Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich eröffne die 28. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig. Erkrankt sind die Abgeordneten Monika Schwalm und Thomas Stritzl. - Von hier aus ihnen eine gute Besserung!
Beurlaubt sind Frau Landtagsvizepräsidentin Ingrid Franzen und Herr Innenminister Dr. Ralf Stegner. Mit besonderer Freude begrüße ich heute Morgen wieder in unserer Runde den Kollegen Dr. Heiner Garg. - Herzlich willkommen! Wir freuen uns, dass Sie wieder hier sind.
Am vergangenen Freitag, dem 7. Dezember 2007, verstarb im Alter von 77 Jahren der ehemalige Abgeordnete des Schleswig-Holsteinischen Landtages Heinrich Stock. Er gehörte dem Parlament in der 10. und 11. Wahlperiode als Mitglied der Fraktion der CDU an. Heinrich Stock trat schon 1949 in die CDU ein, er gehörte damit sozusagen zum Urgestein der Politik unseres Landes.
Mit Heinrich Stock, der als Landwirt aus Weitewelt im Kreis Segeberg stammte, haben wir einen Politiker verloren, der in der Kommunal-, Kreis- und Landespolitik ein offenes Wort pflegte und auch bei kontroversen Diskussionen immer zu seiner Position gestanden hat. Nicht zuletzt wegen seiner Geradlinigkeit, die er auch im zwischenmenschlichen Umgang pflegte, wurde er als verlässlicher und engagierter Abgeordneter und Kollege sehr geschätzt. Praxisnahe Themen wie die Entwicklung der Landwirtschaft und die Förderung des wirtschaftlichen Mittelstandes lagen ihm besonders am Herzen.
Der Schleswig-Holsteinische Landtag gedenkt Heinrich Stock in Dankbarkeit. Unsere Anteilnahme gilt seiner Familie. Ich bitte, dem Verstorbenen ein stilles Gebet zu widmen. - Sie haben sich zu Ehren des Verstorbenen erhoben, ich danke Ihnen.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Rei
henfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln: Zu den Tagesordnungspunkten 5, 8 bis 11, 23, 28, 31, 32, 34, 36, 37 und 43 ist eine Aussprache nicht geplant. Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Punkte 2 und 41, Änderung des Landeswassergesetzes sowie Bericht zum Stand der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie; 4 und 33, Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen und die Anträge zum Staatsmonopol bei Sportwetten; 7, 29 und 35, Gesetzentwurf zum Landesverfassungsgericht sowie Anträge zum Sitz des Landesverfassungsgerichts und zur Änderung der Geschäftsordnung des Landtages, sowie 12 und 16, Änderung des schleswig-holsteinischen Schulgesetzes und Antrag zu den Konsequenzen der Landesregierung aus der Entscheidung des Kreistages Nordfriesland gegen die Kosten der Schülerbeförderung. Von der Tagesordnung abgesetzt werden soll der Tagesordnungspunkt 38, Aktionsbündnis gegen den Alkoholmissbrauch bei Kindern und Jugendlichen. Anträge zur Aktuellen Stunde oder Fragestunde liegen nicht vor. Wann die weiteren Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratung der 28. Tagung.
Wir werden heute und morgen unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause jeweils längstens bis 18 Uhr tagen. Am Freitag ist ein Ende der Sitzung gegen 13:30 Uhr zu erwarten. Eine Mittagspause ist am Freitag nicht vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren.
Auf der Tribüne darf ich ganz herzlich Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrkräften aus der Realschule mit Grund- und Hauptschulteil Viöl begrüßen. - Seien Sie uns herzlich willkommen!
Ebenso herzlich begrüße ich unsere früheren Kollegen, die Herren Professor Wiebe und Poppendieker. - Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir befinden uns in Schleswig-Holstein - und nicht nur hier - in einem tiefgreifenden Wandel unseres Bildungssystems. Unser Schulgesetz ist der sichtbare Ausdruck dafür. Darin haben wir nicht nur Neues verankert, sondern auch Veränderungen festgeschrieben, die in den Schulen - man kann wohl sagen, seit PISA - schon vor Jahren begonnen worden sind.
Die aktuellen Studien, deren Ergebnisse es vielleicht wert wären, hier auch einmal diskutiert zu werden, also die Ergebnisse von IGLU und PISA, sind auch ein deutlicher Beleg dafür, dass diese Reformen in ganz Deutschland zu greifen beginnen. Die bundesweite Bewegung, die die Frage der Schulstrukturen, insbesondere die Frage der Zukunft der Hauptschulen und des längeren gemeinsamen Lernens, aufgreifen, bestätigt uns auf unserem bildungspolitischen Kurs.
Zum ersten Mal bewirkt dieser Wandel auch intensive Debatten auf der Ebene der Schulträger, der Eltern, der Schulen selbst. Ich finde, das ist eine besonders erfreuliche Entwicklung. Daran wird auch ein Trend sichtbar, den die großen Untersuchungen auch ergeben haben, nämlich dass Wertschätzung von Bildung, die soziale und die ökonomische Bedeutung in unserer Gesellschaft, enorm zugenommen haben. Das ist vielleicht sogar noch wichtiger als mancher Kompetenzzuwachs in einzelnen Bereichen. Diese Entwicklung sollte genau beobachtet werden. Wie man allerdings an einem solchen Stand der Entwicklung, wo gerade auch positive Nachrichten die Schulen und die Öffentlichkeit mit den Ergebnissen von PISA und IGLU erreichen, wie Herr Driftmann gestern von Staatsversagen sprechen kann, ist mir schleierhaft. Ich muss auch sagen, darin kommt ein Staatsverständnis zum Ausdruck, das ich so nicht teilen kann.
Der Staat, das sind wir alle. Der Staat, das ist das Parlament, das ist die Regierung, das ist die Verwaltung, das ist letztlich auch das Staatsvolk. Wenn man Appelle an jemanden richten möchte, muss man sie an alle richten und nicht mit dem Begriff Staat etwas verschleiern, wenn man eigentlich die Bürokratie meint. Auf das Thema Bürokratie komme ich noch zurück.
Der Wandel, den wir uns in unserem Bildungssystem derzeit vornehmen, wird durch sehr intensive und überwiegend sehr pragmatische Diskussionen an den Schulstandorten begleitet. Vor allem für die bisherigen Haupt- und Realschulen geht es in erster Linie um die Frage: Wird unsere Schule eine Regionalschule oder eine Gemeinschaftsschule?
Die Antragsfrist für die Umwandlung in eine der beiden neuen Schularten zum nächsten Schuljahr ist Ende November abgelaufen. Ich kann gut verstehen, dass nun eine gewisse Ungeduld herrscht. Die Verantwortlichen vor Ort und die Öffentlichkeit wollen möglichst schnell wissen, wo welche Schulart genehmigt wird. Ich kann Ihnen versichern, dass die Antragsprüfung, die Genehmigungsverfahren im Bildungsministerium - also von den gescholtenen Bildungsbürokraten, auf deren sorgfältige Arbeit wir allerdings angewiesen sind - deshalb auf Hochtouren und mit großer Sorgfalt laufen. Das sind wir übrigens auch allen Beteiligten schuldig, die viel Vorarbeit investiert und sich in einem Abstimmungsprozess langfristig auf eine Schulart festgelegt haben.
Frau Heinold, deshalb wäre es alles andere als seriös - und ich wundere mich auch über diese Frage -, wenn ich hier knapp zwei Wochen nach Ablaufen der Frist Endgültiges zu Genehmigungen und Ablehnungen verkünden würde. - Weit entfernt davon.
Es liegen insgesamt 95 Anträge vor, davon 55 für Gemeinschaftsschulen, 39 für Regionalschulen und einer für ein Gymnasium mit einem Regionalschulteil. Die betroffenen Schulen und die Schulträger haben natürlich jetzt einen Anspruch auf eine zügige Prüfung. Rechtzeitig, also im Januar 2008, vor dem Beginn der Anmeldeverfahren für die Eltern wird es Klarheit geben.
Die nächste Frage war: Welche Unterstützung ziehen die Schulträger bei ihrer Entscheidungsfindung heran? Frau Heinold, das ist ihre Sache. Elternbefragungen sind dazu sicherlich ein gutes Instrument, aber sie sind nicht verbindlich. Das ließe sich aus der Gemeinschaftsschulverordnung auch ablesen. Insofern haben wir das auch nicht erhoben, wo diese durchgeführt worden sind. Ich kann allerdings jeder Kommune nur empfehlen, nicht nur die beteiligten Schulen, sondern auch die Eltern von Anfang an mit einzubeziehen, sie aufzuklären und sie zu informieren sowie sie möglicherweise auch zu befragen.
schaft aktiv gestalten wollen. Sie nehmen die Herausforderung des neuen Schulgesetzes an und wollen vielfach nicht bis 2010 warten. Längeres gemeinsames Lernen findet Anklang und wird auch eingefordert, häufig übrigens über Parteigrenzen hinweg. Ich freue mich über jede positive Äußerung - auch von FDP-Kommunalpolitikern -, die die Elternwünsche inzwischen berücksichtigen wollen. Ich sage zu: Wir werden und wir wollen jede neue Schule erfolgreich auf den Weg bringen; sei es eine Gemeinschaftsschule oder sei es eine Regionalschule. Wir wollen jeder dieser Schulen einen erfolgreichen Start ermöglichen.
Im Genehmigungsverfahren werden die pädagogischen Konzepte genau geprüft. Zugleich schauen wir uns die prognostizierten Schülerzahlen in Abstimmung mit den Kreisen noch einmal genauer an, denn wir müssen sicherstellen, dass am jeweiligen Standort auch langfristig genügend Schülerzahlen zu erwarten sind. Eine kreisweite Schulentwicklungsplanung bietet dafür eine solide Grundlage. Dort, wo sie noch nicht vorliegt, was es durchaus gibt, werden wir das Gespräch mit den Kreisen suchen und von ihnen eine gesonderte Stellungnahme einholen.
Zu einem letzten Punkt, nach dem Sie gefragt haben, nämlich nach der Kommunalwahl im Mai! Sollte der Träger einer genehmigten Regionaloder Gemeinschaftsschule zu einer neuen Willensbildung über die geeignete Schulart kommen, dann müsste er im Bildungsministerium die Aufhebung der Genehmigung beantragen. Die betreffende Schule würde dann ein Jahr lang weiter in ihrer alten Struktur bleiben. Dann könnte ein neuer Antrag erst zum Schuljahr 2009/2010 gestellt werden. Ob er die Aufhebung einer bereits erteilten Genehmigung beantragt, sollte sich jeder Schulträger allerdings reiflich überlegen, zumindest dann, wenn dies bedeuten würde, dass ein weit vorangeschrittener Prozess mit vielen Beteiligten kurz vor dem Ziel umgedreht werden soll. Das Engagement und das Vertrauen der Lehrerinnen und Lehrer darf dabei nicht gefährdet werden, denn es ist die Basis für den späteren Erfolg der neuen Schulen.
Sie werden verstehen, dass ich mich zur aktuellen Streitsituation und zu der Konfliktsituation in einzelnen Städten oder Gemeinden, die es gibt, hier nicht im Einzelnen äußere. Diese Fälle bilden allerdings eine verschwindende Minderheit. Stattdessen
möchte ich mich bei allen Kommunalpolitikern und bei allen, die an der Schule beteiligt sind, also bei den Lehrkräften, bei den Eltern und den Schülerinnen und Schülern, dafür bedanken, dass sie sich so intensiv um die Zukunft ihrer Schulen kümmern. Ich finde, das ist eine sehr gute Voraussetzung für das Gelingen der neuen Schulformen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Einführung der Gemeinschaftsschule in Schleswig-Holstein ist ein Damm gebrochen. Bei Elternbefragungen votiert eine überwiegende Mehrzahl von Eltern in fast allen Gemeinden, in denen solche Umfragen durchgeführt worden sind, für die Gemeinschaftsschule. Es gibt eine Ausnahme, das ist Schönkirchen. Dort lag die Beteiligung bei nur 20 %. Ich weiß nicht, warum das so war. Es wurden auch wesentlich mehr Gemeinschaftsschulen als Regionalschulen angemeldet. Dort, wo Regionalschulen angemeldet wurden, war das nach meiner Analyse überwiegend der Fall, weil die künstlich geschaffene Mindestquote an Schülerzahlen für die Gemeinschaftsschulen nicht erreicht werden kann. Dies geschah also nicht aus inhaltlichen Gründen, sondern aufgrund dieser Formalie.
Die ständige Behauptung der CDU-Fraktion, die Regionalschule sei dazu da, die Versorgung im ländlichen Raum zu sichern, wird durch die reale Entwicklung konterkariert. Ich habe mir die Zahlen angesehen. Tatsächlich liegen fast zwei Drittel der Regionalschulen nicht im ländlichen Raum, sondern in Zentralorten mit einem Gymnasium. Damit versuchen CDU-Mehrheiten, entgegen der Intention des Schulgesetzes, das dreigliedrige Schulsystem zu retten. Die ehemalige Realschule wird zur Gemeinschaftsschule gemacht und die Hauptschule wird zur Regionalschule. Im ländlichen Raum, von dem Sie von der CDU immer reden, haben sich dagegen von 48 ländlichen Orten und Ämtern ohne Gymnasium immerhin 33 - also 69 % - für eine Gemeinschaftsschule entschieden. Dies geschah meist auf massiven Druck von Eltern und Lehrern hin.
Das erstaunliche Ergebnis ist also dies: Die tatsächliche Schule des ländlichen Raums wird - aller Ideologie zum Trotz und meistens in mehrheitlich von der CDU regierten Kommunen - die Gemeinschaftsschule.