Lars Harms
Appearances
16/3
16/4
16/5
16/6
16/7
16/8
16/9
16/10
16/11
16/13
16/14
16/15
16/16
16/17
16/18
16/19
16/20
16/21
16/22
16/23
16/24
16/25
16/26
16/27
16/28
16/29
16/30
16/31
16/32
16/33
16/34
16/35
16/36
16/37
16/38
16/39
16/40
16/41
16/42
16/43
16/44
16/45
16/46
16/47
16/48
16/49
16/50
16/51
16/52
16/53
16/54
16/55
16/56
16/58
16/59
16/60
16/61
16/62
16/63
16/64
16/65
16/66
16/67
16/68
16/70
16/71
16/72
16/73
16/74
16/75
16/76
16/77
16/78
16/79
16/82
16/83
16/84
16/85
16/86
16/87
16/88
16/89
16/90
16/91
16/92
16/93
16/94
16/95
16/96
16/97
16/98
16/100
16/101
16/102
16/103
16/104
16/105
16/106
16/107
16/108
16/109
16/110
16/111
16/112
16/113
16/114
16/115
16/116
16/117
16/118
16/121
16/122
16/123
Last Statements
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Klimawandel stellt uns vor große Herausforderungen, die keinen Aufschub in irgendeiner Form dulden. Es gilt, in der Klima- und Energiepolitik umzusteuern, wenn wir nicht sehenden Auges ins Verderben rennen wollen. Wir haben politische Beschlüsse, wie der Klimawandel gebremst werden soll, und zwar auf internationaler Ebene genauso wie auf nationaler Ebene.
Die nächste große Klimakonferenz findet Ende des Jahres in Kopenhagen statt, und es bleibt abzuwarten, was das Ergebnis der Konferenz sein wird. Dort finden die Verhandlungen über ein umfassendes Klimaschutzabkommen für die Jahre nach 2012 statt, also für die Zeit nach dem Auslaufen des Kyoto-Protokolls. Es geht dort unter anderem um die weitere Reduzierung der Treibhausgase sowie um die Entwicklung von klimafreundlichen Techniken und die Förderung des Technologietransfers.
Es bewegt sich viel, geredet wurde auch viel, und jetzt gilt es, die erschreckenden Ausmaße des Klimawandels wirklich zu stoppen. Dass dies gänzlich nicht mehr machbar ist, wissen wir. Nach derzeitigem Kenntnisstand der Klimaforscher darf der An
stieg der globalen Durchschnittstemperatur 2 % nicht übersteigen. Umso wichtiger ist, dass er gebremst wird. Die Erwartungen an die Klimakonferenz sind entsprechend groß, aber auch die Erwartungen an uns selbst sind groß.
Als Hauptverursacher des Klimawandels tragen die Industriestaaten die größte Verantwortung für den Klimaschutz. Weil gerade die sogenannten Schwellenländer jetzt auf dem Sprung sind und der Energiehunger dort massiv wächst, liegt es auch in unserer Verantwortung, gute Beispiele aufzuzeigen, wie es anders geht. Wir haben das Know-how und die Möglichkeiten, und diese müssen wir nutzen.
Der erste wichtige Schritt ist der Ausstieg aus der Atomenergie. Wir wissen, dass die Atomenergie nicht dazu beiträgt, das Klima zu schützen. Zum einen, weil sie eben nicht CO2-neutral ist, denn die Gewinnung von Uran ist sehr aufwendig, und die Emissionen pro Kilowattstunde schwanken - je nach Herkunftsland der Rohstoffe - zwischen 30 und 160 g CO2. Zum anderen liegt der Anteil der Atomenergie an der Deckung des weltweiten Energiebedarfs bei nur 2,5 %. Würde man den Anteil massiv steigern, wären die begrenzten Uranvorkommen schnell erschöpft.
Atomstrom ist auch nicht billig, wie seine Befürworter immer wieder gern behaupten. In einer aktuellen Studie von Greenpeace wird davon ausgegangen, dass die Nutzung der Atomenergie in Deutschland die Bundesbürger von 1950 bis 2008 mindestens 165 Milliarden € an staatlichen Fördermitteln gekostet hat und noch mindestens 92,5 Milliarden € an Ausgaben hinzukommen werden.
Müssten die Betreiber von Atomkraftwerken für eine Haftpflichtversicherung für den Fall eines nuklearen Unfalls aufkommen - wenn für sie also die gleichen Haftungsregeln gelten würden wie für andere Wirtschaftsbereiche -, dann würde die Kilowattstunde Atomstrom um bis zu 2,70 € teurer werden. Im Vergleich dazu liegt der mittlere Nettostrompreis für Haushalte durchschnittlich bei circa 12 bis 13 ct pro Kilowattstunde. Damit ist Atomstrom weder bezahlbar noch wettbewerbsfähig. Atomstrom ist also nur deshalb billig, weil die Atomkraftwerke abgeschrieben sind und die Kosten vom Steuerzahler getragen werden. Ohne staatliche Subventionen und Garantien sind Atomkraftwerke nicht wirtschaftlich zu betreiben, und deshalb gehören sie abgeschaltet.
Schwerwiegender ist aber die Tatsache, dass Atomenergie keine sichere Energieform darstellt. Die alten Atommeiler sind nicht so sicher, wie es ihre Betreiber und die politischen Atombefürworter immer gern darstellen. Insbesondere wird dies an den beiden Meilern in Krümmel und Brunsbüttel deutlich. Sie zeichnen sich immer wieder dadurch aus, dass sie aufgrund von Störfällen entweder abgeschaltet werden oder bereits über einen längeren Zeitraum abgeschaltet sind.
Daher ist unser gemeinsamer Antrag ein erster richtiger Schritt, um die Position der Aufsichtsbehörden gegenüber den Betreibern zu stärken und um die Atomkraftwerke letztendlich vom Netz zu nehmen. Dass dies bisher nicht geschehen ist, ist keinem Bürger zu vermitteln. Ebenso ist niemandem zu erklären, dass ein Betreiber einer staatlichen Atomaufsichtsbehörde so auf der Nase herumtanzen kann, wie Vattenfall es getan hat. Daher ist es an der Zeit, dass wir ein scharfes Schwert bekommen. Die Hürden für einen Entzug der Betriebsgenehmigung sind derzeit eindeutig zu hoch. Bereits vor zwei Jahren haben wir als SSW uns dafür eingesetzt, dass den Betreibern von Atomkraftwerken die Betriebsgenehmigung leichter entzogen werden kann; damals haben wir noch keine Mehrheit dafür zusammenbekommen.
Diese Lücke im Gesetz muss jetzt geschlossen werden. Es kann nicht angehen, dass ein Atomkraftwerk bei immer wiederkehrenden Verfehlungen weiter betrieben werden darf. Da stimmt etwas nicht in der Gesetzgebung. Wenn die Atomaufsicht nachweisen und dokumentieren kann, dass man seine Atomanlage in der Vergangenheit nicht entsprechend den Bestimmungen betrieben hat, muss sie die Möglichkeit bekommen, die Anlage aufgrund der Vergangenheitswerte zu schließen.
Genauso muss es möglich sein, die Atomanlagen erst einmal nur befristet weiter zu genehmigen, wenn Verfehlungen aufgetreten sind.
Ein weiterer wichtiger Punkt des Antrages ist, dass die Übertragung von Reststrommengen ausschließlich von alten auf neuere Atomkraftwerke erlaubt sein soll. Es kann doch nicht angehen, dass die Laufzeiten der Meiler, deren Ende quasi per Gesetz festgelegt ist, künstlich verlängert werden können, indem mit den Reststrommengen gehökert wird. Das Atomausstiegsgesetz ist ein energiepolitischer Erfolg der damaligen rot-grünen Bundesregierung, und das Ziel ist richtig. Zugegebenerma
ßen gibt es aber noch einige Kinken, die korrigiert werden müssen.
Wie soll aber die Energieversorgung nach dem Atomausstieg gewährleistet werden, ohne dass die Lichter bei uns ausgehen? - Wir kommen zumindest kurzfristig nicht um einen Energiemix aus erneuerbaren und fossilen Energieträgern herum. Der Einsatz von Gas wird nur eine begrenzte Rolle spielen, zum einen, weil wir uns sonst in eine Abhängigkeit begeben, die politisch fragwürdig ist, und zum anderen, weil Braun- und Steinkohlekraftwerke heute rund 50 % der Stromgewinnung ausmachen und wir diesen Bedarf nicht mit Gaskraftwerken decken können. Der Bedarf an Gas wäre unerschwinglich hoch, und daher können Gaskraftwerke nur für Einzelfälle vorgehalten werden.
Für den SSW steht daher fest, dass man den begrenzten Einsatz von Kohlekraftwerken nur unter bestimmten Voraussetzungen akzeptieren kann. Dazu benötigen wir einen nationalen „Kohle-Handlungsplan“, der bestimmt, dass Kohle nur eine zeitlich befristete Übergangslösung ist. Wir brauchen wie beim Atomausstieg - ein klares Ausstiegsszenario, in dem genau festgelegt wird, wann das letzte Kohlekraftwerk vom Netz geht. Neue Kohlekraftwerke dürfen nur dann gebaut werden, wenn dafür nachweislich alte Kraftwerke vom Netz genommen und damit eine bessere CO2-Bilanz und mehr Effizienz erreicht werden.
Dort, wo gegebenenfalls neue Kraftwerke entstehen, muss eine entsprechende Infrastruktur vorhanden sein, damit die Abwärme voll genutzt wird. Ohne diese Grundvoraussetzungen werden wir die Errichtung neuer Kohlekraftwerke nicht akzeptieren. Da das geplante Kohlekraftwerk in Brunsbüttel nicht Teil eines solchen nationalen Handlungsplanes ist und dafür kein altes Kohlekraftwerk abgeschaltet wird - das geht aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage von mir hervor -, lehnen wir den Bau eines Kohlekraftwerkes dort ab.
In Deutschland sollen in den nächsten Jahren 25 neue Kohlekraftwerke gebaut werden - ohne nationalen Handlungsplan und ohne Ausstiegszenario. Alte Kraftwerke werden nicht in gleichem Umfang stillgelegt. Der BUND hat in einer Analyse herausgefunden, dass den geplanten neuen Kohlekraftwerken in der Größenordnung von bis zu 27.270 MW geplante Stilllegungen in einer Größenordnung von lediglich bis zu 6.917 MW gegenüberstehen.
Das führt unter dem Strich zu einer Steigerung der jährlichen CO2-Emissionen von über 100 Millionen t, und das ist nicht zu akzeptieren.
Letztendlich wäre das wieder einmal die Kapitulation vor den großen Energiekonzernen zulasten der Umwelt und des Klimas. Das ist mit uns als SSW nicht zu machen.
Die ganze Augenwischerei um CO2-freie Kohlekraftwerke auf Basis einer nicht erprobten und nicht ausgereiften CCS-Technologie führt uns dabei auch kein Stück weiter. Im Gegenteil, die CCSTechnologie mit der CO2-Endlagerung ist nur ein Alibi, um diese Energieform mit all ihren negativen Wirkungen weiter nutzen zu können. Aber das Thema haben wir ja anschließend auf der Tagesordnung.
Um den Strombedarf zu decken, müssen wir also verstärkt auf den Ausbau erneuerbarer Energien setzen. Da ist es - gerade aus Sicht Schleswig-Holsteins - begrüßenswert, dass Bundesbauminister Tiefensee dies in den Raumordnungsplan aufgenommen hat, um damit den Bau von OffshoreWindparks voranzubringen.
Durch den Bau 40 neuer Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee sollen nach Angaben der Bundesregierung 30.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden; das sind mehr, als bei Kohlekraftwerken je denkbar wären. Schleswig-Holstein wird davon ganz besonders profitieren. Jedoch ist immer noch fraglich, wann mit dem Bau begonnen werden kann. Denn im Ministerium wird davon ausgegangen, dass man sich jetzt erst in einer „ganz frühen“ Phase befinde, in der die Belange in der Meerespolitik verzahnt werden. Das soll heißen, man werde die Umweltbelange frühzeitig klären, zum Beispiel die Frage, wie Seekabel wieder an Land kommen, lösen. So ist es den Medien zumindest zu entnehmen.
Ich frage mich: Was hat die Große Koalition in Berlin so lange aufgehalten? Warum wurden solche
Untersuchungen nicht viel früher in Gang gesetzt? Dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie liegen bereits seit Jahren Anträge für den Bau von Offshore-Windparks vor. Sie sind zum Teil bereits vom BSH genehmigt. Demnach sind alle Fragen hinsichtlich der Seeschifffahrt und der Umweltverträglichkeit bereits seit Jahren geprüft. Warum hat die Landesregierung sich nicht viel früher mit Berlin in Verbindung gesetzt, um solche für Schleswig-Holstein wirtschaftlich und umweltpolitisch relevanten Maßnahmen voranzubringen?
Man hätte so etwas viel früher von Großer Koalition zu Großer Koalition auf den Weg bringen und diese Arbeitsplätze, von denen ich gerade gesprochen habe, schaffen können. Berlin hat es verpennt. Berlin ist weit weg von Schleswig-Holstein. Dass unsere Landesregierung dies aber nicht viel stärker vorangetrieben hat, ist ein wirtschafts- und energiepolitisches Armutszeugnis der damaligen Großen Koalition.
Es riecht schon sehr nach Wahlkampf, wenn Minister Tiefensee im Zuge der Atomdiskussionen und der Endlagerdebatten einen solchen Plan aus der Tasche zieht, um künftig 12 Millionen Haushalte mit sauberem Offshore-Strom zu versorgen. Was Herr Tiefensee mit dem Plan jedoch nicht beantwortet hat, ist die Frage, wie der Strom zu den Haushalten gelangen soll. Das sind aber keine Probleme, die erst noch auf uns zu kommen. Fahren sie einmal raus an die Westküste, fragen sie die Windmüller, wie oft die Windkraftanlagen abgeschaltet werden müssen, weil die Netze nichts mehr aufnehmen können. Fragen sie die Windmüller, auf wie viel Geld sie verzichten mussten. Fragen Sie auch die Kommunen, auf wie viel Geld sie bei den Steuereinnahmen verzichten mussten.
Neben den Windmüllern sind aber auch die Betreiber von Biogasanlagen oder von Solarstrom betroffen, die ihren Strom nicht einspeisen können, wenn die Netze ausgelastet sind. Schätzungen beziffern die Verluste allein für den Nordwesten von Schleswig-Holstein auf 17 Millionen € jährlich. Daher muss alles dafür getan werden, damit endlich die notwendigen Netzkapazitäten geschaffen werden. In diesem Zusammenhang bleibt es abzuwarten, welchen Effekt das Gesetz zur Beschleunigung des Netzausbaus haben wird.
Da die E.ON lieber ein Freilandkabel ziehen will und nicht zu bewegen ist, ein Erdkabel zu verle
gen, so wie wir es hier im Landtag beschlossen haben und wie vor allem die Menschen vor Ort es auch wollen, muss über andere Wege nachgedacht werden. Hier bewegt sich die Landesregierung ebenfalls kein Stück und lässt die Investoren und die Menschen im Regen stehen. Wir brauchen schärfere Gesetze, die E.ON wirklich dazu zwingen, ein Erdkabel zu verlegen. Gute Worte haben in der Vergangenheit nicht geholfen.
Die vier größten Stromkonzerne haben eine Monopolstellung. Sie produzieren den Strom, und sie haben die Infrastruktur in Form von Tochterunternehmen in ihrem Besitz. Das ist definitiv keine Basis, auf der sich marktwirtschaftliche Strukturen entwickeln können. Wenn sich diese Strukturen nicht entwickeln können, wenn der Markt also nicht funktioniert, dann muss der Staat eingreifen. Allerdings darf er dies nicht dirigistisch tun und Preisvorschriften machen oder durch Aufsichtsbehörden in die Preisbildung eingreifen. Vielmehr muss er die Grundlagen dafür schaffen, dass der Markt wieder funktionieren kann. Deshalb ist die Vielfalt der Stromanbieter so wichtig. Deshalb ist es noch wichtiger, dass die Infrastruktur nicht in den Händen einiger weniger liegt, die dann den Zugang selbst regeln und die Preise nach eigenem Gutdünken ohne Wettbewerb festlegen können.
Der Erfolgsschlager Schleswig-Holsteins im Bereich der regenerativen Energien ist und bleibt die Windenergie, und zwar sowohl an Land als auch auf dem Wasser. Natürlich wird das Repowering der bestehenden leistungsschwachen Windkraftanlagen dazu beitragen, den Anteil des Windstroms weiter zu erhöhen. Wir sind aber an einem Punkt angekommen, an dem wir um die Ausweitung der Eignungsflächen nicht mehr herum kommen. Aus diesem Grund haben wir als SSW die Landesregierung bereits früh aufgefordert, die Regionalpläne hinsichtlich der Ausweitung der Eignungsflächen zu überarbeiten, um auch den Kommunen eine neue Chance zu geben, die sich seinerzeit gegen Windkraft entschieden haben.
Im Zuge der jüngsten Diskussionen um Eignungsflächen gehen die Forderungen bereits in Richtung: bis zu 2 % der Landesfläche. Dem stehen wir sehr offen gegenüber. Der neue LEP ist das richtige Instrument dafür, um Wildwuchs zu verhindern. Leider liegt dieser jedoch derzeit auf Eis. Mit anderen Worten: Damit hat die Große Koalition eine Ausweitung der Windkraft vorerst verhindert. Das ist mehr als bedauerlich, und das müssen wir ändern.
Neben der Windkraft spielt die stoffliche und energetische Nutzung von Biomasse eine weitere wichtige Rolle. Dabei stehen wir im bundesweiten Vergleich mehr als gut da. Es gibt jedoch auch hier Fehler im Detail. Die Förderkulisse für Biomasse ist nach Auffassung des SSW falsch. Die Stromerzeugung aus nachwachsenden Rohstoffen wird derzeit besser vergütet als aus anderer Biomasse. Dies geschieht durch den so genannten NawaRo-Bonus.
Darüber hinaus gibt es keine richtige Steuerung. Wir erleben eine Goldgräberstimmung auf dem Biomassesektor, die dazu führt, dass wir einen Wildwuchs haben. Dies hat mittlerweile spürbare Auswirkungen auf die Pachtpreise, die in die Höhe geschossen sind, weil zurzeit ein enormer Bedarf an Ackerland für Maisanbau zur Energiegewinnung vorherrscht. Wenn wir erleben, dass beispielsweise Mais aus dem südlichen Holstein nach Nordfriesland transportiert wird, nur um dort eine Biomasseanlage zu füttern, dann stimmt etwas nicht. Eine saubere Ökobilanz ist damit nicht mehr hinzukriegen. Damit konterkarieren wir den Gedanken einer sauberen Energieform. Auch hierzu hat der SSW bereits früh einen Antrag eingebracht, der dies regulieren sollte. Er wurde damals von der Großen Koalition abgelehnt.
Windkraft an Land und auf dem Meer und Biomasse sind die beiden großen Bereiche der regenerativen Energieformen, die für Schleswig-Holstein von größter Bedeutung sind. Geothermie und Solarthermie werden hauptsächlich zur Heizungsunterstützung und zur Erzeugung von Prozesswärme im gewerblichen Sektor beitragen und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Energieeinsparung. Der künftige Erfolg dieser Energiegewinnung ist abhängig vom Gas- und vom Ölpreis. Es ist also davon auszugehen, dass der Ausbau in den kommenden Jahren weiter stattfinden wird.
Wir können in Schleswig-Holstein in den nächsten zehn Jahren völlig ohne Atomkraftwerke und in den nächsten 20 Jahren mit Sicherheit auch ohne Kohlekraftwerke auskommen. Dafür brauchen wir andere Strukturen. Wir brauchen zum Beispiel auch ein Seekabel nach Norwegen, um wirklich sauberen Strom in Verbindung mit Wind- und Wasserkraft zu uns leiten zu können. Vorredner haben dies schon erklärt. Deshalb halten wir am Atomausstieg fest. Wir wollen einen schnellen Ausstieg aus der Kohlekraft. Wir als SSW setzen auf erneuerbare Energien, auf Energieeffizienz und auf Energieeinsparungen. Das ist der richtige Weg zu besserem Klimaschutz und vor allem zu mehr Arbeitsplätzen in Schleswig-Holstein. Daran werden wir alle, die
nach der Wahl möglicherweise mit uns verhandeln, auch messen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man mag es in Kiel kaum spüren, aber mitten in unserem Land, auf der Geest gärt es. Seit dem Kampf um das Atomkraftwerk Brockdorf hat dieses Land keine solche Bürgerbewegung mehr gesehen. An der Spitze der Bewegung stehen dieses Mal nicht Umweltaktivisten, sondern Bauern, Bürgermeister und andere bürgerliche Existenzen. Es sind nicht zuletzt wütende CDU-Mitglieder, die ihr Vertrauen in Peter Harry Carstensen verloren haben.
Wie groß die Frustration über die Landespolitiker in dieser Frage ist, hat die NDR-Umfrage in der vergangenen Woche belegt. Gerade einmal 34 % glauben noch den Beteuerungen, es werde in Schleswig-Holstein kein Endlager geben. Dies wird sich auch nicht ändern, solange die Bundesebene der CDU, der SPD, der FDP und auch der Grünen nicht die Pläne für ein CCS-Gesetz endgültig beerdigt.
Wie wenig handfest die Position der CDU ist, zeigt schon die gebetsmühlenartig wiederholte Position von Peter Harry Carstensen, es werde kein Endlager gegen den Willen der Menschen geben. Eine klare Ablehnung der CCS-Technologie hört sich anders an. Spätestens nachdem Ende August 2009 durch Zufall herauskam, dass auf dem Flugplatzgelände in Eggebek ein CO2-Projekt schon auf dem Weg war, glauben die Menschen dem Ministerpräsidenten nicht mehr - zu Recht. Wie wenig auch die Bundesebene kapiert hat, zeigt der Brief von SPDUmweltminister Gabriel von Anfang September 2009, in dem er den Kreis Nordfriesland auffordert, mit ihm für die Akzeptanz von CO2-Endlagern zu werben.
Die Bundeskanzlerin, die in Flensburg ein CO2Endlager mit einer Mineralwasserflasche verglich und später im ZDF der Bürgerinitiative die Bildung absprach, nimmt den Protest im Norden offensichtlich ebenfalls nicht ernst. Auch die grüne Bundestagsfraktion will nach ihrem Positionspapier vom 3. März 2009 die CCS-Technologie großtechnisch erproben. Dass die Argumente der Protestbewegung nicht in die Hirne der Bundespolitiker vordringen, zeigt aber vor allem der Plan von SPDKanzlerkandidat Steinmeier, die Steinkohlesubventionen zu verlängern.
Das macht nämlich nur mit CCS Sinn. Wenn die großen Energiekonzerne ihr CO2 in den Untergrund pumpen können, dann müssen sie nicht mehr die Klimapolitik fürchten, dann können sie Kohle länger nutzen, und dann sparen sie das Geld für teure Emissionszertifikate. Darum, und nur darum geht es in dieser Diskussion. Die Bundesregierung ist unter dem Druck von RWE, Vattenfall & Co eingeknickt. Das ist die traurige Wahrheit.
Eben deshalb, weil es um eine grundsätzlich falsche Richtungsentscheidung geht, betrifft der Protest auch längst nicht mehr nur Nordfriesland, Schleswig-Flensburg oder Ostholstein. Die Einwände der Bürgerbewegung gegen CCS sind grundlegend. Es geht nicht nur um Zweifel, ob man CO2 für Jahrtausende sicher in einem Endlager einschließen kann, es geht auch um die Frage, wie lange wir noch Kohlekraftwerke haben wollen. Die CO2-Endlagerung in Deutschland ist bisher nur ein unausgegorenes, theoretisches Konzept und wäre frühestens in 20 Jahren ausgereift. Zu dem Zeitpunkt wollen wir den Grundbedarf an Energie aber nicht durch die Verbrennung von Kohle, sondern durch regenerative Energien decken. Deshalb ist auch der Antrag von CDU und FDP gegen die Interessen der Menschen gerichtet, weil er vorsieht, den Müll nicht bei uns zu lagern,
sondern vorsieht, dies andernorts zu tun, Herr Kollege Kubicki. Das ist nicht in Ordnung.
CCS dient nicht den Bürgern, lieber Kollege Kubicki. CCS dient nicht dem Klima. CCS dient allein den Betreibern von Kohlekraftwerken, die sonst zukünftig für CO2-Emissionen teuer bezahlen müssten.
Die langfristigen Kosten für diese Technologie müssen dann aber die Steuerzahler tragen. Wenn Sie sich immer so fleißig für Steuerentlastungen aussprechen, dann sollten Sie sich einmal darüber Gedanken machen, dass das in Ihrem Sinne kontraproduktiv wäre.
Deshalb muss in Deutschland die unterirdische CO2-Endlagerung verboten werden. Das ist rechtlich auch durchaus möglich, denn die EU setzt sich zwar für CCS ein und fördert sie, sie stellt es aber den einzelnen Mitgliedsländern frei, inwiefern sie sie nutzen wollen. Und wir wollen diese Technologie gar nicht nutzen. Die Menschen in SchleswigHolstein wollen weder ein CO2-Endlager noch Forschungsexperimente im Vorfeld. Sie wollen eine andere Energiepolitik. Das sollten alle Parteien, die RWE Dea und auch die Universität Kiel endlich respektieren.
Der SSW fordert alle Kolleginnen und Kollegen auf, heute ein klares Signal des Respekts für die Meinung der Bürgerinnen und Bürger auszusenden und für ein bundesweites Verbot zu stimmen. Deshalb fordere ich Sie noch einmal auf, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, stimmen Sie unserem Antrag zu, ziehen Sie Ihren Antrag zurück, der ist nicht in Ordnung.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Garg hat mir gerade vorgeworfen, ich hätte gesagt, Forschung solle verboten werden. Herr Kollege Garg, wir leben glücklicherweise in einem freien Land, in dem die Freiheit von Forschung und Lehre grundgesetzlich geschützt ist. Das stellt zumindest der SSW nicht in Abrede. Dass das bei der FDP der Fall sein sollte, verwundert mich.
Ich habe in meinem Manuskript nachgesehen, wo das Wort „Forschung“ vorkommt. Ich habe gesagt:
„Die Menschen in Schleswig-Holstein wollen weder ein CO2-Endlager noch Forschungsexperimente im Vorfeld. Sie wollen eine andere Energiepolitik.“
Das stimmt auch so. Das ist eine Zustandsbeschreibung. Die Menschen wollen wirklich keine Forschungsexperimente. Als solches ist das Ganze bisher nämlich angelegt worden. Man hat gesagt: Wir wollen erforschen, ob das funktioniert, von Hürth nach Nordfriesland und Schleswig-Flensburg eine Leitung zu legen und den ganzen Mist in die Erde zu verpressen. Das ist das Projekt, das Vorhaben. Da sagen die Bürger zu Recht - mit 75.000 Unterschriften -: „Nein, das wollen wir nicht.“ Diese Zustandsbeschreibung habe ich hier gemacht. Dazu stehe ich.
Ich sage auch ganz ehrlich: Ich finde Forschung völlig in Ordnung. Ich finde es auch in Ordnung, wenn es tatsächlich eine Universität gibt, die sagt, wir wollen in diesem Bereich forschen, wie wollen gucken, ob man wirklich CO2 richtig abscheiden kann, auf welche Art und Weise man das machen kann. Ich fände es auch gut, wenn man vielleicht
einmal Nutzungsmöglichkeiten erforschen würde, wie man CO2 wiederverwendet, sodass man es nicht in die Erde treiben muss. Das ist nämlich das Problem. Alles andere darf man gern in Deutschland erforschen.
Das ist aber nicht das Thema, Herr Kollege Garg. Darüber kann man gern in der nächsten Landtagssitzung in der neuen Wahlperiode reden. Thema ist heute, ob CO2 unter die Erde verpresst werden soll, ja oder nein. Dazu haben wir in unserem gemeinsamen Antrag ganz klar formuliert: Wir verfolgen das Ziel, die unterirdische Endlagerung von CO2 zu verbieten, und zwar in der gesamten Republik, weil wir das für den falschen Weg halten.
- Doch, wir wollen es in der ganzen Republik verbieten. Das ist der Unterschied zu Ihrem Antrag: Sie sagen, man muss den Ländern die Möglichkeit geben, es auf ihrem Gebiet zu verbieten.
Sie lassen sich immer noch eine Hintertür offen, es irgendwo anders unter die Erde zu bringen. Sie sagen, die Landesregierung soll die Genehmigungshoheit im gesamten Landesgebiet bekommen. Unser Ansinnen ist es, alle Menschen in der Bundesrepublik Deutschland davor zu schützen, mein lieber Kollege Garg. Das ist der Unterschied. Wir wollen diese Hintertür nicht offenhalten.
Wir halten es für den falschen Weg, weiter die Kohleindustrie in dieser Art und Weise zu unterstützen. Wir wollen es wirklich komplett verbieten. Das ist zumindest die Haltung des SSW, an der sich eben auch alle reiben müssen, wenn wir uns nach dem 27. September 2009 wiedersehen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unserer Gesellschaft droht seit Langem eine Spaltung. Die Einkommensunterschiede zwischen den gering qualifizierten Schichten und den gut ausgebildeten Bevölkerungsgruppen werden immer größer. Die Diskussionen in den letzten Jahren um die Einführung von Mindestlöhnen haben eins immer wieder deutlich gemacht: Wir haben in Deutschland Billigjobs und Niedriglöhne, von denen selbst voll erwerbstätige Menschen nicht leben können. Jeder fünfte Arbeitnehmer in Deutschland bekommt nur einen Niedriglohn. 1,3 Millionen Menschen verdienen sogar so wenig, dass sie ergänzendes Arbeitslosengeld II beziehen müssen, um die Existenz für sich und ihre Familie zu sichern. Das sind unhaltbare und menschenunwürdige Zustände, die schon lange nicht mehr tragbar
sind. Es macht aber deutlich, dass die Angst vor Arbeitslosigkeit und dem sozialen Abstieg mittlerweile so groß ist, dass man lieber für einen Hungerlohn arbeitet als gar nicht.
Diese Probleme sind die Ausläufer der Hartz-Reform, die Verschärfung der Zumutbarkeitsregeln für Langzeitarbeitslose und die damit verbundene Tatsache, dass in Zukunft Arbeitslose Arbeit annehmen müssen, die unter Tarif bezahlt wird. Dies hat der SSW immer kritisiert, denn Niedriglöhne und Billigjobs sind kein Ausweg aus der Krise. Sie wirken sich volkswirtschaftlich negativ auf die Binnennachfrage aus und sind somit kontraproduktiv. Dumpinglöhne sind auch kein Ausgangspunkt für Aufstieg in der Arbeitswelt. Was vor 20 Jahren noch für rund 20 % der Niedriglöhner möglich war, ist heute nur in wenigen Fällen gegeben, geht aus einer Studie der Uni Duisburg hervor.
Niedriglöhne erhöhen das Risiko der Altersarmut. Die Grundsicherung im Alter, die Bedürftige über 65 Jahre bekommen, beträgt derzeit 676 €. Um auf eine Nettorente auf diesem Niveau zu kommen, müsste ein Vollzeitbeschäftigter 45 Jahre lang mindestens 9,47 € brutto pro Stunde verdienen. Tatsächlich erhielten westdeutsche Niedriglohnbeschäftigte in 2006 laut Institut für Arbeit und Qualifikation im Durchschnitt 6,89 € pro Stunde, und im Osten waren es sogar nur 4,86 €. Damit kann man für das Alter nicht vorsorgen. Die Folge ist: Selbst bei einem vollen Erwerbsleben, ohne längere Arbeitslosigkeit, werden Geringverdiener im Ruhestand auf staatliche Unterstützung angewiesen sein. Sollte sich hier nichts ändern, werden wir in Zukunft auch Diskussionen um Mindestrenten führen müssen.
Gewerkschaften und wohlmeinende Politiker setzen sich bereits seit Längerem vergebens für die Einführung von Mindestlöhnen ein. Aber die Widerstände aufseiten der Wirtschaft sowie bei CDU und FDP sind immer noch groß. Mittlerweile wurde aber auch auf deren Seite - zumindest in der Wirtschaft - erkannt, dass Mindestlöhne nicht den Untergang des Abendlandes bedeuten. Der politische Widerstand hat abgenommen, und es wurde, wie bekannt, auf Bundesebene die Hürde genommen mit der Etablierung der Mindestlohn-Kommission.
Die Angst vor Mindestlöhnen ist mehr als unberechtigt. Die Arbeitslosigkeit wird im Zuge der Mindestlohneinführung nicht steigen. Das belegen Zahlen aus den Ländern, in denen es Mindestlohnregelungen seit Längerem gibt. Das Gegenteil ist der Fall. In der Krise leisten Mindestlöhne einen wichtigen Beitrag zur Stabilität von Lohneinkom
men und wirken zugleich als Deflationsbremse und stützen die Binnenkonjunktur.
Darüber hinaus ist belegt, dass Unternehmen produktiver sind, wenn Mindestlöhne existieren. Denn es gibt neue Anreize zum Investieren: etwa in die Weiterbildung ihrer Beschäftigten oder in neue Maschinen und Abläufe, um die höheren Kosten durch Mindestlöhne, aber auch andere höhere Kosten, wettzumachen.
Dabei geht es um die Einführung von Mindestlöhnen in Branchen mit geringer Tarifbindung. Die Einführung gesetzlich geregelter Mindestlöhne ist in der EU kein Einzelfall. Es gibt dort eine ganze Reihe von Ländern mit staatlich festgelegten Mindestlöhnen, die aber extrem variieren. Aber es gibt auch eine ganze Reihe von tariflichen Mindestlöhnen. In Dänemark gibt es Mindestlöhne, die von den Tarifpartnern verabredet wurden. Der SSW ist ein Anhänger der Tarifautonomie, und deshalb befürworten wir einen tariflichen Mindestlohn, der von den Tarifpartnern in einer spezifischen Branche verabredet wird. Das ist gut, weil gerade die Tarifpartner die Branche am besten kennen und eine angemessene Höhe für einen Mindestlohn am besten festsetzen können, der weder die Arbeitnehmer noch die Unternehmen über Gebühr belastet. Tarifliche Mindestlöhne müssen in den Branchen eingeführt werden, in denen es notwendig ist. Sie müssen dann für alle EU-Bürgerinnen und EU-Bürger gelten, die bei uns arbeiten wollen. Das wäre aus unserer Sicht die beste Lösung.
Der SSW hat die Einführung von staatlich eingeführten Mindestlöhnen immer kritisch gesehen, und das tun wir auch heute noch; denn sie untergräbt und schwächt die Tarifautonomie; das ist klar. Darüber hinaus halten wir es für schwierig, dass der Staat für jede Branche eine vernünftige Höhe für einen Mindestlohn festsetzt.
In Deutschland ist dies derzeit aber so nicht hinzubekommen. Auch das haben wir als SSW zu akzeptieren. Daher haben wir bereits vor zwei Jahren die Einsetzung einer Kommission gefordert, die die Mindestlöhne festlegt. Eine solche Kommission muss mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet sein, damit sie nicht zum Papiertiger wird. Dabei ist wichtig, dass alle Tarifpartner in der Kommission vertreten sind. Dass sich die Kommission eingangs überhaupt mit der Prüfung über die Einführung von Mindestlöhnen befasst, klingt schon ein bisschen wie Hohn, denn Mindestlöhne sind notwendig; das
ist allgemein anerkannt. Angesichts der tatsächlichen Situation mag man kaum glauben, dass man das erst noch feststellen muss. Das ist wirklich ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen.
Aufgabe des sogenannten Hauptausschusses ist es nun zu prüfen, ob in einem Wirtschaftszweig soziale Verwerfungen vorliegen und Mindestlöhne festgesetzt werden müssen. Über die konkrete Höhe dieser Mindestlöhne verhandelt dann ein Fachausschuss, der sich aus Vertretern des Wirtschaftszweiges zusammensetzt. Wichtig ist, dass die Ergebnisse der jeweiligen Fachausschüsse für die jeweilige Branche dann auch als Rechtsverordnung erlassen werden.
Auch wenn man sich anscheinend schnell über eine Untergrenze von 7,50 € einigen könnte, ist aus Sicht des SSW ist eine solche Untergrenze nicht tragbar. 7,50 € pro Stunde als gesetzlicher Mindestlohn sind nicht zeitgemäß. Das hat auch der DGB inzwischen erkannt und ist von seiner alten Forderung abgewichen.
Die Schere zwischen niedrigen und hohen Löhnen klafft in Deutschland immer weiter auseinander. Eine Studie der Uni Duisburg belegt, dass der Reallohn gerade bei dem am wenigsten verdienenden Bevölkerungsteil zwischen 1995 und 2006 um fast 14 % gesunken ist. Im gleichen Zeitraum ist ein reales Plus von 3,5 % bei den Besserverdienenden zu verzeichnen. Zu den Verlierern auf dem Arbeitsmarkt gehören demnach nicht nur Minijobber und Teilzeitkräfte, sondern auch Geringverdiener mit Vollzeitstelle. Am härtesten betroffen sind aber die untersten Lohngruppen. Solche Aspekte müssen auch von der Mindestlohn-Kommission gesehen werden, wenn man wirklich etwas erreichen will. Alles andere ist nur weiße Salbe.
Die Kommission muss nun entsprechende Lösungen erarbeiten, die den betroffenen Menschen wieder ihre Würde zurückgeben, indem ihre Arbeit wieder wertgeschätzt und entsprechend entlohnt wird. Deswegen, meine Damen und Herren, ist ein Mindestlohn dringend notwendig.
Ich möchte nun am Ende meiner Rede noch eine Äußerung machen, die mir am Herzen liegt. Ich genieße es, dass wir uns heute mit wechselnden Mehrheiten richtig schön streiten. Ich finde es auch in Ordnung, dass wir anderen Parteien Vorhaltungen machen; überhaupt kein Problem, können wir gern machen. Ich bin ja auch ein großer Verfechter davon. Allerdings müssen wir aufpassen, dass wir uns nicht vergaloppieren. Lieber Kollege Garg, Sie ha
ben vorhin einigen Abgeordneten dieses Hohen Hauses den Vorwurf gemacht, sich über Arbeitslose lustig zu machen. Das ist ein wortwörtliches Zitat. Lieber Kollege Garg, diese Äußerung ist es wirklich wert, zurückgenommen zu werden; denn das ist dieses Hauses wirklich nicht würdig!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es um die Diskussion über faire Löhne geht, geht es nicht ausschließlich darum, ein absolutes Minimum - wie bei der Debatte um den gesetzlichen Mindestlohn - abzusichern. Vielmehr geht es darum, auch die tarifarisch ausgehandelten Löhne abzusichern, damit die Menschen einen fairen Lohn erhalten und gleichzeitig ihre Unternehmen eine faire Chance im Wettbewerb erhalten.
Diese Zielsetzungen hat das Tariftreuegesetz, und es hat diese Zielsetzungen auch erfüllt. Erst seitdem die damalige schwarz-rote Landesregierung dieses Gesetz einseitig mittels eines Erlasses außer Kraft
gesetzt hat, haben wir hier bei uns wieder ungeregelte und für unsere Unternehmen und Beschäftigten unzufriedenstellende Zustände.
Nachdem der Europäische Gerichtshof entschieden hatte, dass nur noch gesetzlich festgelegte oder aber allgemeinverbindliche Tariflöhne per Tariftreueerklärung eingefordert werden können, hat die damalige schwarz-rote Landesregierung nicht etwa die Praxis an diese Rechtsprechung angepasst, sondern sie ist gleich Sturm gegen das Tariftreuegesetz gelaufen. Ein Erlass wurde herausgegeben, der nicht nur vorsah, dass das Land das Gesetz nicht mehr anwendet, sondern auch gleich die Empfehlung aussprach, dass auch die Kommunen es nicht mehr anwenden sollten. Damit wurde von SchwarzRot regelrecht gegen faire Löhne und gegen gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen entschieden.
Wir als SSW hatten schon gleich nach Bekanntwerden des Urteils darauf hingewiesen, dass es noch breite Möglichkeiten für die Einforderung von Tariftreueerklärungen gibt. In einem Antrag hier im Landtag haben wir deshalb dazu aufgefordert, das Gesetz weiterhin anzuwenden und darauf hinzuwirken, dass Tarifverträge in Zukunft als allgemeinverbindlich erklärt werden. Die damalige Mehrheit hier im Hause hat dem Antrag nicht zustimmen wollen, wodurch viele Ausschreibungen seitdem ohne Tariftreue abgewickelt wurden, und zwar mit den entsprechenden negativen Auswirkungen für Beschäftigte und Betriebe.
Heute starten wir - gemeinsam mit SPD und Grünen - einen zweiten Anlauf, um unsere damaligen Anregungen umzusetzen. Das Tariftreuegesetz des Landes Schleswig-Holstein kann heute schon auf allgemeinverbindliche Tarifverträge angewandt werden. Das heißt, dass diese eingefordert werden können. Zum Beispiel sind die Tarifverträge des Baugewerbes, des Elektrohandwerks, des Malerund Lackiererhandwerks und auch des Dachdeckerhandwerks bundesweit allgemeinverbindlich. Diese können also weiterhin eingefordert und vor allem auch im Rahmen des Gesetzes überprüft und Vergehen hiergegen sanktioniert werden.
Wenn das Tariftreuegesetz wieder angewendet wird, gäbe es sogar einen Anreiz, dass auch andere vom Gesetz umfasste Branchen ihre Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklären lassen. So wären zum Beispiel regionale allgemeinverbindliche Tarifverträge in den eben genannten Branchen oder auch in der Bauindustrie möglich.
Auch im privaten Omnibusgewerbe und bei den öffentlichen Verkehrsbetrieben wären allgemeinverbindliche Tarife denkbar. Das private Omnibusgewerbe verfügt schon über einen allgemeinverbindlichen Manteltarif, allerdings bisher ohne Gehaltsbestandteile. Dieser wäre sicherlich relativ leicht zu erweitern. Hierfür müssten nur Verhandlungen geführt werden. Das Tariftreuegesetz könnte somit sogar zu einer positiven Entwicklung in der Tarifgestaltung führen. Das stärkt die Tarifautonomie insbesondere vor dem Hintergrund der Diskussion über gesetzliche Mindestlöhne.
Deshalb dürfen wir bei der reinen Anwendung des Gesetzes nicht stehen bleiben, sondern wir müssen auch aktiv dafür sorgen, dass sich die Tarifpartner in den betroffenen Branchen in Schleswig-Holstein auf allgemeinverbindliche Tarifverträge einigen. Die Landesregierung muss deshalb aktiv werden und diesen Prozess fördern.
Heute fordern wir die sofortige Anwendung des Tariftreuegesetzes entsprechend der Möglichkeiten, die es heute schon gibt. Weiter wollen wir, dass die Kommunen entsprechend informiert werden und das Gesetz dann ebenfalls wieder anwenden. Wir wollen außerdem, dass weitere Tarifverträge - gerade auch in Schleswig-Holstein - für allgemeinverbindlich erklärt werden, damit möglichst viele Beschäftigte und Unternehmen weiterhin eine Chance haben. Das ist gerade auch in wirtschaftlich schwierigen Phasen - wie jetzt - enorm wichtig.
Heute geht es um die Entscheidung ,,Mit uns für gerechten Wettbewerb für unsere Unternehmen und für faire Löhne für unsere Beschäftigten!“ oder ,,Gegen uns und gegen die hiesigen Unternehmen und gegen unsere Beschäftigten!“ - So einfach ist das! So einfach ist das. Ich bitte Sie alle um Zustimmung zu unserem Antrag.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auf zwei, drei Fragen, die hier in den Raum gestellt worden sind, antworten.
Das Erste: Das Rüffert-Urteil hat nicht nur gesagt, dass das niedersächsische Vergabegesetz nicht mehr gültig sein kann, sondern es hat auch genaue Kriterien aufgestellt, welche Tarife noch eingefor
dert werden können, nämlich die gesetzlich festgelegten und die allgemeinverbindlichen. Bei den allgemeinverbindlichen Tarifen hat es besonders darauf abgehoben, dass das die übliche Vorgehensweise in Deutschland und in Österreich ist.
Deshalb haben wir gesagt: Die Dinge sind es; die dürft Ihr fordern.
Das Zweite: Es wurde nicht auf ein Staatsgebiet abgehoben, sondern auf ein Gebiet, in dem diese allgemeinverbindlichen Tarifverträge gelten. Deshalb ist es auch möglich, schleswig-holsteinische allgemeinverbindliche Tarife, die durchaus das Niveau auf Bundesebene übersteigen können, als tariftreu einfordern zu können. Das ist die große Chance, die wir haben, die neue Regelung dazu zu nutzen, die Tarifpartner an einen Tisch zu holen.
Aufgrund von Bundesrecht haben wir auch die Möglichkeit, dass der Landesarbeitsminister diesen Prozess in Gang setzt und, wenn sich die Tarifpartner einig sind, die entsprechenden Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt. Dann wäre es in den betroffenen Branchen, die im Gesetz stehen, möglich, entsprechend Tariftreue einzufordern.
Das ist auch kein Teufelszeug. Davon bricht eine Republik auch nicht zusammen, denn man macht das in Österreich schon sehr viel länger als hier. Dort gibt es in den einzelnen Bundesländern Tariftreueregelungen. Das war die Inspiration, die ich vor 2004 hatte, dieses Gesetz hier einzubringen. Dort funktioniert es wunderbar. Alles ist immer noch entsprechend konform, weil man dort nur allgemeinverbindliche Tarifverträge, die in den einzelnen Bundesländern abgeschlossen worden sind, einfordert. Deswegen haben die dieses Problem nicht. Aber wir haben dieses Problem im Prinzip auch nicht, wenn wir uns an die allgemeinverbindlichen Tarifverträge halten.
Deswegen können wir mit unserem Antrag, mit dem wir jetzt kommen, schon sehr viel schaffen. Wir können sehr vielen Beschäftigten, insbesondere aus dem Bausektor, jetzt schon helfen. Und wir können anregen, dass zum Beispiel die Busunternehmer oder die Leute, die mit dem Schienenpersonennahverkehr zu tun haben, dies auch entsprechend umsetzen. Dann ist sehr vielen Menschen geholfen. Das Gesetz ist nicht tot, sondern es lebt. Wenn wir uns am 27. als Bürger dieses Landes richtig verhalten, dann wird dieses Gesetz auch noch sehr viel länger leben.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Grünen hat in seiner Zielsetzung vordergründig durchaus sinnvolle Ansätze, um Mensch und Natur vor schnell fahrenden Wasserfahrzeugen und den daraus resultierenden Lärmemissionen zu schützen. Zugegeben, an einigen Stellen entlang der Ostseeküste entbrennen immer wieder Diskussionen darüber, ob Powerboot-Rennen in Küstennähe stattfinden sollen. Bürgerinitiativen fordern für bestimmte Küstenabschnitte Geschwindigkeitsbegrenzungen, da man sich von schnell fahrenden Wasserfahrzeugen belästigt fühlt.
Der Antrag der Grünen zielt darauf ab, dass eine generelle Verkehrsberuhigung an der schleswigholsteinischen Ostseeküste für Wasserfahrzeuge geschaffen werden soll. Im ersten Absatz des Antrags ist von schnell fahrenden Wasserfahrzeugen die Rede, ohne dass auf diese Fahrzeuge näher eingegangen wird. Der Antrag schweigt sich auch aus über die Höhe der Geschwindigkeitsbegrenzung. In der Begründung wiederum ist nur von Speedbooten die Rede. Was also gemeint ist und welche konkreten Forderungen die Grünen aufstellen wollen, ist nicht ersichtlich.
Da ist es natürlich auch für wohlmeinende Menschen schwer, sich für oder gegen einen Antrag auszusprechen.
Die schleswig-holsteinische Ostseeküste ist aber auch kein gesetzloser Raum. Was die Straßenverkehrsordnung an Land ist, ist die Seeschifffahrtstraßen-Ordnung auf dem Wasser. Das heißt, auch entlang der Ostseeküste gibt es Befahrensregelungen, und an genau festgelegten Abschnitten gibt es bereits Geschwindigkeitsbegrenzungen. Darüber hinaus gilt nach § 26 Abs. 4 der Verordnung, verkürzt gesagt, dass Fahrzeuge und Wassermotorräder vor Stellen mit erkennbarem Badebetrieb eine Höchstgeschwindigkeit von 8 km/h nicht überschreiten dürfen. Da es an speziell ausgewiesenen Bereichen entlang der Ostseeküste bereits Höchstgeschwindigkeitsgrenzen gibt, wird deutlich, dass man durchaus die Möglichkeit hat, Einzellösungen herbeizuführen. Diese Möglichkeit zu nutzen, wäre nach unserer Auffassung der gangbarere Weg als eine landesweite pauschale Regelung.
Bevor wir also für die gesamte Ostseeküste eine Geschwindigkeitsbegrenzung erlassen, wie es die Grünen in ihrem Antrag formulieren, sollten wir die Möglichkeiten ausschöpfen, die wir haben.
Aus Sicht des SSW gilt dies insbesondere für sensible Lebensräume, die bereits als Naturschutz- oder als NATURA-2000-Gebiete ausgewiesen sind. Derartige Regeln haben wir auch für den Nationalpark Wattenmeer, für den es klare Befahrensregelungen gibt.
Die Lärmemissionen durch hoch motorisierte Wasserfahrzeuge können sicherlich zu Problemen führen. Wir müssen jedoch sehen, inwieweit es sich hierbei um Einzelphänomene handelt. Auf jeden Fall sollte über Lärmschutzverordnungen angestrebt werden, die Quelle zu minimieren. Speed
boot-Rennen sind daher als Veranstaltungen dem Einzelfall nach zu behandeln. Was weitere Geschwindigkeitsbegrenzungen angeht, so stelle ich fest, dass der Bereich der Ostsee, die Schlei, die Kieler Förde, das Gewässer bei Heiligenhafen, das Fehmarnsund-Fahrwasser, die Neustädter Bucht, die Trave und der Nord-Ostsee-Kanal als angrenzende Gewässer verkehrsberuhigt sind. Hier gibt es schon Regelungen, sodass weitere pauschale Regelungen, wie sie die Grünen fordern, eigentlich nicht angebracht sind.
Aus Sicht des SSW wäre eine Behandlung des Themas im Ausschuss angebracht gewesen, um zu erfahren, ob man im konkreten Einzelfall vielleicht noch weitere Regelungen erlassen sollte. Das ist aber derzeit - wie wir ja wissen - nicht möglich, und deshalb werden wir den Antrag ablehnen, weil wir pauschale Regelungen für nicht angemessen ansehen. Einzelfallregelungen sind in Ordnung. Einzelne Regelungen mit richtiger Begründung sind okay. Pauschale Begründungen lehnen wir ab.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich möchte erst einmal vorausschicken, dass die Arbeit des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses bisher gut funktioniert hat. Wir haben schnell und zügig gearbeitet, und die Arbeit so weit vorangetrieben, wie es irgend ging. Dafür möchte auch ich mich bei allen Beteiligten bedanken.
Betrachtet man die Erkenntnislage, wie sie sich jetzt darstellt, so muss man natürlich feststellen, dass wir noch nicht alles wissen können, aber dass sich im Lauf auch gerade der öffentlichen Diskussionen manche These verhärtet hat. Des Weiteren sind aber manche neue Baustellen hinzugekommen, die vom bisherigen Untersuchungsauftrag noch nicht erfasst worden sind. Beispielhaft sei hier der Themenkomplex rund um die Bonuszahlungen und Altersvorsorgezahlungen an Vorstandsmitglieder der HSH Nordbank genannt. Vor diesem Hintergrund sollten wir schnell klären, inwieweit
diese Komplexe mit in den zukünftigen Untersuchungsauftrag in der neuen Wahlperiode aufgenommen werden können.
Betrachtet man den politischen Weg in die Krise der Bank, muss man etwas zurückschauen. Rund um die Jahrtausendwende entschloss man sich sowohl in Schleswig-Holstein als auch in Hamburg dazu, aus den beiden Landesbanken eine internationale Geschäftsbank zu machen. Man hatte schon vorher Erfahrungen mit Risikogeschäften gemacht, und natürlich waren auch internationale Geschäfte den beiden Landesbanken nicht fremd. Aber jetzt sollte das Ganze quasi in eine „Reinkultur“ überführt werden. Die Landesbanken sollten fusioniert und dann anschließend privatisiert werden.
Hier begann nach unserer Auffassung der Irrweg der beiden Landesbanken. Die Fusion beider Banken an sich hätte grundsätzlich erst einmal nichts sonderlich geändert. Aber die Zielsetzung, private Investoren mit einsteigen zu lassen - ein Novum und dann später das Bankhaus börsenfähig zu machen, führte naturgemäß dazu, dass der Renditedruck übermäßig stieg. Es musste auf Teufel komm raus mehr und mehr verdient werden. Die Marge einer normalen Landesbank mit ihrem öffentlichen Auftrag reichte da nicht mehr aus.
Als dann der private Investor J. C. Flowers mit ins Boot genommen wurde, verstärkte sich diese Tendenz. Man war auf Gedeih und Verderb dem Renditedruck ausgesetzt. Schließlich will so ein privater Investor über kurz oder lang ja Geld sehen. Und die ständigen Verlautbarungen, man wolle das Institut an die Börse bringen, erhöhten den Druck noch mehr. Dass dann schon einmal die Risikoeinschätzung nicht die große Rolle spielte, ist zumindest verständlich. Diese Börsengeilheit vernebelt noch heute manchem die Sicht auf das Wesentliche.
Auch gerade wegen dieser Strategie des Börsengangs hat die damalige schwarz-rote Landesregierung die Chance, die Bank unter den Schirm der Bundesregierung zu stellen, im Herbst 2008 nicht wahrgenommen.
Die Ausweitung der Krise der HSH Nordbank lässt sich grob in drei Phasen einteilen: einmal die vor 2005, dann die Phase zwischen 2006 und 2008, als die Krise richtig durchschlug und anscheinend niemand hier richtig reagierte, und dann zum Schluss die Zeit ab 2008, als es darum ging, zumindest das Schlimmste vom Land Schleswig-Holstein abzuhalten.
Ich habe bereits versucht, die Phase bis 2005 ein wenig zu beschreiben. Sie war gekennzeichnet vom
Privatisierungswahn - anfangs einer roten und später einer rot-grünen Landesregierung. Dieser Privatisierungswahn wurde damals sogar noch von der Opposition aus CDU und FDP übertroffen. Es konnte nicht schnell genug gehen, und die Bank stellte sich darauf ein.
In dieser Zeit wurde beispielsweise das sogenannte Schnellankaufverfahren installiert. Für die genaue Überprüfung von Investitionen war anscheinend keine Zeit mehr, und es musste ein Verfahren eingeführt werden, das diese Entscheidungen verkürzte. Dabei wurde die Risikobetrachtung mehr und mehr ausgeblendet. Allerdings wurde anfangs zumindest immer noch nachträglich eine genauere Überprüfung der Investments durchgeführt, wie uns auch das ehemalige Vorstandsmitglied, Herr Waas, deutlich machte.
Dieses Verfahren war erheblich risikoreicher als vorherige Vorgehensweisen, aber es funktionierte noch. Man kann sagen, dass bis 2005 oberflächlich noch alles in Ordnung war. Die Bankgeschäfte warfen Gewinne ab, und die Finanzmarktblase war noch nicht geplatzt. Den politisch Verantwortlichen dieser Zeit kann man somit bis dahin keine großen Vorwürfe machen.
Ab 2006 wird das Handeln der Bank dann noch risikoreicher. In meinem Beispiel mit den Schnellankäufen wird auf eine nachträgliche Prüfung und nachträgliche Genehmigung der Geschäfte verzichtet. Anscheinend soll alles noch schneller gehen, und mit eingehenden Risikobetrachtungen wollte man sich nicht aufhalten.
Spätestens an dieser Stelle hätten die Anteilseigner zumindest intervenieren müssen, insbesondere als die Bank ins Trudeln geriet. Schon im Jahr 2007 machte die HSH Nordbank ein Milliardenminus. Dies war noch weit vor der Krise von Lehman Brothers. Es wäre die Aufgabe der Aufsichtsgremien gewesen, einzuschreiten.
Insbesondere der Finanzminister als fachlich zuständiger Minister hätte handeln müssen. Stattdessen trudelte die HSH Nordbank immer mehr, und man überließ Entscheidungen lieber den Bankern. Damit konnten die Interessen des Landes in dieser Phase gar nicht Berücksichtigung finden. Dies ist ein katastrophales Armutszeugnis der damaligen Regierung.
Im Laufe der Arbeit des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses kamen gerade bezogen auf
den Zeitraum von 2005 bis 2008 immer wieder neue Erkenntnisse auf den Markt, die weder ein gutes Licht auf die Bank noch auf das Krisenmanagement der Landesregierung und des Finanzministers warfen. Als Stichworte seien das Kreditersatzgeschäft oder das Engagement der Bank in Steuerparadiesen zu nennen. Natürlich ist es Aufgabe des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses, in diesem Zusammenhang dunkle Flecken zu erhellen.
Eines können wir aber jetzt schon sagen: Die Vertreter des Landes waren entweder nicht gut genug informiert - das wäre schlimm -, oder aber sie haben nicht die richtigen Fragen gestellt - das ist auch schlimm -, und sie haben vor allem nicht ausreichend steuernd eingegriffen. Das allerdings ist eine Katastrophe. Das kann man zumindest jetzt feststellen. Das ist ein Versagen der Landesregierung.
Meine Damen und Herren, nichts ist aber so schlimm, als dass man es nicht noch schlimmer machen kann. Das jedenfalls ist das Motto der Landesregierung der vergangenen vier Jahre gewesen, und diesem Motto ist sie auch bei der HSH Nordbank treu geblieben.
Im Herbst 2008 spitzte sich die Lage zu. Milliarden Fehlbeträge der Bank führten zu einer Diskussion über Stützungsmaßnahmen für die HSH Nordbank. Relativ schnell wurde klar, dass der Bund Gelder und Garantien geben könnte. Bundesfinanzminister Steinbrück hat sowohl schriftlich als auch in öffentlichen Verlautbarungen deutlich gemacht, dass 3 Milliarden € Finanzhilfe und 10 Milliarden € Garantien durch die Länder SchleswigHolstein und Hamburg nicht die einzige Alternative der Unterstützung für die Bank gewesen wären. Auch der Bund wäre im vergangenen Herbst bereit gewesen, hier einzuspringen. Dies hätte allerdings zur Folge gehabt, dass der Landesbankensektor neu geordnet worden wäre und wir vielleicht vom Börsengang der Bank hätten Abstand nehmen müssen.
Außerdem konnte man sich nicht des Eindruckes erwehren, dass sich die CDU-Ministerpräsidenten nicht vom SPD-Bundesfinanzminister in die Bankenbücher schauen lassen wollten. Wohl auch aus diesen Gründen wurde die für unser Land teurere und risikoreichere Stützungsvariante gewählt. Die Banker hatte dies gefreut; denn so galten anfangs die Einschränkungen bei Bonuszahlungen nicht für die hiesigen Bankfachleute. Für den Landeshaushalt kann diese Entscheidung aber unabsehbare Folgen haben.
Apropos Freuden der Banker: Schon im Jahr 2007 hatte die HSH Nordbank schwere Verluste in Milli
ardenhöhe zu tragen. Im Jahr 2008 verschlimmerte sich die Lage des Instituts zusehends. Wenn in einer solchen Lage dann ein Bankmanager im Herbst 2008 einen Vertrag bekommt, der über das Festgehalt hinaus noch weitere Leistungen in Höhe von 2,9 Millionen € vorsieht, dann fragt man sich, wer für eine solch schlechte Verhandlungsführung die Verantwortung trägt.
Gleiches gilt für die Vorstandsbezüge, die bisher über die magische Grenze von 500.000 € jährlich hinausgingen und erst kürzlich verhandelt worden sind. Wo war da Finanzminister Wiegard? Die Landesregierung und der Finanzminister waren damit anscheinend vollkommen überfordert.
Meine Damen und Herren, ich möchte mit einer Zukunftsbetrachtung abschließen. Wir haben festgestellt, dass der Drang nach Privatisierung und die Börsenorientierung maßgeblich dazu beigetragen haben, dass die Probleme der HSH Nordbank so groß geworden sind. Derzeit hält die Landesregierung aber trotzdem an ihrem Ziel der Börsenfähigkeit fest.
Nach unserer Auffassung muss genau überlegt werden, ob wir damit nicht wieder genau die gleiche unsägliche Spirale in Gang setzen, wie dies vor einigen Jahren geschehen ist. Vielleicht ist es besser, erst einmal innezuhalten und auch die Fusion mit anderen Landesbanken ins Auge zu fassen. Dabei sind alle Rechtsformen möglich. Eine maßgebliche Beteiligung des Bundes darf aber auch nicht ausgeschlossen sein. Politisch gesehen sollten wir alles versuchen, alte Fehler nicht zu wiederholen. Wenn es um die Klärung der Verantwortlichkeiten in der Krise um die HSH Nordbank geht, steht der SSW zu seinem Wort: Wir wollen auch in der neuen Wahlperiode einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss einsetzen. Gegebenenfalls wollen wir den Untersuchungsauftrag sogar erweitern um das, was bis zum Jahr 2008 gelaufen ist.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um Landwirten die Möglichkeit zu geben, sich für einen gentechnikfreien Betrieb zu entscheiden, braucht es bestimmte Voraussetzungen. Die Entscheidung eines Landwirts ist nämlich dann hinfällig, wenn sich sein Nachbar für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen entscheidet. Gentechnik in der Landwirtschaft findet eben nicht in einem geschlossenem System statt. Es sind Freilandversuche oder Freilandaussaaten, sie sind keine Laborversuche, und es besteht die Gefahr der unkontrollierten Ausbreitung. Man kann sich also nicht dagegen wehren, wenn das Ganze zunächst einmal erlaubt ist. Um derartige Konflikte zu vermeiden, brauchen wir möglichst großflächige Regionen, die als gentechnikfrei ausgewiesen sind. Nur das ist die sicherste Voraussetzung, um langfristig eine garantiert gentechnikfreie Produktion zu gewährleisten.
Aus Sicht des SSW hat die traditionelle gentechnikfreie Landwirtschaft Vorrang vor dem Anbau von GVOs. Es kann hierbei kein harmonisches Nebeneinander geben. Daher muss das Bewährte Schutz vor dem Risikobehafteten haben. Niemand kann heute sagen, wie sich die Ausbreitung von GVOs auf Mensch und Natur langfristig auswirkt. Auch Mindestgrenzen darf es hierbei nicht geben, denn genverändert ist genverändert, und eine Koexistenz ist nicht möglich.
Wenn wir uns für eine traditionelle Landwirtschaft entscheiden - sei sie nun konventionell oder ökologisch -, dann brauchen wir entsprechende Regelungen, die den Schutz vor GVOs gewährleisten. Dieser Schutz dient letztlich nicht nur der gentechnikfreien Landwirtschaft, er schützt auch den Verbraucher. Zum einen muss der Verbraucher die Möglichkeit der freien Entscheidung haben, und zum anderen können Gesundheitsrisiken durch gentechnisch veränderte Lebensmittel derzeit nicht ausgeschlossen werden. Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist dabei die klare und sichtbare Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln. Hier muss der Schwellenwert so niedrig wie möglich sein.
Der Einsatz von GVOs weist derzeit keinen wirklichen Nutzen für die Landwirtschaft auf. Zwar wird vonseiten der großen Konzerne damit geworben, dass der Anbau einfacher sei und er eine höhere Wirtschaftlichkeit mit sich bringe, was aber verschwiegen wird, ist die Tatsache, dass sich Landwirte in die Abhängigkeit von diesen Konzernen begeben und den Kostendruck von Patentgebüh
ren zu spüren bekommen. Profiteuere der grünen Gentechnik sind somit nur die Agrarkonzerne.
Die Mehrheit der Bevölkerung spricht sich gegen die grüne Gentechnik aus. Daher ist die Ausweisung gentechnikfreier Regionen ein deutliches Signal an die Bevölkerung und natürlich auch an die Agrokonzerne.
Was wir daher machen können, ist, die Etablierung von gentechnikfreien Regionen zuzulassen und vor allem zu fördern, damit zumindest in bestimmten Regionen die Sicherheit besteht, dass gentechnikfrei produziert wird.
Dafür muss aber vor Ort geworben werden, und den Landwirten müssen die Vorteile der Gentechnikfreiheit für die Vermarktung regionaler Produkte deutlich gemacht werden. Das, meine Damen und Herren, kostet Geld, und dieses Geld muss auch von uns zur Verfügung gestellt werden. Die Ausweisung als geschütztes Gebiet muss als Chance gesehen werden und nicht als Bedrohung.
Die grüne Gentechnik ist immer noch sehr umstritten. Solange wir aber keine genauen Folgenabschätzungen für den Einsatz von genveränderten Pflanzen haben, muss die Sicherheit für Mensch und Natur Vorrang haben. Deshalb unterstützt der SSW den Beitritt zum europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen und wird dem Antrag zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass mehrere Landtagsabgeordnete von SPD, FDP, SSW und auch von der CDU bei einer Podiumsdiskussion des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes kürzlich die Einführung einer einheitlichen Sozialstaffel für die Kindertagesstätten in unserem Land befürwortet haben und darüber hinaus versprochen haben, sich dafür einzusetzen. Wie gesagt, das waren Kollegen von SPD, FDP, SSW sowie die Kollegin Franzen von der CDU.
Schließlich zeigen alle pädagogischen Erkenntnisse, dass gerade Kinder aus sozial schwachen Familien der besonderen Unterstützung innerhalb der Einrichtungen bedürfen, um in der Schule einen guten Start zu erwischen. Unterschiede in der Einkommensanrechnung führen dagegen zu einem faktischen Ausschluss unterer Einkommensgruppen. Heute haben wir die Möglichkeit, unser Versprechen tatsächlich einzulösen, und zwar noch vor der Landtagswahl. Dazu haben wir den Antrag aus der Ausschussberatung geholt, damit wir möglichst schnell zu einer Änderung kommen. Dieses ungewöhnliche Verfahren ist absolut gerechtfertigt; schließlich muss das ungerechte System schleunigst abgeschafft werden.
Dazu gehören zwei Schritte. Erstens ändern wir das Kita-Gesetz und schreiben eine 100-prozentige Anrechnung hinein. Die 85 %-Regelung muss gestrichen werden, weil sie Hartz-IV-Familien belastet. Zumindest können wir heute schon einmal andeuten, dass wir das in einer der ersten Sitzungen der neuen Wahlperiode entsprechend machen werden.
Zweitens appellieren wir an die Kreise, eine einheitliche Sozialstaffel einzuführen. Es ist ausdrücklich zu betonen, dass der Gesetzgeber keine Vorgaben macht, aus Gründen des Konnexitätsprinzips auch nicht machen will; schließlich fällt das in die Zuständigkeit der Kreise. Die Landesregierung sollte allerdings unverzüglich einen Abstimmungsprozess moderieren, der letztlich wieder zu einer einheitlichen Gestaltung der Anrechnung führt. Kein einziger Kreis sollte ausscheren; schließlich liegen überhaupt keine sachlichen Gründe für unterschiedliche Sozialstaffeln vor.
Ich weiß sehr wohl, dass es in einigen Fällen einiger Überzeugungsarbeit bedürfen wird, bis die Staffel einheitlich angewandt werden wird. Aber ich bin gleichzeitig davon überzeugt, dass sich der Einsatz lohnt. Ziel unserer Politik ist schließlich die Teilhabe aller Familien - der besserverdienenden genauso wie der Hartz-IV-Familien - am pädagogischen Angebot und am Betreuungsangebot der Kindertageseinrichtungen. Aus diesem Grund haben wir das kostenfreie letzte Kindergartenjahr eingeführt. Unterschiedliche Sozialstaffeln torpedieren dieses Ziel und müssen aus diesem Grund abgeschafft werden. Das haben wir als SSW, aber, wie gesagt, auch manch anderer kürzlich beim Paritätischen Wohlfahrtsverband für die Zeit nach der Wahl versprochen, und nichts hindert uns alle daran, den ersten Schritt schon heute zu tun.
Frau Präsidentin! Mein sehr geehrten Damen und Herren! Bereits Anfang des Jahres haben wir im Landtag die Situation der Werften in SchleswigHolstein debattiert. Der Schiffbau als Indikator für die Wirtschaftskrise macht deutlich, wie ernst die Lage ist. Vor allem im Bereich der zivilen Schifffahrt brechen die Aufträge für Container- und Frachtschiffe massiv weg. Dies bekommen wir bereits seit Längerem zu spüren.
Wenn wir nun aus den Medien erfahren, dass ThyssenKrupp einen Teilverkauf von HDW plant, ist dies in diesem Zusammenhang zu sehen. Das macht die Situation aber nicht besser. Der geplante Ausstieg aus dem zivilen Schiffbau bis zum Ende des Jahres würde für HDW bedeuten, dass man sich aus einem alten, traditionellen Bereich rauszieht. Erst in der letzten Woche wurde bekannt, dass ThyssenKrupp darüber hinaus den Verkauf der Nordseewerke in Emden plant.
Auch wenn der U-Boot-Bau sowie die Docks der Kieler Werft vom Verkauf unberührt bleiben und wenn ThyssenKrupp sich zukünftig auf den Bau größerer Marine- und Spezialschiffe konzentrieren will, ist klar, dass eine solche Entscheidung Arbeitsplätze kosten wird. Bereits angekündigt wurde, dass nur ein Teil der 400 Mitarbeiter der HDWGaarden übernommen wird. Diese Nachrichten kommen einem Schicksalsschlag gleich, und betroffen ist nicht nur die Landeshauptstadt, sondern Schleswig-Holstein insgesamt und auch der Werftenstandort Deutschland.
Die Entscheidung von ThyssenKrupp hat aber auch eine hohe Symbolkraft für die allgemeine Situation im Schiffbau. Denn aus schleswig-holsteinischer Sicht ist sie leider nur der vorläufige Höhepunkt in der Krise der europäischen und deutschen Werften. Wenn man bedenkt, dass noch Anfang der 70erJahre 10.000 Mitarbeiter bei HDW in Kiel beschäftigt waren, sieht man das ganze Ausmaß der Entwicklung im deutschen Schiffbau in den letzten 40 Jahren. Gerade vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise ist die Entscheidung von ThyssenKrupp ein schwerer Schlag für die Betroffenen und
deren Familien, aber auch für die Zulieferer in der Region wird eine solche Entscheidung negative Konsequenzen haben.
Wir alle kennen die Ursachen dieser Krise, und angesichts der weltweiten Überkapazitäten im Seeverkehr verstärkt sich die Situation. Aber auch die asiatische Billig-Konkurrenz im zivilen Schiffbau trägt ihres dazu bei und macht den deutschen und europäischen Werften den Garaus.
Eine Abwrackprämie für Schiffe zu fordern, wie es der Generalsekretär des Europäischen Werftenverbandes getan hat, erteilen wir jedoch eine Absage. Aus Sicht des SSW ist dies kein Instrument, das nachhaltig hilft. Dies wirkt nur kurzfristig und schlägt wie ein Bumerang zurück.
Rund ein Drittel der in Europa verkehrenden Fähren sind älter als 30 Jahre. Das soll heißen, sie fahren mit veralteten Technologien und sind weit entfernt von modernen Umweltstandards. Damit sind sie ein Fall für die neue europäische Seeverkehrsstrategie, die unter anderem eine Verbesserung der Umweltstandards und Richtlinien im gesamten Seeverkehr vorsieht. Derartige Maßnahmen erfordern eine entsprechende moderne Flotte.
Das sind Maßnahmen, die nachhaltig wirken und wirtschaftliche Effekte auslösen. Sie wirken jedoch nicht sofort. Erst in ein paar Jahren wird man die Effekte zu spüren bekommen.
Wir müssen aber Wege finden, wie die Auflösung des zivilen Schiffbaus bei HDW verhindert werden kann. HDW muss auch in Zukunft eine Universalwerft bleiben, die sowohl im zivilen Schiffbau wie auch im Marine-Schiffbau tätig ist. Das bewirkt, dass die Belegschaft flexibel einsetzbar ist. Solange jedoch keine konkreten Lösungen gefunden sind, fordern wir die Landesregierung auf, auf ThyssenKrupp einzuwirken, die Planungen zu überdenken, und alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um so viele Arbeitsplätze wie möglich bei HDW und den Zulieferfirmen zu erhalten. Wir sind sicher, dass die Landesregierung dies tun wird.
Wir fordern ThyssenKrupp dazu auf, gemeinsam mit dem Betriebsrat und der IG Metall arbeitsplatzerhaltende Maßnahmen zu ergreifen, damit alle Beschäftigten über den vom Konzern anberaumten Termin hinaus ihre Arbeitsplätze behalten können. Für alle Verhandlungen - egal mit wem - muss gelten: HDW muss eine Universalwerft bleiben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie schön muss es doch sein, wenn man als Energieversorger einen alten Atomreaktor betreibt, der bereits seit Jahren abgeschrieben ist und nur noch Geld in Millionenhöhe abwirft. Schöner kann es für den Energieversorger nur noch werden, wenn die Laufzeit seines Reaktors durch politische Entscheidungen noch verlängert wird, obwohl der Reaktor eine Panne nach der anderen einfährt. Das wäre wohl aus Sicht der großen Atomkraftwerksbetreiber in Deutschland der Glücksfall auf Erden. Für uns als SSW gilt: Wir werden politisch alles daransetzen, dass dieser Fall nicht eintritt.
Die alten Atommeiler sind nicht so sicher wie es ihre Betreiber und die politischen Atombefürworter immer gern darstellen. Insbesondere wird dies am Meiler in Krümmel deutlich. Dort steht der Pannenmeiler der Nation. Er und sein Betreiber machen wieder negative Schlagzeilen wie schon lange nicht. Dass es in den letzten zwei Jahren nichts über
ihn zu lesen gab, liegt nur daran, dass er abgeschaltet war.
Als der Meiler nach rund zwei Jahren Reparaturzeit wieder angefahren werden durfte, wurde der Pannenreaktor nur vier Tage danach seinem Spitznamen wieder gerecht. Man fragt sich: Was hat Vattenfall eigentlich in den zwei Jahren gemacht, um den Meiler wieder auf Vordermann zu bringen? Augenscheinlich hat man nichts gemacht.
Seit dem Störfall wird deutlich, dass sich nicht nur einige der Ereignisse mit denen von vor zwei Jahren spiegeln, sondern auch das Verhalten von Vattenfall hat sich seit 2007 nicht geändert, soll heißen, die Kritik an der Informationspolitik von Vattenfall, die nach den Störfällen von 2007 laut wurde, hat nicht gefruchtet.
Was hat Vattenfall an seinen Strukturen geändert? Offensichtlich auch nichts. Ebenso hat es Vattenfall nicht für notwendig erachtet, bestimmte Vorgaben der Genehmigungsbehörde einzuhalten. Es gibt also auch diesmal Anlass genug, zu hinterfragen, ob nicht durch eine bessere gesetzliche Grundlage für mehr Sicherheit für die Menschen gesorgt werden muss. Dabei spielt die Frage, ob man für oder gegen die Kernenergie ist, keine Rolle. Sicherheit hat Vorrang vor allen anderen Erwägungen.
Die Vorfälle in Krümmel vor zwei Jahren waren für uns als SSW seinerzeit Grund genug zu fordern, dass Betreibern von Atomkraftwerken leichter die Betriebsgenehmigung entzogen werden kann. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass der Atomaufsicht in ihrem Handeln Grenzen gesetzt sind. Frau Trauernicht hatte als Ministerin mit den Mitteln, die ihr zur Verfügung stehen, das Maximum herausgeholt. Denn so war zumindest für zwei Jahre die Gefahr, die von Krümmel ausgeht, gebannt. Dafür gebührt ihr unser aller Dank.
Sie hat seinerzeit deutlich gemacht, dass die Hürden für die Versagung einer Betriebsgenehmigung sehr hoch sind. Soll heißen, wenn die internen Abläufe geändert werden, zum Beispiel durch den Austausch von Personal oder durch Veränderung in der Organisationsform, kann der Betreiber damit deutlich machen, dass er in Zukunft besser arbeiten will und kann. Ob dies dann auch wirklich eintritt, ist nicht wichtig.
Mit der Ankündigung von Vattenfall-Chef Hatakka, jetzt alle Prozesse technisch und organisatorisch auf
den Prüfstand zu stellen, erschwert Vattenfall der Aufsichtsbehörde jetzt wieder einmal die Versagung der Betriebsgenehmigung.
Diese Lücke im Gesetz muss geschlossen werden. Es kann nicht angehen, dass ein Atomkraftwerk bei immer wiederkehrenden Verfehlungen weiter betrieben werden darf. Da stimmt etwas in der Gesetzgebung nicht.
Was wir brauchen, meine Damen und Herren, ist eine Regelung, die sich auf die Erfahrungen in der Vergangenheit bezieht. Wenn die Atomaufsicht nachweisen und dokumentieren kann, dass man in der Vergangenheit seine Atomanlage nicht entsprechend den Bestimmungen betrieben hat, muss sie die Möglichkeit bekommen, aufgrund dieser Vergangenheitswerte die Anlage auch schließen zu können. Genauso muss es möglich sein, die Atomanlagen erst einmal nur befristet weiter zu genehmigen, wenn Verfehlungen aufgetreten sind. Erst dann hat die Atomaufsicht, wenn beides kommt, wirklich ein scharfes Schwert in der Hand, um hier zum Wohle der Menschen eingreifen zu können. Ansonsten ist es kein Wunder, dass uns Betreiber immer an der Nase herumführen.
Der SSW hat schon gleich nach den letzten Vorfällen in Krümmel im August 2007 einen Antrag gestellt, um das Atomgesetz zu ändern. Damals scheiterte unser Antrag daran, dass die SPD den Koalitionsfrieden erhalten wollte und sich die CDU völlig unbelehrbar zeigte. Der Kollege Ritzek hat heute wieder ein solches Beispiel dafür geliefert.
In unserem Antrag ging es darum, die Atomaufsicht wie jede kommunale Gewerbeaufsicht mit einem entsprechenden Instrumentarium zu versehen, damit sie auch eingreifen kann und dauerhaft und nachhaltig für die höchstmögliche Sicherheit bei den Atomkraftwerken sorgen kann. Jede Frittenbude kann man bei Unregelmäßigkeiten dichtmachen, ein Atomkraftwerk kann man nicht dichtmachen. Hier kann man fröhlich weitermachen wie bisher. Dann mussten wir uns in der letzten Sozialausschusssitzung auch noch von den Vertretern von Vattenfall mitteilen lassen, dass man jetzt auf angeblich „neue“ Kommunikationsmittel setzt. Nachdem ich dort festgestellt hatte, dass ein mit Eimer und Thermometer bewaffneter Rentner über seinen Dorfsheriff und das Innenministerium die Atomaufsicht schneller erreicht hatte, als die Betreiber des Atomkraftwerks es augenscheinlich konnten, wurde mir allen Ernstes entgegnet, dass man jetzt bei Vattenfall über neue Kommunikationsmittel wie SMS nachdenken würde. Da bleibt einem nur die Spucke weg.
42 Minuten nach dem Störfall wird die Atomaufsicht unterrichtet, und Vattenfall sagt: Wird werden jetzt vielleicht SMS nutzen. Wer so dilettantisch mit dieser riesigen Verantwortung umgeht, muss seinen Laden dichtgemacht bekommen.
Deshalb muss - wie in unserem Antrag 2007 und nun auch in unserem gemeinsamen Antrag mit SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN formuliert - das Atomgesetz geändert werden. Es muss möglich sein, Genehmigungen auch befristet auszusprechen, und es muss vor allem auch möglich sein, aufgrund von Vergangenheitswerten die Genehmigung auch zu entziehen.
Die Vorgänge von 2007 waren für uns Grund genug, den Betreiber von Krümmel mehr als infrage zu stellen. Aus unserer Sicht hätte er schon damals keine zweite Chance verdient gehabt. Dann wundert man sich schon, über die Aussagen von Ministerpräsident Carstensen, der dem Betreiber nun noch eine Chance zur Reparatur gibt. Sonst würde Herr Carstensen dafür sorgen, dass Krümmel für immer abgeschaltet werde - sagt er zumindest. Starke Worte des Ministerpräsidenten!
Aber mit diesen mächtigen Worten streut er den Menschen in Schleswig-Holstein nur Sand in die Augen, indem er so tut, als hätte er alles im Griff. Herr Carstensen - ich würde ihn gern persönlich ansprechen; er ist leider nicht hier, aber wir haben ja seinen Minister -, Herr Minister, wie lange wollen Sie sich eigentlich noch von Vattenfall auf der Nase herumtanzen lassen? Vattenfall hat nicht nur in Deutschland mehrmals bewiesen, dass man nicht in der Lage ist, Atomkraftwerke vernünftig zu betreiben.
Deswegen fordere ich die Landesregierung auf: Schaffen sie endgültige Sicherheit in Krümmel, indem die gesetzliche Grundlage auf Bundesebene geschaffen wird, dass man solche Pannenmeiler sofort abschalten kann! Nur das schafft Sicherheit und nicht starke Worte, die man nach derzeitiger Rechtslage überhaupt nicht einhalten kann.
Kritisch sehen wir im Zusammenhang mit den neuesten Vorfällen auch die Ankündigung von Vattenfall-Chef Hatakka, jetzt einen Sonderermittler einzusetzen. Einen Sonderermittler aus den eigenen
Reihen zu rekrutieren, um die Vorgänge zu untersuchen, trägt nicht zur Vertrauensbildung bei.
Gleiches galt für die von Vattenfall 2007 eingesetzte fünfköpfige Untersuchungskommission, die zwar aus externen Ermittlern bestand, die aber nicht unbedingt als Atomgegner bekannt waren. Da hat es niemanden gewundert, dass das Abschlussergebnis der Kommission eher unkritisch ausfiel. Zwar hat die Kommission seinerzeit die Informationspolitik von Vattenfall kritisiert, aber heute müssen wir feststellen, dass selbst davon wenig angenommen, geschweige denn umgesetzt wurde.
Auch wenn dies - ebenso wie die Maschinentransformatoren - nicht der Atomaufsichtsbehörde unterliegt, gehören solche Aspekte in die Zuverlässigkeitsüberprüfung. Denn es macht nach unserer Auffassung deutlich, wie wenig ernst Vattenfall derartige Probleme nimmt.
Mit den jüngsten Ereignissen in Krümmel hat Vattenfall sich und seinen politischen Befürwortern letztlich einen Bärendienst erwiesen. Denn die fast schon tote Debatte um die Sicherheit von Atomkraftwerken und die Diskussionen um Atomkraftwerke als Heilsbringer im Kampf gegen den Klimawandel haben die Atomkraftwerke in ein Licht gerückt, das das Risiko dieser Technologie in den Schatten gestellt hat. Immer wieder wurde in den letzten Jahren die Diskussion um die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken auf die politische Agenda gesetzt. Aber auch nach Bekanntwerden der neuesten Ereignisse von Krümmel wird gebetsmühlenartig behauptet, die Atomenergie sei sicher. In Krümmel knallen die Brennstäbe durch, und Herr Ramsauer von der CSU sagt, wir sollten einen kühlen Kopf bewahren.
Ebenso vernagelt sind die Aussagen des badenwürttembergischen Ministerpräsidenten Oettinger, der unbegrenzte Laufzeiten für Atommeiler in Aussicht stellt, die dem angeblichen Stand der Technik entsprechen, und der Krümmel sogar als Kraftwerk mit Zukunft bezeichnet, wenn die technischen Voraussetzungen stimmen würden, was sie ja anscheinend nicht tun. Wer sich so blind und ignorant für die Atomenergie ausspricht, verleugnet die Gefahren, die von dieser Technologieform ausgehen.
Von 1965 bis September 2008 hat es rund 5.700 meldepflichtige Ereignisse in deutschen Atomanlagen gegeben. Auf diese Zahl wies Greenpeace jüngst hin, als der 50. Jahrestag des Deutschen Atomforums feierlich begangen wurde. Diese Zahl macht deutlich, dass Unregelmäßigkeiten in Atomkraftwerken keine Ausnahmesituation sind. Sie sind
die Regel, und es ist nur bedingt beruhigend, dass es rechtzeitig zur Abschaltung gekommen ist und die Störfälle bisher beherrschbar waren.
Durch die immer älter werdenden Reaktoren wird die Gefahr aber nicht geschmälert, im Gegenteil. Auch im Zusammenhang mit den Gefahren aus möglichen terroristischen Angriffen wissen wir, dass gerade die älteren Atomkraftwerke gegen Anschläge nicht ausreichend gesichert sind.
Das widerlegt alle Behauptungen, deutsche Atomkraftwerke seien sicher. Solche Aussagen sind Augenwischerei. Wenn der Kollege Ritzek sagt, nur sichere Atomkraftwerke dürften am Netz bleiben, kann die Schlussfolgerung nur sein, dass alle 17 Atomkraftwerke abgeschaltet werden müssen.
Meine Damen und Herren, Atomenergie ist und bleibt die gefährlichste Form der Energieerzeugung. Die Risiken, die von Atomkraftwerken ausgehen, sind nicht beherrschbar. Unfälle sind nicht auszuschließen. Materialfehler, technische Defekte oder menschliches Versagen können zu Katastrophen führen. Dies muss man sich immer wieder vor Augen führen. Krümmel ist ein Paradebeispiel für solche Unzulänglichkeiten und Fehlerhaftigkeiten. Daher muss Krümmel umgehend vom Netz genommen werden, und am Ausstieg aus dieser risikobehafteten Energieform darf nicht gerüttelt werden.
Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit der Atomenergie ist die Frage der Endlagerung. Es gibt bisher keine sichere Lösung für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle. Atomkraftwerke produzieren Müll, mit dem sich noch viele nachfolgende Generationen herumschlagen werden. Ein sicheres Wegpacken nach dem Motto „Aus den Augen aus dem Sinn“ gibt es nicht, im Übrigen auch nicht für CO2.
Die als sicher geltenden Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle in Morsleben und Asse II machen deutlich, dass sie eben nicht sicher sind. Asse II zerfällt, unkontrollierte Wassereinbrüche gefährden die Standortsicherheit, und es herrscht Einsturzgefahr. Was für die Ewigkeit halten sollte, ist bereits nach 40 Jahren vorbei. Was mit dem radioaktiven Müll passieren soll, weiß niemand. Wer Atomstrom befürwortet, muss dann auch sagen, wie der Müll endgültig und vor allem sicher gelagert werden soll.
Die Frage der Kosten ist hierbei noch nicht geklärt. Die Betreiber der Atomkraftwerke haben bis zum Ende für die Einlagerung in Asse II nur 900.000 € Gebühren bezahlt. Demgegenüber stehen heute die zu erwartenden Kosten mindestens von 2,5 Milliarden € für die Schließung und Entsorgung von Asse II. Zwar tragen die Energieversorgungsunternehmen hiervon rund 1 Milliarde €, aber die öffentliche Hand bleibt auf den Kosten von rund 1,5 Milliarden € sitzen. Ein Endlager ist dann immer noch nicht gefunden.
Es kommen also noch weitere Milliardenkosten auf die Steuerzahler zu. Das ist eine höhere Subvention durch den Staat, als sie für erneuerbare Energien überhaupt denkbar wäre. Hier ist unsere Forderung ganz deutlich: Wer Müll produziert, soll auch vollständig für die Kosten aufkommen.
Die Behauptung, dass Atomenergie zu den billigsten Energieformen gehört, ist nur die halbe Wahrheit. Atomstrom ist nur dann billig, wenn die Atomkraftwerke abgeschrieben sind und die Kosten für Umwelt und Gesundheit vom Steuerzahler getragen werden. Dass Atomstrom keinen Billigstrom produziert, wird auch dadurch deutlich, dass der Strom an der Börse gehandelt wird, wo sich der Strompreis nach den teuersten Kraftwerken richtet. Mit anderen Worten: Der angeblich ,,billige" Atomstrom kommt beim Kunden nicht an, sondern trägt nur dazu bei, den Atomkonzernen weiter die Taschen zu füllen.
Der Bau eines neuen Atomkraftwerks ist mit einem vergleichbaren Gaskraftwerk rund fünfmal so teuer. Legt man die Gesamtkosten für Bau und Stilllegung sowie für die Abfallentsorgung zugrunde, rechnet sich der Bau von Atomkraftwerken für private Betreiber nicht. Ohne staatliche Subventionen und Garantien sind Atomkraftwerke wirtschaftlich nicht zu betreiben.
Da staatliche Subventionen in der EU aber gegen Wettbewerbsregeln verstoßen, versucht die Atomlobby nun das nächste Märchen um die Atomenergie zu kreieren: Atomenergie als energiepolitische Lösung im Kampf gegen den Klimawandel.
Die Produktion von Atomstrom ist aber nicht CO2neutral. Die Emissionen pro Kilowattstunde schwanken zwischen 30 und 160 g CO2 je Herkunftsland der Rohstoffe. Moderne Gaskraftwerke mit Wärmeauskopplung liegen demgegenüber bei 119 g CO2 je Kilowattstunde, also in ähnlicher Höhe.
Was aber schwerer wiegt ist die Tatsache, dass jeder Neubau eines Atomkraftwerkes oder die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke dazu beiträgt, den Druck aus dem Kessel zu nehmen, und somit Klimaschutztechnologien weiter ausbremst. Jeder Euro, der in Atomkraftwerke oder andere alte Energieformen gesteckt wird, geht verloren für Forschung, Technik und Ausbau von erneuerbaren Energien, für die Steigerung der Energieeffizienz und für die Entwicklung von Energieeinsparungsmaßnahmen. Das sind die wirklichen Heilsbringer, wenn es darum geht, eine klimaschutzrelevante Energieversorgung zu gewährleisten.
Wer sich in den Diskussionen um Laufzeitverlängerungen oder beim Neubau von Atomkraftwerken zum politischen Handlanger der Atomlobby machen lässt, handelt rücksichtslos auf Kosten späterer Generationen. Es gibt keine Alternative zum Atomausstieg, egal, wer wo in Europa neue Atomkraftwerke baut. Es liegt in unserer Verantwortung, die Energieversorgung selbst zu regeln. Dazu gehört auf keinen Fall eine so veraltete Technologie wie die Atomenergie. Für unsere Atomkraftwerke gibt es nur eine Lösung, und die regelt das Atomausstiegsgesetz - es sei denn, sie müssen vorher abgeschaltet werden wie Krümmel.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Erkenntnis zieht sich durch den gesamten Bericht: Herrn Hase ist es gelungen, dass sich Schritt für Schritt die Erkenntnis durchsetzt,
dass Menschen mit Behinderung in die Mitte der Gesellschaft gehören. Seine Öffentlichkeitsarbeit war in diesem Zusammenhang sehr hilfreich. Sicherlich spielt bei dieser Entwicklung aber auch das steigende Lebensalter in unserer Gesellschaft eine Rolle, weil sich das persönliche Risiko - wenn man es denn so nennen will -, selbst eine Behinderung zu bekommen, erhöht. Dort, wo die eigene Betroffenheit beginnt, sind Veränderungen dann natürlich am leichtesten durchzusetzen.
Der Beauftragte schlägt vor, dass bei Neu- und Umbauten die Barrierefreiheit die gleiche Priorität wie der Brandschutz haben muss. Denn wenn man von Beginn an die Barrierefreiheit einplant, ist eine Umsetzung ungleich einfacher als nachträgliche Lösungen, die mühsam und teuer an die Gegebenheiten angepasst werden müssen. Mittels eines Standards, Barrierefreiheit frühzeitig einzuplanen, wird darüber hinaus das Engagement der Behindertenverbände und -politiker erleichtert.
Ich habe vor Kurzem eine Kleine Anfrage zu akustischen Signalen bei Bahnübergängen gestellt. Der Tenor der Antwort war: Sowohl die DB AG als auch private Bahninfrastruktur-Betreiber haben kaum für solche Signalanlagen gesorgt, weil es keine Vorschrift gibt, die sie verpflichten würde. Die Anschaffung wäre nicht sehr teuer, aber die Betreiber ziehen sich auf eine juristische Argumentation zurück. Was nicht vorgeschrieben ist, brauchen sie nicht zu tun, sagen sie. Zumindest die teilweise in Landeseigentum befindlichen Betreiber sollten hier aber trotzdem mit gutem Beispiel vorangehen, denn Signalanlagen - insbesondere für Blinde - sind einfach notwendig. Das Fehlen ist ein echtes Hemmnis. Ich finde, dass zum Beispiel eine Gesellschaft wie die AKN durchaus mit gutem Beispiel vorangehen könnte.