Protocol of the Session on May 29, 2015

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf Sie ganz herzlich zur heutigen Plenarsitzung begrüßen, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße auch die Medienvertreter.

Für die Plenarsitzung hat als Schriftführer neben mir Platz genommen Herr Abgeordneter Gruhner. Die Redeliste führt Frau Abgeordnete Rosin.

Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Frau Abgeordnete Dr. Lukin, Herr Minister Prof. Dr. Hoff und Herr Minister Lauinger zeitweise.

Dann darf ich noch einem Geburtstagskind, Herrn Abgeordneten Stephan Brandner, herzlich zu seinem Geburtstag gratulieren. Alles Gute, bleiben Sie gesund!

(Beifall CDU, AfD)

Alles Gute!

(Zwischenruf aus dem Hause)

Jedenfalls bei denen, die geklopft haben, können Sie das annehmen.

Dann frage ich: Wird der Ihnen vorliegenden Tagesordnung zugestimmt? Ich sehe keine Änderungswünsche. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 16

Arbeitsbericht des Petitionsausschusses für das Jahr 2014 Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/646

Ich erteile dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Herrn Abgeordneten Heym, für den Bericht des Petitionsausschusses das Wort.

(Beifall CDU)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, Gäste auf der Tribüne, das Warten hat sich gelohnt. Ein Höhepunkt im parlamentarischen Kalender ist der Bericht des Petitionsausschusses.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Reihen sind fast gut gefüllt in den Abgeordnetenbänken.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Außer in Ihrer Fraktion!)

Ich freue mich mit Ihnen jetzt auf den Bericht. Ich habe zwei Reden vorbereitet. Die eine geht zwei

Stunden, die andere geht 20 Minuten. Welche möchten Sie?

(Heiterkeit im Hause)

Ich werde beobachten, wie sich das Verhalten im Plenarsaal während meiner Rede entwickelt und dann meine Schlüsse daraus ziehen.

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Kluge Strategie!)

Jetzt möchte ich aber beginnen.

Der Bericht des Petitionsausschusses dokumentiert einmal mehr die umfangreiche Tätigkeit des Petitionsausschusses. Er gibt Auskunft über die große Zahl der im Berichtszeitraum eingegangenen Petitionen und erläutert beispielhaft einige Fälle, mit denen sich der Petitionsausschuss im Jahr 2014 befasst hat. Dabei werde ich auch auf die Arbeit der Strafvollzugskommission eingehen.

Das Jahr 2014 hat im Ergebnis der Landtagswahlen politische Veränderungen mit sich gebracht. Auch der Petitionsausschuss hat ein neues Gesicht. Gestatten Sie mir daher an dieser Stelle zunächst ausdrücklich meinem Vorgänger im Amt, dem Ausschussvorsitzenden Herrn Fritz Schröter, der dem neuen Landtag nicht mehr angehört, und den weiteren Mitgliedern des Petitionsausschusses der 5. Wahlperiode für ihr großes Engagement und ihre Arbeit im Interesse der Hilfe suchenden Bürgerinnen und Bürger zu danken.

(Beifall im Hause)

Herr Schröter hat in seiner letzten Vorstellung des Arbeitsberichts an dieser Stelle im vergangenen Jahr betont, dass es im Ausschuss immer wieder gelungen ist, Fragestellungen über parteipolitische Grenzen hinweg ausschließlich im Interesse der Petenten zu behandeln, wobei Letzteres im Rahmen der parlamentarischen Arbeit keineswegs der Regelfall ist. Wie die bisherigen Sitzungen in der 6. Wahlperiode zeigen, sind sich auch die Mitglieder des neuen Petitionsausschusses der mit der Arbeit verbundenen großen Verantwortung bewusst und werden sich ebenfalls intensiv mit den Anliegen unserer Petenten befassen.

Da aufgrund des Wechsels der Wahlperiode viele neue Kolleginnen und Kollegen in den Landtag gekommen sind, möchte ich nunmehr zunächst einige allgemeine Ausführungen zum Petitionsausschuss und seiner Arbeit machen.

Anlässlich der Tagung der Vorsitzenden der Petitionsausschüsse des Deutschen Bundestags und der Länder in Bremen definierte die Vorsitzende des Petitionsausschusses aus dem Bundestag den Petitionsausschuss als Seismograf des Parlaments. Mit diesem Satz ist die Kernfunktion des Petitionsausschusses eigentlich zutreffend erfasst. Der Petitionsausschuss ist in der Tat ein Seismograf, der

aufzeigt, wie die Gesetze funktionieren und ob und wie die Bevölkerung mit der Politik und mit der Verwaltung zurechtkommt. Immerhin können wir in dem Ausschuss direkt erkennen, wie sich Gesetze auf die Bürgerinnen und Bürger auswirken. In keinem anderen Parlamentsausschuss werden deren Beschwerden so gebündelt und unmittelbar vorgetragen. Die Vorsitzende des Petitionsausschusses aus dem Bundestag bezeichnete den Petitionsausschuss weiter auch als eine Visitenkarte des Parlaments. Mit unseren Antworten an die Bürgerinnen und Bürger zeigen wir nämlich, wie wir im praktischen Einzelfall mit den Sorgen und Nöten der Menschen umgehen, die sich Hilfe suchend an uns wenden.

Im Jahr 2014 sind bei uns insgesamt 1.121 neue Petitionen beim Petitionsausschuss eingegangen. Dies ist die höchste Zahl seit 16 Jahren. Die große Zahl der neu eingereichten Petitionen beweist das große Vertrauen, das die Bürgerinnen und Bürger in den Petitionsausschuss legen. Sie zeigt aber auch, dass es den Behörden vielfach immer noch an der Bereitschaft fehlt, mit den Bürgern zu kommunizieren. Anstatt nach vernünftigen Lösungen zu suchen, wird der Bürger oftmals auf den Rechtsweg verwiesen, was oft sehr teuer ist und im Instanzenzug auch Jahre dauern kann. Das in unserer Verfassung verbürgte Recht, Petitionen einzureichen, ist in der Geschichte fest verwurzelt. Die Entwicklung des Petitionsrechts ist letztlich auch ein Spiegelbild der Entwicklung parlamentarischer Demokratie und demokratischer Teilhaberechte. Heute ist das Petitionsrecht ein wesentlicher Bestandteil unserer Verfassung. Artikel 14 der Thüringer Verfassung ermöglicht jedermann, sich mit Bitten und Beschwerden an die Volksvertretung zu wenden. Das Petitionsrecht ist eines der wenigen Leistungsgrundrechte unserer Landesverfassung. Es zielt aber nicht nur auf ein staatliches Unterlassen ab, sondern verlangt ein positives Handeln des Staates im Interesse der Petenten.

Die Arbeit des Petitionsausschusses lässt sich letztlich unter drei Leitlinien zusammenfassen: Erstens ist dies die Hilfe im Einzelfall, wenn Bürgerinnen und Bürgern Unrecht geschieht, zweitens, die Befriedigungsfunktion, das heißt, der Versuch der Versöhnung des Petenten mit staatlichen Entscheidungen, sofern Abhilfe nicht möglich ist. Drittens sei insoweit die Mitwirkung an der Gesetzgebung aufgrund von Vorschlägen von Bürgerinnen und Bürgern genannt.

In 92 Fällen, das sind immerhin 10 Prozent der im Berichtszeitraum erfolgten abschließenden Entscheidungen, ist es dem Petitionsausschuss gelungen, den Anliegen der Petenten in vollem Umfang oder zumindest teilweise zu entsprechen. Natürlich ist dies nicht immer möglich. Auch der Petitionsausschuss ist an Recht und Gesetz gebunden. Eine ganz wesentliche Bedeutung kommt daher der von

mir bereits genannten Befriedigungsfunktion des Petitionsausschusses zu. Stellt sich nämlich im Rahmen eines Petitionsverfahrens heraus, dass die von den Petenten beanstandeten Entscheidungen einer Behörde rechtmäßig waren, versucht der Ausschuss, die Entscheidung der Verwaltung jedenfalls transparenter zu machen und die Bürger mit dieser Situation quasi auszusöhnen. Dies erfordert ein hohes Maß an Überzeugungsarbeit, zumal Petenten zuvor meist bereits mehrfach schlechte Erfahrungen mit Behörden gemacht haben und daher deren Entscheidungen anzweifeln. Hier gilt es also, Staatsverdrossenheit entgegenzuwirken und das Vertrauen sowohl in die politischen Institutionen als auch in die Verwaltung aufrechtzuerhalten bzw. wiederherzustellen.

Die Petitionsausschüsse leisten einen wichtigen Beitrag dazu, den Parlamentarismus in den Bundesländern zu stärken. Wie wichtig es ist, der Staats- und Politikverdrossenheit entgegenzuwirken, zeigen oftmals die auffallend niedrigen Wahlbeteiligungen bei Landtagswahlen. Um noch einmal die Vorsitzende des Petitionsausschusses des Bundestags zu zitieren: Unsere Demokratie verliert ihre Legitimation, wenn zu viele Menschen den Eindruck haben, ihre Stimme und ihre Interessen würden nicht mehr zählen oder die gewählten Repräsentanten nicht mehr interessieren. – Der Petitionsausschuss ist die wichtigste Schnittstelle zwischen dem Parlament und der Bevölkerung. Wir dürfen nie aus den Augen verlieren, dass es sich bei der Bearbeitung von persönlichen Bitten und Beschwerden in der Regel um existenzielle Probleme der Bürgerinnen und Bürger handelt. Hinter jeder einzelnen Petition steht ein persönliches Schicksal. Da geht es ebenso um Baugenehmigungen oder den Datenschutz wie um aufenthaltsrechtliche Fragen und dienst- oder steuerrechtliche Belange. Wie bereits angesprochen, erreichen den Petitionsausschuss darüber hinaus auch Vorschläge zu Gesetzesänderungen. Wirklich erfreulich ist, wie die aufgrund der im Jahr 2013 erfolgten Änderungen des Thüringer Petitionsgesetzes eröffnete Möglichkeit, Petitionen auf der Petitionsplattform zu veröffentlichen und mitzeichnen zu lassen, auch im Jahr 2014 angenommen wurde. Im Jahr 2014 wurde in insgesamt 275 Fällen die Veröffentlichung der jeweiligen Petition beantragt. 18 Petitionen erfüllten schließlich die gesetzlichen Voraussetzungen und wurden veröffentlicht.

Eine Petition wurde von mehr als 1.500 Mitzeichnern unterstützt. Dabei handelte es sich um die Petition einer Ärztin in einer kinderdiabetologischen Schwerpunktpraxis, die sich für eine Verbesserung der Situation von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes mellitus Typ 1 in Kindergärten und Schulen einsetzt. Im Rahmen der vor einer beachtlichen Zuschauerkulisse durchgeführten öffentlichen Anhörung forderte die Petentin die Landesre

gierung auf, angemessene Strukturen für entsprechende Schulungsmaßnahmen für Lehrer und Erzieher zu entwickeln. Erfreulicherweise ist die schulseitige Finanzierung und Durchführung entsprechender Fortbildungsmaßnahmen zwischenzeitlich sichergestellt. Diese Fortbildungen finden anlassbezogen statt, wenn bei einem Kind die Krankheit auftritt. Organisation und Finanzierung werden durch das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien gewährleistet. Mit der Sicherstellung der schulseitigen Finanzierung und Durchführung von Diabetes-Fortbildungsmaßnahmen konnte im Ergebnis der Petition eine deutliche Verbesserung hinsichtlich der Versorgung von betroffenen Kindern in den Schulen erzielt werden. Nach Auffassung des Petitionsausschusses sollte anlassbezogen auch in jeder Kindertagesstätte eine pädagogische Fachkraft entsprechend geschult werden. Um nach Möglichkeit entsprechende parlamentarische Initiativen auf den Weg zu bringen, hat der Petitionsausschuss insoweit auch die Landtagsfraktionen eingebunden.

Weitere Beispiele für öffentliche Anhörungen sind übrigens die den Bau eines Pumpspeicherwerks in unmittelbarer Nähe zum Rennsteig betreffende Petition einer Bürgerinitiative und die Petition einer BI, die eine umfassende Altlastensanierung in RositzSchelditz zum Gegenstand hatte. Die Petenten hatten im April dieses Jahres Gelegenheit, ihr Anliegen öffentlich vorzustellen. Durch den stetig steigenden Grundwasserspiegel wird immer mehr schadstoffbelastetes Grundwasser in die Keller der Wohnhäuser in Schelditz gedrückt, was zu erheblichen Belastungen der gesamten Raumluft führt. Zurückzuführen sind die Verunreinigungen noch auf die Schadstoffabgaben des ehemaligen Teerverarbeitungswerks in Rositz. Diese Petition ist allerdings noch nicht abgeschlossen. Sie wird vermutlich den Petitionsausschuss auch noch einige Zeit beschäftigen. Mit der zuvor genannten Petition hatte eine Bürgerinitiative beklagt, dass das Projekt „Pumpspeicherwerk Schmalwasser“ von Zielen der Raumordnung im Regionalplan der Planungsgemeinschaft Mittelthüringen abweiche. In der öffentlichen Anhörung erläuterten die Petenten die von ihnen befürchteten Auswirkungen des Pumpspeicherwerks auf den Großraum Thüringer Wald sowie die möglichen negativen Folgen für den Tourismus in der Region. Ohne an dieser Stelle jetzt auf weitere Einzelheiten einzugehen, hatte der Petitionsausschuss die Argumentation der Petenten als nicht unbegründet angesehen. Gleichwohl hält auch die neue Landesregierung an dem Bauvorhaben fest.

Wie schon angesprochen, handelt es sich bei den Problemen, die an den Petitionsausschuss herangetragen werden, nicht selten um existenzielle Probleme. Deren Lösung ist oftmals wenig öffentlichkeitswirksam, nicht selten aber zeitaufwendig. Wichtig ist es dennoch stets, dass die Menschen

das Gefühl haben, mit ihren Fragen ernst genommen zu werden. Den Bürger in erster Linie auf den Rechtsweg zu verweisen, anstatt nach vernünftigen oder bürgerfreundlichen Lösungen zu suchen, wie dies bedauerlicherweise in manchen Fällen auch seitens der Ministerien vorgeschlagen wird, halte ich – und auch die Kollegen des Ausschusses – nicht für den richtigen Ansatz. Leider fehlt den Behörden meistens der Mut, eine eigene Entscheidung einmal zu überdenken und auch das eigene Handeln infrage zu stellen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei den Behörden das Bewusstsein zu entwickeln, Menschen ernst zu nehmen und auch Bürgernähe zu vermitteln, wo Problemlösungen an den Hürden der Bürokratie scheitern, sieht der Petitionsausschuss als eine seiner wesentlichen Aufgaben an.

Dass oftmals schwierige juristische Fragestellungen dabei nicht innerhalb weniger Tage zu lösen sind, dürfte auf der Hand liegen. Die Dauer der Bearbeitung einer Petition hängt in erster Linie von der Komplexität der zu bearbeitenden Materie ab, zum anderen aber auch von der Haltung der betreffenden Behörden.

Natürlich gibt es Petitionen, die den Petitionsausschuss sogar manchmal bis zu mehrere Jahre beschäftigen. Dass dies aber keineswegs zum Nachteil für die betreffenden Petenten ist, zeigt ein Fall, den der Petitionsausschuss zwar bereits im Jahr 2012 abgeschlossen hat, der aber gleichwohl beispielhaft zeigt, wie erfolgreich das intensive Bemühen des Ausschusses, im Dialog mit der Landesregierung Lösungen zu finden, für einen Petenten sein kann.

Die im Jahr 2007 eingelegte Petition konnte erst nach knapp fünf Jahren abgeschlossen werden, dafür aber mit einem vollen Erfolg für die Petentin. Ohne auf den bereits länger abgeschlossenen Fall näher eingehen zu wollen, nur so viel zu dem Sachverhalt: Die Petentin, Beamtin im Thüringer Landesdienst, war seinerzeit nach Ablauf ihrer Probezeit aus dem Beamtenverhältnis entlassen worden. Eine Klage vor dem Verwaltungsgericht in erster Instanz ist abgewiesen worden. Der Petitionsausschuss äußerte nach intensiver Beschäftigung mit dem Fall frühzeitig Bedenken gegen die gegenüber der Petentin erhobenen disziplinarischen Vorwürfe und hatte sich mehrfach für eine Rückkehr der Beamtin in das Beamtenverhältnis ausgesprochen. Nach langwierigen Gesprächen mit der Landesregierung konnte die Angelegenheit schließlich vergleichsweise dergestalt abgeschlossen werden, dass die Entlassung der Petentin zurückgenommen und ihre Probezeit als bestanden anerkannt wurde. Nach der Beförderung in ein höheres statusrechtliches Amt wurde sie in den Landesdienst eines anderen Bundeslands übernommen. Darüber hinaus

wurden ihr die für mehrere Jahre vorenthaltenen Amtsbezüge in vollem Umfang erstattet.

Ein derartiger Fall, der eine rechtlich äußerst schwierige Materie betrifft und der in dem zuständigen Ministerium mehrere Aktenbände füllt, lässt sich natürlich nicht allein durch ein Telefonat lösen. Der Fall beweist aber nachdrücklich, wie sorgfältig die dem Petitionsausschuss vorliegenden Sachverhalte geprüft werden und wie verantwortungsbewusst die Mitglieder des Ausschusses ihre Aufgaben wahrnehmen.

Natürlich ist dieses Beispiel auch nicht zu verallgemeinern. Die meisten Petitionen werden selbstverständlich im Wesentlichen in kürzerer Zeit abgeschlossen. Aber dies gelingt eben nicht innerhalb von nur wenigen Wochen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Petitionsausschuss in der Regel zunächst eine Stellungnahme der Landesregierung einholt und das jeweils zuständige Ministerium für seine Rückäußerung bereits zwei Monate Zeit hat. Auch die Durchführung von öffentlichen Anhörungen von Petenten sowie die Beteiligung von Fachausschüssen können zu einer längeren Dauer des gesamten Verfahrens führen.

Im Hinblick auf die Dauer des Petitionsverfahrens darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass der Petitionsausschuss die Möglichkeit hat, Zeugen und Sachverständige anzuhören, und ein umfassendes Akteneinsichtsrecht gegenüber den Landesbehörden besitzt.

Unterstützt wird der Petitionsausschuss durch den Bürgebeauftragten des Freistaats Thüringen. Erfreulich ist, wie sich die Tätigkeit des Petitionsausschusses und die Arbeit des Bürgerbeauftragten im Interesse der Petenten ergänzen. Der Bürgerbeauftragte unterstützt den Petitionsausschuss bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben, so wie es in § 8 des Thüringer Bürgerbeauftragtengesetzes heißt. Die Bearbeitung von Petitionen selbst ist ausschließlich dem Petitionsausschuss übertragen. Der Bürgerbeauftragte befasst sich demgegenüber mit Anliegen, die nicht als Petitionen anzusehen sind, wie etwa Auskunftsbegehren oder Informationsersuchen. Dementsprechend wurden im Berichtszeitraum 36 an ihn gerichtete Petitionen vom Bürgerbeauftragten an den Petitionsausschuss weitergeleitet. Darüber hinaus kann der Petitionsausschuss dem Bürgerbeauftragten sogenannte Prüfaufträge erteilen. Die intensive Bearbeitung eines Sachverhalts im Petitionsausschuss kostet naturgemäß Zeit, was aufgrund der Beteiligung der Landesregierung auch gar nicht anders zu erwarten ist. Hier kommt nun der Bürgerbeauftragte ins Spiel. Er hat die Möglichkeit, direkt auf das Handeln, auf die handelnden Personen in Verwaltungen zuzugehen und Lösungen im Sinne der Petenten anzustoßen. Oftmals gelingt es dem Bürgerbeauftragten in Fällen, die im Petitionsausschuss behandelt wurden

und in denen sich eine mögliche Lösung angedeutet hat, im direkten Gespräch mit den Beteiligten erfolgreich zu vermitteln. So auch in einem Fall, in dem es um die Finanzierung des Ausbaus einer Kindertageseinrichtung für Kinder unter drei Jahren ging. Neben einer Förderung durch das damalige Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, die eine Einbeziehung entsprechender Eigenmittel der antragstellenden Kirchgemeinde als Träger des Kindergartens auswies, erhielt die Kirchgemeinde weitere finanzielle Mittel, die auf einem seitens des Gemeinderats beschlossenen Investitionszuschuss beruhten. Die Hälfte des Investitionszuschusses wurde der Kirchgemeinde ausgezahlt; die Auszahlung des restlichen Betrags wurde seitens der zwischenzeitlich neu gebildeten Landgemeinde jedoch verweigert. Strittig war insoweit die Berücksichtigung des in dem Fördermittelbescheid der Landesregierung ausgewiesenen Eigenanteils. Vor diesem Hintergrund beauftragte der Petitionsausschuss den Bürgerbeauftragten, unter Berücksichtigung der Auffassung des Ausschusses, zwischen der Landgemeinde und der Kirchgemeinde zu vermitteln, was in einem Gespräch zwischen den Beteiligten auch gelang. Im Ergebnis erhielt die Kirchgemeinde schließlich den restlichen Investitionszuschuss, mit dem der Kindergarten weitergebaut werden konnte. Die Petition konnte damit erfolgreich im Sinne der Petenten abgeschlossen werden.