Protocol of the Session on September 15, 2006

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung, auch wenn wir noch nicht ganz vollzählig sind, und begrüße Sie alle sehr herzlich an diesem Freitag.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Alle Sozialdemo- kraten fehlen!)

- Die kommen noch, ich kenne die Sozialdemokraten, Herr Kubicki; die sind zuverlässig.

Erkrankt sind Frau Abgeordnete Sandra Redmann und Frau Abgeordnete Jutta Schümann. Wir wünschen den Kolleginnen gute Besserung.

(Beifall)

Wegen auswärtiger Verpflichtungen sind Herr Ministerpräsident Carstensen und Herr Minister Dr. von Boetticher beurlaubt.

Auf die Besuchergruppen warten wir noch.

Wir treten in die Tagesordnung ein. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 22 und 35 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Bericht über die Ostseeaktivitäten der Landesregierung 2005/2006 (Ostseebericht 2006)

Bericht der Landesregierung Drucksache 16/890

Bericht und Beschlussempfehlung des Europaausschusses Drucksache 16/924

b) Bericht über die Schleswig-Holstein-Büros im Ostseeraum - Bisherige Tätigkeit (2004-2006) und Weiterführung (bis 2009)

Bericht der Landesregierung Drucksache 16/913

Ich erteile das Wort der Berichterstatterin des Europaausschusses, der Frau Abgeordneten Astrid Höfs.

Der Europaausschuss hat sich in seinen Sitzungen am 5. Juli und 6. September 2006 mit dem Ostseebericht beschäftigt und empfiehlt dem Landtag einstimmig, den Bericht der Landesregierung zur Kenntnis zu nehmen.

Ich danke der Frau Berichterstatterin. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall.

Ich erteile dem Minister für Justiz, Arbeit und Europa, Herrn Uwe Döring, das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Anwesende! Liebe Kolleginnen und Kollegen draußen an den Lautsprechern!

(Heiterkeit und Beifall)

Vor Ihnen liegen zwei wichtige Berichte, die die Bedeutung und die großen Fortschritte in der Zusammenarbeit im Ostseeraum dokumentieren. Die Berichte machen deutlich: Die Ostseepolitik ist einer der herausgehobenen strategischen Schwerpunkte der Landesregierung.

Meine Damen und Herren, im Zuge der Globalisierung gewinnen grenzüberschreitende regionale Wirtschaftsräume an Bedeutung. Unsere Region ist der Ostseeraum. Hamburg mag sich das Tor zur Welt nennen, Schleswig-Holstein ist für Europa das Tor zur Ostsee und für den Ostseeraum das Tor nach Europa.

Die Ostsee ist mit der EU-Erweiterung faktisch zum europäischen Binnenmeer geworden, der Ostseeraum zum eigentlichen Mittelmeer der Europäischen Union. Das eröffnet der Ostseeregion Chancen, gemeinsam im schärfer werdenden Wettbewerb der europäischen Großregionen zu bestehen. Wir setzen uns dabei ehrgeizige Ziele. Wir wollen die Ostsee zu einem der weltweit sichersten Seeverkehrsgebiete machen und wir wollen im Rahmen einer integrativen europäischen Meerespolitik die maritime Wirtschaft ausbauen. Dazu dient die Konferenz in der nächsten Woche, bei der sich eine ausgesprochen gute Beteiligung abzeichnet.

Um diese Ziele zu erreichen, muss die Ostseeregion ihre gemeinsamen Stärken noch besser organisieren, als wir es bisher schon getan haben. Spätestens seit der EU-Erweiterung befindet sich die Ostseekooperation in einer neuen Phase.

Dafür brauchen wir übergreifende Leitmotive. Vor rund 15 Jahren half die Rückbesinnung auf die Hanse, die Trennung Europas in ungeahnte Entwicklungsschübe für den Norden Europas umzumünzen. Ich weiß natürlich, dass es gerade beim Begriff der Hanse im östlichen Bereich der Ostsee den einen oder anderen Vorbehalt gibt. Dennoch bot die Hanse zu ihrer Zeit etwas Einmaliges: ein

gemeinsames grenzübergreifendes Rechtssystem, eine effektive Organisation und entwickelte Technologien.

Diesen Rahmen bietet heute in der Ostseeregion die Europäische Union. Mit Hinweis auf den gemeinsamen Neuanfang, der durch die EU-Erweiterung bewirkt worden ist, hat der frühere dänische Ministerpräsident, Nyrup Rasmussen, die Hanse als Leitgedanken für die Ostseekooperation der kommenden Jahre in die Diskussion gebracht. Wir könnten da auch ein Label finden: „Neue Hanse 21“ könnte ein Label für den Aufbruch der Ostseeregion in das 21. Jahrhundert in Europa sein.

Meine Damen und Herren, wie sehr der Ostseeraum blüht, konnte ich vor vier Wochen bei meinem Besuch unserer Partnerregion Kaliningrad erleben. Die Herren Ritzek und Neugebauer können meinen Eindruck sicherlich bestätigen.

(Günter Neugebauer [SPD]: Das kann ich nur bestätigen, Herr Kollege!)

Der wirtschaftliche Wandel, die vielen Investitionsvorhaben, aber auch die gesunkene Arbeitslosigkeit dort sprechen eine beeindruckende Sprache. Zugegeben, es besteht weiterhin Nachholbedarf vor allem im sozialen Bereich, in der Gesundheitspolitik, im Bereich der Bildungspolitik, auch in der Landwirtschaft und vor allem muss die Zivilgesellschaft gestärkt werden. Aber unsere Partner begegnen uns heute selbstbewusst und auf gleicher Augenhöhe. Wir müssen das weit verbreitete Bild von der grauen Maus Kaliningrad korrigieren.

(Beifall)

Wenn es unsere Partner in Kaliningrad auf die Reihe kriegen - ich hoffe das sehr -, werden wir eine Wirtschaftspräsentation Kaliningrads in SchleswigHolstein im neuen Jahr vornehmen und das könnte ein erster Auftakt sein.

Das zeigt: Der Ostseeraum wird in den nächsten Jahren - davon bin ich fest überzeugt - die wirtschaftliche Boom-Region innerhalb der EU sein. Wir als Schleswig-Holsteiner haben gute Chancen, dabei zu sein, und wir müssen diese Chancen nutzen.

Deshalb am Schluss ein Wort zu den SchleswigHolstein-Büros im Ostseeraum! Ich bin mir der breiten Unterstützung des Landtages sicher, wenn ich sage: Ein guter Teil unserer erfolgreichen Ostseepolitik ist darauf zurückzuführen, dass wir gut vertreten sind und die Unterstützung dieser Büros haben.

(Vereinzelter Beifall)

Den Kolleginnen und Kollegen, die diese wertvolle Arbeit in Malmö, in Tallinn, in Riga, in Vilnius, in Kaliningrad, in Danzig und in St. Petersburg leisten, möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich danken.

(Beifall)

Ich darf hier noch anfügen, dass auch die Kooperation mit Hamburg sehr gut ist. Wir diskutieren zurzeit über eine Ausweitung und über die Frage, ob wir nicht auch unser Büro in Danzig durch Hamburg ergänzen, sodass wir dort eine gemeinsame Vertretung haben, bei der - anders als bei der Vertretung in St. Petersburg - die Schleswig-Holsteiner die Federführung hätten. Abschließend richte ich die Bitte an Sie, bei den Haushaltsberatungen der Beibehaltung der Schleswig-Holstein-Büros für weitere drei Jahre zuzustimmen. Uns allen wünsche ich, dass wir als Landtag gemeinsam und fraktionsübergreifend die erfolgreiche Ostseepolitik fortsetzen können.

(Beifall bei SPD, CDU und FDP)

Ich danke Herrn Minister Döring. - Bevor wir in die Aussprache eintreten, möchte ich auf der Besuchertribüne sehr herzlich Besuchergruppen der Unternehmerfrauen im Handwerk aus Neumünster und des FDP-Kreisverbands Dithmarschen begrüßen. Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich eröffne die Aussprache. Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Manfred Ritzek das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, Ihnen und Ihren Mitarbeitern sage ich herzlichen Dank für den sehr umfassenden Bericht. Auch den anderen Ministerien, die ebenfalls enorm viele Beiträge zu diesen Bericht geleistet haben, danke ich. Das spricht für die übergreifende Aktivität unserer Region und unseres Landtages im Ostseeraum.

Wenn Sie, meine Damen und Herren, sich sehr detailliert über die Ostseeaktivitäten der Landesregierung informieren möchten, so müssen Sie sich durch 117 Projekte der unterschiedlichsten Art arbeiten. Hinzu kommen - um nur einige Stichworte zu nennen - die Abschlussresolutionen der stattgefundenen Ostseekonferenzen, an denen unsere Regierungsmitglieder teilgenommen haben, sowie die

INTERREG-III-B-Projekte mit schleswig-holsteinischer Beteiligung.

Um das alles zu verstehen, müssen Sie sich auch durch fast 30 Abkürzungen arbeiten, die für die internationalen Organisationen im Ostseeraum stehen. Deshalb nenne ich nur einige Schwerpunkte: Die Idee der Ostseekooperation blickt heute auf rund 20 Jahre erfolgreicher Zusammenarbeit zurück. So heißt es in der Einleitung des Berichtes. Einige Schlagworte über die Ostseekooperation, die ich für richtig halte und die die gesamte Dynamik und Herausforderung der Ostseekooperation und der Ostseeregion auch an uns stellen, seien genannt. Der Herr Minister hat auch darauf hingewiesen: Die Ostseekooperation und die Ostseeregion sind Erfolgsgeschichten. Die Ostseeregion ist eine Gewinnregion und sie ist eine Zukunftsregion. Sie ist Leuchtfeuer für die Entwicklung der Europäischen Union. Der Ostseeraum zählt zu den Topregionen Europas. Wir Parlamentarier, die in der vorigen Woche an der Baltic Sea Parliamentary Conference in Reykjavik teilgenommen haben, haben diese Dynamik bei dem Thema maritime Wirtschaft gespürt. Wir werden im Verlauf der nächsten Debatte noch über diese Konferenz berichten.

Dieser Regierungsbericht wird heute ganz bewusst im Anschluss an die Ostseeparlamentarierkonferenz gehalten. Wir können und wir werden uns verstärkt in den Prozess der Mitgestaltung der Ostseeregion einschalten. Das ist auch ein Beitrag zur Kommunikation innerhalb der Europäischen Union und zur Kommunikation mit den Menschen, die sich uns stellt. Parlamentarier aller Fachbereiche unseres Hohen Hauses sind gefordert, mit zu gestalten und mit zu kommunizieren. Dies wird auch durch die Beschreibung der Aktivitäten der einzelnen Ministerien im Bericht deutlich.

Schleswig-Holstein ist ein integraler Bestandteil der Ostseeregion. Schleswig-Holstein hat im Ostseeraum einen erstklassigen Ruf. Das hat die Konferenz in Reykjavik erneut gezeigt. Unsere Partnerschaft mit Hamburg verstärkt diese Position. Die internationalen Partnerschaften mit unseren Büros in Tallinn, Vilnius, Riga, Danzig, Malmö, Königsberg und jetzt auch gemeinsam mit Hamburg in St. Petersburg sind wichtige Positionen. SchleswigHolstein hat Schwerpunktfelder besetzt, weil wir hier herausragende Kompetenzen haben. Diese wollen wir uns nicht nehmen lassen und sie weiterentwickeln. Dazu gehört besonders die Meerespolitik, bei wir im europäischen Raum eine bedeutende Rolle spielen. Unsere Initiative Zukunft Meer, das Maritime Cluster Schleswig-Holstein sowie unsere Initiative zur Schiffssicherheit und zum Meeresum

(Minister Uwe Döring)

weltschutz sind beispielhaft. Erwähnt werden müssen auch die Meerestechnologien, durch die wir unter anderem auch in tiefsten Gewässern mit kleinen U-Booten forschen können. Das ist weltweit einmalig.

(Beifall der Abgeordneten Frauke Tengler [CDU])