Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 30. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig.
Erkrankt sind die Abgeordneten Monika Schwalm, Sandra Redmann, Detlef Buder und Herr Finanzminister Rainer Wiegard. Wir wünschen allen gute Besserung.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln: Zu den Tagesordnungspunkten 3, 4, 10, 16, 19, 34 bis 39 sowie 42 und 43 ist eine Aussprache nicht geplant. Zur zweiten Lesung betreffend Tagesordnungspunkt 9 ist eine Aussprache ebenfalls nicht geplant. Allerdings ist zu den Tagesordnungspunkten 9, 39 und 43 ein Bericht der Ausschussvorsitzenden vorgesehen.
Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Tagesordnungspunkte 17 und 21 - die Anträge betreffend Stoffpläne entrümpeln, individuelle Förderung stärken und Förderung von Ganztagsangeboten an Gymnasien -, die Tagesordnungspunkte 23, 30, 40 und 41 - die Anträge betreffend Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Ärztliche Begutachtung von traumatisierten ausreisepflichtigen Personen, Durchführung der Abschiebungshaft und Staatsangehörigkeitsrecht überarbeiten - sowie die Tagesordnungspunkte 28 und 29, Kampfmittelablagerung in der Ostsee und Bericht Munitionsablagerungen, Kampfmittel und Giftmüll in schleswig-holsteinischen Küstengewässern.
Von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen die Tagesordnungspunkte 12 - Situation von Menschen mit Behinderung in Schleswig-Holstein -, 14 - Versorgung mit Postdienstleistungen in Schleswig-Holstein -, 31 - Verantwortungsvolle öffentliche Beschaffung -, 44 Sozialbestattungen gemäß SGB XII - und 48 - Tragfähigkeit der Finanzen des Landes. Ein Antrag auf Durchführung einer Fragestunde liegt nicht vor.
Wir werden die Tagung heute mit einer Aktuellen Stunde beginnen. Wann die Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihen
folge der Beratungen in der 30. Tagung. Wir werden heute und morgen unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause jeweils längstens bis 18 Uhr tagen. Freitag ist eine einstündige Mittagspause vorgesehen; die Nachmittagssitzung wird somit Freitag um 14 Uhr wieder eröffnet werden. Ich höre keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren.
Meine Damen und Herren, auf der Tribüne begrüßen wir ganz herzlich Schülerinnen und Schüler des Immanuel-Kant-Gymnasiums, Neumünster, mit ihren Lehrkräften. - Seien Sie uns herzlich willkommen!
Außerdem begrüßen wir unsere früheren Kollegen, die Herren Behm, Poppendiecker und Professor Wiebe. - Seien auch Sie uns sehr herzlich willkommen!
Personalausstattung der Steuerfahndung in Schleswig-Holstein vor dem Hintergrund des aktuellen Steuerskandals
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Bemerkung vorweg. Der aktuelle Steuerskandal hat weit mehr Konsequenzen als nur die Frage, wie jetzt mit der Steuerhinterziehung umzugehen ist. Wenn der Vorsitzende der Deutschen Post als Symbol für diese Art der Steuerhinterziehung dasteht, macht das deutlich, dass es im Kern um den Zusammenhalt unserer Gesellschaft geht.
Viele Umfragen belegen mittlerweile, dass sechs von zehn Deutschen die soziale Marktwirtschaft als unsozial und ebenso viele die wirtschaftlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik als ungerecht empfinden. Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst. Das wissen wir auch aus vielen Untersuchungen. Vor diesem Hintergrund wirkt es fast wie
eine Zumutung, dass Wirtschaftsverbände landauf landab immer wieder Lohnzurückhaltung, Lohnverzicht und Mehrarbeit fordern.
Wie also will man den Glauben an die Steuergerechtigkeit in diesem Lande wiederherstellen vor dem Hintergrund der aktuellen Fälle? Wie will man den Menschen im Lande erklären, dass die sogenannten Führungskräfte ungeniert über die Stränge schlagen können und finanziell den Hals nicht voll genug bekommen können, dass Banken, Steuerberater und Rechtsanwälte auch noch beratend tätig sein können, ohne dass es zu Konsequenzen führt?
Steuerhinterziehung ist eine kriminelle Tat. Steuerhinterziehung wird, wenn sie entdeckt wird, natürlich geahndet, aber die zentrale Frage ist, ob wir noch dazu imstande sind, das alles zu gewährleisten. Denn die Demokratie lebt davon, dass Transparenz hergestellt ist und gleiche Rechte und Pflichten für alle ohne Ansehen der Person gewährleistet sind.
Darum kommt es jetzt nicht auf schärfere Gesetze an. Es kommt schlicht und ergreifend darauf an, dass Täter überhaupt noch mit einer Strafe rechnen können. Steuergerechtigkeit ist das zentrale Wort in dieser Hinsicht.
Wenn man sich die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage des SSW anguckt, stellt sich die Frage, ob wir mit der Anzahl an Steuerfahndern, die wir in Schleswig-Holstein haben, dieser Aufgabe gerecht werden können. Aus der Antwort geht hervor, dass am 31. Dezember 2007 das Personal-Soll 3.838 Stellen betrug, das Personal-Ist beträgt aber 3.761 Stellen. Aus der Antwort auf die Kleine Anfrage geht weiter hervor, dass wir 2001 91 Steuerprüfer hatten, 2006 waren es nur noch 76. Dass die Arbeit der Steuerprüfer erfolgreich war, auch das geht aus der Antwort der Landesregierung hervor: Pro Prüfer konnten 2006 circa 5.000 € mehr Steuereinnahmen erarbeitet werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Anliegen muss sein - zum Beispiel im Finanzausschuss im Zusammenhang mit den anstehenden Haushaltsberatungen -, deutlich zu machen, dass eine weitere
In den letzten Jahren wurden nicht nur Finanzbeamte eingespart, die Anzahl der Steuerfälle von 2004 bis 2006 ist mit ungefähr 1.600 Fällen ungefähr gleich geblieben - so die Antwort der Landesregierung. Die Frage, wie viele Steuerfahnder das Land braucht, muss geklärt werden. Es muss auch geklärt werden, wie man damit umgehen will, dass in den kommenden Jahren eine Pensionierungswelle ansteht, dass Steuerfahnder eine lange Ausbildung hinter sich haben. Das sind erfahrene Kräfte.
Aus unserer Sicht ist auch die Frage wichtig, ob es nicht sinnvoll wäre, ähnlich wie für die Betriebsprüfungen für schwierige internationale Fälle eine Bundessteuerfahndungsstelle einzurichten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen, dass wir bisher nur die Spitze des Eisbergs zu sehen bekommen haben. Wir wissen, dass es darauf ankommt, dass unser demokratisches System leistungsfähig und funktionsfähig bleibt. Das heißt, dass wir es nicht nur mit Steuerfragen und Kriminellen zu tun haben, sondern dass es um grundsätzliche Fragen unserer Demokratie geht.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde betrifft einen Steuerskandal, der in seinen Ausmaßen nicht vorhersehbar war und uns alle überrascht hat.
Er hat uns überrascht, weil Leute, von denen wir es nicht erwartet hätten - sie sind schließlich Repräsentanten und Leistungsträger unserer Gesellschaft -, in einer Art und Weise Vermögen verschleiert und Steuern verkürzt haben, wie man es
Meine Damen und Herren, es hat allerdings nicht nur eine Debatte über Steuern gegeben, sondern auch eine Debatte über Ethik, über die Verantwortung, die Leistungsträger und Manager gegenüber diesem Land haben. Des Weiteren hat es durch die Zurschaustellung von Herrn Zumwinkel auch Facetten in dieser Debatte gegeben,
die zu einer pauschalen Verunglimpfung von Leistungsträgern und Managern geführt haben. Ein Parlament wie das unsrige sollte die Distanz zu den Vorgängen wahren und es sollte auch im Rahmen dieser Aktuellen Stunde deutlich machen, dass ein solcher Vorgang nicht zu einem Generalverdacht gegen Leistungsträger und Manager führen darf.
(Beifall bei CDU und FDP - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau dazu führt ein solcher Vorgang aber! Das ist das Problem!)