Protocol of the Session on May 30, 2008

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die Sitzung. Erkrankt sind die Abgeordneten Monika Schwalm und Jürgen Feddersen. Wir wünschen von diesem Platz aus nach wie vor gute Besserung.

(Beifall)

Beurlaubt sind von der FDP die Abgeordneten Wolfgang Kubicki und Günther Hildebrand, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Angelika Birk und von der Landesregierung Ministerin Dr. Gitta Trauernicht.

Ich darf auf der Besuchertribüne sehr herzlich begrüßen Schülerinnen und Schüler und die begleitenden Lehrkräfte der Klaus-Groth-Realschule aus Heide und Mitglieder von SSW und SSF Großolt. Seien Sie uns alle sehr herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur im Landesteil Schleswig

Antrag der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/2044

Antrag der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/2091

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich weise daraufhin - für die Zuhörerinnen und Zuhörer, aber auch für die Abgeordneten -, dass im Einvernehmen mit dem Ältestenrat der SSW zehn Minuten Redezeit für diesen Tagesordnungspunkt beantragt hat, alle übrigen Fraktionen fünf Minuten.

Ich eröffne die Aussprache und erteile für den Antragsteller Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor einigen Wochen lautete die Überschrift in einer dänischen Tageszeitung „Danfoss lehnt Fehmarnbelt-Brücke“ ab. Nun lag dies gewiss nicht daran, dass der allseits bekannte DanfossChef Clausen ein großer Gegner von Verkehrsprojekten ist oder gar ökologische Gründe für seine Gegnerschaft anführt. Nein, er fürchtet vielmehr, dass sein Unternehmen, das ja seinen Hauptsitz im

dänischen Nordborg nur wenige Kilometer nördlich von der Grenze hat, verkehrsmäßig abgehängt wird, wenn sich sowohl Deutschland als auch Dänemark zu sehr auf die Fehmarnbelt-Querung fokussieren. Ob man nur für oder gegen eine FehmarnbeltQuerung ist, man muss ganz nüchtern feststellen, dass wir gerade in Süddänemark und im Landesteil Schleswig einen großen Nachholbedarf haben, wenn es um die Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur geht. Dabei geht das dänische Institut für Transportstudien in Pattburg in einem Gutachten davon aus, dass sich allein das Transportaufkommen Dänemarks bis 2025 auf etwa 120 Millionen t verdoppelt. Dies ist ein dramatischer Verkehrsanstieg, der etwas darüber aussagt, vor welchen Herausforderungen wir beim Thema Infrastruktur stehen.

Denn der weitaus größte Teil dieses Anstieges wird nach Angaben des Instituts über die Jütlandroute abgewickelt werden, auch wenn die FehmarnbeltQuerung kommen sollte. Denn diese Nord-SüdAchse ist immer noch für dänische Unternehmen das Tor zu Europa und für deutsche Unternehmen das Tor zu Skandinavien. Da ist es nur zu verständlich, dass die Wirtschaft im deutsch-dänischen Grenzgebiet - auf deutscher Seite denkt die IHK zu Flensburg ja ähnlich wie Herr Clausen - darauf drängt, dass der Norden nicht abgehängt wird. Dies wurde ja auch auf der gemeinsamen deutsch-dänischen Verkehrskonferenz am Montag in Pattburg sehr deutlich.

Auch die Region Sønderjylland-Schleswig sieht das Thema Verkehrsinfrastruktur als von enormer Bedeutung für die gemeinsame deutsch-dänische Wirtschaftsregion an. Wenn unsere Unternehmen weiter wettbewerbsfähig sein sollen und wenn die Touristen den Weg in die nördliche Region finden sollen, dann muss der Norden besser an die europäischen Verkehrsnetze angebunden werden.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

Dabei fühlt man sich in der Grenzregion von den Hauptstädten Berlin und Kopenhagen nicht genug beachtet, wenn es um den Ausbau unserer Verkehrsinfrastruktur geht.

Das ist auch der Hintergrund, dass der SSW seinen heutigen Antrag zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur im Landesteil Schleswig gestellt hat. Die Landesregierung darf vor lauter Begeisterung über das Jahrhundertprojekt Fehmarnbelt-Querung den nördlichen Landesteil nicht vergessen.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

Konkret darf die Finanzierung der entsprechenden Hinterlandanbindungen, die noch nicht gesichert sind, auf deutscher Seite durch den Bund und das Land, nicht dazu führen, dass die für den Landesteil Schleswig dringend notwendigen verkehrlichen Infrastrukturmaßnahmen weiter verzögert werden.

Wir haben uns in unseren Vorschlägen an entsprechenden gleich lautenden Anträgen der Stadt Flensburg und der Kreistage Flensburg-Schleswig und Nordfriesland orientiert. Die gesamte Region spricht also hier mit einer Stimme. Wir können heute darüber abstimmen, ob wir der Region recht geben oder nicht.

Wir werden also in naher Zukunft auf beiden Seiten der Grenze Kapazitätsprobleme sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene bekommen. So ist zum Beispiel die E45 von Kolding bis zur Grenze nur zweispurig. Das Gleiche gilt ja auch für die A7 bis zur Grenze, obwohl im Raum Neumünster jetzt bald der dreispurige Ausbau beginnen soll. Der SSW will, dass die gesamte Autobahnstrecke von Kolding bis Hamburg dreispurig wird.

Auch beim Schienenverkehr zwischen Kolding und Neumünster gibt es auf beiden Seiten der Grenze Nadelöhrprobleme. In Sønderjylland gibt es teilweise nur eine einspurige Schienentrasse, und auf deutscher Seite haben wir das ewige Nadelöhrproblem bei der Rendsburger Hochbrücke, das endlich nachhaltig gelöst werden muss. Wir meinen, man muss jetzt Nägel mit Köpfen machen und untersuchen, ob es nicht möglich ist, einen Eisenbahntunnel unter den Nord-Ostsee-Kanal zu bauen.

(Beifall bei SSW und SPD)

Wir müssen dabei bedenken, dass solche Projekte eine Perspektive von 20, 25, 30 Jahren haben. Wir müssen heute damit anfangen zu planen, damit wir die Chance haben, den Verkehrsaufbau, den wir bekommen werden, entsprechend abführen zu können. Wenn wir das heute nicht machen, versäumen wir etwas für die Zukunft.

(Günter Neugebauer [SPD]: Das ist keine Er- findung des SSW!)

- Das ist keine Erfindung des SSW, Herr Kollege, aber es ist unsere gemeinsame Erfindung in der Region.

Aber auch die A20 mit der westlichen Elbquerung muss endlich in Angriff genommen werden. Uns reicht es nicht aus, dass diese erst in 2015 fertig

sein soll. Am Anfang dieser Wahlperiode hörten wir in diesem Hohen Haus noch davon, dass das Ganze 2012 abgeschlossen sein muss. Es sind also wieder drei Jahre verloren gegangen bei diesem für die Westküste so wichtigen Projekt. Das können wir einfach nicht zulassen. Wir sollten da mehr Gas geben.

Auch der Ausbau der B5, die Modernisierung der Bahnstrecke Hamburg-Westerland sowie der Ausbau der Bahnstrecke Niebüll-Tønder-Esbjerg mit dem Ziel umsteigefreier Verbindungen sind für die Verbesserung der Infrastruktur an der Westküste äußerst wichtig.

Ich könnte hier noch viele andere Projekte aus unserem Antrag und darüber hinaus nennen. Es gibt genug sinnvolle und notwendige Verkehrsprojekte im nördlichen Landesteil, aber das führte heute doch etwas zu weit. Wichtig ist dem SSW aber das politische Signal, dass der Landtag und die Landesregierung endlich auch die Verkehrsinfrastruktur des Grenzgebietes im Auge haben und sich dabei in Berlin und Kopenhagen für diese Anliegen einsetzen.

Dabei ist es natürlich ein hoffnungsvolles Zeichen, dass die Landesregierung und die Region Süddänemark ein gemeinsames Papier unterschrieben haben, in dem sie die gemeinsam als wichtig betrachteten Verkehrsprojekte auf beiden Seiten der Grenze erwähnen. Das ist ein erster Schritt, um in dieser wichtigen Frage voranzukommen.

Natürlich ist es auch wichtig, die Maßnahmen zu koordinieren. Wenn zum Beispiel in Dänemark die E45 und die Schienenverbindung Kolding-Pattburg ausgebaut werden, nützt es wenig, wenn auf deutscher Seite nichts Dementsprechendes passiert.

Aber machen wir uns nichts vor. Es wird nicht einfach werden, die letztlich entscheidenden Verantwortlichen in den Regierungen der beiden Hauptstädte zu überzeugen. In Dänemark gibt es zumindest eine Infrastrukturverkehrskommission, die bald konkrete Vorschläge unterbreiten soll. Auf deutscher Seite haben wir das Problem, dass der Bundesverkehrswegeplan schon heute unterfinanziert ist. Wir haben daher immer noch die Befürchtung, dass Berlin uns sagen wird: Wenn ihr die Hinterlandanbindung zur Fehmarnbelt-Querung finanziert bekommt, dann müsst ihr mit den anderen Projekten warten. Der SSW wird daher weiter darauf drängen, die für unsere Region wichtigen Projekte voranzubringen.

Der gemeinsame Antrag von CDU und SPD geht uns nicht weit genug. Deshalb halten wir an unse

(Lars Harms)

rem Ursprungsantrag fest, zumal dieser auch konkret die notwendigen grenzüberschreitenden Projekte benennt, die so leider nicht in dem Antrag von CDU und SPD erwähnt worden sind. Wir wollen konkret werden. Wir wollen die Projekte konkret benennen. Wir fordern die Finanzierung und die Planung entsprechend ein. Deshalb halten wir an unserem Antrag fest. Wir bitten um alternative Abstimmung über die beiden vorliegenden Anträge.

(Beifall beim SSW)

Ich danke Herrn Abgeordneten Lars Harms. - Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Johannes Callsen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eigentlich müsste man dem SSW für seinen Antrag zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur im Landesteil Schleswig dankbar sein. Lieber Herr Kollege Harms, Sie haben aber leider den falschen Ansatz gewählt und Forderungen aufgestellt, die von der Landesregierung bereits seit langem aktiv und im Ergebnis positiv bearbeitet werden.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Es reicht auch in einer Redezeit von zehn Minuten nicht aus, die falsche Behauptung aufzustellen, im Landesteil Schleswig würde die Verkehrsinfrastruktur nicht vorangebracht, um damit lediglich Stimmung gegen die für Schleswig-Holstein insgesamt wichtige und zukunftsgerichtete Fehmarnbelt-Querung zu machen. Der SSW-Antrag bietet jedoch Gelegenheit, auch die Erfolge bei der Infrastruktur im Norden zu diskutieren.

Dass der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in Schleswig-Holstein und die Entwicklung unserer Wirtschaft gerade im Norden des Landes von hoher Priorität sind und von der Landesregierung mit Nachdruck verfolgt wurden, wird auch durch die Tatsache deutlich, dass im Jahr 2007 mit einem Betrag von 212 Millionen € für Straßenbauprojekte so viel Geld bereitgestellt wurde wie seit Jahren nicht mehr. Das Verkehrsministerium plant schnell und vorausschauend und nutzt alle Möglichkeiten der Finanzierung, um die Verkehrsanbindung des Landes weiter deutlich zu verbessern. Dass dabei gerade auch die für die Westküste und für den Norden vordringliche A 20 mit der Elbquerung westlich von Hamburg im Vordergrund steht, ist doch völ

lig klar. Es wundert mich schon ein wenig, dass der SSW dies offenbar noch nicht mitbekommen hat, denn sonst würde er dies nicht erneut fordern.

Wenn dem SSW tatsächlich an der Verbesserung der Infrastruktur im Landesteil Schleswig läge, dann hätte ich am Tag der Veröffentlichung zumindest eine positive Stellungnahme zu dem in der vergangenen Woche unterschriebenen Strategiepapier zum grenzüberschreitenden Verkehr zwischen Schleswig-Holstein und der Region Syddanmark erwartet. Diese erstmalige und weitsichtige Vereinbarung zu der Frage, wie der grenzüberschreitende Verkehr verbessert und ausgebaut werden kann, wird zwar allenthalben und insbesondere von der Wirtschaft gelobt, doch sie wird vom SSW nur mäßig begleitet.

Ich darf darauf hinweisen: Unser Antrag berücksichtigt natürlich den grenzüberschreitenden Verkehr, denn wir haben auf genau diese Vereinbarungen Bezug genommen. Daher möchte ich an dieser Stelle der Landesregierung mit unserem Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen sowie Wirtschaftsminister Dietrich Austermann ausdrücklich dafür danken, dass sie dieses wichtige Thema zur Chefsache gemacht haben und mit konkreten Bekenntnissen und Vereinbarungen gemeinsam mit der Region Syddanmark die Verkehrsinfrastruktur im Landesteil Schleswig verbessern.

(Beifall bei der CDU)

Dies geschieht übrigens nicht als Ausgleich für die Fehmarnbelt-Querung, sondern es geschieht, weil der Landesteil Schleswig schon aus seiner Strukturschwäche heraus einen großen Bedarf hat, durch den Ausbau der Verkehrswege seine wirtschaftliche Situation weiter zu verbessern.

Ich will an dieser Stelle gar nicht auf alle Forderungen des SSW eingehen. Wie gesagt, die im Antrag des SSW benannten Projekte befinden sich bei der Landesregierung bereits in der Realisierungsphase. Ich nenne hierzu nur ein Beispiel: Der SSW fordert, dass die Schleibrücke Lindaunis erneuert werden muss. Diese Forderung habe ich bisher vom SSW noch nicht gehört, und ich will deshalb gern daran erinnern, dass es eine Initiative von Verkehrsminister Austermann nach einem Besuch vor Ort war, diesen Verkehrsengpass zwischen den Landschaften Angeln und Schwansen zu beseitigen und gleichzeitig die Verkehrssicherheit auf der Brücke zu verbessern. Minister Austermann hat gemeinsam mit der Deutschen Bahn AG entschieden, dass in Lindaunis bis 2012 eine neue Brücke gebaut werden soll.

(Lars Harms)

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)