritiert, das gebe ich gern zu. Aufgrund meiner Erfahrungen mit der Richtlinie „Aktion 55“ oder der Nachfolgeförderung „Wir für Sachsen!“ hatte ich den Eindruck, dass es sich umgekehrt verhält. Ich halte es nicht nur aus diesem Grund für erforderlich, unsere Förderung des Ehrenamtes auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen. Für uns ist beispielsweise die Fortbildung für ehrenamtlich tätige Menschen wichtig, ebenso eine bessere strukturelle Förderung für die Vereine und Träger, die ehrenamtliche Arbeit organisieren.
Abschließend ein uns als SPD wichtiger Aspekt: Die beste Politik für Seniorinnen und Senioren besteht darin, die Rahmenbedingungen in der Arbeitswelt, in der Kultur, der Bildung und im Gesundheitswesen für alle zu verbessern. Die Seniorinnen und Senioren brauchen keine Sonderangebote oder besondere Strukturen – ich lasse einmal die Pflege heraus –, sondern sie brauchen Strukturen, die allen Altersgruppen die Teilhabe ermöglichen. Damit schaffen wir am besten ein gesellschaftliches Klima, welches niemanden ausgrenzt, und wir müssen hinterher niemanden integrieren.
Vielen Dank.
Liebe Frau Kollegin! Sind Sie der Meinung, dass die von Ihnen genannten 2 Millionen Euro – da diese genauso der Gesundheitsvorsorge und da ganz wesentlich dienen – nicht doch auch in einer anderen Art und Weise den Kindern zukommen, wenn Sie das eine schon so sehr verneinen, was wir nicht verneinen?
Wenn Sie uns das zubilligen, sind Sie dann immer noch – entgegen Ihrer gerade getätigten Aussage – der Meinung, dass dieses Geld verpulvert wird?
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gleich beide Anträge einbringen. Es handelt sich bei beiden Punkten – einmal im § 4 und dann im § 6 – jeweils um eine redaktionelle Klarstellung. Im § 4 geht es darum, dass klar ist, was mit Absatz und was mit Paragraph gemeint ist. Im § 6 geht es um die Änderung, was die Kosten an die Sächsische Anstalt für kommunale Datenverarbeitung betrifft.
Vielen Dank.
Ich hatte vorhin vergessen zu sagen, dass das ebenfalls nur eine redaktionelle Änderung ist.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich will mich an die Verabredung halten und nur zu dem Änderungsantrag sprechen, nicht zu dem ganzen Gesetz als solches.
Auch die Koalition ist natürlich von verschiedenen Leuten angesprochen worden genau auf diese Problematik hin. Die Koalition hat sich ausdrücklich, nach der Ausschusssitzung, die wir hatten und in der das Thema nur kurz angesprochen wurde, noch einmal damit beschäftigt und mit dem Umweltministerium in Verbindung gesetzt.
Wir haben folgende Situation in Sachsen und wir wissen, dass wir hier in einem sehr sensiblen Bereich sind. Wir haben Urnen überwiegend aus Blech, Weißblech, und aus Cubat, mit einem hauchfeinen Kupferüberzug. Wir haben natürlich auch Urnen aus nachwachsenden Rohstoffen, aus Pappe und aus Gips.
Wir haben noch einmal nachgegrast, was die eigentliche Ursache dafür war, dass 1994 der damalige Gesundheitsausschuss des Sächsischen Landtages diesen Begriff gewählt hat. Die vordergründige Begründung war seinerzeit, dass man die aus DDR-Zeiten üblichen Plasteurnen endlich verbannen wollte. Deshalb wurde eine entsprechende Formulierung getroffen. Es ging nicht um den
Begriff „verrotten“ im Sinne des Abfallrechts, so wie Sie es auch in Ihrer Begründung geschrieben haben. Sie haben ausdrücklich auf den „aeroben biologischen Abbau“ abgehoben, also das noch einmal sehr deutlich begründet.
Wir haben natürlich das Problem – das wissen Sie alle –, dass wir es bei Begräbniszeremonien sehr viel schwieriger haben, Umweltkriterien umzusetzen und den Leuten nahezubringen. Es gibt gewisse Traditionen und es gibt Dinge, die haben sich eingebürgert. Manche Leute wollen nicht so einfach davon weg.
Natürlich haben wir als Koalition das abgewogen. Wir wissen, dass wir, wenn wir jetzt wirklich auf den Begriff „verrottbar“ gehen würden, es leichter hätten, was das Blech betrifft.
Es kommt noch Folgendes dazu. Wir haben unterschiedliche Verhältnisse in den verschiedenen Böden. Wir haben Böden, in denen diese Weißblechurnen verrotten im wahrsten Sinne des Wortes. Und wir haben Böden, in denen sie nicht verrotten. Eine Ausweichmöglichkeit für die Friedhofbetreiber – auch die haben uns angesprochen – ist, dass dort die gesetzliche Ruhezeit verlängert werden kann. Wir denken, dass wir mit dieser Formulierung in diesem nicht ganz einfachen und sensiblen Bereich einen guten Kompromiss gefunden haben.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Herrmann, Herr Wehner, ich denke, dass ich auch im Namen der Koalition in vielen Bereichen die Einschätzung, was die Wertschätzung gegenüber Behinderten betrifft, durchaus mit Ihnen teilen kann. Ich würde Ihren Begriff von der Arroganz, auch wenn er im Einzelfall zutrifft, nicht so allgemein übernehmen. Ich habe eher den Eindruck, dass es manchmal einfach Unbeholfenheit, Unwissenheit und auch Angst ist, mit Behinderten umzugehen. Ich verwende dieses Wort „Behinderte“ noch, Herr Wehner. Wie dem auch sei – darüber kann man sicherlich lange diskutieren.
Wir sprechen heute nicht darüber, ob es Beauftragte für die Menschen mit Behinderungen geben soll oder nicht, sondern darüber, ob es hauptamtliche Beauftragte geben soll. Das ist doch der Kern dieses Antrags. Für mich steht nicht die Frage, ob es einen solchen Beauftragten geben soll oder nicht, sondern die Frage lautet: Brauchen wir einen Hauptamtlichen oder brauchen wir keinen Hauptamtlichen? In dieser Form möchte ich das auch für die Koalition zu beantworten versuchen.
Wir haben Beauftragte von Präsidenten, von Regierungen, von Landräten, von Oberbürgermeistern usw. usf. Das sind Menschen mit besonderer Kompetenz und im Ideal
fall auch Sensibilität durch eigene Betroffenheit für benachteiligte Gruppen oder Gruppen mit besonderen Problemlagen. Was haben wir? Wir haben Seniorenbeauftragte, Behindertenbeauftragte, Frauenbeauftragte, Datenschutzbeauftragte, Sicherheitsbeauftragte, Ausländerbeauftragte, Brandschutzbeauftragte, Stasibeauftragte, Genderbeauftragte. Ich könnte noch eine ganze Menge aufzählen. Mit Ausnahme der letzten beiden haben wir diese Beauftragten auch in den Landkreisen. Sie können haupt- oder nebenamtlich sein. Das hängt von vielen Faktoren oder von den jeweiligen gesetzlichen Vorgaben ab, die die Antragsteller bekanntlich ändern wollen.
Wie sieht die Praxis aus? Wenn der oder die Vorgesetzte dem Hauptamtlichen nicht die nötige Achtung entgegenbringt und nicht die nötige Freiheit bei der Arbeit gewährt, kann auch ein hauptamtlich Beschäftigter nicht mehr ausrichten als ein engagierter Nebenamtlicher. Das ist mir sehr klar geworden. Strukturen sind wichtig, aber allein laufen auch sie oft ins Leere. Deshalb ist es für eine Beauftragte oder einen Beauftragten so besonders wichtig, das Votum eines Kreistages – das ist ja die Ebene, über die gerade gesprochen wird – hinter sich zu haben.
Ich beantworte Ihre Frage, einen kleinen Moment. – Das gibt mehr Durchsetzungskraft bei der Verwaltung, als wenn das Amt „nur“ kraft Gesetzes eingeführt wird. Hier kann der Behindertenbeauftragte diejenigen besser mahnen, die ihn vorher kraft eines Beschlusses eingesetzt haben, als wenn er kraft eines Gesetzes eingesetzt worden wäre.
Ich mache eine kurze Pause.
Ja, das kann durchaus so sein. Ich bin aber vorsichtig bei dem etwas pauschalisierten Begriff „Rentner“. Wir haben Leute, die 60 oder 65 sind und die noch sehr aktiv sind. Ich will das jetzt nicht auf die Leute niederbrechen. In meinem Redebeitrag werde ich noch darauf eingehen, wo für mich der Hauptschwerpunkt liegt.
Natürlich hat es jemand, der dafür bezahlt wird, sich acht Stunden am Tag um diese Dinge zu kümmern, leichter als jemand, der das nebenamtlich tut, in welcher Form auch immer, und sei es mit einer Entschädigung. Wir haben in unserem Landkreis einen Ausländerbeauftragten, der eine
Aufwandsentschädigung von 8 Euro pro Stunde bekommt.
Bei der gesetzlichen Vorgabe, dass eine solche Stelle eingerichtet werden muss, entsteht die Versuchung, dass so eine Stelle mitbesetzt wird. Das heißt, die Frauenbeauftragte wird gleich noch Senioren- und vielleicht auch noch Behindertenbeauftragte, ist im Landratsamt aber auch noch für die Aufgabe A oder B zuständig. Beliebige andere Kombinationen sind denkbar. Das ist eine der Gefahren, die hierbei bestehen.
Was sind die Praxiskriterien? Im Idealfall – ich habe es bereits genannt – Kompetenz und Sensibilität. Aber ich habe in den letzten Jahren auch andere Kriterien erlebt: bisher nicht als Querulant aufgefallen; passend im Quotensystem der zu verteilenden Posten; Versorgungsposten für nicht mehr benötigte Mitarbeiter; vielleicht sogar das Parteibuch. Auch das gab es.
Die zuletzt genannten Motive haben mich 2003 aus der Oppositionsrolle dazu gebracht, auch so etwas in dem damaligen Behindertengesetz zu verlangen. Ich sehe das aus der Sicht eines Menschen, der jetzt im Kreistag tätig ist, ein bisschen anders, nämlich etwas differenzierter. Ich nehme einmal die Zahlen, die mir bekannt sind. Nach den nicht ganz kompletten Angaben, die mir vorliegen, haben wir bisher vier hauptamtliche Behindertenbeauftragte in den 13 Kreisen bzw. kreisfreien Städten. Die Aussagen der Kleinen Anfrage vom 9. Oktober 2008 erfolgten aus der damaligen Sicht. Diese Tabellen sind keinesfalls mehr verwendbar.
In meiner Region, also im Erzgebirge, im ehemaligen Kreis Mittleres Erzgebirge, haben wir gute Erfahrungen mit der hauptamtlichen Behindertenbeauftragten gemacht. Sie hat sich besonders durch die Beratung bei der Ausstellung von Behindertenausweisen und bei der Koordinierung von Bauvorhaben große Achtung erworben. Das war sicher auch ein Grund, weshalb der jetzige Landrat im Wahlkampf die Einrichtung einer hauptamtlichen Stelle dafür versprochen hat. Dem sind wir als Kreistag gern gefolgt.
Aber noch einmal: Hauptamtliche Stellen haben Vorteile, aber eben nicht nur Vorteile. Ich könnte dem Gesetzentwurf mühelos zustimmen. Die Koalition hat sich aber in ihrer Mehrheit auf das Prinzip „Verantwortung vor Ort heißt auch Entscheidung vor Ort“ entschieden. Aus diesem Grunde lehnen wir den Antrag ab.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute keinen negativen Anlass für das Pflegethema. Den Koalitions
fraktionen war es wichtig, das Thema auch einmal im positiven Kontext vorzustellen.
Mehr Transparenz in der Pflege ist eine wichtige Forderung aller, die sich mit Pflege in Deutschland beschäftigen. Im Juli 2008 trat die Pflegereform in Kraft und forderte von der Pflegeselbstverwaltung Folgendes: bundesweite Qualitätsstandards, jährliche unangemeldete Qualitätsprüfungen, transparente Prüfberichte und ein einheitliches und anschauliches Bewertungssystem.
Den Kern der Pflegereform, die Prüfvorschriften für alle zugelassenen Pflegeeinrichtungen bis 2011, hat mein Kollege Krauß bereits ausführlich dargestellt. Diese Vorschriften werden für die so oft geforderte Transparenz in der Pflege sorgen. Ich hoffe, dass nicht wieder „fleißige Helfer“ den Prozess so verkomplizieren, dass wir noch mehr Papier beschreiben müssen, als wir dies heute schon tun.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind in Deutschland. Deshalb sind auch schon die ersten Kritiker unterwegs. Die kritisieren die Kriterien und das Bewertungssystem. Da auch die Vertragspartner in der Pflege wissen, dass sie in Deutschland wohnen, haben sie sich darauf verständigt, diese Vereinbarungen mit den ersten Erfahrungen zu prüfen und gegebenenfalls zu verändern. Das begrüßen wir ausdrücklich. So kann auch dieses System weiterentwickelt werden, ohne dass ständig in den Grundstrukturen geändert werden muss.
Auch wenn sich einige Kritikpunkte als zutreffend herausstellen sollten, stellen die einheitlichen Heimbewertungen und deren Veröffentlichung einen Fortschritt dar; auch für die Betreiber und die Beschäftigten. Sie erreichen einen Abbau von Vorurteilen gegenüber dem ganzen Pflegesystem, und sie erreichen gute Chancen, ihre Einrichtungen den Bedürftigen positiv darzustellen. Auch darauf ist mein Kollege schon eingegangen.
Aus den Berichten des MDK Sachsen der letzten Jahre lässt sich mehr als nur ein positiver Trend ablesen. Auch wenn der neueste Bericht noch nicht vorliegt, hoffe ich doch, dass sich dieser Trend fortsetzt.
Die Koalition hat gestern das Heimgesetz auf den Weg gebracht. Das wurde bereits genannt. Auch hiervon erhoffen wir uns genau in diese Richtung positive Impulse.
Die Pflege der Zukunft erhält klare Anforderungen von denen, die das durch ihre Beiträge bezahlen. Das ist wichtig.
Wir von der politischen Ebene haben sicherzustellen, dass Qualität und Transparenz immer gewährleistet sind, ohne dass das Pflegepersonal nur noch die Aktenordner pflegt. Auf diesem Weg sind wir durch die Neuordnung der Pflegereform ein ganzes Stück weitergekommen; nicht mehr, aber – bitte schön! – auch nicht weniger.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Wir fordern Beitragssenkungen durch mehr Wettbewerb statt Einheitskasse“ – so die FDP heute in der „Freien Presse“ in ihrer Werbeannonce, zumindest in der Chemnitzer Ausgabe; was bei den anderen war, weiß ich nicht.
Ich will Ihnen einfach mal – für die, die außer dieser Werbeannonce nicht mitbekommen, wie es eigentlich wirklich aussieht – als Angebot sagen: Immerhin zwei Vertreter dieser Fraktion sind in diesem Saal noch anwesend. Der Fraktionsvorsitzende, der vorhin eine flammende Rede gehalten hat, über deren Inhalt man sehr geteilter Meinung sein kann, hat bereits mit seiner Tasche den Raum verlassen. So kann man auch die Wertigkeit und die Bedeutung einer Debatte, die man selbst initiiert hat, werten.
Schön, dass Sie wiederkommen! – Wenn man die Artikel in den Zeitungen der letzten Tage, die sich mit der FDP und ihrer Großen Anfrage beschäftigen, liest, bekommt man den Eindruck, der Gesundheitsfonds zerstöre genau das deutsche Gesundheitssystem, welches seit mehr als 120 Jahren eines der zuverlässigsten weltweit ist.
Eines muss ich Ihnen noch mitgeben, Herr Zastrow, der Sie wieder hereingekommen sind:
Sachsen hat viele Jahre von der Solidarität Gesamtdeutschlands gelebt.
Das haben Sie vergessen, in Ihrem Beitrag dazuzusagen.
Das stimmt nicht!
Wir waren nie Anhänger der Fondslösung, was ich im Plenum auch immer wieder kundgetan habe. In Sachsen haben wir nun einschließlich Konjunkturprogramm einen Beitragssatz von fast 15 %. Wir wissen noch nicht, wie viel Geld aus dem Fonds in die medizinische Versorgung Sachsens geht. Aus unserer Sicht würde nur durch eine spürbare Verbesserung der medizinischen Versorgung für die Patientinnen und Patienten in Sachsen die Belastung für die Beitragszahler in Sachsen kompensiert; zeigen doch alle Studien zum deutschen Gesundheitssystem, dass der Mehrheit der Menschen die Qualität und flächendeckende Versorgung – auch mit Fachärzten – weitaus wichtiger sind als die absolute Beitragshöhe.
Nun ist der Gesundheitsfonds aber Realität, Herr Zastrow. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, es ist doch nicht wirklich Ihr Ernst, diesen Fonds jetzt rückwirkend wieder abschaffen zu wollen? Man kann das milliardenschwere System wie das der Gesundheit jetzt nicht einfach wieder an den Anfang setzen, und schon gar nicht über die Schlossstraße wie beim „Monopoly“.
Weil wir gerade beim „Monopoly“ sind: Sie haben offensichtlich ein Pressegespräch geführt, weil es zu dem, was in der Presse formuliert wurde, keine Presseerklärung von Ihnen gibt.
Da wird dann geschrieben – das ist auch so typisch für Sie; ich bin mir nicht sicher, ob Sie es gesagt haben, aber die Presse wird es sich ja nicht aus den Fingern gesogen haben und es steht im Kontext mit Frau Schütz –, dass es bei uns Ärzte gibt, die 200 Patienten pro Tag behandeln müssen. Ich habe einmal ganz vorsichtig nachgerechnet und einen sehr fleißigen Arzt angenommen, der zehn Stunden durcharbeitet – ohne Essen, ohne pullern, ohne alles. Dieser Arzt oder diese Ärztin hat dann bei 200 Patienten nur drei Minuten Zeit für jeden Patienten. Diesen Arzt müssen Sie mir bitte erst einmal zeigen. Ich habe auch zehn Jahre lang im Krankenhaus gearbeitet.
Wir alle wissen, dass unsere Ärzte fleißig sind, aber so einen Quatsch an die Presse zu geben grenzt schon an das, was Sie heute machen. Deshalb sind Sie hier als Erster gekommen und nicht die Fachfrau. Sie haben eine Show abgezogen, mehr war es nicht.
Wenn Sie hier sagen, dass „Politiker faseln“ und ähnliche Floskeln, dann passt das nicht hierher. Das hat mit einer Sachdebatte nichts zu tun. Darum geht es Ihnen auch überhaupt nicht.
Wir Sozialdemokraten sind der Meinung, dass man jetzt alles dafür tun muss, dass der Fonds reibungslos funktioniert und nicht noch mehr Verwirrung bei den Menschen
gestiftet wird. Sie sind aber im Moment dabei, das zu tun. Wir setzen nach wie vor auf eine Weiterentwicklung der Krankenversicherung zur Bürgerversicherung. Das haben wir immer gesagt und darüber sind wir in der Koalition unterschiedlicher Meinung. Wir von der SPD-Fraktion halten diesen Weg auch mit dem Gesundheitsfonds für erreichbar. Die Gesundheitsreform, die heute Thema ist, beinhaltet mehr als nur den Fonds. Es gibt strukturelle Veränderungen, die wir für fortschrittlich halten. Diese beziehen sich zum Teil auf neue Wettbewerbsformen. Der Wettbewerb wird zukünftig nicht mehr über den Beitragssatz einer Kasse, sondern über deren Angebote gesteuert. Was mit den Zusatzbeiträgen passieren wird, wissen wir noch nicht, weil sie noch nicht erhoben sind und es darauf ankommt, wie sich die Einkommensentwicklung gestaltet.
Wie ich schon sagte, wurde der Wettbewerb über den Kassenbeitrag nicht so genutzt, wie öffentlich dargestellt wird. Daran sieht man, dass die Menschen beim Thema Gesundheit nicht zuerst aufs Geld schauen, sondern andere Faktoren eine größere Rolle spielen.
Neue Wettbewerbsmöglichkeiten sind die neue Vertragsfreiheit zwischen Kassen und den einzelnen Arztverbänden, neue Tarifwahlmöglichkeiten für Versicherte, neue Organisationsmodelle Arzt/Patient, zum Beispiel Vorteile beim Verzicht auf die freie Arztwahl. In England kann man sehen, wie das funktioniert. Das englische System hat auf der anderen Seite deutliche Nachteile, die wir in der Form nicht haben wollen. Aber beim Beitragsvorteil durch Verzicht auf freie Arztwahl kann man eine Menge machen, wenn es fakultativ angeboten wird.
Weitere wichtige Leistungsverbesserungen durch die Gesundheitsreform sind Rehabilitationen als Pflichtleistung. Da geht es um die medizinische und geriatrische Reha, Mutter/Vater-Kind-Kuren sowie Erbringung ambulanter Reha, auch in Pflegeheimen. Es geht um die Finanzierung von Kinderschutzimpfungen nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission, um das Recht auf spezialisierte ambulante Palliativversorgung, um das Entlassungsmanagement nach Klinikaufenthalt, um die Verbesserung der Hospizversorgung – Rahmenbedingungen für Kinderhospize wurden eingeführt –, um die Erweiterung der häuslichen Krankenpflege und um neue Wohnformen.
Ich erhoffe mir durch die Möglichkeiten der Kassen, eigene Verträge mit Ärzten und Arztverbänden abzuschließen, Impulse für die medizinische Versorgung gerade hier im Osten.
Die Änderung der ärztlichen Vergütung, die im Moment für arge Verwirrung sorgt, kann ebenfalls ein Impuls sein. Ob das allein ausreicht, wage ich zu bezweifeln. Ich denke nach wie vor, dass nicht allein die Höhe des Verdienstes darüber entscheidet, ob sich ein Arzt in einer bestimmten Region niederlassen will. Hier sind vielfältige und gemeinsame Initiativen der kommunalen und Landespolitiker mit den Kassen und der Ärztevereinigung nötig. Das bereits angelaufene Stipendienprogramm halte ich ebenfalls für einen wichtigen Baustein bei der Bewäl
tigung der Probleme. Und ich bin gespannt auf das Rothenburger Modell in Ostsachsen, wo Ärzte dadurch in die Provinz geleitet werden sollen, dass sie günstig dabei ihren Doktor machen können und direkte Kontakte zur Uniklinik in Dresden bekommen.
Die Reform, die am 01.01. in Kraft getreten ist, bringt den Ärzten bundesweit einen geschätzten Honoraranstieg im Vergleich der Jahre 2007 und 2009 von mindestens 2,75 Milliarden Euro bzw. rund 10 %. Rund 120 Millionen Euro sollen davon nach Sachsen fließen. Die Berechnungen des Institutes des Bewertungsausschusses, die bislang von niemandem angezweifelt werden, kommen zu dem Ergebnis, dass im Vergleichszeitraum in allen Bundesländern Honorargewinne erzielt werden.
Es gibt Hinweise auf Honorarverluste, vor allem bei Augenärzten, Gynäkologen, Hautärzten und manchen Orthopäden. Wahrscheinlich gibt es auch eine sehr große „schweigende“ Mehrheit, die von der nun faireren Honorarsystematik nicht nur planerisch, sondern auch finanziell direkt profitiert. Und es gibt Arztgruppen, die noch mit bis zu 50 % Honoraranteilen, die außerhalb dieses Systems vergütet werden, zum Beispiel Präventionsleistungen, Leistungen der Mutterschaftsvorsorge und ambulante Operationen, rechnen können. Für die einzelne Praxis kommt es auf das Gesamtbild an und nicht auf die Vergütungshöhe einzelner ausgewählter Leistungen. Auch insofern ist zu erwarten, dass sich für sehr viele Praxen die Gesamtsituation deutlich besser darstellt, als dies gegenwärtig kommuniziert wird.
Eines ist mir besonders wichtig zu sagen: Diese Gelder stammen von den Beitragszahlerinnen und -zahlern. Wir reden ja hier im Wesentlichen über die gesetzliche Krankenversicherung. Sie werden aus dem Gesundheitsfonds von den Krankenkassen an die Kassenärztlichen Vereinigungen überwiesen. Die Gelder werden also bereitgestellt. Es kann nicht sein, dass dieses Geld nirgendwo ankommt. Hier stehe ich auf der Seite derjenigen Ärztinnen und Ärzte, die die ihnen von der KV vorgelegten Zuteilungen überhaupt nicht verstehen können. Wir haben die Zusage unserer Ministerin, dass sie im Rahmen ihrer Aufsichts- und Kontrollpflicht alles tun wird – ich gehe davon aus, dass sie dann noch etwas sagen wird –, damit endlich Licht in einen trüben Raum kommt, der mehr verunsichert als motiviert.
Bezeichnend war für mich auf der schon mehrfach angesprochenen vdek-Veranstaltung letzte Woche, dass es zwar ausreichend Redebeiträge über Einkommensverluste durch das neue System gab. Ich nehme das, was der Chef der Augenarztvereinigung dort gesagt hat, sehr ernst. Es war aber niemand, nicht eine Person, im Saal, die die einfache Frage beantworten konnte, wo denn die vielen Gelder hingehen. Es war niemand da! Das ist für das Gesundheitssystem, welches ich seit etlichen Jahren politisch begleite, sehr kennzeichnend. Damit sich das schnellstens ändert, werde ich nicht aufhören, die Fragen dort zu stellen, wo die Verantwortlichen sitzen.
Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon erstaunlich und manchmal auch erschreckend, wie es die NPD schafft, ihre Deutschtümelei und Ausländerfeindlichkeit in wirklich jedem Politikfeld unterzubringen.
Dabei sind der NPD-Fraktion die wirklichen Problemlagen vollkommen unwichtig, was dieser Beitrag schon sehr deutlich gezeigt hat. Ich lasse mal dieses Eingangslied weg. Es geht nur um die Botschaft: Ausländische Unternehmen plündern die deutschen Bodenschätze aus und der
angeblich schwache Staat kann es nicht verhindern. Das haben wir jetzt gerade gehört.
So wird im Antrag der NPD suggeriert, dass die Regelung dieser Verordnungen hauptsächlich ausländischen Unternehmen zugute käme. Da das aber nicht so ist, muss hier etwas zum Inhalt gesagt werden.
Die derzeit gültige Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit sieht unter anderem eine Befreiung von den Feldesabgaben sowie eine Befreiung von der Zahlung von Förderabgaben auf Braunkohle bis Ende 2008 vor.
Die NPD verlangt im Punkt 1, diese Vorschrift nicht zu verlängern – leider etwas zu spät, denn diese Verordnung wurde bereits verlängert, und zwar mit der Veröffentlichung im Sächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 16/2008. Sie sieht die Verlängerung der bestehenden Befreiungsregelung von der Förderabgabe auf Erdwärme und Marmor bis Ende 2012 sowie auf Braunkohle bis Ende 2011 vor. Darüber hinaus wird die Befreiungsregelung für die Feldesabgabe, die bei der Aufsuchung von Bodenschätzen anfällt, ebenfalls bis 2012 verlängert.
Diese Befreiungsregelung erfolgt aber selbstverständlich nicht im rechtsfreien Raum. Grundlage hierfür ist das Bundesberggesetz, und darin konkret der § 32. Danach werden die Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung die zur Durchführung der §§ 30 und 31 Bundesberggesetz erforderlichen Vorschriften zur Feststellung, Erhebung und Änderung von Feldes- und Förderabgaben zu erlassen. Dabei können unter bestimmten im Gesetz festgelegten Voraussetzungen – das ist also nicht willkürlich – Bodenschätze von der Feldes- und Förderabgabe befreit werden. Diese Voraussetzungen liegen bei den eingangs genannten Bodenschätzen vor.
Exemplarisch möchte ich hier kurz auf die Feldes- und Förderabgabe auf Braunkohle eingehen, weil das nun einmal unser großer Bodenschatz ist. Bei der Befreiung von Feldesabgaben in den von mir genannten konkreten Fällen stünden Aufwand und Nutzen in keinem Verhältnis; denn nach diesem Gesetz können die Unternehmen, die in Sachsen einen Bodenschatz aufsuchen, ihre Aufwendungen, die sie im Zusammenhang mit den Aufsuchungsarbeiten haben, auf die Abgabe anrechnen. Erkundungsmaßnahmen sind meist mit hohen Anfangsinvestitionen verbunden, die schnell sechs- bis siebenstellige Eurobeträge erreichen. Da ist es überhaupt nicht sinnvoll, Feldesabgaben, die je nach der Größe des Feldes im zwei, drei- oder vierstelligen Bereich liegen, zu erheben und danach festzustellen, dass man die Abgaben de facto wieder an die Unternehmen zurückgeben muss.
Anders sieht es natürlich aus, wenn das derzeit in der Lausitz oder im Erzgebirge stattfindende neue Berggeschrey Früchte tragen sollte und tatsächlich neue Erzbergwerke entstehen würden. Dann wird Sachsen zu gegebener Zeit über einen noch festzusetzenden Betrag Förderabgaben für den jeweils gewonnenen Bodenschatz erheben. Da schleppen dann nicht die Ausländer alles
nach draußen – und was für ein Quatsch hier sonst noch erzählt wurde.
Nun zur heimischen Braunkohle: Der Antrag verkennt hierbei jedwede Realität. Fakt ist – das haben Sie vergessen zu sagen, vielleicht wissen Sie es auch nicht –, dass im Lausitzer Revier ausschließlich nach bestandsgeschützten alten Rechten Braunkohle gewonnen wird. Hier wirkt der Einigungsvertrag.
Ich rede ja von der Gegenwart. Ich hoffe, ich habe meine Konjugation korrekt verwendet. Deshalb können hier per Gesetz keine Förderabgaben erhoben werden. Dies gilt im Wesentlichen auch für das mitteldeutsche Revier. Dort gibt es aber die Besonderheit, dass aus drei DDR-Tagebauen, die einzeln nach der Wiedervereinigung nicht wirtschaftlich betrieben werden konnten, der neue Tagebau „Vereinigtes Schleenhain“ entstand. Um einen wirtschaftlichen Betrieb des neuen Tagesbaues zu sichern, war es notwendig, Anschlussberechtigungen zu erteilen, die größtenteils am Rand der nach Einigungsvertrag bestandsgeschützten Eigentumsfelder liegen, und man musste innerhalb der Lagerstätten sogenannte Lücken ausfüllen. Zur Verhinderung erheblicher Wettbewerbsnachteile gegenüber den übrigen in Deutschland tätigen Unternehmen und aus Gründen der besseren Ausnutzung der Lagerstätten ist daher eine Verlängerung der Befreiungsregelung für Braunkohle gerechtfertigt.
Natürlich ist das eine staatlich gewollte Unterstützung der Braunkohle, und man sollte das auch immer wieder so benennen. Eine Änderung der bestehenden Regelung des Bundesberggesetzes ist nach Ansicht der Koalition nicht erforderlich. Das bestehende Instrumentarium ist vollkommen ausreichend. Die Regelungen sind ausreichend konkret, um alle Szenarien des Wirtschaftslebens zu erfassen und darauf zu reagieren.
Ja, bitte.
Liebe Kollegin Roth! Ich wäre Ihnen dankbar – das ist auch die einzig mögliche Antwort –, wenn Sie diejenigen fragen, die das immer so sagen. Von mir haben Sie das nicht gehört.
Ich hatte gesagt, dass das heutige Reglement für das Wirtschaftsleben ausreichend ist, um darauf reagieren zu können. Soweit die Antragsteller Sorge haben sollten, dass Erkundungsrechte zu spekulativen Zwecken oder gar zur Vorratshaltung beantragt werden, so kann dem mit den vorhandenen Vorschriften des Bundesberggesetzes ebenfalls wirksam begegnet werden. So bestehen beispielsweise Kostenpläne für die Durchführung der Erkundungsmaßnahmen. Bei Zuwiderhandlungen können Bergbauberechtigungen widerrufen werden. Es ist also etwas komplizierter, als Sie es sich in Ihrem simplen Vortrag vorgestellt haben.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Neubert, Sie haben uns in eine bestimmte Ecke zu stellen versucht. Ihre Bewertung ist natürlich immer frei, das können Sie gern tun; wie Sie es schon gesagt haben: Sie können bewerten, wie Sie wollen. Ich wäre Ihnen nur dankbar, wenn Sie mit dem Begriff Konjunkturprogramm, das im Moment Hochkonjunktur hat, sehr vorsichtig umgehen würden, weil es kaum noch eine Gruppe in Deutschland gibt, die genau ihr Interesse nicht als Konjunkturprogramm hinstellt, für das man sozusagen nur noch die Millionen oder Milliarden freigeben müsste, und dann würde das alles laufen. Also Vorsicht mit diesen Äußerungen! – So viel zum Einstieg.
Da zu Beginn der Legislatur keine aktuellen und für Sachsen aussagekräftigen Daten zur Verpflegung der Kinder in Kindertageseinrichtungen vorlagen, hat die Staatsregierung eine repräsentative Studie zur Analyse der Ernährung und zur Verpflegungssituation von Kindern in sächsischen Kitas in Auftrag gegeben. Diese wurde 2007 veröffentlicht. Befragt wurden 130 Kitas und 2 000 Eltern. Das Ergebnis – weil Sie sich in Ihren Daten so sehr auf die Schule bezogen haben – ist interessant, vor allem mit Blick auf den vorliegenden Entwurf, den Sie gerade vorgestellt haben.
Nur ein kleiner Teil – es waren zwei Kinder pro Kita – nimmt nicht an der Mittagsverpflegung teil. Sie machen hier ein Gesetz für Kindertageseinrichtungen und für Schulen. Der Hauptgrund für die Nichtteilnahme war: Das Mittagessen wird zu Hause eingenommen. Nur ein einziges Mal wurde Geld als der Grund genannt. Die Elternbefragung ergab: Nahezu alle Kinder nehmen ein Mittagessen ein, wobei die Einkommensstruktur im vorliegenden Kontext keinen bedeutenden Einfluss hatte.
Nur in sechs Fällen wurde seitens der Eltern ausgeführt, dass das Essen zu teuer sei – sechs von 2 000!
Wie gehen wir nun politisch mit diesem Ergebnis um? Sie schätzen die Kosten für das Mittagessen auf etwa 200 Millionen Euro pro Jahr. Die 38 Millionen Euro, die wir als Koalition für das kostenfreie Vorschuljahr einsetzen, sehen Sie kritisch, weil es auch gut verdienenden Eltern zugute kommt, so Ihre Argumentation.
Das haben Sie zumindest auch öffentlich bekannt gegeben.
Wo ist hier der Unterschied? Wir haben uns für den aus unserer Sicht jetzt machbaren Weg des kostenfreien Vorschuljahres entschieden.
Ich möchte aber nicht die Eltern aus dem Blick verlieren, die in dieser Studie angegeben haben, das Mittagessen sei ihnen zu teuer. Darauf haben Sie sich ja im Wesentlichen in Ihrer Debatte eingelassen.
Was können wir machen? Erstens, wir können ihnen das Essen bezahlen, wie Sie es vorschlagen. Dieser Weg wird ab diesem Jahr zum Beispiel durch unseren flexiblen Vorschlag zur Lernmittelfreiheit erprobt.
Natürlich ist das wenig. – Sie müssen mir erst einmal erklären, warum das nicht wahr ist; kleinen Moment! – Sie können gern das Mikrofon benutzen, und dann unterhalten wir uns darüber.
Der Schulleiter kann auch die Übernahme der Kosten der Mittagsversorgung anordnen, wenn aus seiner Sicht eine entsprechende Bedürftigkeit besteht. Das kann man vor Ort am besten beurteilen. Wir sollten diese Maßnahme nach zwei Jahren evaluieren. Natürlich ist dort sehr viel weniger Geld dabei als das, was Sie fordern.
Ein zweiter Weg – auch wenn Sie sagen, eine Gegenrechnung verbietet sich – ist die Erhöhung der Regelsätze für Kinder. Diesen Weg geht gerade die Große Koalition, indem die Regelsätze um 35 Euro angehoben werden.
Ich halte unseren Weg – ich spreche langsam, damit Sie Ihre Frage noch stellen können – im Moment für den richtigeren Weg.
Ich habe noch einen Satz. Bitte schön.
Ich habe ihn nicht auf Sie abgestimmt.
Wenn es so sein sollte, wie Sie es hier darstellen – ich war dort nicht anwesend –, dann muss ich Ihnen dazu sagen, dass es nicht dem politischen Willen der Leute entspricht, die das eingebracht haben. Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen.
Wir werden Ihren Antrag ablehnen.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Günther! Wir halten uns exakt an das, was der Verfassungsgerichtshof uns vorgegeben hat. Das habe ich hoffentlich einigermaßen richtig zitiert? Das ist eine Variante, die das Verfassungsgericht uns auferlegt hat. Die andere Möglichkeit, die uns zur Verfügung steht – ich sage es gleich voraus, dass wir mit Sicherheit keine Mehrheit in diesem Landtag finden würden, auch wenn ich das persönlich gutheißen würde –, ist, keine Raucherräume einzuführen. Dann würde die Ungleichbehandlung, die beide Verfassungsgerichtsurteile festgestellt haben, auch ausgewertet werden.
Ich dachte, dass Sie der Redner wären, weil Sie Räuchermännchen herstellen. Sie haben das aber auf die Raucher bezogen. Das kann ja alles sein. Wir haben die Situation, dass Sie einen Weg wählen, bei dem Sie sagen: Was der Sächsische Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil
gesagt hat, schrieben wir nieder – Wettbewerb hin oder her. Das kommt in unseren Gesetzentwurf.
Immer!
Das nehme ich gerne als Bereicherung für mein Leben mit!
Das führt uns aber beim Gesetzentwurf nicht weiter. Lieber Herr Günther, eines möchte ich noch hinzufügen: Auch wenn Ihre Redebeiträge immer einen hohen Unterhaltungswert haben, ändert das nichts am Inhalt des Gesetzentwurfes.
Mein Kollege Krauß hat es klar gesagt: Wir befinden uns in einem nicht einfachen Abwicklungsprozess. Wir wollen den Nichtraucherschutz. Deshalb müssen wir an bestimmten Stellen Dinge einschränken, die manche in unserer Bevölkerung für falsch und unangebracht halten. Aus diesem Grund halte ich die Tatsache, dass wir uns als Fraktion für diese Dinge etwas mehr Zeit nehmen, um das bis ins Detail auszudiskutieren, für einen legitimen Weg. Deshalb werden wir Ihrem Gesetzentwurf nicht zustimmen, sondern nach Abschluss des Diskussionsprozesses – was wir im Sozialausschuss öffentlich gemacht haben, das war also nichts Geheimes – unseren Gesetzentwurf vorlegen.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema ist sehr individuell, und wenn man die Gelegenheit hat, in den Bereich der betroffenen Menschen durch Gespräche ein Stück hineinzukommen, dann merkt man, dass das Thema sehr viel mehr Leute bewegt, als das im Moment die Repräsentanz des Sächsischen Landtages anzeigt.
Ich gebe gern zu und erkenne an, dass sich hier speziell unser Koalitionspartner stark gemacht hat – und wir haben ihm natürlich keinerlei Widerstand entgegengesetzt –,
dieses Thema – das hat Frau Pfeiffer jetzt gerade sehr schön gesagt – in einer doch guten Art und Weise für Sachsen zu besetzen. Ich denke, wir haben das gestern mit unserer Haushaltsberatung auch gezeigt.
„Assistierte Reproduktion“ nennt sich das im Haushalt. In der Stellungnahme der Staatsregierung nennt sich das „Kinderwunschbehandlung“. Ich finde, das ist ein sehr viel schöneres Wort.
Wörter können auch schön sein, und wir müssen nicht alles, was menschlich passiert, so technifizieren, dass hinterher niemand mehr weiß, was damit gemeint ist.
Weshalb brauchen wir das alles? Die Gesellschaft verändert sich. Ein Beispiel: Ein Ehepaar, beide sind Volljuristen; sie sind beide heute etwa 30 Jahre alt, wenn sie voll ausgebildet sind, aber noch nicht einmal ihre Spezialisierung gemacht haben. Beide möchten also ihre Ausbildung beenden – auch die Frau, und ich denke, das ist auch gut so –, haben aber auch den Kinderwunsch und fragen sich: Sind wir dafür nicht vielleicht schon zu alt? Usw. usf. – Das Gleiche finden wir bei Ärztinnen, Wissenschaftlerinnen usw. usf.
Die Biologie unseres Körpers nimmt darauf keine Rücksicht. Es gibt die biblische Sara, die noch mit 100 Jahren ihr Kind bekommen hat. Aber ich glaube, das ist wohl
heute die Ausnahme, jedenfalls ist mir das nicht so richtig bekannt.
Nur als Hinweis: Auch bei den Männern nimmt die Zeugungsfähigkeit mit dem Alter ab. Das ist meistens nicht so bekannt. Wir wissen nicht genau, woran das liegt. Sind es Umwelteinflüsse, die dazu führen, dass wir aus der Umwelt Toxine aufnehmen, oder Ähnliches?
Unsere Gesellschaft sollte Frauen und Männer bei der Erfüllung des nicht nur für das Individuum wichtigen Wunsches unterstützen. Die Gesellschaft profitiert davon, weil unsere Gesellschaft aus meiner Sicht nur durch Kinder ihren eigentlichen Reichtum gewinnt und nicht durch irgendwelche materiellen Werte.
Wir als SPD haben von unserem Parteitag einen klaren Auftrag bekommen. Er lautet, dass wir uns für dieses Thema einsetzen sollen – das haben wir im Zusammenhang mit dem Haushalt gemacht – und dass wir uns auch weiterhin dafür einsetzen sollen und wollen, dass das auch für nicht verheiratete Paare gilt. Das heißt aber Änderung des SGB V. Wir reden hier über eine Bundesangelegenheit. Ich weiß, dass das in der Koalition im Moment nicht mehrheitsfähig ist. Aber zu dieser Problematik – sie taucht ja in zwei Änderungsanträgen auf – wird meine Kollegin noch etwas sagen.
Gibt es Alternativen? Ja, würde ich sagen, wenn auch mit Mühen. Leider sind die Alternativen nicht immer richtig greifbar. Eine Frage ist zum Beispiel die, ob wir uns nicht – diesbezüglich haben wir uns als SPD besonders stark gemacht – der Problematik „Studieren mit Kind“ zuwenden sollten. Da wird viel getan, und da ist noch viel zu tun. Es geht also darum, das Kinderkriegen, um es einmal so platt zu sagen, etwas in die früheren Jahre, nach vorn zu ziehen.
Ganz wichtig ist für mich, dass die Aufwertung der Frauen mit Kindern in dieser Gesellschaft eine noch stärkere Rolle spielen muss.
Und ich wünsche mir – das war so ein Aha-Erlebnis, als wir als Sozialausschuss in Finnland waren – die hohe Anerkennung, die in Finnland den Kindern entgegengebracht wird. Dort nimmt man Kinder so an, wie sie nun einmal als Kinder sind, und nicht so, wie sich manche ihre Kinder vorstellen, nachdem sie einen Formungsprozess durchlaufen haben.
Dazu gehört aus meiner Sicht auch, dass man ein Kind auch mit auf die Arbeit nehmen darf, wenn das möglich ist, ohne gleich schief angeschaut oder gar abgemahnt zu werden. Die Aufwertung der Kinder als eigentlichen Reichtum der Gesellschaft habe ich bereits genannt.
Ich denke, bei diesem Thema sollte man das eine tun und das andere nicht lassen. Glückliche Familien nützen einer jeden Gesellschaft, und Kinder sind unsere Zukunft. Deshalb ist das, was wir hier wollen, eine rundum gute Sache.
Vielen Dank.