Protocol of the Session on November 25, 2015

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen. Ich begrüße Sie und heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung. Ich begrüße auch die Zuschauer auf der Besuchertribüne herzlich.

Für die Plenarsitzung hat als Schriftführerin neben mir Frau Abgeordnete Rosin Platz genommen, die Redeliste wird von Frau Abgeordneter Engel geführt. – Für das nächste Mal wäre es gut, wenn im Rollenplan die richtigen Namen stehen.

Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Frau Abgeordnete Meißner, Herr Abgeordneter Höcke zeitweise und Herr Abgeordneter Dr. Pidde.

Zu Beginn der Sitzung darf ich auf eine Veränderung hinweisen. Der Abgeordnete Jürgen Reinholz hat in der vergangenen Woche seinen Austritt aus der Fraktion der CDU erklärt. Herr Abgeordneter Reinholz gehört somit dem Thüringer Landtag nunmehr als fraktionsloser Abgeordneter an. Sein Platz ist jetzt rechts von der CDU.

Der Verband kommunaler Unternehmen e. V. hat für heute zu einem parlamentarischen Abend eingeladen, der nach dem Ende der Plenarsitzung gegen 18.30 Uhr beginnen soll.

Die Fraktionen sind im Ältestenrat übereingekommen, die Regierungserklärung am Donnerstag als ersten Punkt aufzurufen. Den Thüringen-Monitor 2015 haben Sie gestern in den Postfächern erhalten.

Darüber hinaus regt der Ältestenrat an, den Gesetzentwurf der Landesregierung, Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen und des Landeswahlgesetzes, in Tagesordnungspunkt 2 a in diesen Plenarsitzungen abschließend zu beraten und – ich gehe davon aus, dass niemand widerspricht – im Anschluss an die zweite Beratung, sofern keine Ausschussüberweisung beschlossen wird, gleich die dritte Beratung des Gesetzentwurfs durchzuführen. Wird widersprochen? Das ist nicht der Fall, sodass wir das so durchführen können.

Die Beschlussempfehlung zu Tagesordnungspunkt 2 a hat die Drucksachennummer 6/1336, zu Tagesordnungspunkt 2 b die Drucksachennummer 6/1358, zu Tagesordnungspunkt 3 a die Drucksachennummer 6/1339, zu Tagesordnungspunkt 3 b die Drucksachennummer 6/1340 und zu Tagesordnungspunkt 5 die Drucksachennummer 6/1324.

Da der federführende Innen- und Kommunalausschuss den Gesetzentwurf zu Tagesordnungspunkt 2 b heute schon erneut beraten hat, kann die Beschlussempfehlung erst im Verlaufe des heuti

gen Tages und daher nicht in der nach § 58 Abs. 1 der Geschäftsordnung zu entnehmenden Frist von zwei Werktagen vor Beginn der Beratung verteilt werden. Daher ist über die Fristverkürzung gemäß § 66 Abs. 1 GO zu beschließen. Dies kann mit einfacher Mehrheit geschehen. Ich frage: Gibt es Widerspruch? Den gibt es nicht, sodass wir direkt über die Fristverkürzung abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt …

Sind Sie schon in der Abstimmung oder war das der Widerspruch?

Das war der Widerspruch, Herr Präsident.

Ach so, weil der jetzt von der ganzen Fraktion kam. Gut.

(Heiterkeit AfD)

Wenn Einspruch geübt wird, müssen wir darüber abstimmen und brauchen die Zweidrittelmehrheit. Ich bitte jetzt um das Handzeichen, wer für die Fristverkürzung ist. Danke schön. Gegenstimmen? Gegenstimmen aus der AfD-Fraktion. Enthaltungen? Damit ist die Zweidrittelmehrheit gegeben und wir verfahren wie besprochen.

Das Zwölfte Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetengesetzes in Tagesordnungspunkt 4 hat die Drucksachennummer 6/1349. Der Gesetzentwurf wurde nicht in der § 51 Abs. 1 Satz 1 GO zu entnehmenden Frist von sieben Tagen verteilt. Daher ist auch hier über die Fristverkürzung nach § 66 Abs. 1 GO zu beschließen. Diese Frist kann mit einfacher Mehrheit verkürzt werden, wenn kein Widerspruch erhoben wird. Bitte, Herr Möller.

Wir erheben Widerspruch.

Vielen Dank. Wenn Widerspruch erhoben wird, müssen wir darüber abstimmen und brauchen eine Zweidrittelmehrheit. Ich bitte um das Handzeichen, wer für die Fristverkürzung ist. Vielen Dank. Gegenstimmen? Gegenstimmen aus der Fraktion der AfD. Enthaltungen? Ohne Enthaltungen und mit übergroßer Zweidrittelmehrheit angenommen. Damit ist auch hier die Fristverkürzung erfolgt und der Tagesordnungspunkt so aufgenommen.

Zu Tagesordnungspunkt 10 wurde ein Alternativantrag der Fraktion der AfD in der Drucksache 6/1338 verteilt.

Zu Tagesordnungspunkt 12, Fragestunde, kommen die Mündlichen Anfragen – Drucksachen 6/1312,

6/1313, 6/1320 bis 6/1323, 6/1325, 6/1328, 6/1329, 6/1335 und 6/1337 hinzu.

Die Mündlichen Anfragen – Drucksachen 6/1263, 6/1264, 6/1312, 6/1322, 6/1328 und 6/1335 zum Geschäftsbereich des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales werden in der Fragestunde am Freitag aufgerufen.

Die Landesregierung hat mitgeteilt, zum Tagesordnungspunkt 7 von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 GO Gebrauch zu machen.

Jetzt frage ich: Wird der Ihnen vorliegenden Tagesordnung zuzüglich der bereits besprochenen Ergänzungen widersprochen? Das ist der Fall. Herr Blechschmidt, bitte.

Danke, Herr Präsident. Im Namen der Einreicher möchte ich im Zusammenhang mit dem Tagesordnungspunkt 4, Zwölftes Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetengesetzes, die erste und zweite Beratung beantragen.

Jetzt frage ich noch mal zurück: An einem Tag? An einem Tag, dann müssen wir es mit Zweidrittelmehrheit beschließen. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Vielen Dank. Mit den Stimmen der fraktionslosen Abgeordneten, der Koalitionsfraktionen, der CDU-Fraktion und Gegenstimmen aus der AfD-Fraktion ist das so beschlossen und wird an einem Tag aufgerufen.

Weitere Ergänzungswünsche? Das sehe ich nicht, sodass wir die Tagesordnung so beschlossen haben.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 13. Die Fraktionen Die Linke, der AfD, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben jeweils eine Aktuelle Stunde eingereicht. Jede Fraktion hat in der Aussprache eine Redezeit von 5 Minuten für das Thema. Die Redezeit der Landesregierung beträgt grundsätzlich 10 Minuten für jedes Thema. Bei fraktionslosen Abgeordneten beträgt die Gesamtredezeit in der Aktuellen Stunde 5 Minuten.

Ich rufe auf den ersten Teil der Aktuellen Stunde

a) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Nein zur Gewalt an Frauen – Thüringen zeigt Gesicht“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/1285

Frau Abgeordnete Stange, Fraktion Die Linke, erhält das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Tribüne, liebe Zuhörer am Livestream, der heutige internationale Tag „Nein zu Gewalt gegen Frauen“ ist meiner Fraktion, der Fraktion Die Linke, abermals ein Grund, Danke zu sagen an die vielen Frauen im Haupt- und im Ehrenamt, die in den Familienzentren, Frauenhäusern, Interventionsstellen, in den Selbsthilfegruppen und Vereinen in Thüringen arbeiten und sich der Sorgen und Nöte der Betroffenen konkret annehmen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sagen aber auch Danke an die Beamtinnen und Beamten der Polizei, die bei häuslicher Gewalt oft die Ersten vor Ort sind. Ihre Arbeit und ihr Engagement sind durch das Grundgesetz und durch die Thüringer Verfassung gestärkt, in der in Artikel 3 Abs. 1 das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit fixiert ist. Dahinter steht natürlich auch deren feste Überzeugung, dass eine Ohrfeige und somit Gewalt kein Kavaliersdelikt sein darf.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit dem heutigen Tag sollen die Thüringer Frauen ermutigt werden, häusliche Gewalt nicht weiter zu erdulden, sondern anzuzeigen. Nachbarn, Freunde, Angehörige, Menschen im sozialen Umfeld sollen sensibilisiert werden. Das, werte Abgeordnete, gilt selbstverständlich auch für geflüchtete Frauen, die möglicherweise bereits in ihrem Heimatland oder auf der Flucht sexuelle Gewalt erfahren haben und erleben mussten. Auch hier geht der besondere Dank an die Thüringer Sozialarbeiterinnen und -arbeiter in den Flüchtlingsunterkünften.

Werte Abgeordnete, die Zahlen sind erschreckend: Fast jede vierte Frau in Deutschland im Alter von 16 bis 85 Jahren hat mindestens einmal im Leben körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren. In Thüringen werden jährlich circa 3.000 Polizeieinsätze und Maßnahmen wegen häuslicher Gewalt durchgeführt. Knapp 80 Prozent der Gewaltbetroffenen sind Frauen. Weit über 900 Frauen suchen jährlich die vier Thüringer Interventionsstellen auf und werden beraten. Allein im ersten Halbjahr 2015 sind zwei Tötungsdelikte im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt in Thüringen zu verzeichnen. Jeder vierte Täter bei häuslicher Gewalt kommt aus dem häuslichen Umfeld, aus dem Nahbereich. Und es sind Wiederholungstäter. In den 14 Thüringer Frauenhäusern gingen in den zurückliegenden Jahren die Fallzahlen stetig nach oben. Im Durchschnitt wurden 500 Frauen mit circa 430 Kindern jährlich

(Präsident Carius)

betreut. Gewalt an Frauen und somit auch an Kindern darf, wie bereits erwähnt, kein Kavaliersdelikt bleiben und darf nicht tabuisiert werden. Ich sage: Jede Form von psychischer, sexueller oder anderer Gewalt zwischen erwachsenen Personen in der häuslichen Gemeinschaft muss geächtet werden. Die Fraktionen von Rot-Rot-Grün haben sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass eine verlässliche Finanzierung der Hilfestrukturen geklärt wird. Interventionsstellen, Frauenzentren, Frauenberatungsstellen erhalten also zukünftig eine gute finanzielle Unterstützung im Haushalt 2015, aber auch 2016 und 2017. An der Stelle bin ich froh, dass die neue Gleichstellungsbeauftragte das Thema der Fortschreibung des Maßnahmenplans gegen häusliche Gewalt endlich aktiv begleiten wird.

Noch eines will ich sagen: Die Täterberatungsstellen ORANGE, die es bisher in Erfurt und in Gera gibt, werden im kommenden Jahr durch Mühlhausen und Meiningen verstärkt. Das ist gut und richtig, denn gewaltbereite Männer haben hier die Möglichkeit, an Einzel- und Gruppentherapien teilzunehmen. Ich sage ausdrücklich: In diesen Therapien ist es mir wichtig, dass Opferschutzgesichtspunkte in diesen Beratungen deutlich herausgearbeitet werden.

Werte Kolleginnen und Kollegen, die Folgekosten von Männergewalt werden in Deutschland, so las ich heute, auf circa 14,5 Milliarden Euro in einem Jahr geschätzt – welch immense Summe! Das sind die Einsätze von Polizei, Justiz und ärztliche Beratung.

Enden möchte ich mit ein paar Worten von Frau Anke Domscheit-Berg, die in ihrem Buch „Ein bisschen gleich ist nicht genug!“ schrieb: „Wer eine andere Gesellschaft will, sollte seine Vorstellungen im eigenen Umfeld vorleben. Jeder Mann kann sich gegen Alltagssexismus und für mehr Geschlechtergerechtigkeit einsetzen, indem er Sexismus und Gewalt gegen Frauen wahrnimmt und aktiv ablehnt.“ Daran sollten wir arbeiten. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Stange. Das Wort erteile ich nun Frau Abgeordneter Holzapfel. Sie kommen dieses Mal aus der falschen Fraktion, deswegen.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Dann wäre sie bei uns!)

(Zwischenruf Abg. Holzapfel, CDU: Jetzt geht es aber los!)

(Heiterkeit im Hause)

Frau Holzapfel, Sie haben das Wort. – Wenn schon Emotionen, dann richtig!

(Heiterkeit im Hause)

„Der Entwicklungsstand einer Gesellschaft, ihre Menschlichkeit und Freiheit lässt sich immer und ohne Ausnahme an der Wertschätzung der Frauen ablesen.“

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, ganz bewusst habe ich mit diesem Zitat zum heutigen Internationalen Tag der Beseitigung von Gewalt gegen Frauen den Zusammenhang zwischen Entwicklungsstand und Wertschätzung des weiblichen Geschlechts durch die Gesellschaft an den Anfang gestellt.