Annette Lehmann

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Last Statements

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Gäste, spätestens mit der Rede von Mike Mohring ist hier eines klar geworden: Dass die CDU diese Enquetekommission tatsächlich nur für ihren Wahlkampf missbraucht.
Es ist schon einigermaßen erstaunlich, wie Sie sich hier vorn hinstellen und die Arbeit dieser Kommission bewerten, ohne auch nur ein einziges Mal da gewesen zu sein. Ich persönlich finde, das ist eine Unverschämtheit.
Ich bedauere sehr, wie die öffentliche Debatte zu unserer Kommission in den letzten Wochen gelaufen ist. Es ist eigentlich die Aufgabe einer Enquetekommission, einen breiten politischen und gesellschaftlichen Konsens zu erreichen. Darum haben wir uns immer bemüht, auch wenn das nicht leicht war.
Über Rassismus und Diskriminierung zu sprechen, führt immer wieder zu Abwehrreflexen, die oft mit dem Vorwurf verbunden sind – und das haben wir auch heute gehört –, dass es sich um einen Generalangriff auf ganze Personengruppen handelt. An dieser Stelle will ich eines klarstellen: Wir nehmen keine Generalisierung vor. Meine Fraktion und ich sind dankbar für die Arbeit, die zum Beispiel in der öffentlichen Verwaltung, im Bildungssystem und bei der Polizei geleistet wird.
Das heißt aber nicht, dass dort keine Fehler gemacht werden, und das heißt auch nicht, dass man über diese Fehler dann nicht sprechen darf. Im Gegenteil, staatliche Institutionen müssen sich wie alle anderen auch in unserer Demokratie an demokratischen Prinzipien messen lassen. Eine Auseinandersetzung zu Rassismus und Diskriminierung zu führen, ohne Rassismus zu benennen, ist schlichtweg unmöglich. Und es ist wichtig, darüber zu sprechen. Genauso wie wir eine breite Debatte über die Klimapolitik brauchen, brauchen wir auch eine Debatte um das politische Klima in unserem Land. Dabei können wir Rassismus nicht verschweigen.
Wir als Parlament tragen Verantwortung dafür, dieses Thema ernst zu nehmen und Konsequenzen daraus abzuleiten.
Dieser Aufgabe haben wir uns in den letzten gut zweieinhalb Jahren gestellt und uns als Abgeordnete haben unabhängige Sachverständige unterstützt. Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle den Sachverständigen, die von CDU, von der Linken, von der SPD und von den Grünen benannt wurden. Stellvertretend vielen Dank an Dr. Britta Schellenberg und Frau Dr. Franziska Schmidtke für eure Zeit, für eure Expertise und für die Zusammenarbeit!
Außerdem haben wir über 200 Betroffenenverbände und Opfergruppen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Personen mit Fachexpertise aus dem institutionellen Bereich und aus der Zivilgesellschaft angehört. Auch ihnen gilt in besonderem Maße unser Dank für die klaren, aber auch berührenden Worte. Im Ergebnis stand eine Bestandsaufnahme, die gezeigt hat, dass im gesellschaftlichen Zusammenleben in Thüringen klare Defizite bestehen. Rassismus und Diskriminierung erfahren Betroffene in vielen Lebensbereichen. Mit vielen davon haben wir uns beschäftigt: mit institutionellem und behördlichem Handeln bei Polizei, Justiz und Verwaltung sowie mit Schulen und dem Arbeitsmarkt, aber auch mit Medien, Kultur und der Aufarbeitung des Kolonialismus.
Auch wenn in den letzten Wochen zum Teil ein anderer Eindruck entstanden ist und auch der eine oder andere daran gearbeitet hat, den heute fortzusetzen: Es gibt Maßnahmen, die auch über die Grenzen der Koalitionsfraktionen hinaus eine breite Zustimmung in der Kommission gefunden haben. Auf einige würde ich gern eingehen.
Eine Forderung, die immer wieder aufkam, war, die Fortbildungsangebote für Pädagoginnen und Pädagogen in der Schule, aber auch im Kindergarten, für Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Justiz, Verwaltung und bei der Polizei zu stärken, weil das rassismuskritisch und diskriminierungssensibel wirken kann. Außerdem haben wir vorgeschlagen, die Projekte zur Förderung der Demokratie zu stärken, indem wir diese Projekte verstetigen. Das kann aus unserer Sicht zum Beispiel mit einem Demokratiefördergesetz passieren, wie es zurzeit auf Bundesebene diskutiert wird, ein Thüringer Zentrum für Demokratieförderung könnte aber beide Aspekte auch noch miteinander verbinden, Weiterbildung auf der einen Seite und Demokratiebildung auf der anderen Seite.
Ein dritter Punkt ist die Verankerung von „Rassismus und Diskriminierung“ als Querschnittsthema in Schulen und im Sozialkundeunterricht. Dieser Ansatz rassismuskritischer und diskriminierungssensibler Bildung – die CDU nennt es in ihrem Sondervotum „soziales Lernen“ – ist sich im Kerngedanken eigentlich sehr ähnlich. Mir ist schleierhaft, warum die CDU trotz dieser Gemeinsamkeiten die entsprechenden Empfehlungen abgelehnt hat. Gerade vor dem Hintergrund, dass Sie sagen, dass Rassismus eher ein individuelles Einstellungsproblem ist, hätten Sie diesen Maßnahmen erst recht zustimmen müssen, weil die sehr konkret bei Individuen ansetzen müssen.
Es gibt natürlich auch Handlungsempfehlungen, die kontrovers diskutiert wurden. Ein Beispiel ist heute hier schon aufgekommen, das Racial Profiling. Jetzt gibt – und da sind wir uns gar nicht uneinig – der Gesetzestext zum Polizeiaufgabengesetz eigentlich keine Grundlage dafür, dass Personenkontrollen ausschließlich aufgrund der vermeintlichen ethnischen Herkunft durchgeführt werden. Das hat auch zum Beispiel das Innenministerium in der Kommission noch mal klargestellt. Betroffenenverbände haben aber berichtet, dass es dennoch immer wieder zu genau solchen Kontrollen kommt. Das heißt für uns, dass wir damit auch umgehen müssen, und deswegen sprechen wir uns dafür aus, ein explizites Verbot von Racial Profiling ins Polizeiaufgabengesetz zu übernehmen.
Wenn Sie jetzt sagen, das gibt es gar nicht und das ist gar kein Problem, gäbe es an und für sich auch kein Problem, das mit in das Gesetz aufzunehmen. Ich hätte das gern in der Kommission diskutiert, ich wäre auch bereit gewesen, diese Forderung in einem Sondervotum zu formulieren, wenn wir für die oben genannten Empfehlungen eine gemeinsame Empfehlung hätten abgeben können, aber dazu war die CDU-Fraktion in der Kommission leider nicht bereit.
Sie wollten stattdessen einen Abschlussbericht ohne Handlungsempfehlungen abgeben, das war Ihre Strategie. Das verfehlt aber Sinn und Zweck einer Kommission, dann hätten wir uns die Arbeit in den vergangenen zweieinhalb Jahren schlicht sparen können.
Stattdessen versuchen Sie sich hier jetzt noch in eine Opferrolle zu stilisieren. Das ist auch deswegen nicht angemessen, weil wir als regierungstragende Fraktionen immer versucht haben, die Arbeit der Kommission und auch die Erarbeitung der Handlungsempfehlungen mit Ihnen gemeinsam zu gestalten. Sie können Herrn Tischner gern mal fragen – er ist Vorsitzender der Kommission und für uns auch immer Ansprechpartner gewesen –, wie oft ich ihn seit Anfang des Jahres telefonisch, persönlich, per SMS oder per E-Mail kontaktiert habe, um mit Ihnen als CDU-Fraktion ins Gespräch zu kommen, um eben gemeinsame Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. Das war leider erfolglos. Warum, müssen Sie uns erklären.
Wir haben immer wieder Brücken gebaut, genutzt haben Sie die nie. Das gilt im Übrigen auch bis zur letzten Sitzung der Enquetekommission, auch hier haben wir noch Anläufe unternommen, gemeinsame Empfehlungen zu erarbeiten. Das lässt sich zum Beispiel auch im Wortprotokoll der Sitzung nachvollziehen.
Dass Sie uns jetzt vorwerfen, dass wir keinen Diskussionsprozess zu den Handlungsempfehlungen wollten, ist auch vor dem Hintergrund einfach absurd. Dass es diese Zusammenarbeit nicht gegeben hat, finde ich persönlich wirklich enttäuschend, weil Sie sich damit dem Gedanken einer ergebnisorientierten und überparteilichen Enquetekommission entzogen haben. Das ist natürlich Ihr gutes Recht, aber anstatt inhaltlich und konstruktiv mitzuarbeiten, unternehmen Sie in Ihrem Sondervotum den Versuch, die Enquetekommission zu diskreditieren. Mit dem, was Herr Tischner am Anfang als Vorsitzender dieser Kommission hier gesagt hat, nämlich dass wir mit Anstand und Respekt miteinander umgehen wollen, hat das leider nicht besonders viel zu tun.
Wenn Sie Mitglieder der Kommission platt als verlängerten Arm der linksextremen Antifa und als ideologisch beeinflusst oder unsere Arbeit als eine Art Türöffner für Verschwörungstheorien bezeichnen, dann hat das mit einem guten Miteinander in diesem Parlament leider nichts gemein.
Als Politikerinnen und Politiker sind wir verbale Angriffe inzwischen leider gewohnt, aber wenn Sie re
nommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – und auch diese sind Mitglieder unserer Kommission – auf die Art und Weise diskreditieren, dann ist das meiner Meinung nach der Arbeit des Parlaments unwürdig.
Und das ist auch noch nicht alles, es geht weiter. Sie bezeichnen Opferverbände als private Interessengruppen. Damit nehmen Sie weder die Rassismus- und Diskriminierungserfahrungen der betroffenen Personen ernst, noch erkennen Sie die Fachexpertise der Opferverbände an. Das ist nicht nur unangemessen, das ist auch falsch.
An dieser Stelle noch eine Anmerkung zur AfDFraktion: Es wundert wohl niemanden, dass Sie in Ihrem Sondervotum einen abweichenden Rassismusbegriff predigen, der darauf abzielt, dass Rassismus nur eine notwendige Differenzierung sei. Im Prinzip sagen Sie eines: Sie brauchen Rassismus, damit Sie gesellschaftliche Unterschiede machen können, damit Sie einen Grund haben, um Personengruppen abzuwerten. Das kann keine Grundlage für die Arbeit der Enquetekommission sein und solche Positionen dürfen auch keinen Platz in unserer Gesellschaft haben.
Sehr geehrte Damen und Herren, eines muss klar sein: Wenn es um den Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung geht, dann darf Profilierung keine Rolle spielen, denn es geht um Menschen, die tagtäglich von Rassismus und Diskriminierung betroffen sind, die verbale und körperliche Gewalt erfahren. Es ist müßig, hier immer wieder Menschenrechte und Solidarität verteidigen zu müssen. Wie müssen sich aber diejenigen fühlen, denen das tatsächlich tagtäglich begegnet? Genau für diese Menschen führen wir diese Debatte, genau diesen Menschen haben wir unsere Arbeit in den letzten zweieinhalb Jahren gewidmet, denn es ist unser Ziel, in einer freien und solidarischen Gesellschaft zu leben, in der jeder und jede gut leben kann.
Das geht nur in einer Gesellschaft, in der Rassismus keinen Platz hat, und dafür kämpfen wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten jeden Tag. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Umsetzung des Landtagsbeschlusses „Überprüfung von Todesfällen rechter Gewalt in Thüringen“
Der Landtag ist sich seiner politischen und moralischen Verantwortung gegenüber Opfern rassistisch
und politisch rechts motivierter Gewalttaten und deren Hinterbliebenen bewusst. Aus diesem Grund hat der Landtag in seiner 132. Sitzung am 9. November 2018 beschlossen, die Landesregierung mit der Überprüfung rechter Todesfälle in Thüringen zu beauftragen (Drucksache 6/6416). Für die Hinterbliebenen ist die offizielle Anerkennung eine wichtige Voraussetzung für die Verarbeitung der Tat und um dem Bedürfnis nach Aufklärung gerecht zu werden. Auch als Konsequenz aus dem sogenannten Nationalsozialistischen Untergrund ist deutlich geworden, welche Gefahr im Nichterkennen rechter Tatmotive und in einer Relativierung des Ausmaßes rechter Gewalt liegt.
Weiterhin ist eine wissenschaftliche Untersuchung ein Beitrag dazu, dass zukünftig eine bessere Einordnung der Tatmotive durch die Ermittlungs- und Justizbehörden erfolgt. Eine solche Aufarbeitung sind wir den Opfern rechter Gewalt, aber auch deren Hinterbliebenen schuldig.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wann wurde welches externe wissenschaftliche Forschungsinstitut mit der Überprüfung der in Ziffer I des Beschlusses genannten Todesfälle beauftragt, um den Landtagsbeschluss umzusetzen?
2. Welche in der Ziffer I des Beschlusses genannten Todesfälle wurden bereits mit welchem Ergebnis überprüft und wann ist mit einem Abschluss der Überprüfung aller dort benannten Todesfälle zu rechnen?
3. Wurde die Überprüfung der in Ziffer II Nummer 2 genannten zusätzlichen Fälle abgeschlossen und mit welchem Ergebnis?
4. Hat die Landesregierung bereits eine Korrektur der Zahl staatlich anerkannter Todesfälle rechter Gewalt vorgenommen? Wenn nein: Wann ist dies beabsichtigt?
Wie oft hatten Sie denn mit dem einzigen Bewerber seit April 2019 Kontakt?
Sie stehen ja fürs Ministerium hier.
Hilfe für Betroffene rechter „Feindes-“- bzw. „Todeslisten“ in Thüringen
Laut Medienberichten existieren „Listen“ mit Namen, Anschriften und weiteren personenbezogenen Informationen, welche die Betroffenen als Feinde oder potenzielle Attentatsziele für rechtsextreme Gruppierungen oder Einzeltäter ausweisen. Laut Medienberichten ist das Bundesland Hessen zu der Praxis übergegangen, die Betroffenen solcher „Listen“ durch das dortige Landeskriminalamt grundsätzlich schriftlich zu informieren, ihnen Beratung anzubieten und ihnen das Ergebnis der Gefährdungsbewertung mitzuteilen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Werden Personen, deren Namen sich auf rechten „Feindes-“ bzw. „Todeslisten“, insbesondere auf der Liste der rechtsextremen Gruppierung „Nordkreuz“, wiederfinden und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Thüringen haben, durch
die Thüringer Polizei über diese Tatsache informiert?
2. Handelt es sich dabei um eine übliche Praxis oder erfolgt die Information der Betroffenen lediglich in Einzelfällen?
3. Wie werden die Betroffenen mit welchem Inhalt informiert?
4. Wie schätzt das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales generell die Gefährdungslage für Personen, deren Namen auf solchen „Listen“ stehen, ein?
Also Sie haben ja jetzt geschildert, dass grundsätzlich informiert wurde oder informiert wird. Meine Frage wäre noch mal: Wurden die Betroffenen aus Thüringen, die auf der „Nordkreuz“-Liste stehen, informiert?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, das Thema „Rechtsrock“, nicht nur in Themar, sondern überall in Thüringen, hat uns in den vergangenen Jahren hier im Parlament immer wieder beschäftigt. Jetzt kann man sich im Vorfeld immer die Frage stellen, ob das zielführend ist, dass wir das hier jedes Mal wieder diskutieren. Aber wenn es nach wie vor Fraktionen gibt, die der Meinung sind, dass es eine Kultur des Wegschauens geben müsste und man sich nicht aktiv damit auseinandersetzen sollte, dann bin ich mir doch sicher,
dass die Auseinandersetzung hier im Parlament und auch hier in der Landesregierung kontinuierlich notwendig ist.
Es ist auch nicht nur deswegen notwendig, weil wir damit auch permanent überregionale Schlagzeilen haben, weil es kein Bundesland gibt, in dem es so viele Rechtsrockkonzerte wie in Thüringen gibt, sondern es ist auch notwendig, dass wir uns als Politikerinnen und Politiker und auch als Parlament bewusst machen, dass wir hier ein Problem haben und dass wir tatsächlich kontinuierlich eine Auseinandersetzung damit brauchen. Was es aber auch braucht – das ist, glaube ich, gerade im Vorfeld des großen Nazikonzerts am Wochenende notwendig –, ist, noch mal zu erwähnen, dass wir natürlich ein starkes Engagement vor Ort brauchen. Ich bin froh, dass sich in und rund um den kleinen Ort Themar dann ein sehr aktives Bündnis gegründet hat und dass das inzwischen schon seit zwei Jahren versucht, dieses Konzert zu verhindern, bzw. einen aktiven und bunten Protest dagegen ausübt und sehr wohl zeigt, dass es auch die Menschen vor Ort sind, die nicht wollen, dass Nazis in ihrem Ort demonstrieren, und auch zeigen will, dass Thüringen ein offenes und tolerantes Bundesland ist.
Wir brauchen darüber hinaus aber auch ein konsequentes Handeln der Verwaltung. Da bin ich sehr froh über die Entwicklung, die wir in diesem Jahr in Themar haben. Wir brauchen eine starke Unterstützung im Land, und ich glaube, dass wir gerade in diesem Jahr sehen – und das hat meine Kollegin Katharina König-Preuss schon angesprochen –, dass die Taskforce, die es im Innenministerium gibt, tatsächlich wirkt, und auch, dass das Engagement, das der Innenminister in den letzten beiden Jahren da an den Tag gelegt hat, jetzt auch tatsächlich Früchte trägt. Dafür bin ich sehr dankbar und darüber bin ich froh, weil es zeigt, dass es nicht ganz umsonst ist, diesen Kampf zu führen, sondern dass wir sehr wohl, wenn es auch kleine Erfolge sind, manchmal kontinuierlich auch Erfolge feiern.
Was nichts hilft – und darauf will ich an der Stelle auch noch mal eingehen –, ist, ein Versammlungsgesetz einzubringen, das am Ende nicht dazu führt, dass es mehr Rechtssicherheit gibt, sondern lediglich dazu führt, dass das Versammlungsrecht insgesamt eingeschränkt wird. Das haben wir ja auch hier im Haus schon ausführlich im Rahmen der Gesetzesnovelle, die die CDU hier eingebracht hat, diskutiert. Sie wissen auch, warum wir dieses Gesetz abgelehnt haben. Wenn es Ihnen wichtig ist, diese Debatte noch mal ausführlicher zu führen, können Sie das gerne hier im Hause, aber auch natürlich im Ausschuss kontinuierlich tun. An unserer Position wird es schlicht und ergreifend nichts ändern.
Was ich mir wünsche, ist, dass am Wochenende möglichst viele Demokratinnen und Demokraten nach Themar gehen und dort für Toleranz, für Menschenwürde demonstrieren und zeigen, dass die Demokratinnen und Demokraten in Thüringen geschlossen stehen und dafür kämpfen, dass wir hier in einem guten Bundesland und gut miteinander leben können. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Debatte, die wir heute führen, ist zum Schluss auch eine Debatte darüber, warum wir eigentlich in Thüringen dafür gekämpft haben – wir als SPD-Fraktion, aber natürlich auch innerhalb dieser Koalition –, warum wir eine eigenständige Jugendpolitik brauchen und warum wir mehr Mitbestimmung junger Menschen brauchen: Weil es wichtig ist – das hat meine Kollegin Kati Engel am Anfang schon gesagt –, dass junge Menschen auch selbst die Möglichkeit bekommen, das Wort zu ergreifen und dafür zu kämpfen, was sie selbst wollen, was ihre Belange sind, und sich für das einzusetzen, was sie möchten.
Wie ernst die CDU das nimmt, das ist ja das eine, was Sie, Herr Bühl, immer hier am Rednerpult sagen. Das andere ist, was Sie tun und machen. Das kann man schon mal sehen, wenn man sich zum Beispiel die Änderungsanträge zum Haushalt ansieht. Wie ernst Sie das nehmen, sieht man nämlich zum Beispiel daran, dass die CDU-Fraktion bei den Möglichkeiten, die wir zur Förderung der Mitbestimmung junger Menschen im Haushalt geschaffen haben, einen Vorschlag gemacht hat, massiv zu kürzen. So ernst nehmen Sie die jungen Menschen in Thüringen tatsächlich. Da müssen Sie zumindest schon verstehen, warum wir Ihnen das hier, was Sie am Rednerpult sagen, nicht mehr glauben.
Dass wir gute Arbeits- und Lebensbedingungen für junge Menschen in Thüringen haben wollen, das sagen wir hier immer wieder. Da haben wir in dieser Legislatur auch einiges gemacht. Wir sagen auch immer wieder, dass Thüringen Chancen bietet. Das zeigt sich, wenn man zum Beispiel die Arbeitslosenquote in Thüringen ansieht, aber auch, wenn man sich das Verhältnis von Ausbildungsplätzen und potenziellen Auszubildenden ansieht. Es
stimmt auch, dass Thüringen Chancen bietet. Es stimmt aber auch, dass wir uns immer wieder ansehen müssen, wie gut diese Chancen sind, und auch ansehen müssen, ob sie tatsächlich Perspektiven bieten. Wenn wir uns zum Beispiel die Entlohnung ansehen, wenn wir uns die Arbeitszeit ansehen, wenn wir uns die Arbeitsbedingungen ansehen und auch, wenn wir uns die Ausbildungsqualität in Thüringen ansehen, stellen wir fest, dass wir hier durchaus noch Nachholbedarf haben.
Um die Ausbildung in Thüringen attraktiver zu machen, ist das Azubi-Ticket eben ein wichtiger Baustein. Dabei ist der Ansatz zu sagen: Wir ermöglichen Auszubildenden die Nutzung des ÖPNV ähnlich wie bei einem Studenten-Ticket. Das war kein leichter Weg dahin, dass wir das Azubi-Ticket jetzt haben. Aber es ist trotzdem eine Erfolgsgeschichte und die werden wir uns hier auch nicht kleinreden lassen. Fast 5.000 Tickets sind inzwischen verkauft und in fast allen Landkreisen und kreisfreien Städten ist das Azubi-Ticket zu erwerben. Das zeigt auch, dass Rot-Rot-Grün zu seinen Zusagen steht, und zwar nicht nur hier im Landtag, sondern auch auf kommunaler Ebene und vor Ort. Es gibt lediglich einen Landkreis – und auch das wurde schon angesprochen –, der den Auszubildenden bisher nicht die Möglichkeit gibt, ein entsprechendes Ticket zu kaufen, und das ist der CDU-geführte Landkreis in Greiz. Und da frage ich mich schon ganz ernsthaft, was die CDU eigentlich bisher gemacht hat, damit das Azubi-Ticket in Thüringen flächendeckend kommt.
Das ist ein Modellprojekt und es läuft gut. Das soll auch in den nächsten Jahren so weiterlaufen. Das zeigt sich auch im Haushalt, und zwar dass wir im nächsten Jahr nicht mehr nur 10 Millionen Euro, sondern sogar 12 Millionen Euro für das Azubi-Ticket zur Verfügung gestellt haben. Damit sollen meiner Meinung nach vor allem zwei Dinge passieren: Zum einen soll sich der Preis für die Auszubildenden noch mal reduzieren, auch das ist ein Punkt, an dem wir arbeiten müssen. Zum anderen wollen wir, dass die Freiwilligendienstleistenden im nächsten Jahr aufgenommen werden, sodass die jungen Menschen, die auch Verantwortung für den Freistaat übernehmen, für die Menschen, die hier leben, natürlich auch davon profitieren und entsprechend kostenfrei durch Thüringen fahren dürfen. Darüber hinaus – und der Punkt wurde auch schon angesprochen – ist, wenn wir ernsthaft die Mobilität junger Menschen erhöhen wollen, natürlich eine Stärkung des ÖPNV notwendig. Auch das ist Aufgabe von Kommunen. Es ist nichts, was wir als Land allein regeln können. Das zeigt aber auch
noch mal, warum eigenständige Jugendpolitik wichtig ist, weil es eben, wenn wir über Jugendpolitik reden, nicht nur darum geht, dass wir über Jugendeinrichtungen sprechen oder vielleicht noch über Schulen, sondern auch über Infrastrukturangebote, die weit darüber hinausgehen.
Ich freue mich, dass wir aber mit dem Azubi-Ticket jetzt erst mal einen wichtigen Weg haben. Ich glaube, dass es eine der Erfolgsgeschichten ist, die wir in dieser Legislatur umgesetzt haben. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, es gibt in der Politik immer mal wieder Kritik daran, dass die Unterschiede zwischen den Parteien nicht mehr so gut sichtbar sind. Heute ist ein Tag, an dem zumindest die Unterschiede zwischen der Koalition und der CDU sehr gut sichtbar werden.
Während die Koalition hier im Haus dafür streitet, dass es Mitbestimmung, ein gutes Miteinander und eine gute Zusammenarbeit in den Behörden und Dienststellen in Thüringen gibt, tut die CDU das nicht. Ich freue mich, dass heute eine ganze Reihe von Anzuhörenden hier ist, um die Debatte zu verfolgen. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle für die Zusammenarbeit in den vergangenen Wochen und Monaten danken, aber nicht nur dafür, sondern auch für Ihre Arbeit für Mitbestimmung und für Ihren Einsatz für die Interessen der Beschäftigten im öffentlichen Dienst, damit wir auch in Thüringen einen starken öffentlichen Dienst haben.
Die Beratung des Gesetzes hat in den vergangenen Wochen und Monaten eines immer wieder gezeigt – das ist auch heute schon deutlich geworden –: Es zeigt, warum wir mehr Mitbestimmung brauchen. Wenn einige Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber immer noch der Meinung sind, es gebe keinen Zusammenhang zwischen guter Arbeit, wenn sie sagen, dass Mitbestimmung keinen Beitrag dazu leistet, dass wir Fachkräfte sichern können, dann ist das schon ein Teil des Problems. Wenn diese Arbeitgeber nun auch noch Teil der öf
fentlichen Hand sind, dann ist das umso problematischer.
Ich will eines noch mal ganz klar sagen – das betrifft nicht alle –: Aber die Härte, mit der einige in die Auseinandersetzung gegangen sind und mit der einige in der Anhörung, aber auch in der Presse argumentiert haben, die hat mich und meine Fraktion darin bestärkt, dass wir einen Ausbau der Mitbestimmung für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst brauchen. Dabei ist in Thüringen eines klar: Wir haben nach wie vor Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt. Ja, die Arbeitslosigkeit ist in den vergangenen Jahren gesunken und Thüringen ist ein Land, das Chancen für Beschäftigte bietet. Wenn aber die Tarifbindung nur noch bei 18 Prozent liegt, wenn die Beschäftigten in Thüringen 24 Prozent weniger verdienen als im Bundesdurchschnitt und gleichzeitig drei Wochen länger arbeiten, dann zeigt das auch, dass wir noch einiges zu tun haben. Dann müsste man sich zumindest die Frage stellen, wie gut denn diese Chancen sind. Bieten sie tatsächlich Perspektiven, ermöglichen sie es, eine Familie zu gründen oder auch Angehörige zu versorgen und bekomme ich irgendwann eine gute Rente? Ohne eine starke innerbetriebliche Mitbestimmung werden wir all diese Fragen nicht lösen können. Denn Mitbestimmung ist die Basis dafür, dass in Unternehmen die Abläufe gemeinsam gut organisiert werden und es gelingt, unterschiedliche Interessen auch auszugleichen. Dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht immer einfach nur mehr wollen – und auch der Vorwurf kam im Rahmen der Anhörung ja an der einen oder anderen Stelle immer wieder –, sondern sehr wohl die wirtschaftliche Entwicklung im Blick haben, das konnten wir mit Thüringen in den Jahren nach der Wende, aber auch zum Beispiel nach der Wirtschaftskrise 2008/2009 sehen, denn die Beschäftigten haben hier sehr wohl gezeigt, dass die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes ihnen wichtig ist und dass sie sehr wohl bereit sind, dafür auch zu verzichten, wenn es notwendig ist. Das ist auch heute nicht anders. Genauso müssen wir dann eben aber auch darüber sprechen, wie wir Beschäftigte unterstützen und wie sie von wirtschaftlicher Situation profitieren. Denn ohne sie, ohne die Beschäftigten, würde es die positive wirtschaftliche Entwicklung gar nicht geben.
Immer wieder angesprochen wurde auch: Mitbestimmung kostet Zeit und hält – und ich formuliere es mal ein bisschen überspitzt – letztendlich den Arbeitgeber nur dabei auf, das umzusetzen, was er
selber will. Die Sozial- und Wirtschaftswissenschaft zeigt aber ein anderes Bild. Das Institut für Wirtschaftsförderung in Halle zum Beispiel hat belegt, dass die Produktivität unmittelbar nach der Gründung eines Betriebsrats zwar etwas abfällt, aber fünf Jahre nach der Gründung ein substanzieller Zuwachs der Produktivität nachweisbar ist. 15 Jahre nach der Gründung sind es schon 25 Prozent.
Aber nicht nur das, der DGB-Index „Gute Arbeit“ zeigt immer wieder, dass Beschäftigte, die in mitbestimmten Betrieben arbeiten, auch zufriedener mit ihrer Arbeit sind. Da müssen dann auch Kritikerinnen und Kritiker einsehen, in Unternehmen mit Interessenvertretungen sind nicht nur die Beschäftigten zufriedener, sondern die Unternehmen sind auch erfolgreicher. Personal- und Betriebsräte sind also kein Kostenfaktor, sondern sie sind ein Erfolgsgarant für Unternehmen.
Für mich ist an dieser Stelle eines klar: Der öffentliche Dienst hat, wie auch ansonsten auf dem Arbeitsmarkt, einen Vorbildcharakter und er hat eine Vorbildwirkung und muss mit gutem Beispiel vorangehen.
Worum geht es jetzt heute konkret? Wenn wir über das Thüringer Personalvertretungsrecht debattieren, reden wir nicht nur über die 100.000 Beschäftigten des Freistaats, die von dieser Novelle zur Stärkung der Mitbestimmung profitieren, sondern wir sprechen von allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Thüringen. Auch deswegen haben wir uns darauf verständigt, mit der Novelle die Mitbestimmung im öffentlichen Dienst zu erweitern und sogar über das hinauszugehen, was wir im Koalitionsvertrag ursprünglich vorgesehen haben.
Der Gesetzentwurf der Landesregierung war für uns dabei eine sehr gute Grundlage, weil er in vielen Punkten schon Verbesserungen für die Beschäftigten des Landes vorgenommen hat. Ich will nur auf einige eingehen. Er gibt den Beschäftigten das Wahlrecht für den Betriebsrat ab dem ersten Tag der Beschäftigung, wenn sie das 16. Lebensjahr erreicht haben. Beamte in Elternzeit verlieren zukünftig nicht mehr ihre Wählbarkeit wegen einer über sechs monatigen Beurlaubung ohne Dienstbezüge. Die Amtszeit der Personalräte wird von vier auf fünf Jahre verlängert und es wird zum Beispiel die Möglichkeit geschaffen, einen Wirtschaftsausschuss einzurichten.
Der Gesetzentwurf hat aber einige Punkte offengelassen, das habe ich auch in der ersten Beratung hier im Parlament schon angesprochen und das ist auch im Rahmen der Anhörung wieder deutlich ge
worden. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, wie wir Personalvertretungen in ihrer Arbeit unterstützen und stärken können. Damit eng verbunden war der Wunsch, dass auf Grundlage des Gesetzes eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe möglich ist und verbindliche Rechte für Personalräte geschaffen werden. Das war auch das, was wir in den letzten Wochen immer wieder mit den Gewerkschaften und mit vielen Thüringer Personalräten diskutiert haben.
Denn eines ist ganz klar: Dieses Gesetz ist ein Gesetz, das Mitbestimmung ermöglichen soll. Es ist ein Gesetz für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ich bin mir ganz sicher – und das habe ich hier eingangs schon gesagt –, dass davon auch der öffentliche Dienst in Gänze profitiert.
Wir haben uns in der Koalition darauf verständigt, an drei Punkten Veränderungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf vorzunehmen. Der erste Punkt ist die Frage der Erweiterung der Mitbestimmungstatbestände in allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen Belangen. Der Gesetzentwurf der Landesregierung enthielt hier bereits Erweiterungen der vollen und eingeschränkten Mitbestimmungstatbestände. An diesem Punkt haben die regierungstragenden Fraktionen die grundlegendste Änderung vorgenommen, indem wir den Personalräten künftig die Mitbestimmung in allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen eröffnen.
Davon ausgehend haben wir das Mitbestimmungsverfahren verändert, sodass in Zukunft nicht mehr die Frage besteht, ob der Personalrat zu beteiligen ist oder nicht. Er ist immer zu beteiligen. Zukünftig steht die Frage im Mittelpunkt, was passiert, wenn er einer Maßnahme nicht zustimmt, und hier haben wir die Einigungsstelle als Schlichtungsinstanz gestärkt.
Wir haben im Gesetz Fälle definiert, in denen die Einigungsstelle verbindlich entscheidet. Das betrifft beispielsweise die Aufstellung des Urlaubsplans oder die Frage der Lohngestaltung innerhalb der Dienststelle, die Frage der Gestaltung von Arbeitsplätzen. Und weiterhin haben wir im Gesetz Fälle definiert, in denen die Einigungsstelle eine Empfehlung hat, aber die oberste Dienststelle oder die oberste Dienstbehörde endgültig entscheidet. Dies betrifft zum Beispiel die Fragen der Einstellungen, der Eingruppierungen, der Verlängerungen von befristeten Arbeitsverträgen. In diesen wesentlichen Fragen – deswegen, muss ich sagen, verstehe ich die Kritik der CDU nicht – bleibt das Letztentscheidungsrecht der obersten Dienstbehörde also erhalten, genauso wie es vorher enthalten war.
Der zweite Punkt ist die Angleichung der Freistellungsstaffel. Bisher ist es so, dass wir im öffentlichen Dienst weniger Freistellungen für Interessenvertretungen haben, als es in der Privatwirtschaft der Fall ist. Diese Ungleichbehandlung haben wir mit dem vorliegenden Änderungsantrag aufgehoben und die Staffel für die Freistellung der Mitglieder des Personalrats an das Betriebsverfassungsgesetz angeglichen. Auch damit werden wir unserer Vorbildwirkung gerecht. Denn das, was für Unternehmen seit Jahren gilt, muss auch gelten, wenn wir als Land Gesetzgeber sind.
Der dritte Punkt – das war der, der vielleicht einer der schwierigsten in der Debatte war, weil die Umsetzung nicht so einfach war – war die Frage der Mitbestimmung studentischer und Drittmittelbeschäftigter an Hochschulen. Schon in der Plenardebatte habe ich angesprochen, dass es nicht nachvollziehbar ist, warum es im Hochschulbereich bislang einige Beschäftigte gibt, die von der Mitbestimmung ausgenommen sind. Bei den Drittmittelbeschäftigten sieht das Gesetz jetzt vor, dass der Personalrat erst mal grundsätzlich zuständig ist und auf Antrag der betroffenen Beschäftigten über die Einstellung, Eingruppierung, Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit sowie einer Höher- oder Hochgruppierung oder auch bei einer Verlängerung des Arbeitsverhältnisses mitbestimmen kann.
Außerdem verbessern wir mit dem Gesetzentwurf die Mitbestimmung studentischer Beschäftigter, die im Thüringer Hochschulgesetz als studentische Assistenten gefasst sind. Für die wird ein Assistentenrat gebildet, der gleichzeitig mit den Wahlen für die studentischen Vertretungen zum Senat gewählt wird, das heißt, jährlich zu wählen ist. Aus diesem Assistentenrat wird eine Person in den Personalrat entsendet, die Teilnahme-, Antrags- und Rederecht sowie in Angelegenheiten, die die Assistenten betreffen, Stimmrecht hat. Alles in allem trägt dieses Gesetz damit zu einer deutlichen Verbesserung der Mitbestimmung im öffentlichen Dienst bei.
Ich bin froh, dass wir diese Novelle nach der intensiven Debatte der vergangenen Wochen und Monate heute beschließen können.
Bevor ich schließe, möchte ich mich noch einmal an die Arbeitgeber, Behördenleiter, Dienststellenleiter und auch die Personalräte wenden. Nach dem heutigen Beschluss geht es darum, dieses Gesetz und die Stärkung der Mitbestimmung mit Leben zu füllen. Es geht darum, zu zeigen, dass mehr Mitbestimmung auch dem öffentlichen Dienst guttut und ihn stärkt. Ich appelliere an Sie alle, diese Möglichkeiten zu nutzen, und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, in der Öffentlichkeit wird immer mal wieder über den Sinn der Enquetekommission „Rassismus“ diskutiert. Da wird die Frage gestellt, ob es wirklich notwendig ist, dass wir uns als Parlamentarier und dann noch eine ganze Reihe von Sachverständigen so intensiv mit dem Thema „Rassismus“ befassen müssen, weil es doch selbstverständlich ist, dass wir uns mit Respekt und auf Augenhöhe begegnen. Stimmt, das sollte selbstverständlich sein, ist es aber nicht.
Wir erleben das hier in diesem Hause auch während Plenardebatten, wir erleben das auf der Straße, bei Demonstrationen, am Stammtisch oder auch bei Freunden, Familien und Bekannten: Abwertung von Menschen aufgrund ihrer vermeintlichen Herkunft, ihrer Religion, ihres sozialen Status oder auch aufgrund sexueller Orientierung gibt es überall in der Gesellschaft. In so einer Welt will ich nicht leben, ich will auch nicht, dass meine Tochter in einer solchen Welt aufwächst, und ich bin der
Meinung, dass wir als Politikerinnen und Politiker eine besondere Verantwortung tragen, jeden Tag wenn wir mit Menschen im Gespräch sind. Aber auch hier in diesem Haus und in dieser Kommission müssen wir zeigen, dass wir uns mit dem Thema „Rassismus“ auseinandersetzen und dass wir dem etwas entgegensetzen wollen. Das hat nichts damit zu tun, dass wir einige Menschen unter Generalverdacht stellen, sondern es zeigt, wie ernst wir das Thema und die Kommission und ihre Empfehlungen nehmen.
Ich freue mich, dass wir heute die Ergebnisse des Zwischenberichts öffentlich diskutieren können, denn die Arbeit in den letzten knapp zwei Jahren hat eines deutlich gemacht: wie breit menschenfeindliche Einstellungen in unserer Gesellschaft sind. Das wissen wir aus dem Thüringen-Monitor, den wir jedes Jahr hier im Parlament diskutieren, das wissen wir aus länderübergreifenden Studien wie zum Beispiel der Mitte-Studie, aber auch aus zahlreichen Umfragen und Berichten, zum Beispiel zur Umsetzung internationaler Antirassismusabkommen, und wissenschaftlichen Untersuchungen. Sie sind auch Grundlage der Arbeit unserer Kommission. Darüber hinaus – das hat Herr Tischner eingangs in seiner Einbringung als Vorsitzender gesagt – haben wir das im Rahmen von Anhörungen mit sehr vielen wissenschaftlichen Vertretern, mit Vertretern aus der Praxis, aber auch mit Betroffenen diskutiert.
Konkret befasst sich der Zwischenbericht mit der Frage, aufgrund welcher Merkmale es eigentlich zur Abwertung kommt. Das kann man relativ gut zusammenfassen: Das ist zum einen die Frage der zugeschriebenen Herkunft, Hautfarbe, Religion, des Alters, des Geschlechts, der sexuellen Orientierung und Identität, und auch die sozioökonomische Lage spielt hier eine wichtige Rolle. Wir haben, um in der Kommission eine praktikable Arbeitsweise zu haben, gesagt, wir befassen uns im ersten Schritt mit vier wesentlichen Bereichen: Bildung, innere Sicherheit, Justiz und öffentliche Verwaltung. Die ist wichtig für uns, weil wir hier konkrete Handlungsmöglichkeiten für die Landespolitik haben, aber auch weil sie Teil des Staats ist und es hier umso selbstverständlicher sein sollte, dass die Menschen, die dort arbeiten, und die Institutionen, die den Staat vertreten, auch Demokratie und Menschenfreundlichkeit vertreten.
Ich will auf zwei dieser Punkte noch mal besonders eingehen, das sind die Bereiche Bildung und öffent
liche Verwaltung. Dass der Bereich Bildung zentral ist, wissen wir zum Beispiel aus ganz vielen NSUAbschlussberichten, nicht nur aus dem, der in diesem Haus verabschiedet wurde, sondern auch aus dem des Bundes, weil Demokratie und Menschenrechtsbildung im Kampf gegen Rassismus besonders wichtig sind, aber auch weil hier Handlungsbedarf besteht. Das ist in der Anhörung mit Wissenschaft, Praxis und Betroffenen auch noch mal deutlich geworden, weil hier gezeigt wurde, wie Diskriminierung und Rassismus im Schulalltag eigentlich auftreten. Da wurden Beispiele aus Thüringen herangeführt, dass ein Lehrer alle Schüler mit Migrationshintergrund ganz grundsätzlich Ali nennt oder dass er Kinder aus sozial schwachen Familien vor der Klasse bloßstellt und damit natürlich auch das Zeichen gibt, dass das in Ordnung wäre, weil er das als Lehrer und Respektsperson tut.
Die Berichte reichen von fehlender Sensibilität und Unwissenheit über Rassismus und Diskriminierung, sie zeigen aber auch die Hilflosigkeit von Schülern und Schülerinnen und Lehrern im Umgang damit. Die Anhörung hat auch gezeigt, dass auch Lernund Lehrmaterialien betroffen sind. Das Roma Antidiscrimination Network hat zum Beispiel davon berichtet, dass es nach einer eigenen Untersuchung kaum nicht rassistische Darstellungen von Roma in Schulbüchern gibt. Darüber hinaus gibt es auch einzelne Studien, die sich mit Rassismus in Schulbüchern befassen, zum Beispiel von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zu problematischen Darstellungen in Schulbüchern. Ein Beispiel ist ein Geografiebuch für die 8. Klasse aus dem Jahr 2013, in dem Schüler aufgefordert werden, die Gesichter von Menschen nach rassialen Aspekten Kontinenten zuzuordnen.
Dass es Rassismus im Bildungsbereich gibt, belegen auch andere Studien. Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz bemängelt zum Beispiel die hohe Diskriminierung von Kindern mit Migrationshintergrund an Schulen in Deutschland. Nachweislich wird ihnen seltener eine Empfehlung fürs Gymnasium ausgesprochen oder sie erhalten schlechtere Leistungsbeurteilungen trotz vergleichbarer Leistungen. Prof. Dr. Gomolla hat in der Anhörung noch mal deutlich gemacht, dass es hier aber nicht nur um die Frage individueller Einstellungen geht, es also nicht nur der einzelne Lehrer ist, der rassistisch agiert, sondern dass es natürlich auch strukturelle und institutionelle Diskriminierung im Bildungsbereich gibt und dass diese eng zusammenwirken.
Das erleben wir nicht nur in Schule, das erleben wir zum Beispiel auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung. Nach einer Studie der Antidiskriminie
rungsstelle des Bundes ist die öffentliche Verwaltung der dritthäufigste Bereich, in dem Betroffene selbst angeben, Diskriminierungserfahrungen zu machen. Das kann durch Behördenpersonal stattfinden, auch durch Normen, Routinen, Vorschriften, die eine rassistische oder diskriminierende Wirkung haben, aber eben auch durch sprachliche oder bauliche Barrieren. Das ist deswegen besonders problematisch, weil Betroffene hier besonders oft in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Behörden stehen, durch das sie Diskriminierung erfahren und das tatsächlich dazu führt, dass sie massiv verschlechterte Teilhabechancen haben. Wir kennen hier auch Fälle in Thüringen. Ein Fall, der uns sicherlich allen besonders präsent geblieben ist, ist die Ausländerbehörde in Sömmerda. Aber wir sehen das auch, wenn wir uns zum Beispiel den Migrationsanteil bei Beschäftigten im öffentlichen Dienst anschauen. Wenn man dort Studien vergleicht, sieht man, dass Menschen, die zum Beispiel ein Kopftuch tragen, sich 4,5-mal so oft bewerben müssen wie jemand, der vermeintlich zumindest erst mal einen deutschen Namen hat und ethnisch hier zugeordnet werden kann, dass das eben natürlich auch Hürden mit sich bringt.
Wie gehen wir jetzt damit um? Ich bin der Meinung, es braucht grundsätzlich eine Sache: Es braucht Haltung. Wir müssen immer wieder durch Worte, durch Taten deutlich machen, dass wir Rassismus und Diskriminierung ernst nehmen und dass beides keinen Platz hat. Dass wir als Politikerinnen und Politiker hier eine besondere Verantwortung haben, habe ich eingangs schon erwähnt.
Es gibt aber auch einige Dinge, die man konkret machen kann, auch darauf geht der Zwischenbericht ein. Er sagt zum Beispiel: Wir brauchen eine Stärkung der politischen und Menschenrechtsorientierung für alle Altersgruppen, aber insbesondere für Schule. Wir müssen Lehrerinnen und Lehrer, Pädagoginnen und Pädagogen, aber auch Beschäftigte im öffentlichen Dienst in Aus-, Fort- und Weiterbildung für das Thema und für den Umgang mit Rassismus und Diskriminierung sensibilisieren. Wir brauchen niedrigschwellige Beschwerdestellen in Bildungseinrichtungen und Ansprechpartner für Betroffene in Institutionen, aber wir müssen uns zum Beispiel auch im Rahmen von Organisationsentwicklung mit Rassismus und Diskriminierung befassen, auch wenn es um die eigenen Strukturen geht.
Der Bericht schlägt vor, den Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund auch in öffentlichen Verwaltungen zu erhöhen, das wurde in den vergange
nen Wochen und Monaten auch immer mal wieder diskutiert. Hier geht es natürlich nicht darum, dass man jetzt Migrationshintergrund durch Qualifikation ersetzt, sondern schlicht sagt, wenn ich zwei Personen habe, die die gleiche Qualifikation haben, dass ich dann sensibel bin und mich im Sinne der Diversität einer Struktur dann möglicherweise für die Person entscheide, die einen nicht deutschen Hintergrund hat.
Im Entschließungsantrag – der ist jetzt auch schon angesprochen worden – haben wir einige Maßnahmen zusammengefasst, die wir bereits kurzfristig angehen müssen. Das ist zum einen eine Überprüfung von Lehr- und Lernmaterialien auf Rassismus in Thüringen. Wir wollen eine unabhängige Diskriminierungsberatungsstelle als Anlaufstelle für Betroffene, bewusst aus der Erfahrung heraus, dass für diese Personengruppe staatliche Institutionen häufig nicht die Institutionen sind, die sie mit Vertrauen verbinden. Und wir wollen ein Normscreening, also eine Überprüfung von Rechtsvorschriften auf Rassismus und Diskriminierung. Ein ähnliches Verfahren gibt es schon in Bezug auf die Behindertenrechtskonvention.
Ich würde jetzt trotzdem noch kurz was zu den Sondervoten sagen, weil auch die Teil des Abschlussberichts sind: Das Sondervotum der AfD passt eigentlich ganz gut zur Arbeit der AfD in der Kommission. Die AfD fällt in der Kommission überwiegend dadurch auf, nicht mitzuarbeiten. So sagen Sie in Ihrem Sondervotum eigentlich nichts zu der Arbeit, die wir bisher in der Kommission geleistet haben. Sie sagen auch nicht, was aus ihrer Sicht nötig ist, um den Rahmen der Kommission zu nutzen, sondern den Großteil des Sondervotums nutzen Sie eigentlich dafür, die anderen Parteien in diesem Parlament zu beschimpfen. Ob das der Raum ist, in dem man das machen könnte, das können wir sicherlich an anderer Stelle noch einmal diskutieren.
Die CDU: Herr Tischner hat noch einmal ausgeführt, warum die CDU sich am Ende dafür entschieden hat, ein Sondervotum einzureichen. Mich persönlich hat das sehr überrascht, gerade weil wir uns in der Erstellung auf ein Verfahren verständigt haben, das unabhängig von den Parteien war. So war ich – das muss ich sagen – tatsächlich etwas enttäuscht. Sie haben sich bei der Abstimmung über den Zwischenbericht nicht enthalten, sondern Sie haben dagegen gestimmt, den so zu verabschieden. Ein bisschen überrascht hat es mich, ich würde nicht sagen, Sie haben es kopiert, aber Sie haben dann große Teile des Berichts wieder übernommen.
Wie gesagt, mit Blick auf den Bericht ist das einfach passiert. Es gibt mir aber – und das will ich an der
Stelle auch noch einmal sagen, weil es mir wichtig ist – die Hoffnung, dass wir zumindest auf einen gemeinsamen Abschlussbericht kommen und da tatsächlich sagen: Wir schaffen es noch einmal, uns gemeinsam für Maßnahmen auszusprechen. Es muss doch einen Bereich geben, in dem wir uns einig sind, nämlich dass wir für den Bereich Demokratie, für die wir als Parlamentarierinnen und Parlamentarier hier, aber auch jeden Tag kämpfen, deutlich machen können, worin der besteht und worin wir uns möglicherweise auch von anderen Fraktionen in diesem Parlament abgrenzen können.
Ich möchte an der Stelle auch noch einmal allen Danke sagen, die bei der Erstellung mitgewirkt haben, den sachverständigen Mitgliedern natürlich, aber auch den Anzuhörenden, die sich in den letzten zwei Jahren die Zeit genommen haben, uns Rede und Antwort zu stehen, der Landtagsverwaltung, auch unseren eigenen Ministerien, die uns da sehr unterstützt haben.
Ich freue mich auf die weitere Arbeit – ein paar Wochen und Monate liegen ja noch vor uns – und ich bitte jetzt um Zustimmung zum Entschließungsantrag. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, der Landtag hat in seiner 125. Sitzung am 30. August 2018 das Fünfte Gesetz zur Änderung des Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetzes – Unterstützung einer eigenständigen Jugendpolitik beraten und federführend an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport sowie an den Innen- und Kommunalausschuss und den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz überwiesen.
Der federführende Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport hat in seinen Sitzungen am 18. September, am 29. Oktober, am 22. Januar und am 19. Februar beraten und in seiner 62. Sitzung am 29. Oktober 2018 ein mündliches Anhörungsverfahren in öffentlicher Sitzung zu dem Gesetzentwurf durchgeführt. Zudem hat der Ausschuss ein schriftliches Anhörungsverfahren zum Gesetzentwurf durchgeführt sowie ein ergänzendes schriftliches Anhörungsverfahren der kommunalen Spitzenverbände zum Änderungsantrag, der in Vorlage 6/5108 vorliegt.
Der Gesetzentwurf war außerdem Gegenstand einer Online-Diskussion.
In seiner Sitzung am 19. Februar hat der Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport empfohlen, die vorliegende Beschlussempfehlung hier auch im Landtag zu beschließen. Dem haben sich die Ausschüsse für Inneres und Kommunales sowie Migration, Justiz und Verbraucherschutz in ihren nachfolgenden Sitzungen angeschlossen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, das Gesetz macht eines deutlich: Wir nehmen Kinder und Jugendliche ernst, wir trauen ihnen etwas zu, wir arbeiten auf Augenhöhe mit ihnen zusammen, weil wir eines wissen:
Sie sind Expertinnen und Experten ihrer eigenen Lebenssituation und sie sind die Zukunft unserer Gesellschaft. Deshalb wollen wir, dass sie diese Zukunft auch selbst mitgestalten können. Das ist der Grundgedanke, der der Gesetzesnovelle zugrunde liegt. Er ist das Ergebnis eines langen Dialogs, den wir nicht nur hier im Parlament geführt haben, sondern auch als Koalitionsfraktionen mit zwei großen Fachveranstaltungen im Landesjugendhilfeausschuss und darüber hinaus auch in Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern von Jugendverbänden, von Mitbestimmungsgremien, aber auch mit Fachkräften in der Kinder- und Jugendhilfe.
Bei der Einbringung des Thüringer Ausführungsgesetzes zum SGB VIII im August des vergangenen Jahres habe ich erklärt, warum dieser Gesetzentwurf meiner Meinung nach ein guter Gesetzentwurf ist. Es ist ein gutes Gesetz, weil es die Intention des Bundesgesetzgebers einschließlich der UN
Kinderrechtskonvention im Hinblick auf die Kinder, auf die Beteiligung Kinder und Jugendlicher, ihrer Eltern sowie der freien Träger und sonstiger Akteure in der Kinder- und Jugendhilfe aufgreift und stärkt. Auf die Idee, dass Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen kinderfeindlich ist, kann auch nur die AfD kommen.
Es verlangt außerdem transparente, beteiligungsorientierte und verlässliche Jugendhilfeplanung, es stärkt die Mitbestimmungsrechte von Kindern und Jugendlichen und damit das Erlernen von Demokratie. Es schafft mit insgesamt mehr als 26 Millionen Euro eine bisher unvergleichliche Verbindlichkeit zur Mitfinanzierung des Landes im Bereich der örtlichen Jugendförderung und der Schulsozialarbeit und bietet damit Planungssicherheit für öffentliche und freie Träger. Es ist aber auch eine Grundlage für gute Arbeit in der sozialen Arbeit, weil auf Grundlage dieses Gesetzes keine Ausreden für zum Teil miserable Arbeitsbedingungen zugelassen werden können und leistet damit einen Beitrag zur Fachkräftesicherung.
Sehr geehrte Abgeordnete, das Bessere ist der Feind des Guten. Das gilt für technische Entwicklungen ebenso wie für demokratische Prozesse im Selbstverständnis dieser Koalition. Dementsprechend ist der gute Gesetzentwurf infolge der intensiven Beratung, insbesondere der Anhörung, noch besser geworden. Exemplarisch will ich nur auf einige Veränderungen eingehen, zum Beispiel die Aufnahme des Grundsatzes der jugendgerechten Ausgestaltung von Jugendhilfeausschüssen, der Beteiligung der Gesamtelternvertretung der Kindertageseinrichtungen in den Jugendhilfeausschüssen, aber auch die Vertretung zum Beispiel von Kreisschülervertretungen im Jugendhilfeausschuss. Herr Bühl hatte vorhin kritisiert, warum wir die Kreiselternvertretung Schule nicht auch noch verpflichtend aufgenommen haben. Wir haben uns dagegen entschieden – und Herr Bühl wüsste das, wenn er der Debatte intensiv gelauscht hätte –, weil natürlich auch die Frage der Größe eines Gremiums immer auch die Frage ist, wie arbeitsfähig ein Gremium noch ist. Wenn Sie sich den § 5 des aktuellen Ausführungsgesetzes ansehen, dann wissen Sie, dass es auch jetzt schon möglich ist, dass Jugendhilfeausschüsse selber entscheiden, dass Kreiselternvertretungen aufgenommen werden. In Erfurt ist das zum Beispiel der Fall.
Eine weitere Veränderung, die wir im Vergleich zum Gesetzentwurf noch vorgenommen haben, ist, dass es eine verpflichtende Dokumentation geben muss, wie die Interessen von Kindern und Jugendlichen in
der Jugendhilfeplanung tatsächlich berücksichtigt wurden, und es verlangt eine ausdrückliche Berücksichtigung der Schulsozialarbeit in der Jugendhilfeplanung.
An dieser Stelle möchte ich noch mal all denen in der Anhörung danken, die sich sehr konstruktiv und intensiv mit dem Gesetzentwurf befasst haben und ihre Expertise eingebracht haben. Voller Überzeugung kann ich sagen, dass uns dieser Dialog in den Anhörungen und die vielen Anregungen nicht nur in der eingeschlagenen Richtung bestärkt haben, sondern auch für eine Präzisierung und Verbesserung gesorgt haben. Ich will nicht verschweigen, dass ich mich über die überwiegend positiven Einschätzungen des Vorhabens sehr gefreut habe, auch weil das nicht allzu oft vorkommt, dass sich Anzuhörende in einer Sache überwiegend einig sind.
Wir wissen, dass ein gutes Gesetz die unverzichtbare Grundlage für Verwaltungshandeln und für eine erfolgreiche Kinder- und Jugendpolitik ist. Wir wissen aber auch, dass ein gutes Gesetz nur dann funktioniert, wenn es in der Praxis gut umgesetzt wird. Deshalb gibt es den in der Drucksache 6/6828 vorliegenden Entschließungsantrag. Er betont, wie wichtig die Arbeit der kommunalen Jugendämter, der Jugendhilfeausschüsse, des Landesjugendamts und des Landesjugendhilfeausschusses ist. Weil dies so wichtig ist, will ich den Entschließungsantrag auch nutzen, um an die Landkreise und kreisfreien Städte folgende Botschaft zu richten: Leistungsfähige, personell und finanziell gut ausgestattete kommunale Jugendämter sind Rückgrat und Voraussetzung für die Umsetzung des Kinderund Jugendhilfe-Ausführungsgesetzes – eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
Aus zahlreichen Untersuchungen und aus Ereignissen, insbesondere aus dem Kinderschutz, wissen wir aber, dass es in dieser Hinsicht vielerorts dringenden Handlungsbedarf gibt. Und wir wissen aus der Praxis, dass die Jugendämter im kommunalen Verteilungskampf der Haushaltsmittel einschließlich des Stellenplans häufig einen schweren Stand haben. Umso mehr gilt das innerhalb der Jugendhilfe für Arbeitsbereiche, die wir im vorliegenden Gesetz besonders ansprechen und die eher präventiven Charakter haben, zum Beispiel die Rolle der Jugendarbeit und Jugendverbandsarbeit. Genau dazu leistet die Gesetzesnovelle einen Beitrag, weil sie die Landkreise und kreisfreien Städte mit der sogenannten Jugendpauschale in genau dieser Aufgabe unterstützt und diese mit mindestens 15 Millionen Euro gesetzlich verankert.
Ich weiß die verantwortungsvollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jugendämtern, dem Landesjugendamt und die Mitglieder der Jugendhilfeausschüsse sehr zu schätzen, und zwar in allen Arbeitsbereichen. Gerade weil das so ist, will ich, dass sie unter den Bedingungen arbeiten können, in denen sie dieser Verantwortung auch gerecht werden. Ich hoffe, dass sich die realen Anforderungen und Herausforderungen für die haupt- und ehrenamtlichen Akteure in der Kinder- und Jugendhilfe in künftigen Fachberichten der Jugendforschung und der Jugendhilfeplanung widerspiegeln. Das gilt für die öffentlichen Träger ebenso wie für die freien. Dazu kann meiner Meinung nach auch die Jugendforschung, für die wir uns in dem Entschließungsantrag aussprechen, einen Beitrag leisten.
Im Mittelpunkt der Gesetzesnovelle und des Entschließungsantrags stehen all die Empfehlungen an die Landesregierung, die sich mit der Stärkung der Mitbestimmung junger Menschen auseinandersetzen. Letztlich geht es darum, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, die Mitbestimmungsstrategie der Landesregierung auch umzusetzen. Anfang dieses Jahres haben wir dazu hier im Landtag eine Fachtagung mit Vertreterinnen und Vertretern von Jugendverbänden, kommunalen Mitbestimmungsgremien, von Schülervertretungen, aber auch mit Fachkräften und Multiplikatoren durchgeführt. Wer das Engagement, wer die Lust dieser jungen Menschen auf das Mitmachen, auf Gestaltung, auf Übernahme von Verantwortung vom Spielplatz über die Freizeiteinrichtung in die Schule bis hin zur Mitwirkung im parlamentarischen Gremium an dem Tag hier erlebt hat, dem muss um die Demokratie nicht bange werden.
Mehr denn je bin ich mir sicher: Wenn wir Erwachsenen den Kindern und Jugendlichen ausreichend Möglichkeiten bieten, wenn wir sie mit ihren Anliegen ernst nehmen, wenn wir Kindern und Jugendlichen realen Einfluss und tatsächliche Verantwortung übertragen, wenn wir für kontinuierliche Begleitung und flankierende Unterstützung ohne Bevormundung sorgen, dann führt die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen zum Erfolg. Wenn wir Kindern und Jugendlichen zutrauen, dass sie ihre Interessen selbst vertreten, dann wird das auch gelingen. Es wird zum Erfolg für die Interessenwahrnehmung junger Menschen und zum Erfolg für eine starke Demokratie, denn Demokratie erlernen funktioniert durch Demokratie erleben in der Familie, aber auch in den Lebenswelten außerhalb der Familie. Dazu zählen Kitas und die Schulen, die Be
triebe, wenn es um Ausbildung geht, aber eben auch Angebote der Kinder- und Jugendhilfe.
Eine letzte Anmerkung zum Entschließungsantrag: Das SGB VIII – also das Bundesgesetz, das hier zugrunde liegt – sollte bereits in der vergangenen Legislaturperiode novelliert werden. Auch diese Bundesregierung hat sich das erneut vorgenommen. Im Laufe des nächsten Jahres soll hier ein Referentenentwurf vorgelegt werden und gerade findet schon im Vorfeld dazu ein umfangreicher Beteiligungsprozess unter anderem der Länder statt. Bis zum heutigen Zeitpunkt spielen dabei die Leistungen der Jugendarbeit, der Jugendverbandsarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes leider kaum eine Rolle. Mehr als 28 Jahre nach Inkraftsetzen des SGB VIII mit all seinen guten Ansätzen ist es an der Zeit, konstruktiv, kritisch zu reflektieren, wo Verbesserungen und Anpassungen notwendig sind – nicht mit dem Ziel, Leistungen abzubauen, sondern mit dem Ziel der Anpassung an die Lebenslagen der Menschen einerseits und der tatsächlichen Realisierung auf Ebene der Kommunen und der Länder andererseits. Selbstbewusst sage ich mit Blick auf die heutige Debatte und den zur Abstimmung stehenden Gesetzentwurf und den Entschließungsantrag: Der Bund kann bei der anstehenden Novellierung zweifelsohne von Thüringen lernen – sowohl inhaltlich als auch bei der verbindlichen Förderung der öffentlichen und freien Träger, die vor Ort für gute Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen sowie ihren Familien sorgen. Und auch eines muss bei der Novellierung des SGB VIII gelten: Es wird Zeit für mehr Verbindlichkeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Gesetz samt dem Entschließungsantrag ist meiner Überzeugung nach ein sehr gutes Gesetz, nicht nur weil es die Versprechen des Koalitionsvertrags in die Tat umsetzt, sondern zugleich weil es auch den bundesgesetzlichen Auftrag des SGB VIII an die Länder und den Thüringer Verfassungsauftrag aufgreift. Es stärkt und unterstützt Kommunen in ihrem Auftrag, Kinder- und Jugendarbeit zu stärken, und es leistet einen wichtigen Beitrag zur Demokratie, weil es jungen Menschen die Möglichkeit gibt, Demokratie zu erfahren.
Was genau jetzt die CDU anders oder besser machen will, ist mir – ehrlich gesagt – auch nach der Rede von Herrn Bühl nach wie vor nicht ganz klar. Wenn Kern Ihrer Kritik ist, dass Sie an der Erstellung des Gesetzentwurfs nicht eingebunden waren – und mir ist in den vergangenen vier Jahren nicht aufgegangen, dass die CDU-Fraktion ein intensives Bedürfnis hatte, Rot-Rot-Grün tatsächlich
näherzukommen –, dann seien Sie doch an der Stelle mutig und stimmen Sie heute dem Gesetzantrag zu. Sie haben uns zwar vorgeworfen, wir hätten Sie aus der Beratung ausgeschlossen. Ich würde aber sagen: Sie haben sich der Beratung entzogen, denn Sie haben uns bis heute nicht verraten, wo Sie während der Anhörung waren,
was Sie davon abgehalten hat und was Ihnen da tatsächlich wichtiger war. Auch dass Sie angekündigt haben, dass die CDU ein noch besseres Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetz vorlegen wird, wenn sie wieder in Verantwortung ist, kann uns – glaube ich – an dieser Stelle nicht trösten. Denn es wird ein Rätsel bleiben, warum die CDU die 25 Jahre, die sie in Regierungsverantwortung war, nicht genutzt hat, um ein solch gutes Kinderund Jugendhilfe-Ausführungsgesetz vorzulegen, sondern das Gegenteil gemacht hat: die Kinderund Jugendarbeit in Thüringen massiv geschwächt hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Gesetz haben wir für die jungen Menschen in Thüringen novelliert. Es schafft mehr Sicherheit für Angebote der Jugendarbeit und stärkt ihr Recht auf Mitbestimmung. Als Nächstes wird es darum gehen, das Gesetz mit Leben zu füllen. Ich freue mich sehr, heute diesem Gesetz und dem Entschließungsantrag zustimmen zu können, und bitte Sie darum, das auch zu tun. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, durch den Beschluss des Landtags in seiner 116. Plenarsitzung am 26. April wurde der Antrag an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit, den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport sowie an den
Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft überwiesen.
Der federführende Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit hat den Antrag in seiner 46. Sitzung am 17. Mai, in seiner 49. Sitzung am 20. September, in der 51. Sitzung am 25. Oktober sowie in der 56. Sitzung am 24. Januar 2019 beraten sowie ein mündliches und schriftliches Anhörungsverfahren durchgeführt. In der schriftlichen Anhörung wurden 36 Anzuhörende angeschrieben, von denen 22 eine Stellungnahme abgaben. Zu der mündlichen Anhörung, die am 20. September stattfand, wurden 25 Anzuhörende eingeladen, von denen 17 an der mündlichen Anhörung teilnahmen.
Im Nachgang des Anhörungsverfahrens wurde der Antrag durch die Fraktionen Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen neu gefasst. Der federführende Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit hat über den neu gefassten Antrag in der 56. Sitzung am 24. Januar abschließend beraten und empfohlen, den geänderten Antrag, wie er in der Beschlussempfehlung steht, anzunehmen.
Der Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport hat den Antrag in seiner 67. Sitzung am 19. Februar ebenfalls beraten und empfiehlt die Annahme der Beschlussempfehlung, die der Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit vorgenommen hat. Dem hat sich der Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft in seiner Sitzung am 21. Februar angeschlossen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Frau Holzapfel, ich möchte Ihnen an einer Stelle zustimmen: Ohne die Wirtschaft geht nichts. Aber zur Wirtschaft gehören auch die Beschäftigten. Ich möchte an der Stelle noch einmal sagen: Auch ohne die Beschäftigten in Thüringen geht nichts.
Wir diskutieren das hier an der Stelle immer wieder. Die Arbeitslosenzahlen sind in Thüringen in den vergangenen Jahren zum Glück deutlich gesunken, liegen inzwischen bei knapp unter 6 Prozent und nur noch knapp über dem Bundesdurchschnitt. Wir haben noch etwa 66.000 Erwerbslose, davon ungefähr 21.000 Menschen im Langzeitarbeitslosenbezug. Wir haben auch eine positive Lohnentwicklung, das muss man zumindest an der Stelle erwähnen. Aber wir dürfen trotzdem an der Stelle eine Sache nicht vergessen: Ein Drittel der Beschäftigten in Thüringen hat von der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns profitiert, ein Drittel der Beschäftigten in Thüringen hat von der Erhöhung des Mindestlohns profitiert. Auch das ist etwas, was unseren Arbeitsmarkt kennzeichnet und das Ergebnis hat, dass wir uns nach wie vor mit MecklenburgVorpommern um den letzten Platz streiten. Wir sind immer noch Schlusslicht, wenn wir uns die Lohnsituation ansehen.
Das hat Auswirkungen im Privaten und schlägt sich zum Beispiel – das diskutieren wir in diesen Tagen auch immer wieder – unmittelbar auf die Höhe der Rente nieder. Das hat aber auch Auswirkungen auf die Fachkräftesituation in Thüringen und auf den Wirtschaftsstandort Thüringen, denn der Arbeitsmarkt hat sich verändert. In den nächsten Jahren gehen mehr als 250.000 Beschäftigte in den Ruhestand. Das klingt erst mal nicht viel, das ist aber etwa ein Drittel unserer Beschäftigten. Da wird deutlich, worüber wir reden. Es hängt eng mit einer anderen Entwicklung zusammen, nämlich dass der Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahren immer mehr zu einem Arbeitnehmermarkt geworden ist, das heißt, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entscheiden, wo sie arbeiten wollen, und nicht die Arbeitgeber entscheiden, wen sie einstellen. Als Arbeitsmarktpolitikerin freue ich mich darüber sehr. Das bringt aber neue Anforderungen in Bezug auf die Fachkräftesicherung mit. Dem müssen wir uns hier im Parlament stellen, aber dem muss sich natürlich auch die Wirtschaft in Gänze stellen.
Jetzt gibt es – und das ist in dem Zusammenhang auch wichtig, denn wir leben hier nicht abgeschottet – ein massives Konkurrenzverhältnis zu anderen Bundesländern. Um dem standzuhalten, brauchen wir – und das ist in der Rede meiner Vorrednerin Frau Leukefeld schon deutlich geworden – gute Arbeit und wir brauchen gute Löhne. Wir brauchen eine Stärkung der Tarifbindung und wir brauchen mehr betriebliche Mitbestimmung. Frau Holzapfel, auch das ist ein Zeichen von Vertrauen und von einem Zusammenarbeiten auf Augenhöhe. Das hat
nichts mit Misstrauen zu tun, sondern damit, dass Beschäftigte und Arbeitgeber im Betrieb gut zusammenarbeiten. Ohne gute Arbeit werden wir es nicht schaffen, Thüringen als Wirtschaftsstandort auf Dauer attraktiv zu halten und auf Dauer erfolgreich zu halten. Der Kampf um die Arbeitskräfte, der Kampf um die Köpfe hat längst begonnen.
Dass gute Arbeit der wesentliche Faktor ist, um Fachkräftesicherung voranzutreiben, ist auch in der Anhörung, die wir hier im Hause hatten, immer wieder deutlich geworden. Im Nachgang der Anhörung haben wir den Antrag, den wir hier ursprünglich eingereicht haben, noch einmal deutlich überarbeitet und Maßnahmen zusammengetragen, die einen wesentlichen Beitrag zur Fachkräftesicherung leisten können. Ich möchte jetzt nur exemplarisch auf einige Maßnahmen eingehen. Wir sprechen uns zum einen dafür aus, dass wir eine strategische Debatte dazu brauchen, wie sich Herausforderungen des Arbeitsmarkts entwickeln, insbesondere mit Blick auf Dienstleistungen und Industriebranchen, aber auch mit Blick auf die Digitalisierung, und damit verbunden ein Monitoring zu Arbeit, Ausbildung und Leben in Thüringen zu führen und damit einfach eine gute Datengrundlage für Thüringen und für den Arbeitsmarkt in Thüringen zu schaffen, um damit auch eine Grundlage zu haben, von der wir politische Handlungen ableiten können.
Wir brauchen – das ist mit Blick auf die Abbrecherquoten in der Ausbildung, aber auch im Studium besonders wichtig – eine Veränderung der Berufsorientierung und der Einstiegsbegleitung. Das heißt, wir wollen hier ein Recht auf Berufsorientierung schaffen, verbunden mit einer Neuordnung der Berufsorientierung, die auch Arbeitsweltorientierung sein muss, die sich am individuellen Bedarf orientiert und auch vermittelt, unter welchen Bedingungen eigentlich gearbeitet wird, sodass Auszubildende oder Studierende ein realistisches Bild davon haben, wie der Beruf, für den sie sich entscheiden, eigentlich dann im Konkreten aussieht.
Wir brauchen auch Verbesserungen im Arbeitsschutz. Das bedeutet, dass wir auch mehr Kontrollen brauchen, wenn wir jetzt schon wissen, dass 50 Prozent der Betriebe zum Beispiel keine Gefährdungsbeurteilung haben, obwohl die eigentlich verpflichtend ist. Wir wissen, dass wir zum Beispiel konkret mehr Personal im Vollzug des Arbeitsschutzes brauchen. Auch dafür sprechen wir uns in diesem Antrag aus.
Wir haben darüber hinaus eine Branche noch einmal besonders in den Fokus genommen – und zwar zum einen, weil hier jetzt schon ein besonders hoher Bedarf besteht, aber auch weil es ein Beruf ist, in dem unmittelbar mit Menschen zusammenge
arbeitet wird und es tatsächlich ein Problem ist, wenn dort Menschen fehlen. Das ist die Sozialwirtschaft, das heißt, wir sprechen hier über Erzieherinnen und Erzieher, Pflegefachkräfte und Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen. Hierfür sagen wir: Wir brauchen eine Kampagne zu guter Arbeit in der Sozialwirtschaft mit dem Ziel, auch hier Tarifbindung und Tarifpartnerschaft zu stärken, aber auch betriebliche Interessenvertretungen und auch hier noch mal spezifische Beratungs- und Qualifizierungsangebote zu etablieren, die sich an Beschäftigte und Betriebsräte richten, um dort eine Verbesserung zu erreichen. Wir wollen hier eine Weiterentwicklung der Strategie zur Fachkräftegewinnung durch die Landesregierung, die gemeinsam mit allen Sozialpartnern erarbeitet werden soll und zum Beispiel über die Frage von Ausbildung, von Weiterbildung, von Qualifizierung, von Abschaffung des Schulgelds und auch der Anerkennung anderer Abschlüsse sprechen soll.
Darüber hinaus, und das diskutieren wir ja in diesem Zusammenhang auch immer wieder, werden wir auch Arbeits- und Fachkräfte aus dem Ausland benötigen. Hierfür braucht es zum einen – das ist in der Anhörung immer wieder deutlich geworden – eine Willkommenskultur, es braucht Toleranz und Weltoffenheit und ein Klima, in dem Menschen tatsächlich das Gefühl haben, hier willkommen zu sein. Es bedeutet aber auch, dass wir zum Beispiel den Zugang zu Angeboten für Integration, Sprache und Kultur schaffen. Das gilt sowohl für Arbeitsmigrantinnen aus der EU, das gilt aber natürlich auch für Menschen, die zum Beispiel aus sogenannten sicheren Herkunftsländern als Geflüchtete nach Deutschland kommen und die wir damit auch in ihrem Ankommen und in ihrer Qualifikation unterstützen wollen.
Das alles zeigt, dass wir sagen, dass wir auch als Politik hier Verantwortung übernehmen müssen und auch einen wichtigen Beitrag leisten müssen und damit auch leisten können, um die Fachkräftesituation in Thüringen zu sichern. Ich freue mich auf die weitere Debatte des Antrags und würde mich über Zustimmung freuen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, es kommt nicht so häufig vor, dass man hier überrascht wird. Viele Linien sind klar. Eine Linie, die wir aus den letzten Jahren kennen, ist die, dass die SPD sich im Bund für Verbesserungen in der Rente einsetzt, weil es vor allem für den Osten eine zentrale Frage der kommenden Jahre ist. Eine andere ist, dass unser Koalitionspartner im Bund, die CDU, das über viele Jahre verhindert. Plötzlich erkennt dann die CDU das Thema „Grundrente“ als ihres. Was sie aber vergisst, ist, dass sie niemals auch nur ansatzweise dafür gekämpft hat. Es war nicht Teil ihres Wahlprogramms und sie hat schon in der letzten Legislatur im Bund verhindert, dass die Grundrente kommt. Das zeigt vor allem eines: Die CDU nimmt
die Seniorinnen und Senioren, aber auch das immer akutere Thema „Altersarmut“ nicht ernst. Jetzt kommt die Grundrente, aber die CDU hat daran wirklich keinen Anteil. Das können Sie jetzt natürlich so öffentlich nicht sagen, also machen Sie eines: Sie tun, als wäre es Ihr Erfolg. Das ist jetzt an sich nichts Neues, das kennen wir vom Mindestlohn. Mehr als zehn Jahre lang hat die CDU die Einführung des Mindestlohns verhindert. Das kennen wir auch vom Atomausstieg, da brauchte es sogar eine atomare Katastrophe, bis die CDU ihre Blockadehaltung aufgegeben hat.
Das hält Sie nicht ab. Aber nicht nur, dass es nicht Ihr Erfolg ist, Sie verschweigen auch eines, nämlich wie viel Verantwortung Sie für die Lebensbedingungen in Thüringen haben. Dass die Christdemokraten die Verantwortung dafür tragen, dass Thüringen zum Niedriglohnland werden konnte, dass Sie die Verantwortung dafür tragen, dass Altersarmut für einen Großteil der Seniorinnen und Senioren der kommenden Generation Realität wird, dazu schweigen Sie. Stattdessen versuchen Sie jetzt ein Thema als Ihres zu verkaufen, dass Sie bis zum letzten Moment verhindern wollten. Dabei braucht es die Grundrente vor allem wegen der verfehlten Arbeitsund Wirtschaftspolitik, die die CDU in den ersten 20 Jahren in Thüringen gemacht hat. Dass sich an ihrer Einstellung nichts geändert hat, das sieht man, und zwar zum Beispiel an den Aussagen des neuen Ostbeauftragten der Bundesregierung. Auch er ist Mitglied der CDU. Er nimmt quasi als erste Amtshandlung den Menschen im Osten die Hoffnung darauf, in den nächsten Jahren die Angleichung der Löhne überhaupt erreichen zu können. Das ist zynisch und es zeigt: Ihr vermeintlicher Kampf für die Menschen im Osten ist unglaubwürdig. Dabei ist die Rente für den Osten ein besonders wichtiges Thema und das zeigt sich an drei Beispielen.
Der Transformationsprozess nach der Wende hat für viele Menschen im Osten dazu geführt, dass sie beruflich neu anfangen mussten. Sie haben gebrochene Erwerbsbiografien; Arbeitslosigkeit, Weiterbildung und Beschäftigung wechselten sich ab. Die Stabilität, die es für eine gute Rente bräuchte, fehlt hier einfach. Für sie ist die Grundrente eine notwendige Säule. Wir haben aber auch eine ganze Reihe von Menschen, die in den vergangenen Jahren immer oder fast immer gearbeitet, aber sehr schlecht verdient haben. Für sie brauchen wir eine andere Anrechnung in der gesetzlichen Rente. Wer 45 Jahre gearbeitet hat, für den darf unsere Antwort nicht nur die Grundrente sein, denn die ist lediglich eine Haltelinie nach unten. Außerdem gibt es eine Reihe von Personengruppen, die im Rentenrecht bislang nicht angemessen berücksichtigt wurden. Das betrifft zum Beispiel die in der DDR geschiedenen Frauen, aber auch Frauen, die vor der Wende
als mithelfende Ehefrauen im Unternehmen des Ehemanns gearbeitet haben. Für diese Fälle, für diese Härtefälle braucht es einen Fonds, für den die SPD sich seit vielen Jahren einsetzt.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, diese Veränderung braucht es für eine starke gesetzliche Rente und die brauchen wir vor allem aus zwei Gründen: Ich will, dass Menschen im Alter nicht in Armut leben müssen. Sie sollen bekommen, was ihnen zusteht für das, was sie sich erarbeitet haben: eine Alterssicherung, die es ihnen ermöglicht, auch im Ruhestand ein gutes Leben zu führen. Ich will aber auch, dass die Menschen, die in 20 oder 30 Jahren in Rente gehen, eine sichere Rente bekommen, denn das sind die Menschen, die jetzt in die Rentenkasse einzahlen und die sie jetzt tragen. Wie wir das erreichen wollen, wenn die CDU beim Thema „Rente“ immer nur blockiert, müssen Sie uns dann auch einmal beantworten. Mit Generationengerechtigkeit hat das jedenfalls nichts zu tun. Das hat keine Generation verdient. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, Sie haben es schon gehört: Bei dem vorliegenden Gesetzentwurf geht es im Wesentlichen um die Verlängerung der Gültigkeit des Gesetzes zur Förderung der Teilnahme
an Früherkennungsuntersuchungen von Kindern. Zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes im Jahr 2008 gab es bundesweit, aber auch hier in Thüringen eine intensive Debatte um die Verbesserung des Kinderschutzes. Anlass waren damals zunehmende Fälle von Vernachlässigung und Kindstötung, eng verbunden mit einer Diskussion um die Überforderung der Jugendämter. In der Folge kam es nicht nur zu diesem Gesetz, sondern auch zu verbesserten, bundesgesetzlichen Regelungen im SGB VIII und vor allen Dingen aber im Bereich der gesamten Jugendhilfe, insbesondere der Jugendämter zu erheblich verstärkter Aufmerksamkeit rund um den Kinderschutz. Die Förderung und der Einsatz von Familienhebammen sind ebenso zu nennen wie aufsuchende und informierende Hausbesuche nach der Geburt, die Arbeit der Thüringer Familienschutzdienste und die Beratungsangebote im Rahmen der Familienhilfe. Heute haben wir, obwohl weniger Kinder und Jugendliche in Thüringen leben, nach wie vor steigende Kosten für die erzieherischen Hilfen. Das ist auch ein Hinweis darauf, dass sich die Aufmerksamkeit rund um den Kinderschutz infolge der damaligen Diskussion nachhaltig positiv entwickelt hat. Dieses Gesetz ist ein Baustein im Rahmen der Verbesserungen des Kinderschutzes – ein, wie wir meinen, bewährter Baustein.
Es liegt in der Natur der Sache, dass sich empirisch nicht präzise nachweisen lässt, in welchem konkreten Umfang Kinder durch dieses Gesetz geschützt werden können. Es wäre meines Erachtens auch zynisch, diesen Nachweis zu fordern. Wird auch nur ein einziges Kind durch das Gesetz vor Vernachlässigung oder gar dem Tod bewahrt, dann ist dieses Gesetz sinnvoll. Wer sich die Daten und den Bericht für das Meldeverfahren vom zuständigen Landesamt für Verbraucherschutz anschaut, der dürfte eigentlich am Sinn des Gesetzes nicht zweifeln. Dennoch werden immer wieder die Komplexität und Praxis des Meldeverfahrens kritisiert. Besonders kritisch äußern sich die beiden kommunalen Spitzenverbände, die gehen sogar so weit, die Abschaffung des Meldeverfahrens vorzuschlagen. Kritisiert werden durch die kommunalen Spitzenverbände der Verwaltungsaufwand und der damit verbundene Zeitaufwand samt der vielen Meldungen, bei denen es lediglich um Terminversäumnisse der Eltern zur Teilnahme an den Vorsorgeuntersuchungen geht. Angegeben wird zugleich beispielhaft vom Landkreistag, dass in den Jugendämtern Kyffhäuserkreis und Nordhausen jährlich ein bis zwei Meldungen eingehen, bei denen weitere intensivere Auseinandersetzungen und Prüfungen wegen des Verdachts auf Kindeswohlgefährdung durchaus gegeben sind. Deshalb wiederhole ich an dieser Stelle: Wäre es bei allen Jugendämtern auch nur ein Fall, dann hat dieses Gesetz Sinn.
All denjenigen in der öffentlichen Verwaltung, die im Kinderschutz auch nur theoretisch sparen wollen, sei gesagt: Dieses Gesetz hilft den Kindern, es hilft zugleich den Jugendämtern und den dort Beschäftigten. Es hilft bei der Aufrechterhaltung der Sensibilität und bei der Verteidigung des notwendigen Personals und der notwendigen Finanzmittel vor allen anderen Interessen in der Kommune. Kinderschutz eignet sich nicht als Spardose.
Eine Studie der Universität Konstanz hat sich Mitte des Jahres noch einmal mit der personellen Ausstattung des Allgemeinen Sozialen Dienstes bei den Jugendämtern beschäftigt und kam zu folgendem Ergebnis: Die Jugendämter befinden sich in strukturellen Zwängen, weil die Ressourcen, die ihnen zur Verfügung stehen, schlicht nicht reichen. Die Studie zeigt: Bundesweit besteht Handlungsbedarf, und zwar nicht mit dem Ziel des Personalabbaus, sondern mit dem Ziel des Personalaufbaus, insbesondere beim Kinderschutz. Auch deshalb werden wir dieses Gesetz verlängern. Ich hoffe zudem, dass bei der von der Bundesjugendministerin angekündigten Novellierung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes auf Bundesebene die Bedarfsberechnung, Ausstattung der Jugendämter mit Personal und Finanzen gesetzlich präzisiert wird.
Natürlich nehmen meine Fraktion und ich die Kritik am Meldeverfahren und der angeblich fehlenden Evaluierung ernst. Dazu bedarf es allerdings auch aus meiner Sicht keiner gesetzlichen Regelung. Das Ministerium hat in der Ausschusssitzung bereits angekündigt, dass es dazu eine Evaluation durchführen wird. Zu dem Meldeverfahren wird außerdem beiden Fachressorts empfohlen, gemeinsam mit den beteiligten Akteuren die Praxis kritisch und konstruktiv zu beleuchten, mit dem Ziel der Verbesserung der Meldeverfahren, aber explizit nicht mit deren Abschaffung. Die angeblich fehlenden Daten liegen aufgrund der Berichterstattung offenkundig beim Landesamt vor. Es scheint, als ob sie zumindest nicht allen beteiligten Akteuren bekannt sind. Sollten sich infolge eines solchen Abstimmungsprozesses Verbesserungsvorschläge für das Meldeverfahren ergeben, dann ist die Landesregierung aufgefordert, auch einen entsprechenden Vorschlag zu unterbreiten, den wir dann hier natürlich auch diskutieren können.
Heute gilt aber: Dieses Gesetz dient dem Kinderschutz und deswegen werden wir es um weitere fünf Jahre verlängern. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, es ist nicht neu, dass wir eine Reform des Arbeitsmarktes brauchen. Es ist auch nicht neu, dass diese grundlegend sein muss – grundlegender auch, als es diese Aktuelle Stunde hier nahelegt, auch wenn das in der Zeit, die uns hier zur Verfügung steht, kaum angemessen zu bearbeiten ist.
Die Hartz-Gesetzgebung hat zu massiven Verwerfungen am Arbeitsmarkt geführt. In den vergangenen Jahren hat sich ein System der Angst etabliert, welches dazu führt, dass die Menschen den sozialen Abstieg mehr fürchten als alles andere. Hartz IV wird nicht als Unterstützung, sondern als Kontrolle und Sanktion wahrgenommen.
Eines haben die Reformen nicht bewirkt: Der Arbeitsmarkt ist in den vergangen 14 Jahren nicht flexibler geworden – im Gegenteil. Aufgrund der Angst vor Arbeitslosigkeit entscheiden sich heute viele Beschäftigte dagegen, den Arbeitsplatz zu wechseln. Das ist weder im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, noch im Interesse der Betriebe.
Es ist kein Geheimnis, dass die SPD einen wesentlichen Anteil an der Situation hat. Ich bin aber auch froh, dass wir heute dafür Verantwortung übernehmen und inzwischen sehr deutlich machen, dass es ein „Weiter so“ auf dem Arbeitsmarkt nicht geben darf.
Mit Blick auf Ostdeutschland ist das besonders wichtig, weil Hartz IV hier besonders dramatische Auswirkungen hat. Die Lebensleistungen und die Aufbauleistungen, die die Menschen im Osten in den vergangenen 28 Jahren geleistet haben, stehen dem System Hartz IV diametral gegenüber. Der SPD-Landesvorsitzende hat hier sehr klare Worte gefunden. Er hat sich zu den Fehlern bekannt, hat sich für die Verwerfung und die Auswirkungen, die die Reform auf die Menschen hat, entschuldigt. Dem kann ich mich hier nur noch einmal anschließen. Ändern können wir das parlamentarisch nur in einem Bündnis, das klare Korrekturen in der Arbeitsmarktpolitik vornehmen will. Das kann meiner Meinung nach nur die Koalition sein, die wir auch hier im Landtag haben, ein Bündnis aus SPD, Linken und Bündnis 90/Die Grünen.
Lassen Sie mich, wenn auch sehr kompakt, auf das eingehen, was sich ändern muss. Wir brauchen eine armutsfeste und sanktionsfreie Grundsicherung, die ein Leben in Würde ermöglicht, anstelle von Hartz IV. Wir brauchen eine Kindergrundsicherung, um Kinderarmut zu bekämpfen, wir brauchen aber auch höhere Löhne – die Untergrenze des Mindestlohns muss auf 12 Euro in der Stunde angehoben werden –, um Altersarmut vorzubeugen, und wir brauchen eine Stärkung der Tarifbindung. Wir brauchen mehr gute Arbeitsplätze und weniger prekäre, das bedeutet, dass wir Leiharbeit stärker regulieren müssen, aber auch, dass Befristungen und Minijobs abgeschafft werden müssen. Und wir brauchen eine Reform der Instrumente zur Vermittlung in Ar
beit. Der Bund hat mit dem Chancenteilhabegesetz einen Vorschlag gemacht und wir müssen die nächsten Monate nutzen, um zu prüfen, ob wir damit tatsächlich all diejenigen erreichen, die wir auch erreichen wollen und ob wir damit tatsächlich die Teilhabechancen von Erwerbslosen verbessern.
Die SPD hat in den vergangenen Wochen und Monaten eines gezeigt: Wir sind in der Lage, ein solches Bündnis anzuführen. Auch aus diesem Grund bin ich froh, dass die Koalition den Vorschlag des SPD-Wirtschaftsministers Wolfgang Tiefensee aufgenommen hat und eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringen will und dass Herr Tiefensee diese auch jetzt schon für die Regierung vorbereitet. Dort wird er einen Vorschlag machen, wie die Grundsicherung zukünftig aussehen soll, aber auch die Forderung des SPD-Landesparteitags aufnehmen, den Mindestlohn auf 12 Euro zu erhöhen. Das ist eine gute Entscheidung, diesen Weg zu gehen, nicht nur, weil ich mich seit vielen Jahren dafür auch innerhalb der SPD einsetze, es ist eine gute Entscheidung, weil es im Interesse der Menschen in diesem Land ist. Wir leisten damit einen wesentlichen Beitrag für mehr soziale Gerechtigkeit und für eine starke Wirtschaft. Beides brauchen wir für ein gutes Leben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, mich hat die Aktuelle Stunde der AfD überrascht. Ich will Ihnen auch gern sagen, warum. Die AfD-Fraktion beteiligt sich seit Monaten nicht an der Arbeit der Enquetekommission, sie bringt keine Anträge ein, sie schlägt keine Anzuhörenden vor, sie beteiligt sich nicht an Diskussionen, sie stellt noch nicht mal Nachfragen. Häufig ist sie nicht mal da. Das Sondervotum zum
Zwischenbericht ist kein fachlicher Beitrag, sondern eine Aneinanderreihung von Beleidigungen.
Sie glauben vielleicht, das wäre Politik, aber das, was Sie hier machen, sind nur Spielereien und damit ändern Sie nichts. Aber eigentlich überrascht auch das niemanden. Dass Sie eine Gesellschaft wollen, in der Rassismus salonfähig ist, zeigen Sie hier jeden einzelnen Tag.
Ich würde gern noch einmal darauf eingehen, was in der Enquetekommission gerade passiert ist. Wir sind gerade dabei, Maßnahmen zu erarbeiten, wir beschäftigen uns mit vielen unterschiedlichen Bereichen, von Arbeitsmarkt über Bildung bis hin zum Gesundheitssystem diskutieren wir gerade mit Expertinnen und Experten, welche Maßnahmen helfen können, um etwas gegen Rassismus in unserer Gesellschaft zu tun.
Ein wichtiger Bereich ist dabei auch die Polizei. Wir haben Anfang Dezember mehr als vier Stunden eine intensive Debatte geführt, dass es auch innerhalb der Polizei Rassismus gibt. Da waren sich fast alle Anwesenden einig.
Es gibt unterschiedliche Einschätzungen dazu, ob es – ich sage es in Anführungsstrichen – lediglich Einstellungsmuster sind oder ob es auch institutionellen Rassismus gibt, das mag sein. Aber dass es Rassismus auch bei der Polizei gibt, war am Ende dieses Tages klar. Das ist auch kein Generalverdacht, im Gegenteil, die meisten Kolleginnen und Kollegen bei der Polizei bekennen sich ganz klar zu unserem Grundgesetz. Ihnen, aber auch den Bürgerinnen und Bürgern sind wir es schuldig, dass wir uns auch mit dem Thema „Rassismus bei der Polizei“ befassen.
Es gab einen einzigen Anzuhörenden, der der Meinung war, Rassismus bei der Polizei wäre unmöglich, weil es dazu klare Ansagen von oben gibt. Meine Damen und Herren, diese Position gab es in diesem Teil des Landes schon einmal, dass sie falsch war, das wissen wir fast 30 Jahre nach der Wende.
Wie sich Rassismus ausdrücken kann, das ist in der Anhörung mehr als deutlich geworden. Da wurde berichtet, dass eine Polizeibeamtin im Rahmen einer Weiterbildung sagt, sie würde schwarzen
Menschen nicht mehr die Hand geben. Das ist schon erschreckend. Noch erschreckender ist, dass sie von 20 anwesenden Kolleginnen und Kollegen Beifall bekommt.
Es wurde außerhalb außerdem berichtet über Racial Profiling, also die gezielte Kontrolle von Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe. Davon haben die Opferberatung, aber auch Betroffenenorganisationen berichtet. Wer bezweifelt, dass es das wirklich gibt, der sollte sich vielleicht einfach mal eine Stunde an den Erfurter Hauptbahnhof stellen, da können Sie das relativ genau sehen.
Jetzt hat sich – und das will ich gar nicht bestreiten – unter Georg Maier einiges verändert. Er macht immer wieder deutlich, dass Rassismus keinen Platz in unserer Gesellschaft haben darf. Damit allein verändert man allerdings keine Strukturen. Deswegen diskutiert die Enquetekommission gerade, wie man mit diesen Problemen umgehen kann; eine stärkere Sensibilisierung in der Aus- und Weiterbildung, das Verbot von Racial Profiling sind dazu Beispiele.
Die Debatte hat sich Anfang Dezember aber vor allem an einem Vorschlag aufgehangen: einer unabhängigen Beschwerdestelle. Argumente dagegen gab es wenige. Was indes immer wieder unterstellt wird, ist, dass damit ein Generalverdacht gegenüber allen Polizistinnen und Polizisten im Freistaat ausgesprochen wird. Befürwortet wird dieser Vorschlag unter anderem von der GdP, das ist im Protokoll der Sitzung auch nachzulesen. Positiv aufgenommen wurde der Vorschlag auch von der Forschungsstelle der Thüringer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung aus dem Fachbereich Polizei. Hier wurde noch mal ausgeführt, dass die Polizei eben keine homogene Masse ist, von der man Kritik fernhalten muss und dass man damit vielen Kolleginnen und Kollegen Unrecht tut, die auf Veränderungen warten. Genau diesen Kolleginnen und Kollegen hilft es, wenn die Probleme nicht weggeschoben werden.
Was wir in der Kommission brauchen, das sind sachliche Debatten und kein hohler Populismus, der hilft uns tatsächlich nicht weiter. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Frau Präsidentin, am Abend des 16. Juni 2012 dringen zwei Brüder, 17 und 23 Jahre, sowie ein 19-Jähriger in Suhl im Plattenbauviertel Nord in die Wohnung des 59-jährigen Klaus-Peter Kühn ein. Sie fordern von dem alkoholkranken Arbeitslosen Geld, um Schnaps zu kaufen. Kühn gibt ihnen 2 Euro und sagt, mehr habe er nicht. Als die Täter in der Wohnung weitere 25 Euro finden, beginnen sie, den Mann zu quälen. Mit Fäusten und Füßen, einem Stuhl, einem Fernseher, einer schweren Tischplatte dreschen sie auf ihn ein. Zwischenzeitlich verlassen sie die Wohnung, um Alkohol kaufen zu können, nehmen Schlüssel, Portemonnaie und Mobiltelefon des Opfers mit. Nach ihrer Rückkehr gehen die Misshandlungen weiter. Sie schlagen erneut auf ihn ein, urinieren auf den Schwerverletzten, stecken einen glühenden Zigarettenstummel in sein Nasenloch. Dieser Bericht geht noch viel weiter als das, was ich jetzt vorgelesen habe. Er ist Teil einer viel beachteten Langzeitstudie, die der Tagesspiegel veröffentlicht hat, und es ist einer der Fälle, die aktuell nicht in der Liste staatlich anerkannter Todesopfer rechter Gewalt aufgeführt werden, und das, obwohl die Täter angeben, am 20. April – also am Geburtstag Hitlers – immer etwas zu feiern zu haben, obwohl sie bekannt waren für Hakenkreuzschmierereien, auch dafür schon verurteilt waren.
Die Zahlen über die Opfer rechter Gewalt schwanken, das hat mein Kollege Schaft eben schon ausgeführt. Die Bundesregierung spricht offiziell von 23 Todesopfern seit der Wiedervereinigung. Zivilgesellschaftliche Akteure sprechen von bundesweit 193 Fällen. Der Tagesspiegel hat in Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden Justizberatungsstellen für Opfer rechter Gewalt und Angehörige be
fragt, was bereits dazu geführt hat, dass in mehreren Bundesländern – unter anderem in Berlin und Brandenburg – auch Fälle überprüft wurden, die zunächst nicht als politisch eingestuft wurden und jetzt offiziell anerkannt sind. In Thüringen ist bisher nur ein Fall anerkannt, der sich am 15. Januar 1993 zugetragen hat. Unsere Thüringer Opferberatungsstelle ezra geht von mindestens sieben weiteren Fällen aus. Der Grund für die Diskrepanz ist, dass die Motivation bei Ermittlungen häufig übersehen wird, vor allem dann, wenn es sich bei den Motiven um rechte Gewaltlegitimation, um ein Feindbilddenken oder rassistischen und sozialdarwinistisch motivierten Hass handelt.
Wir fordern in unserem Antrag daher auf, eine wissenschaftliche Überprüfung durch ein externes Forschungsinstitut nach dem Vorbild in Berlin und Brandenburg vorzunehmen. Diese Überprüfung hat zum Beispiel in Brandenburg dazu geführt, dass die Zahl staatlich anerkannter Todesopfer durch rechte Gewalt von neun auf 18 korrigiert wurde. Es ist damit quasi auch eine Grundlage für eine politische und gesellschaftliche Aufarbeitung dieser Fälle. Das ist notwendig, weil der Freistaat damit ein Verantwortungsbewusstsein zeigt für die Opfer rassistischer und rechtsmotivierter Gewalt und für deren Hinterbliebene. Es ist ein weiterer Schritt dazu, dass Tatmotive durch Ermittlungs- und Justizbehörden künftig besser eingeordnet werden. Der Abschlussbericht des Mendelssohn Instituts hat gezeigt, in Untersuchungen, die in Brandenburg durchgeführt wurden, dass Behörden den rechten und rassistischen Kontext von Instanz zu Instanz politisieren können.
Hierzu ein kurzes Zitat aus dem Bericht: Wurden von der Polizei noch mögliche rechte oder rassistische Bezüge, wie zum Beispiel die Einbindung der Täter in rechten Strukturen, aufgeführt, fanden sich in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft nur noch selten Hinweise auf eine politische Motivation. Die Urteile der Justiz ignorierten diese zumeist völlig. Daran wird deutlich, wie notwendig diese Thematisierung von Rassismus und Neonazismus in Strafprozessen ist, wie sie oft auch nur durch Nebenklagevertretungen eingebracht wird.
Das ist aus unserer Sicht wichtig, weil sich aus der staatlichen Anerkennung zum Beispiel Ansprüche für die Hinterbliebenen ergeben, zum Beispiel Härteleistungen für Opfer rechtsextremer Gewalt beim Bund. Es gibt aber vor allem auch Klarheit über das Ausmaß rechter Gewalt. Aber vor allem sind wir es den Opfern schuldig und auch der Rechtsstaatlichkeit in diesem Land. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Geschichte um die Einführung des Mindestlohns ist eine lange Geschichte, in der die Thüringer SPD immer eine Vorreiterrolle eingenommen hat, wenn es um die Einführung des gesetzlichen, bundesweit einheitlichen Mindestlohns ging.
Ich würde trotzdem gern noch einmal auf die Geschichte eingehen, um zu erinnern, wie lange wir diese Debatte eigentlich schon führen. In den Jahren 2001/2002 hat die Gewerkschaft NGG erstmals einen gesetzlichen Mindestlohn gefordert. Im Jahr 2004 hat der damalige Thüringer SPD-Landesvorsitzende Christoph Matschie die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns als Nachbesserung zu den Hartz-Reformen gefordert. 2006 hat der DGB eine bundesweite Kampagne dazu umgesetzt und seit 2007 ist es auch eine Forderung der SPD im Bund. Im Januar 2012 gab es eine Initiative aus den Reihen der Thüringer Landesregierung auf Initiative des damaligen SPD-Wirtschaftsministers Matthias Machnig, die mit einer Bundesratsinitiative zur Einführung eines einheitlichen Mindestlohns in den Bundesrat gegangen ist. Seit dem 03.06.2014 ist der Mindestlohn Gesetz in Thüringen und gilt seit dem 01.01.2015 flächendeckend in Deutschland, eingeführt in einer Höhe von 8,50 Euro. Im Sommer dieses Jahres – das haben wir schon gehört – hat die Kommission beschlossen, dass der Mindestlohn zum 01.01.2019 auf 9,19 Euro angehoben werden soll und zum 01.01.2020 auf 9,35 Euro. Auch aus unserer Sicht reicht diese Dynamik nicht aus, um die Probleme, die wir in der Lohnsituation in Thüringen haben, zu bewältigen. Auch deswegen ist ja in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder die Forderung nach ei
nem höheren Mindestlohn in Höhe von 12 Euro aufgekommen. Auch diese Forderung ist für uns nicht neu. Die Thüringer SPD fordert bereits seit 2016 einen Mindestlohn, der auch altersarmutsfest ist. Also auch hier haben wir eine Vorreiterrolle.
Es gab im Vorfeld der Einführung des Mindestlohns immer wieder Horrorszenarien: Es wäre wirtschaftlich schädlich, es würde zum Abbau von Arbeitsplätzen kommen. Das hört man jetzt auch immer wieder, wenn es um den höheren Mindestlohn geht. Die Wahrheit ist aber eine ganz andere. Und das ist auch wichtig, sich das in der Statistik noch mal anzusehen. Fast 200.000 Menschen in Thüringen haben von der Einführung des Mindestlohns in Höhe von 8,50 Euro profitiert. In Thüringen gab es 25 Prozent der Betriebe, die angegeben haben, Beschäftigte zu haben, die von der Mindestlohneinführung betroffen seien. Es gab seitdem einen Lohnzuwachs auch über den Mindestlohn hinaus. Das zeigt also: Der Mindestlohn hat auch Auswirkungen auf das Gesamtlohngefüge, und die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ist seitdem Jahr für Jahr gestiegen.
Es zeigt also: Der Mindestlohn hat positive Effekte auf dem gesamten Arbeitsmarkt. Er löst aber nicht alles. Und eines davon ist, dass er keine Rente oberhalb der Grundsicherung ermöglicht, also nicht in dem Niveau, das wir bisher haben. Die HansBöckler-Stiftung hat dazu vergangenen Sommer schon berechnet, welche Stundenlöhne notwendig sind, um eine Rente oberhalb der Grundsicherung zu erreichen. Man kann das so pauschal machen, wie das meine Kollegin Leukefeld gemacht hat – aber es ist natürlich notwendig zu differenzieren, wie viele Beitragsjahre der Betroffene eingezahlt hat. Die Böckler-Stiftung geht davon aus, bei 40 Beitragsjahren braucht man einen Mindestlohn von 12,84 Euro, bei 45 Beitragsjahren sind es 11,42 Euro. Unstrittig ist, dass das Niveau, was wir momentan haben, nicht reicht, um das zu sichern, und dass wir eine Forderung brauchen. Deswegen sagen wir, dass wir die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro zum 01.01.2021 wollen.
Ich möchte aber noch mal zwei Dinge ansprechen, die der Mindestlohn nicht löst, aber die wir trotzdem im Rahmen dieser Debatte bearbeiten müssen. Zum einen brauchen wir einen deutlichen Anstieg des Lohnniveaus. Es muss immer auch darum gehen, Tarifbindung zu stärken. Der Mindestlohn kann hier nur eine Untergrenze sein. Ich muss sagen, wenn ich mir ansehe, dass 80 Prozent der Betriebe in Thüringen gar keinen Tarifvertrag haben, da frage ich mich schon, ob wir in diesem Jahr in Thüringen auch 100 Jahre Sozialpartnerschaft feiern können oder ob das eher eine sehr traurige oder eine Trauerfeier wäre, die wir hier begehen würden.
Deswegen müssen wir den Einfluss nutzen, den wir haben, zum Beispiel wie wir es bei der Schulsozialarbeit machen, dass wir sagen, dass, wer eine öffentliche Förderung bekommt, sich auch an Tarifverträgen orientieren muss, oder dass wir auch eine Tarifbindung im Vergabegesetz haben. Wir brauchen aber darüber hinaus auch eine Lösung für die gesetzliche Rente, weil die 200.000 Menschen, die 2015 von der Einführung des Mindestlohns profitiert haben, auch diejenigen sind, die 25 Jahre zu Niedriglöhnen gearbeitet haben und deswegen niemals eine Rente oberhalb der Grundsicherung bekommen werden. Dafür brauchen wir eine Stärkung der gesetzlichen Rente, die genau die Besonderheiten dieser Biografien auch berücksichtigt. Alles andere bedeutet einen deutlichen Anstieg der Altersarmut in den nächsten Jahren.
Meine Damen und Herren, gute Löhne in Thüringen sind Voraussetzung für ein gutes Leben in Thüringen. Ich und die SPD-Fraktion werden deshalb weiter dafür kämpfen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, das Thüringer Gesetz zur Ausführung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch wurde durch Beschluss des Landtags in seiner 119. Sitzung am 24. Mai 2018 an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit überwiesen. Der Ausschuss hat in seiner 47. Sitzung am 14. Juni 2018 und in seiner 48. Sitzung am 23. August 2018 dazu beraten und ein schriftliches Anhörungsverfahren durchgeführt.
Es wird empfohlen, den vorgelegten Gesetzentwurf mit einer Änderung anzunehmen. Im Rahmen der Anhörung wurde darauf hingewiesen, dass eine Interessenvertretung für Menschen mit Behinderung auch im Gesetz zu verankern ist. Das wird im § 7 vorgenommen, so wie es das Bundesteilhabegesetz vorsieht. Der Ausschuss hat diesem Vorschlag
zum geänderten Gesetzentwurf mehrheitlich zugestimmt und für die zweite Beratung ans Plenum zurücküberwiesen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, es gibt ja manchmal Tagesordnungspunkte, über die man sich hier im Plenum ganz besonders freut. Das ist manchmal so, wenn man sehr lange um einen guten Kompromiss gerungen hat, oder auch, wenn man einfach sehr hinter einer Sache steht. Es ist auch in diesem Fall so, dass das jetzt von den Koalitionsfraktionen vorgelegte Fünfte Gesetz zur Änderung des Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetzes das Ergebnis eines sehr langen Prozesses ist. Wir als Jugendpolitikerinnen haben uns dafür starkgemacht, dass es Eingang in den Koalitionsvertrag findet. Wir haben als Koalitionsfraktionen eine Tagung mit über 150 Menschen organisiert – überwiegend junge Menschen, die in Jugendverbänden organisiert sind. Wir haben Debatten und Gespräche mit allen möglichen jugendpolitischen Akteuren geführt, wir haben einen Antrag mit einer sehr umfangreichen Anhörung hier im Parlament beraten.
Wir als Jugendpolitikerinnen aller Fraktionen waren an der Fortschreibung des Landesjugendförderplans beteiligt. Auch da sind uns noch mal viele Anregungen für diesen Gesetzentwurf zugegangen. All das, all die Aufträge, die wir im Rahmen dieses langen Prozesses in den letzten dreieinhalb Jahren bekommen haben, haben Eingang in dieses Gesetz gefunden, sie finden sich in diesem Gesetzentwurf wieder. Deswegen ist es ein Gesetzentwurf, der gut für die Kinder und Jugendlichen ist; er ist gut für die
Kommunen und gut für die freien Träger in diesem Land.
Wir stärken mit diesem Gesetzentwurf die Mitbestimmungsmöglichkeiten junger Menschen, wir verankern die Örtliche Jugendförderung mit jährlich 15 Millionen Euro, die Schulsozialarbeit mit jährlich 11,3 Millionen Euro. Ich freue mich auf die heutige Debatte hier im Landtag und auch auf die Debatte, die wir danach noch im Ausschuss führen werden. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Lieber Herr Bühl, ich bin voller Zuversicht, dass Sie am Ende dieses Gesetzgebungsverfahrens überzeugt sind von dem Gesetzentwurf und dem hier auch ohne schlechtes Gefühl zustimmen können, weil es einfach ein guter Gesetzentwurf ist. Wenn Sie noch nicht so viel Zeit hatten, den jetzt ausführlich zu lesen – wir haben jetzt über viele Wochen und Monate darüber diskutiert. Es ist wirklich ein guter und ausgewogener