Protocol of the Session on June 7, 2007

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die heutige Sitzung und begrüße Sie alle herzlich. Erkrankt sind die Abgeordneten Monika Schwalm und Olaf Schulze. Wir wünschen ihnen von dieser Stelle aus gute Besserung.

(Beifall)

Beurlaubt sind Frau Abgeordnete Frauke Tengler sowie - für heute Vormittag - Herr Landtagspräsident Martin Kayenburg.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 24 auf:

Wirtschaftsbericht 2007

Bericht der Landesregierung Drucksache 16/1411

Bevor ich dem Herrn Wirtschaftsminister das Wort erteile, darf ich auf Wunsch der SPD-Fraktion darum bitten, den Raum etwas abzudunkeln, da die Sonne blendet.

(Heiterkeit - Dr. Heiner Garg [FDP]: Ein Beitrag gegen die Erderwärmung durch die SPD!)

- Es war mir klar, dass dies Bemerkungen hervorruft.

Herr Wirtschaftsminister, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gehört beinahe zu den Ritualen, dass einmal im Jahr der sogenannte Jahreswirtschaftsbericht im Parlament erörtert wird. Dies ist aus der Überlegung heraus entstanden, einen Geschäftsbericht vorzulegen. Dieser konnte und sollte in dieser Form jedoch nicht abgegeben werden, weil die Landesregierung angesichts des finanziellen Zustandes des Landes bei einem Geschäftsbericht juristische Konsequenzen zu befürchten hätte. Nicht nur aus diesem Grunde, sondern auch weil wir der Auffassung sind, dass es wichtig und notwendig ist zu erklären, zu erläutern und zu belegen, wie wir die Wirtschaftspolitik mit dieser Landesregierung ausgerichtet haben und auch weiterhin ausrichten wollen, trägt dieser Bericht dieses Mal die Überschrift „Mehr Wissen - Mehr Wirtschaft“. Es soll deutlich gemacht werden, dass eine Umstrukturierung im Hinblick auf eine Wissensorientierung erfolgen soll.

Ich möchte zu Beginn den Mitarbeitern meines Ministeriums für die umfangreiche Arbeit, die sehr hilfreich war, danken und ich danke natürlich auch den Antragstellern für den Antrag.

(Beifall bei CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Denn dies gibt uns die Gelegenheit, deutlich zu machen, dass wir eine Umorientierung vorgenommen haben.

Jeder, der sich mit der weltweiten Wirtschaftsentwicklung befasst, wird bestätigen, dass Innovationen und neue Technologien in modernen Volkswirtschaften der Schlüssel für wirtschaftliches Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit sind. Das gilt zu allererst für die Unternehmen, die sich in diesem globalen Konkurrenzkampf behaupten müssen und das in Schleswig-Holstein - wie wir glauben - auch sicherlich können.

Die Entwicklung der schleswig-holsteinischen Exporte hat einen beeindruckenden Aufholprozess hinter sich. Unsere Industrie ist gut in die internationale Arbeitsteilung eingebunden und hat inzwischen sogar die gesamtdeutsche Exportquote übertroffen; das gilt sowohl in absoluten wie auch in relativen Zahlen. Das heißt, jedes Jahr wurde es mehr und besonders deutlich wurde es in den letzten zwei Jahren. Vielleicht ist dies auch eine Folge der Außenwirtschaftsinitiative, die wir hier diskutiert haben.

Die Landesregierung unterstützt die schleswig-holsteinische Wirtschaft in dem Wettbewerbsprozess, indem sie konsequent für gute Rahmenbedingungen sorgt. Manch einer fragt sich ja, wo er den Beleg dafür findet. Ich sage es mit wenigen Worten: Wir planen schneller, wir investieren mehr und wir finanzieren im mittelständischen Bereich besser.

Wir haben im Tourismus ein neues Konzept vorgelegt. Wir sorgen für mehr Familienfreundlichkeit seitens unserer Betriebe. Wir haben übrigens seit zwei Jahren stabile Energiepreise; dieses Thema stand 2005 noch auf der Tagesordnung. Wir betreiben den Bürokratieabbau und wir haben mehr Mittel für mehr Ansiedlungen. Wir haben positive Zahlen für den Arbeitsmarkt. Ich nenne Ihnen einen einzigen Ausweis für diese Entwicklung: Wir haben letztes Jahr jeden Tag 54 zusätzliche Beschäftigte in regulären Arbeitsplätzen gewonnen. Ich finde dies beeindruckend und genauso beeindruckend ist, dass die Arbeitslosenquote in den letzten zwei Jahren um ein Viertel gesenkt werden konnte.

(Beifall bei der CDU)

Also, dieser Wirtschaftsbericht unterstreicht diese positiven Zahlen!

Wissenschaft und Wirtschaft werden in Schleswig-Holstein immer enger vernetzt. Damit beschleunigen wir den Technologietransfer und ich kündige hier und heute an, dass wir im Herbst den Entwurf eines Technologietransfergesetzes vorlegen werden, das sicherstellen soll, dass der Technologietransfer schneller aus den wissenschaftlichen Einrichtungen, schneller aus den Kompetenzzentren in die Wirtschaft übertragen werden kann. Wir setzen Impulse für eine noch schnellere und noch stärkere Umsetzung von Forschung in neue Produkte. Wir bauen die Stärken unserer Hochschulforschung aus, aber auch die außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Schleswig-Holstein werden deutlich gestärkt. Beispielhaft seien hier die zwei Exzellenzcluster genannt; das eine ist bereits beschlossen und das zweite steht vor der Beschlussfassung.

Wir haben Finanzierungsmöglichkeiten im Land neu geordnet. Wir haben den Schleswig-HolsteinFonds neu eingeführt und den Innovationsfonds auf das Förderprogramm Hochschule-WirtschaftTransfer der Innovationsstiftung umgestellt und diverse Technologie- und Innovationsprojekte im Umfang von 26 Millionen € aufgestockt. Der Bericht weist dies meines Erachtens beeindruckend aus.

Aus- und Weiterbildung haben in Schleswig-Holstein einen sehr hohen Stellenwert. Im Jahre 2006 stieg die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsplätze um 6,9 % und diese Quote ist so hoch wie in keinem anderen Bundesland. Im Vergleich mit anderen Bundesländern nehmen wir im Ausbildungsbereich Platz Nummer eins ein. In der wissenschaftlichen Ausbildung wird die Situation weiter gestärkt. Wir wollen uns jetzt gemeinsam mit dem Kollegen Döring des Themas Weiterbildung stärker annehmen. Wir sehen, dass ein Potenzial an Arbeitslosen vorhanden ist, das noch mehr für den Arbeitsprozess gewonnen werden kann und auch gewonnen werden muss; ich meine damit die Entwicklung auf dem Facharbeitermarkt.

In den verschiedenen Kompetenzfeldern der schleswig-holsteinischen Wirtschaft unterstützen wir engagierte Kümmerer, also Clustermanager, die sich vor Ort und auch auf operativer Ebene neben unserer WTSH um die Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft sorgen und konkrete Projekte auf den Weg bringen.

Last but not least haben wir unsere Investitionsund Förderprogramme auf die künftigen Herausfor

derungen eingestellt. Das Zukunftsprogramm Wirtschaft, das die wichtigsten wirtschafts- und regionalpolitischen Fördermaßnahmen bündelt, weist als Schwerpunkt Wissen und Information aus. Hier sind Fördermittel für neue Kompetenzzentren an Hochschulen und Forschungseinrichtungen, den Ausbau der wirtschaftsnahen Infrastruktur, aber auch Verbundprojekte und Netzwerke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft vorgesehen - um nur einige Bereiche zu nennen.

Der zweite Schwerpunkt dient der Stärkung der unternehmerischen Wettbewerbsfähigkeit. Hier haben wir den kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zum Kapitalmarkt verbessert und zu Risikokapital erleichtert sowie familienfreundliche Personalpolitik unterstützt. Dies ist ein notwendiger Weg, wenn wir auf die demografische Entwicklung richtig reagieren wollen.

Der dritte Schwerpunkt ist der Ausbau der wirtschaftsnahen Infrastruktur und der typischen regionalen Potenziale. Ich sage zur Wirtschaftsinfrastruktur: Wir haben mehr Mittel als früher in Anspruch genommen, auch abgeholt beim Bund und bei Dritten, um diese Mittel umzusetzen. Das gilt aber auch für die Verkehrsinfrastruktur, das gilt für den Ausbau der Häfen - eine dringende Notwendigkeit.

Im Rahmen des Zukunftsprogramms Wirtschaft stehen bis 2013 mehr als 700 Millionen € aus dem Programm der Europäischen Union, aus der Gemeinschaftsaufgabe mit dem Bund und aus Landesmitteln zur Verfügung.

Wenn man sich das vor Augen führt und die Summe zieht, dann stellen wir fest, dass wir in der nächsten Förderperiode, also von 2007 bis 2013, über 140 Millionen € mehr ausgeben können als in der letzten Förderperiode. Das bedeutet, wir können zusätzliche Impulse geben. Wir können mehr Dynamik in den Betrieben unterstützen. Wir haben jetzt die Chance, das wirtschaftspolitisch Notwendige zu tun und in die Zukunft des Landes zu investieren, ohne den Landeshaushalt, was den Finanzminister besonders freuen wird, im Übermaß zu strapazieren. Zu jedem Euro Landesmittel kommen drei Euro aus EU- und Bundesmitteln hinzu.

Über mit diesem Programm ausgelöste Wachstumseffekte kommen natürlich auch höhere Steuereinnahmen. Wenn man ganz grob eine Rechnung über den Daumen macht, so bedeutet das, was dort investiert wird, unter dem Strich, dass wir in Schleswig-Holstein voraussichtlich mehr Steuereinnahmen für den Gesamtstaat zurückbekommen, als wir an Landesmitteln einsetzen. Ich

(Minister Dietrich Austermann)

halte das für eine großartige Entwicklung, die beweist, dass es richtig ist, Geld Dritter, Geld der EU und des Bundes, in Anspruch zu nehmen und umzusetzen, aber auch schneller zu planen und manches schneller zu realisieren.

(Beifall bei der CDU)

Wir bleiben damit bei dem Kurs, sparen bei konsumtiven Ausgaben, gleichzeitig Gas geben bei Investitionen in die Wissens- und Verkehrsinfrastruktur des Landes, um die besten Bedingungen vor allen Dingen für die mittelständische Wirtschaft entstehen zu lassen.

Das hat im Ergebnis zu folgenden Fakten geführt: Wir haben 2006 so viele Unternehmen im Land angesiedelt wie seit zehn Jahren nicht mehr. Wir haben die Investitions- und Innovationsförderung auf Rekordniveau gesteigert. Die Umsätze der schleswig-holsteinischen Wirtschaft steigen im Jahre 2007 weiter. Auch Einzelhandel und Großhandel melden trotz der Mehrwertsteuererhöhung zum Jahresanfang 2007 steigende Umsätze.

Inzwischen erreicht der Aufschwung - ich habe das deutlich gemacht - auch den Arbeitsmarkt. Die Beschäftigung steigt und die Arbeitslosigkeit sinkt. Die ersten Kreise im Land - Kreis Stormarn, Kreis Rendsburg-Eckernförde - sind dabei, die südlichen Bundesländer zu unterlaufen, was die Arbeitslosenquote betrifft. Stormarn hat eine bessere Rate als Baden-Württemberg. In Rendsburg-Eckernförde sind wir etwa auf bayerischem Niveau. Wir arbeiten daran, dass wir dieses Niveau, zumindest was die Arbeitslosenzahlen betrifft, weiter verbessern. Wir sind im Laufe dieses Sommers auf dem besten Weg, Platz 5 bei den Arbeitsmarktzahlen zu erreichen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Meine Damen und Herren, man kann sicherlich sagen: Dieser Wirtschaftsbericht zeigt, dass der Norden tatsächlich aufholt. Mancher kritisiert dann, dass die Wachstumsrate mit 1,9 % im Ländervergleich zu niedrig sei. Das hat zum einen Gründe, die statistisch bedingt sind, statistische Merkwürdigkeiten. Zum anderen ist natürlich so, dass die Automobilindustrie in unserem Land nicht so verbreitet ist wie anderswo. Wenn sie starke Wachstumsimpulse setzt, dann ist das bei uns weniger stark zu spüren als in Niedersachen oder in anderen Bundesländern. Aber immerhin hatten wir 2006 die höchste Wachstumsrate seit sechs Jahren, seit dem letzten Aufschwung, den es in Deutschland gegeben hat.

(Beifall bei der CDU)

Entscheidend ist, dass die Wirtschaft quer durch die Bank wieder Vertrauen gefasst hat. Schleswig-Holstein ist auf gutem Kurs. Das ist es, was zählt. Wir sind dabei - das macht der Wirtschaftsbericht deutlich -, Schleswig-Holstein zu einem Land der Ideen zu machen. An die Stelle von Attentismus ist Aufbruchstimmung getreten.

Ich will das zum Schluss an einem Beispiel deutlich machen. Im Jahre 2004 gab es eine interne Bilanz, in der deutlich geworden ist, welche Probleme wir in Schleswig-Holstein haben. Die haben wir weitgehend abgearbeitet. Ein Problem war die besondere Belastung durch den Abzug der Bundeswehr. Wenn ich Ihnen jetzt aufführe, was in dem Bereich in den letzten zwei Jahren geschehen ist - über Olpenitz, Kappeln-Ellenberg, Eggebek, Schleswig auf der Freiheit, Hungriger Wolf in Hohenlockstedt -, dann zeigt das, dass wir dabei sind, diese Probleme in den Griff zu bekommen. Das geht manch einem nicht schnell genug. Manch einer sieht vielleicht auch den einen oder anderen Akzent falsch gesetzt. Festzustellen ist, dass dieses Problem, das es vor drei Jahren noch gegeben hat, angegangen worden ist, dass wir es einer Lösung zuführen.

Wie gesagt, an die Stelle von Attentismus ist Aufbruchstimmung getreten. Insofern ist der Bericht ein guter Beleg für die positive Arbeit der Landesregierung.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Herrn Minister.

Bevor wir in die Aussprache eintreten, möchte ich auf der Tribüne sehr herzlich Schülerinnen und Schüler und die Lehrkräfte der Domschule in Schleswig sowie Mitglieder des CDU-Ortsverbandes Lehmkuhlen und den ehemaligen Abgeordneten Behm begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die CDU-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Johannes Callsen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für Schleswig-Holstein ist die jüngste Entwicklung hoch erfreulich. 20.000 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze im Jahresvergleich, ein Rückgang der Arbeitslosenquote auf 8,4 % - das ist ein beeindruckender Beleg für die gute Wirtschaftsentwicklung hier im Lande. Dass darüber hinaus die Stellenangebote, die offenen Stellen, um mehr

(Minister Dietrich Austermann)

als 20 % gegenüber dem Mai des Vorjahres gewachsen sind, gibt Anlass zu Optimismus für die weitere Entwicklung. Ein großer Dank für diese deutliche Verbesserung der Lage am Arbeitsmarkt geht zunächst an unsere mittelständischen Betriebe im Lande, die die konjunkturelle Belebung und die Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze nutzen.