Protocol of the Session on January 29, 2009

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich eröffne die Sitzung. Erkrankt sind von der CDU-Fraktion die Abgeordneten Herlich Marie Todsen-Reese und Frank Sauter sowie von der Landesregierung Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und Minister Dr. Werner Marnette. - Allen noch einmal herzliche Besserung!

(Beifall)

Bevor ich in die Tagesordnung einsteige, möchte ich unsere Besuchergruppen begrüßen; das sind Schüler und Schülerinnen der Realschule Plön, Schüler und Schülerinnen der Beruflichen Schule am Ravensberg in Kiel und die begleitenden Lehrkräfte. - Seien Sie uns sehr herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 23, 28 und 29 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Konjunkturpaket II

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/2401

b) Initiativen zur Stabilisierung von Wirtschaftswachstum und Beschäftigung

Antrag der Fraktionen FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/2423

c) Programm für Zukunft und Beschäftigung

Antrag der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/2425

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Drucksache 16/2429

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Mit dem Antrag Drucksache 16/2401 wird ein mündlicher Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich

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bitte Sie zunächst darüber um Abstimmung. Wer diesen Bericht hören will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Dann ist das so gewollt.

Ich erteile Herrn Finanzminister Rainer Wiegard das Wort. Lassen Sie mich geschäftsleitend sagen, dass wir im Ältestenrat eine Vereinbarung über die Redezeiten haben, und zwar haben FDP und Landesregierung zehn Minuten erbeten und alle übrigen Fraktionen und der SSW 15 Minuten. - Bitte schön, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Kolleginnen und Kollegen! Deutschland steht am Anfang der schwersten Rezession seit 60 Jahren. Weltweit haben sich die wichtigen Wirtschaftsdaten rasant verschlechtert. Wer wie Deutschland fast die Hälfte seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auf Märkten außerhalb Deutschlands erzielt, der profitiert in Boomzeiten besonders stark, ist aber in Krisenzeiten eben auch von einem Rückgang dieser Märkte besonders betroffen. Diesen Zustand haben wir nun erreicht.

Aktuelle Prognosen erwarten für Deutschland einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von mehr als 2 %. Damit folgt nach einem sehr kurzen und ebenso heftigen Aufschwung in den Jahren 2006, 2007 und 2008 nun ein derart heftiger Abschwung, wie wir ihn bisher noch nicht gekannt haben.

Meine Damen und Herren, die Spanne der Prognosen und die fast wöchentlichen Korrekturen dieser Prognosezahlen sind ein Beleg für die enorme Unsicherheit. Weil Wirtschaftspolitik sehr viel mit gefühlten Situationen zu tun hat, sollten wir der Versuchung widerstehen, uns am Wettbewerb der schlechtesten Prognosen und der bösesten Szenarien zu beteiligen.

(Beifall bei der CDU)

Dazu gehören Spekulationen über die mögliche Dauer dieser Krise ebenso wie unzulässige Vergleiche zur Weltwirtschaftskrise Ende der 20er-Jahre des vorigen Jahrhunderts. Vielmehr ist es nun vorrangige Aufgabe der Politik, auf allen Ebenen Bund, Länder und Gemeinden - gemeinsam daran mitzuwirken, die Folgen einer solchen Rezession einzudämmen. Denn vollständig aufhalten können wir sie nicht.

Meine Damen und Herren, Deutschland ist besser gegen die Folgen wirtschaftlicher Krisen gerüstet als noch vor wenigen Jahren. Unser Land hat in den letzten Jahren viele Stärken und Fähigkeiten zu

rückgewonnen. Unsere Unternehmen sind für den internationalen Wettbewerb recht gut aufgestellt. Die Inflationsrate ist - auch infolge der Krise - deutlich gesunken. Die Verbraucher profitieren gerade in dieser Zeit von rückläufigen Preisen für Öl, Kraftstoffe, Energie und auch Lebensmittel.

Für Schleswig-Holstein gilt, dass vor allem unsere mittelständisch geprägte Wirtschaft sich schon häufig als weniger anfällig erwiesen hat. Jetzt gilt es eben, diese Stärken zu stärken, die Kräfte zu bündeln und sich bereits heute für die Zeit nach der Krise neu aufzustellen. Deshalb sollten wir uns bei dem, was nun staatliche und kommunale Aufgabe ist, in Folgendem einig sein: Es geht jetzt nicht darum, möglichst schnell möglichst viel Geld auszugeben, sondern es geht jetzt vor allem darum, in den vergangenen Jahren gewonnene Arbeitsplätze und das waren eine ganze Menge in Schleswig-Holstein und auch in Deutschland - möglichst zu erhalten und die staatlichen Aktivitäten auf Maßnahmen zu konzentrieren, die für uns alle in der Zukunft eine nachhaltige Wirkung erzielen und wirtschaftliches Wachstum wieder befördern helfen. Das wird die Aufgabe in dieser Zeit sein.

(Beifall bei der CDU sowie des Abgeordne- ten Holger Astrup [SPD])

Deshalb müssen die jetzt von uns gemeinsam - ich betone das Wort „gemeinsam“ - zu treffenden Maßnahmen kurzfristig für Beschäftigung sorgen, aber langfristig ihre Wirkung und ihren Nutzen erzielen.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung unterstützt, wie schon beim ersten Konjunkturpaket Ende letzten Jahres, die von der Bundesregierung vorgesehenen Maßnahmen, auch wenn man sich das wird die Diskussion heute sicherlich noch ergeben - über die Wirksamkeit der einen oder anderen Einzelmaßnahme sehr wohl streiten kann. Das Gesamtpaket aus Entlastung bei Steuern und Abgaben, aus Stärkung der wirtschaftlichen Kräfte, aus Sicherungsmaßnahmen für Beschäftigung und aus Investitionen in die Zukunft ist nach Ansicht der Landesregierung geeignet, negative Wirkungen dieser Krise abzumildern und nach der Krise gut aufgestellt zu sein. Das sind unsere Ziele.

Schleswig-Holstein unterstützt deshalb das Gesamtpaket dieser Maßnahmen der Bundesregierung im Bundesrat ebenso wie bei der Umsetzung in unserem Land.

Zusätzlich tragen wir erheblich zur Verstärkung dieses Pakets bei. Ich darf Sie erinnern, dass der Landtag im Dezember bei den Beratungen über die Haushalte 2009 und 2010 die Investitionen ge

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(Vizepräsidentin Ingrid Franzen)

genüber den beiden Vorjahren für diese beiden Haushaltsjahre um 280 Millionen € deutlich verstärkt und damit bereits auf die erwartete negative konjunkturelle Entwicklung reagiert hat. Ich nenne hier das zusätzliche Schulbauinvestitionsprogramm, den verstärkten Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, die Sanierung unserer Kulturbauten und die energetische Modernisierung unserer Infrastruktur.

Mit dem zweiten Investitionspaket investieren Bund, Länder und Gemeinden nun weitere 13,3 Milliarden €. Davon stellt der Bund 10 Milliarden € zur Verfügung, 3,3 Milliarden € kommen von Ländern und Kommunen.

In Schleswig-Holstein werden hiervon anteilig - es ist eine gute Entwicklung, dass es nicht nach dem Windhund-Verfahren geht und nicht danach, wer der Stärkste, der Schnellste oder der Beste ist, sondern nach einem vereinbarten Schlüssel - 430 Millionen € zusätzlich investiert.

Mit dem zweiten Investitionspaket werden also die schon geplanten Steigerungen der Investitionen um 280 Millionen € in den nächsten Jahren mehr als verdoppelt. Ich glaube, das ist ein guter Hinweis auf die Fähigkeiten, die wir in den nächsten beiden Jahren entwickeln werden.

(Beifall bei der CDU)

Von den 430 Millionen € aus diesem Paket fließen 280 Millionen € in den Bildungsbereich. Insbesondere der Ausbau des Kindertagesstättenbereichs wird schneller vorankommen. Schulgebäude und Ausstattung werden an Qualität gewinnen. Hochschulen und Forschungsmaßnahmen werden gefördert und so zusätzlichen Rückenwind im Wettbewerb mit anderen bekommen.

Weitere 150 Millionen € werden die Infrastruktur in unserem Land verbessern. Insbesondere Krankenhäuser, Städtebau und die ländliche Infrastruktur stehen auf der Förderliste. Dies gilt ebenso für Lärmschutz an Straßen und den flächendeckenden Einsatz moderner Informationstechnologien, wozu Bund und Länder gemeinsam bis Ende Februar ein besonderes Programm entwickeln wollen.

Damit wird das bereits genannte Ziel noch einmal deutlich. Es geht nicht um bloßen einmaligen Konsum, um das Geldausgeben, sondern es geht um Investitionen in Strukturen, die dauerhaft bleiben und die wirken. Da ist nichts, was verpufft. Im Gegenteil, der Nutzen wird sich über die Jahre mehren.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Mit dem Zukunftsinvestitionsprogramm verfolgen wir klare Ziele, auch im Verfahren. Es ist wichtig, dass jetzt nicht gezögert und gezaudert wird. Jeder hat seine kleinen besonderen Wünsche und wird nicht erfreut darüber sein, wenn sie nicht erfüllt werden können. Es geht jetzt aber darum, dass jetzt nicht blockiert wird. Die Finanzhilfen des Bundes in Kombination mit den Hilfen des Landes müssen jetzt einfach und unbürokratisch erreichbar sein. Das wird unser Ziel sein.

(Beifall bei CDU und SPD)

Sie müssen schnell in Aufträge umgesetzt werden; denn es geht darum, dass schnell und im ganzen Land in voller Breite unsere Handwerksbetriebe und insbesondere der Baubereich Aufträge erhalten, damit Arbeitsplätze gesichert bleiben und damit Zukunft geschaffen wird.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb werden die Vergabebedingungen für diesen Zweck angepasst. Anpassen heißt in diesem Zusammenhang eindeutig beschleunigen. Wir setzen auf transparente, schnelle und unkomplizierte Prozesse.

(Beifall bei der CDU)

In diesem Prozess sind die Kommunen ein klar benannter Adressat dieses Investitionsprogramms. Sie sollen und werden von den Mitteln ausdrücklich profitieren. Es ist vorgesehen, dass 300 Millionen €, also 70 % der 430 Millionen € zur Förderung kommunaler Maßnahmen eingesetzt werden. Zur Umsetzung des Gemeinschaftsprogramms ist die Landesregierung im Gespräch mit den kommunalen Spitzenverbänden. Dabei geht es vor allem darum, bei der Verteilung der Mittel im Rahmen der zulässigen Fördermaßnahmen weitgehend die regionale Kompetenz und Verantwortung zu nutzen. Es werden also eher schnelle dezentrale Entscheidungen anstatt umständlicher zentraler Vergabekonferenzen angestrebt. Das wird unser Ziel sein.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Schleswig-Holstein ist ein struktur- und finanzschwaches Land. Wir wissen sehr gut, was es bedeutet, im Wettbewerb um Fördermittel das Nachsehen zu haben, wenn eigene Komplementärmittel nur begrenzt zur Verfügung stehen. Deshalb wird die Landesregierung finanzschwachen Kommunen über den im Übrigen sehr üppigen Fördersatz von 75 % hinaus behilflich sein, damit auch die struktur- und finanzschwachen Gemeinde in der Lage sein werden, ihren Anteil aus diesen Maßnahmen umzusetzen, damit sie nicht aus