Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße unsere Gäste auf der Zuschauertribüne, die Zuschauer am Livestream sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.
Für diese Plenarsitzung hat als Schriftführer neben mir Herr Abgeordneter Kobelt Platz genommen und die Redeliste führt Herr Abgeordneter Tischner.
Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Herr Abgeordneter Fiedler und Herr Abgeordneter Prof. Dr. Voigt.
Meine Damen und Herren, der Ältestenrat hat gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung für Frau Sophia Hebel und Frau Franziska Hille vom MDR Fernsehen sowie für Frau Luise Worms, Herrn Torsten Wanschura, Herrn Luca Stark, Herrn Daniel Spliethoff, Frau Anne Schneemelcher, Herrn Christoph Schlüter, Herrn Andreas Pszota, Frau Gloria Pilima, Herrn Marvin Peters, Herrn Sven Noack, Herrn Swen Müller, Herrn Jörg Marklein, Herrn Timo Lewe, Herrn Titus Lang, Herrn Toralf Kuhl, Herrn Robert Krämer, Herrn Georg Klinghammer, Herrn Michael Karr, Herrn Max Hermes, Herrn Daniel Hartwig, Frau Luisa Graf, Herrn Benjamin Geese und Herrn Max Fassbender von der Mediengruppe RTL Dauerarbeitsgenehmigungen für Bildund Tonaufnahmen im Plenarsaal erteilt. Weiterhin hat der Präsident für Herrn Lukas Lange vom MDR Fernsehen eine Arbeitsgenehmigung befristet bis zum 30. September 2018 erteilt. Aufgrund der Eilbedürftigkeit wurden für Herrn Michael Külbel, freier Fotograf, und für Frau Silke Fließ, Pressereferentin im Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, für diese Plenarsitzungen Genehmigungen für Bild- und Tonaufnahmen gemäß der Regelung für dringende Fälle nach § 17 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung erteilt.
Der Verband kommunaler Unternehmen hat für heute zum Parlamentarischen Abend eingeladen, der nach dem Ende der Plenarsitzung gegen 19.00 Uhr beginnen soll. Im Foyer vor dem Landtagsrestaurant präsentiert sich heute die Firma Altenburger Hut & Putz GmbH.
Meine Damen und Herren, die Fraktionen waren im Ältestenrat übereingekommen, den Tagesordnungspunkt 1 am Donnerstag als ersten Punkt und den Tagesordnungspunkt 8 am Mittwoch als ersten Punkt aufzurufen. Im Hinblick auf die lediglich elf Mündlichen Anfragen schlage ich Ihnen vor, die Fragestunde nicht wie vorgesehen am Mittwoch und Donnerstag aufzurufen, sondern die Mündlichen Anfragen in der morgigen Fragestunde abzuarbeiten und die Wahlen in den Tagesordnungs
punkten 27 und 29 deshalb am Donnerstag nach der Mittagspause aufzurufen. Ich gehe davon aus, dass niemand widerspricht. Dem ist so.
Die Beschlussempfehlungen haben folgende Drucksachennummern: zu Tagesordnungspunkt 1 die Drucksache 6/4840, zu Tagesordnungspunkt 3 die Drucksache 6/4833 und zu Tagesordnungspunkt 13 a die Drucksache 6/4829.
Zu Tagesordnungspunkt 1 wird ein Entschließungsantrag der Fraktion der AfD in Drucksache 6/4848 verteilt.
Zu Tagesordnungspunkt 13 a wird ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU in Drucksache 6/4849 verteilt.
Der Tagesordnungspunkt 15 wird von der Tagesordnung abgesetzt, da der zuständige Ausschuss noch nicht abschließend beraten hat.
Der Tagesordnungspunkt 28 wird von der Tagesordnung abgesetzt, da die Fraktion der AfD keinen Wahlvorschlag eingereicht hat.
Zu Tagesordnungspunkt 30 kommen folgende Mündliche Anfragen noch hinzu: die Drucksache 6/4828 und die Drucksache 6/4832.
Die Landesregierung hat mitgeteilt, zu den Tagesordnungspunkten 18 und 22 von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung Gebrauch zu machen.
Wird der Ihnen vorliegenden Tagesordnung sowie den von mir genannten Ergänzungen widersprochen? Herr Abgeordneter Blechschmidt.
Danke, Frau Präsidentin. Ich beantrage die Aufnahme des Thüringer Gesetzes zu dem Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag auf die Tagesordnung unter Punkt 4 a, weil es auch eine zweite Beratung ist, und ich bitte um die Platzierung am Freitag als ersten Tagesordnungspunkt.
Wird dem widersprochen? Herr Abgeordneter Möller. Dann stimmen wir über die Aufnahme des Gesetzentwurfs Thüringer Gesetz zu dem Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag – und ich gehe davon aus, auch der Beschlussempfehlung – ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion der CDU. Gegenstimmen? Das sind die Stimmen der Fraktion der AfD. Damit ist der Gesetzentwurf Thüringer Gesetz zu dem Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag aufgenommen. Der Platzierungswunsch war: Punkt 4 a, Beratung am Freitag als Erstes. Wird dem widersprochen? Das kann ich nicht erkennen. Dann ha
Frau Präsidentin, den Antrag in Drucksache 6/3734 ziehen wir zurück und bitten daher darum, den TOP 14 von der Tagesordnung zu streichen.
Ich will am Anfang sagen, dass die Fraktionen der AfD, der SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen jeweils eine Aktuelle Stunde eingereicht haben.
a) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der AfD zum Thema: „100 Jahre Oktoberrevolution – 100 Millionen Tote. Die historische Verantwortung der Thüringer Politik angesichts vergangener stalinistischer Verfolgungen und des heutigen gewalttätigen Linksextremismus“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/4817
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, die Oktoberrevolution war ein Schlüsselereignis des letzten Jahrhunderts. Vor 100 Jahren begann mit ihr das Zeitalter der kommunistischen Gewaltherrschaft, das leider noch nicht überall auf der Welt beendet ist. Wir erinnern heute daran, dass Kommunisten zwar oft vom Weltfrieden redeten, doch der Kommunismus nie friedlich war. Wir erinnern heute auch daran, dass der Kommunismus nie etwas vom Selbstbestimmungsrecht der Völker hielt, außer als propagandistische Phrase. Und wir erinnern heute daran, dass der Mensch als Individuum mit eigenen Rechten allen kommunistischen Regimen völlig egal war, wenn er ihnen in die Quere kam.
Von der Oktoberrevolution bis zu den heute noch präsenten Formen kommunistischer Regime zieht sich die Anwendung von Gewalt, Unterdrückung und Verfolgung zum Zwecke der Machterlangung und des Machterhalts wie ein roter Faden durch die Geschichte. Bereits 1918 richtete die Tscheka ein erstes so auch bezeichnetes KZ für politische Gefangene ein, übrigens auf Anweisung von Lenin, der immer noch in unserem Land seine Verehrer findet. Aber das waren eben nur die Anfänge. Genaue Zahlen gibt es nicht, aber man kann von circa 100 Millionen Toten sprechen, die die kommunistischen Experimente seit 1917 in aller Welt hinterlassen haben.
100 Jahre Oktoberrevolution, 100 Millionen Tote – manche werden versuchen, das zu relativieren. Oft sind es dieselben Leute, die in ihrer Jugend zum Beispiel die Roten Khmer toll fanden, eine Truppe, die es geschafft hat, bei einer Gesamtbevölkerung von 8 Millionen Menschen einen Genozid von weit über 1 Million Menschen zu verursachen. Das waren allein die Folgen des Zeitalters kommunistischer Gewaltherrschaft in einem kleinen Land in Südostasien. Auch hier in Ostdeutschland, in Thüringen, haben Kommunisten Andersdenkende verfolgt, verschleppt und umgebracht. Trotzdem finden Gedenkveranstaltungen für diese Opfer, zum Beispiel im Speziallager Buchenwald, nach meinen eigenen Beobachtungen eher wenig Aufmerksamkeit. Der Umgang mit den Opfern der kommunistischen Ideologie fällt hierzulande vielen nach wie vor schwer. Immer noch wird versucht, die Oktoberrevolution und die ihr folgenden kommunistischen Regime zu verharmlosen. Man sagt, die Absichten wären ja gut gewesen, Arbeiter und Bauern mussten befreit werden, der Faschismus musste ausgerottet werden oder der Rassismus musste eben bekämpft werden.
Meine Damen und Herren, gute Absichten nützen gar nichts, wenn Ideologen auf Rechtsstaatlichkeit, echte Meinungsfreiheit, Mitbestimmung und die körperliche Unversehrtheit des Gegners pfeifen.
Die pfeifen deswegen darauf, weil die eigenen Ziele angeblich so hoch und wichtig sind, dass sie auch den Einsatz exzessiver Gewalt und Verfolgung rechtfertigen. Und da, meine Damen und Herren, schließt sich der Kreis zu den Problemen unserer heutigen Zeit. Auch heute gibt es Linksradikale, die ihren Kampf für eine vermeintlich bessere, buntere Welt für so wichtig erachten, dass dieser auch massive Gewalt gegen politische Gegner und sogar gegen die Polizei rechtfertigt, jedenfalls in ihrem Sinne. Auch heute machen Linksextremisten keinen Hehl daraus, dass sie es für legitim halten, selbst unbeteiligten Familienmitgliedern ihrer politischen Feindbilder das Leben zur Hölle zu machen.
Es gibt leider auch Politiker und gesellschaftliche Institutionen bis in die Spitzen unseres Landes, die mit solchen Fanatikern gemeinsam demonstrieren, die sich nicht von ihnen distanzieren, die solche Extremisten sogar finanziell fördern oder deren Gewalt und Ausgrenzungsversuche als aufgebauschtes Problem verharmlosen. Sie wissen alle, von wem ich rede.
Meine Damen und Herren, eines haben all diese Menschen gemeinsam, sowohl die Extremisten auf der Straße, die Gewalt gegen Gegner und gegen die Polizei ausüben, wie auch die Institutionen, die Politiker, die mit ihnen zusammenarbeiten: Sie alle haben die Lehren der Oktoberrevolution und von allem, was danach folgte, bis heute nicht verstanden.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit einer Aktuellen Stunde und einem fünfminütigen Redebeitrag wird man den Millionen Opfern in der Sowjetunion zwischen 1917 und 1953, in den zehn Jahren der sogenannten Kulturrevolution in China oder denen der Herrschaft der Roten Khmer in Kambodscha nicht gerecht. Man missbraucht sie für ein politisches Schauspiel.
Wer dazu auch noch die Thüringer Landesregierung, die ein Ergebnis freier Wahlen ist und sich in jeder Entscheidung auf Parlamentsbeschlüsse oder auf Gesetze dieses Landes stützt, in eine „historische Verantwortungslinie“ für die Verbrechen des Stalinismus stellt, verhöhnt auch dessen Opfer.
Wer sich selbst wie die Fraktion der AfD in Thüringen in die Traditionslinie Ernst Jüngers stellt, nationalrevolutionäre Bestrebungen als Patriotismus bagatellisiert wissen will und Opferzahlen als Aufrechnungsäquivalent gebraucht, um von seiner eigenen ideologischen Nähe zu den singulären und menschenverachtendsten Verbrechen, die ein politisches System je hervorgebracht hat, abzulenken, entmenschlicht die Opfer ein zweites Mal.
Und, meine Damen und Herren, es sind diese Opfer, die mich ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen lassen, keinesfalls aber der Antrag der AfD. Die AfD thematisiert den 100. Jahrestag der Oktoberrevolution und bedient sich zur Veranschaulichung der vermeintlich zwangsläufigen Folgen dieser sozialistischen Revolution einer Zahl, die seit dem 80. Jahrestag der Oktoberrevolution publiziert wird. Im November 1997 gab der französische Historiker Stéphane Courtois das „Schwarzbuch des Kommunismus“ heraus. Dass sich Mitautoren des Buches von der Interpretation und der Einleitung Courtois bereits vor Veröffentlichung des Buches distanzierten, ist nicht unbeachtlich. Nicolas Werth und Jean-Louis Margolin kritisierten: Ob Massenverbrechen zu den zentralen Merkmalen kommunistischer Regime gehörten, aus der Ideologie selbst hervorgingen und diese mit dem Nationalsozialismus wesensverwandt sei, seien legitime Fragen. Courtois vernachlässige eine qualitative Differenz zwischen Kommunismus und Nationalsozialismus. Ersterer sei ursprünglich eine emanzipatorische Ideologie gewesen, die nicht zwangsläufig Terror verursache. Seine Opferschätzungen seien unklar und widersprächen offiziellen Untersuchungen. Offenbar sei Courtois davon besessen, seine Gesamtschätzung von 100 Millionen Toten erreichen zu können.
Von derselben Besessenheit scheint die AfD getrieben und will zudem noch eine Verantwortung der Landesregierung sozusagen ex post konstruieren. Das ist absurd.
Dabei gab es gerade in Thüringen in diesem Jahr beachtenswerte Beiträge zur Auseinandersetzung mit den Wirkungen auf Gesellschaft, Politik und Kunst im Ergebnis der der Oktoberrevolution folgenden Umbrüche in der Welt, die bis heute in unterschiedlichen Maßen und Formen fortbestehen. So war die russische Oktoberrevolution 1917 Thema des diesjährigen Kunstfestes in Weimar. In Theater, Musik, Film und Literatur wurde der analytische Blick, die Aufarbeitung von Geschichte durch Zeitzeugen und deren Nachgeborenen thematisiert. Auch der Weimarer Verein Museion lud zur Kunstausstellung ein, der die Oktoberrevolution und die russische Avantgarde als Schaffensinspiration zugrunde lagen. Allesamt, meine Damen und Herren, Beiträge zur Debatte, die unvergleichlich sachlicher, konstruktiver, differenzierter und vor allem wertvoller waren als der Beitrag der AfD heute in diesem Plenum.