Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die heutige Sitzung. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig. Erkrankt sind Frau Kollegin Monika Schwalm und Herr Kollege Detlef Buder. Wir wünschen beiden von hier aus gute Besserung.
Beurlaubt für heute sind Herr Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und Frau Ministerin Ute Erdsiek-Rave.
Meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident Carstensen hat mir mit Schreiben vom 8. Juli 2008 mitgeteilt, dass er Herrn Dr. Werner Marnette mit Wirkung vom gleichen Tage als Nachfolger für den zurückgetretenen Minister Dietrich Austermann zum Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr ernannt hat. Nach Artikel 28 Abs. 2 der Landesverfassung hat der Landesminister im Anschluss an seine Berufung vor dem Landtag den Eid zu leisten. Ich bitte Sie daher, Herr Minister Dr. Werner Marnette, zur Vereidigung nach vorn zu kommen.
(Die Anwesenden erheben sich - Minister Dr. Werner Marnette wird nach folgender Eides- formel vereidigt: Ich schwöre: Ich werde meine Kraft dem Wohle des deutschen Vol- kes widmen, seine Freiheit verteidigen, sei- nen Nutzen mehren, Schaden von ihm wen- den, die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Schleswig-Hol- stein wahren, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegenüber allen Menschen üben, so wahr mir Gott helfe.)
Sehr geehrter Herr Minister Dr. Marnette, ich gratuliere Ihnen sehr herzlich, wünsche Ihnen Glück und eine gute Hand zum Wohle unseres Landes. Wir freuen uns auf eine gute, erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem ganzen Haus.
Wird das Wort zur Begründung der Dringlichkeit gewünscht ? - Das ist nicht der Fall. Ich lasse dann über die Dringlichkeit des Antrages Drucksache 16/2172 abstimmen. Ich weise noch einmal daraufhin, dass nach § 51 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich ist. Wer die Dringlichkeit bejaht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Dringlichkeit ist mit der erforderlichen Mehrheit von zwei Dritteln bejaht.
Ich schlage Ihnen vor, den Antrag als Punkt 26 a in die Tagesordnung einzureihen und ihn mit einer Redezeit von jeweils fünf Minuten am Donnerstag um 17:30 Uhr aufzurufen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann werden wir so verfahren.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln: Zu den Tagesordnungspunkten 3, 8, 12, 21, 26, 27, 28, 31 sowie 36 ist eine Aussprache nicht geplant. Von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen die Tagesordnungspunkte 2 und 4. Ebenfalls abgesetzt werden sollen die Tagesordnungspunkte 29 und 30, weil der zuständige Fachausschuss seine Beratungen noch nicht abgeschlossen hat. Ein Antrag zu einer Fragestunde liegt nicht vor. Wir werden die Tagung mit einer Aktuellen Stunde beginnen.
Wann die weiteren Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratungen in der 34. Tagung. Wir werden heute und morgen jeweils unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause längstens bis 18 Uhr tagen; am Freitag ist keine Mittagspause vorgesehen. - Ich höre auch hier keinen Widerspruch. Dann werden wir so verfahren.
Auf der Tribüne begrüße ich ganz herzlich Schülerinnen und Schüler sowie deren Lehrkräfte des Marion-Dönhoff-Gymnasiums aus Mölln und die Mitglieder des Stabes der Einsatzflottille 1 aus Kiel sowie unsere früheren Kollegen Plüschau, Professor Wiebe und Poppendiecker. - Seien Sie uns alle sehr herzlich willkommen!
Aktuelle Stunde Klimaschutz und Kernenergie in Schleswig-Holstein unter Berücksichtigung der Ergebnisse des 34. G8-Gipfels in Japan
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Einen schönen guten Morgen. Fasst man die Erkenntnisse des jüngsten G8-Gipfels in Japan zusammen, so lauten sie jedenfalls im Hinblick auf Energieversorgung und Klimaschutz: Je mehr Kernkraftwerke weltweit am Netz sind, desto besser ist es offensichtlich für das Klima und desto billiger wird der Strom für die Endverbraucher. Wer das ernsthaft glaubt, der glaubt auch an den Weihnachtsmann.
Unbestritten leistet Kernenergie derzeit einen Beitrag im Rahmen eines Energiemixes, die Klimaprobleme, die wir zu Zeit haben, nicht weiter zu verschärfen. Das wird auch mit Sicherheit noch eine Weile so bleiben. Kernkraftwerke sind aber keine dauerhafte Antwort auf die Frage nach einer sozial verträglichen und ökologisch verantwortbaren Energieversorgung.
Kommen wir zum Stichwort Sozialverträglichkeit. Damit ist in allererster Linie der Strompreis gemeint. Der Vorteil der jetzigen Kernkraftwerke und der Energieerzeuger ist doch, dass die Baukosten für die deutschen Atomkraftwerke längst abgeschrieben sind. Es fallen nur noch Ausgaben für den laufenden Betrieb an, und das sind im Schnitt 1,7 ct/kWh des erzeugten Stroms. Der Betrieb sorgt bei derzeitigen Preisen von 5,3 ct/kWh bei den Betreibern für eine saftige Rendite in Höhe von 75 %. Liebe Kolleginnen und Kollegen, nur um diese Rendite abschöpfen zu können, will doch ernsthaft
Es kommt ein Zweites hinzu: Uran ist genauso wie Erdöl oder Kohle ein endlicher Rohstoff. Jetzt vergegenwärtigen Sie sich einmal, dass die Bush-Administration bei ihrem Amtsantritt ganz große Pläne fabuliert hat, dass nämlich weltweit bis zu 1.000 neue Kernkraftwerke gebaut werden sollten. Ich kann Ihnen ein Geheimnis verraten: Es ist weltweit nicht ein einziges Kernkraftwerk in diesen acht Jahren dazugebaut worden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was würde selbst dann passieren, wenn neue Kernkraftwerke dazugebaut würden? - Die Uranvorräte reichen nach derzeitigem Kenntnisstand nur noch 60 Jahre für die weltweit rund 430 Kernkraftwerke, die am Netz sind. Nehmen wir jetzt einmal an, dass wir fröhlich neue Kernkraftwerke dazubauen. Eine Verdopplung der Anzahl der Kernkraftwerke weltweit hätte zur Folge, dass sich die Dauer der Verfügbarkeit der Vorräte halbieren würde.
Eine Halbierung würde bedeuten, dass der Preis für diesen Rohstoff explodieren würde. Wer vor diesem Szenario ernsthaft behauptet, man könne auf diese Weise die Strompreise dauerhaft stabil halten oder sogar senken, der lügt schlicht und ergreifend.
(Beifall bei FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Hans-Jörn Arp [CDU]: Das ist die Meinung von Westerwelle!)
Im Übrigen sind die Energiekonzerne auch nicht dumm. Deswegen beantragen sie auch nicht den Neubau von Kernkraftwerken.
Zum Stichwort ökologisches Verantwortungsbewusstsein. In der Sitzung des niedersächsischen Umweltausschusses am 16. Juni berichtete das Helmholtz Zentrum München als Betreiber des Atommülllagers Asse II, dass auf der 750-m-Sohle oberhalb der Lagerstätte des Atommülls die Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung um das Achtfache überschritten werden. Nachgewiesen wurde Cäsium 137 und damit ein Produkt der technischen Kernspaltung.
In der Nacht vom 8. Juli - das haben Sie alle gehört - liefen in der französischen Atomfabrik Tricastin, in der Atommüll behandelt wird, 30.000 l radioaktiv verseuchtes Wasser in diverse Flüsse der Regi
on. Die zulässigen Grenzwerte wurden zeitweise um das Tausendfache überschritten. Die Trinkwasserversorgung wurde kurzzeitig eingestellt, und es herrscht ein Bade- und Angelverbot.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, weltweit gibt es derzeit kein einziges Atomendlager. In Finnland ist eines in Bau. In den USA hat das Bundesgericht in Nevada die dortigen Pläne gestoppt, weil der Betreiber die Sicherheit des Standorts nur für 10.000 Jahre garantieren kann. Die Bevölkerung darf zu Recht von jedem, der den Bau zusätzlicher KKWs fordert oder eine Verlängerung von Laufzeiten dahin gehend interpretiert, dass sich die Menge des aus Kernenergie erzeugten Stroms erhöht, eine klare und überzeugende Antwort auf die bis heute politisch völlig ungelöste Frage der Endlagerung atomaren Restmülls erwarten. Es spielt dabei überhaupt keine Rolle, ob der Kreisverband Steinburg der CDU, Willi Malerius, Vertreter meiner eigenen Partei oder der neue Wirtschaftsminister in diese Richtung denken.
All diejenigen, die solche Forderungen aufstellen, müssen klipp und klar sagen, wie sie die Frage politisch beantworten wollen, wie atomarer Restmüll die nächsten 10 Millionen Jahre sicher endgelagert werden kann.
Und schließlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, erwarte ich eine Äußerung des neuen Wirtschaftsministers, ob es überhaupt eine abgestimmte Position der Landesregierung zur zukünftigen Energieversorgung in Schleswig-Holstein gibt.
(Beifall bei FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Konrad Nabel [SPD]: Willkommen im Club, Heiner! - Dr. Ekke- hard Klug [FDP]: Herr Nabel hat die ganze Zeit gestrahlt!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Garg, ich habe den Eindruck, dass Sie das Thema verfehlt haben.
Denn das Thema heißt „Klimaschutz und Kernenergie unter Berücksichtigung der Ergebnisse des G8-Gipfels in Japans“. Ich meine, Sie hätten etwas mehr auf den G8-Gipfel eingehen müssen. Denn der G8-Gipfel beschäftigte sich auch mit anderen Themen. Sie haben lediglich den Punkt Klimaschutz und Kernenergie herausgenommen. Man hätte auch den Punkt Klimaschutz und Ölpreis aufgreifen können. Man hätte auch die Lebensmittelpreise und die Afrikahilfe ansprechen können. Sie haben lediglich dieses Thema aufgegriffen, um hier etwas loszulassen, was völlig im Gegensatz zur Auffassung Ihrer Bundespartei steht. Das kann man zwar machen, aber wenn wir Herrn Westerwelle eingeladen hätten, dann hätte er eine völlig andere Argumentation vorgetragen.
Ich möchte einige Punkte aufgreifen. - Sie sagten, es sei ausschließlich über Kernenergie gesprochen worden. Das stimmt nicht. Im Rahmen des Kapitels Ölförderung und Ölproduktion - das ist auch ein ganz wichtiger Punkt beim G8-Gipfel gewesen wird gesagt, dass nach wie vor intensiv an der Entwicklung und Forcierung von regenerativen Energien gearbeitet werden muss. Das wird nicht im Kapitel Kernenergie gesagt. Insofern haben Sie etwas verschwiegen.
Des Weiteren sprechen Sie immer von 440 Kernkraftwerken. Nein, es sind 440 Kernreaktoren. Es gibt weltweit 210 Kernkraftwerke mit 440 Kernreaktoren. Das ist ein Unterschied.