Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die heutige Sitzung und begrüße Sie alle recht herzlich.
Ich gebe zunächst bekannt, wer erkrankt ist. Von der CDU-Fraktion sind dies die Abgeordneten Monika Schwalm und Frank Sauter, von der SPDFraktion die Abgeordnete Sandra Redmann, von der FDP-Fraktion der Abgeordnete Dr. Heiner Garg und von der Landesregierung Ministerpräsident Peter Harry Carstensen. - Ich darf ihnen auch in Ihrem Namen gute Besserung wünschen.
Beurlaubt sind die Abgeordneten Klaus Klinckhamer von der CDU-Fraktion, Lothar Hay von der SPD-Fraktion ab 11 Uhr sowie von der Landesregierung die Minister Uwe Döring und Dr. Ralf Stegner.
Schleswig-Holsteins Beitrag zum Klimaschutz und mögliche Auswirkungen der Klimaveränderung auf Schleswig-Holstein
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann erteile ich zur Beantwortung der Großen Anfrage dem Minister für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Herrn Dr. Christian von Boetticher, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Klimaschutz ist und bleibt das Megathema. Wir können meiner Meinung nach zufrieden sein, dass es nach starker Medienpräsenz nicht wieder von der Tagesordnung verschwunden ist, sondern nach wie vor eines der großen Debattenthemen unserer Zeit bleibt. Insofern bin ich der CDU-Fraktion für ihre Große Anfrage dankbar. Denn sie gibt uns erneut die Gelegenheit, hier im Plenum darüber zu diskutieren.
Wir haben mit unserer Beantwortung ein Kompendium des Sachstandes vorgelegt, welcher die Diskussion sachgerecht ermöglicht. Was ist die Sachla
ge? Was müssen wir unternehmen, um den weiteren Ausstoß von klimaschädlichen Gasen zu beschränken? Und welche Strategien müssen wir entwickeln, um auf die unvermeidbaren Klimaentwicklungen reagieren zu können?
Es gibt keinen Zweifel mehr daran, dass sich das Klima ändert. Die elf wärmsten Jahre der letzten 100 Jahre lagen in den letzten 12 Jahren. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Das ist für uns alle spürbar und alle Wissenschaftler sagen uns, dass dies an den von den Menschen verursachten Treibhausgasemissionen liegt.
Es liegt daran, dass wir immer noch einen gigantischen Energiehunger haben, der durch fossile Brennstoffe wie Öl, Gas und Kohle gestillt wird. Wir wissen allerdings auch - ich glaube, das eint uns in diesem Haus -, dass die Zukunft den erneuerbaren Energieformen gehört. Wind, Wasser, Biomasse und Sonne sind auf dem Vormarsch. Wir in Schleswig-Holstein haben diesbezüglich einiges vorgelegt. Hier möchte ich unsere Vorreiterrolle in der Windkraft nennen. Wir wissen allerdings auch, meine Damen und Herren, dass wir für einen Übergang noch fossile Brennstoffe brauchen.
Auffällig ist, dass es immer wieder Pläne zum Ausstieg aus Kernenergie und Kohle gibt. Ein Plan ist mir besonders gut bekannt: „Klimaschutz: Plan B“ von Greenpeace zum sofortigen Ausstieg aus Kohle- und Kernenergie. Alle Pläne, die meinen, den sofortigen Wechsel vollziehen zu können, haben meiner Meinung nach zwei Schönheitsfehler.
Der erste Schönheitsfehler - über diesen habe ich auch mit Greenpeace diskutiert - liegt darin, dass man die Windkraft so ausweiten müsste, dass als Eignungsflächen auch die Flächen in Betracht kommen müssten, die derzeit nur 60 % des Referenzwertes haben; so steht es in diesem „Klimaschutz: Plan B“.
Was das für Schleswig-Holstein bedeuten würde, können Sie sich ausmalen: Bevor die erste Windkraftanlage in Hessen gebaut würde, wäre Schleswig-Holstein komplett mit Windkraftanlagen belegt. Das heißt: Ganz Norddeutschland müsste die gesamte Windkraft in diesem Plan für Restdeutschland zur Verfügung stellen.
Zweiter Faktor: Die notwendige Biomasse, die wir dann bräuchten, hätte zur Folge, dass wir große Teile unserer Agrarproduktion für die Produktion von Biomasse umwidmen müssten.
Wenn das so wäre, dann müsste man sich die Frage stellen, wo wir dann unsere Nahrungsmittel produzieren sollen. Das heißt, es gibt eine Flächenkonkurrenz, die sich bereits heute bemerkbar macht. Sie wäre in dem Stadium, das dort vorgeschlagen wird, nicht nur nicht beherrschbar, sondern auch nicht zu verantworten.
Zutreffend ist, dass es im Moment weltweit eine eher gegenläufige Tendenz gibt, die uns Anlass zur Sorge bereiten muss: Die CO2-Emissionen lagen 1990 weltweit bei 22 Milliarden t. Heute nähern wir uns den 30 Milliarden t. Davon verursachen die Vereinigten Staaten von Amerika und China zusammen rund 40 %. Dies betone ich hier, um Ihnen deutlich zu machen, worüber wir hier in Deutschland überhaupt diskutieren. Deutschlands Anteil liegt bei rund 1 Milliarde t; somit sind wir mit rund 3 % dabei.
Ich habe dieses Jahr China besucht. Wer einmal dort gewesen ist, der hat gesehen, dass der CO2Auststoß um fast 17 % wächst. Das zeigt uns zum einen, wie dramatisch die Lage ist. Es zeigt uns zum anderen, wo ganz dringend Ansätze erörtert werden müssen. Denn ansonsten reden wir nur über den Tropfen auf den heißen Stein.
Wir haben eine Vorbildfunktion. Dies gilt insbesondere, wenn man den CO2-Ausstoß pro Kopf umrechnet. In dieser Relation stellen wir einen der großen Emittenten dar. Das bedeutet für uns, dass wir unsere Anstrengungen in eine globale Entwicklung einbringen müssen. Von daher bin ich sehr froh darüber, dass Frau Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht nur bei den europäischen Ratsgipfeln, sondern weit darüber hinaus auf allen Reisen, die sie in den letzten Monaten unternommen hat, genau diese Thematik bei ihren Verhandlungen in den Vordergrund gestellt hat.
Im sogenannten Post-Kyoto-Prozess legt Europa vor - das ist richtig und wichtig - mit der Zusage, bis 2020 den CO2-Ausstoß um 20 % zu reduzieren. Allerdings besteht das Problem darin, dass es dafür Bedingungen gibt. Europa macht es nur, wenn die Industriestaaten auf 30 % gehen und Deutschland wiederum hat derzeit sein Ziel von 40 % daran geknüpft, dass andere die 30 % erreichen. Das sind zwar leider eine ganze Menge Wenn und Aber, aber ich finde es trotzdem gut, dass sich die Bundesre
Ziel bleibt und ist es, die globale Erwärmung auf maximal 2o C zu begrenzen. Klimaschutz - das wissen wir - kostet zwar Geld, aber mehr Geld kostet es uns alle, den Klimaschutz nicht voranzutreiben. Darum ist es wichtig, dass wir uns in diesem Bereich auf den Weg machen.
Die von der Bundesregierung auf der Klausurtagung in Meseberg gefassten Beschlüsse geben uns den Rahmen. Wir wollen bundesweit den Stromanteil von heute 13 % auf 25 bis 30 % im Jahre 2020 erhöhen. Schleswig-Holstein - das sagte ich bereits eingangs - liegt hier aufgrund seiner Windenergie bereits gut vorn. Rechnerisch stellen wir heute schon einen Anteil von 33 % und wenn wir Repowering und die Realisierung der Offshore-Windparks bis 2020 abgeschlossen haben, dann können wir sogar 60 % mehr erzeugen, als heute im Land verbraucht wird. Dann wären wir ein echtes Exportland und dann würden wir auch unserer Vorreiterrolle in Sachen regenerative Energien und Klimaschutz gerecht.
Der Anteil der Stromerzeugung aus Biomasse kann bis 2020 auf ungefähr 12 % des heutigen Stromverbrauchs ansteigen; auch das ist eine wichtige Erkenntnis. Wir liegen hier in einer sehr guten Größenordnung.
Auch das Thema Kraft-Wärme-Kopplung - das dürfte auch die Grünen freuen - ist mittlerweile in allen Parteien angekommen. Es wird ganz aktiv auf der Bundesebene diskutiert. Wir streben an, bis 2020 Kraft-Wärme-Kopplung insgesamt zu verdoppeln, und wir hoffen, dass die geplante Novellierung des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes auch ein Stück weit ausreichen wird, um dieses Ziel zu erreichen.
Schleswig-Holstein ist mit der Fernwärme-Modellstadt Flensburg und mit vielen weiteren Stadtwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung bundesweit überdurchschnittlich gut aufgestellt - 15 % Anteil am Stromverbrauch. Aber natürlich - und das will ich gar nicht verhehlen - sind wir gegenüber Ländern wie Dänemark mit 50 % und auch Holland und Finnland mit weit höheren Anteilen deutlich zurück. Da sehen wir, dass Potenziale da sind, die wir auch gemeinsam nutzen wollen.
Neben dem Einsatz erneuerbarer Energien zur Stromerzeugung und Wärmebereitstellung kommt natürlich der Einsparung eine ganz wesentliche
Bedeutung zu. Sowohl im Strom- als auch im Wärmebereich bestehen technisch ohnehin ohne Zweifel erhebliche Einsparpotenziale. Auch hier ist Schleswig-Holstein seit langem aktiv und verknüpft beispielsweise die Wohnungsbauförderung grundsätzlich mit wärmeschutztechnischen Anforderungen, die über die normalen Standards deutlich hinausgehen.
Energieeinsparung und erneuerbare Energien sind heute schon wichtige Wirtschaftsfaktoren. So profitiert auch Schleswig-Holstein gegenwärtig stark vom anhaltenden Exportboom in der Windkraftindustrie. Fast alle Techniken, die den Energieverbrauch senken, schaffen zudem Arbeitsplätze im Inland und verhindern die Notwendigkeit von teuren Energieimporten.
Wir sind aber auch mittlerweile Vorreiter in der Forschung. Denken Sie an das Forschungsnetzwerk zur Windenergie. Wir sind dabei - und die Forschung baut das in Schleswig-Holstein aus - ein weiteres Forschungsnetzwerk zum Thema Biomasse aufzubauen. Auch hier sind unsere Forschungseinrichtungen mittlerweile sehr gut verzahnt und das ist auch gerade in dem Bereich wichtig, weil wir natürlich auch die Risiken von Biomasseerstellung kennen. Denken Sie an die Stichworte, die wir genannt haben, von Monokultivierung bis hin zur Frage des Grünlandumbruchs. Wir wollen das vermeiden. Wir sind deshalb auf Bundesebene aktiv an der Diskussion um das Energieeinspeisegesetz beteiligt, wir binden dort Biomasseerzeugung an eine Wärmeauskopplung und wir fördern stärker Mischfermentation, also nicht reine Maisvergärung, damit es einen Rückstieg von der reinen Maisverwendung auf andere Stoffe gibt. Ich glaube, wir machen das im Hinblick darauf sehr gut, dass wir natürlich auch unsere ökologischen Ressourcen trotz dieser neuen Energie schonen wollen.
Ich sage noch ein paar Worte zu der Anpassungsstrategie. Hier werden wir sehr viel mehr darüber diskutieren müssen, was wir in unsere gesetzlichen Planungen aufnehmen müssen, damit wir dem unvermeidbaren Wandel folgen. Sie denken an den Küstenschutz. Hier sind wir bereits vorbereite, mit 50 cm Deicherhöhung bei allen laufenden Verfahren. Wir erneuern rund 140 km, die entsprechend erhöht werden. Hier bleiben wir aber natürlich auch mit der Wissenschaft im Dialog. Wir wissen nicht, ob die Polarkappen-Abschmelzung dazu führen, dass der Meeresspiegel noch stärker ansteigt. Wir würden dann entsprechend reagieren.
Was ich Ihnen zeigen will, ist, dass in SchleswigHolstein agiert wird. Wir sind auf einen Klimawandel zum Teil vorbereitet, aber wir brauchen den engen Dialog mit Forschung und Wissenschaft. Den haben wir und ich glaube darum, dass SchleswigHolstein gut aufgestellt ist.
Ich danke dem Herrn Minister für die Beantwortung der Großen Anfrage. Ich eröffne die Aussprache und erteile für die CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Axel Bernstein das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vollkommen unabhängig von den Antworten, die uns im Zuge der Großen Anfrage der CDULandtagsfraktion vorliegen, wissen wir nun alle, dass eine Klimaveränderung weltweit im Gange ist, die, wenn nicht durch das Verhalten der Menschheit seit der Industrialisierung hervorgerufen, so doch zumindest durch dieses verstärkt und beschleunigt wird.
Die Auswirkungen einer deutlich erhöhten Konzentration sogenannter Treibhausgase in der Atmosphäre nehmen wir in Form von Klima- und Umweltveränderungen auf der Erde allerdings erst mit einem Zeitverzug von 30 bis 40 Jahren wahr.
Aus dieser Analyse folgt nun nicht nur, wie wir das in der Große Anfrage ja auch formuliert haben, dass wir uns um Strategien zur Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen bemühen müssen, sondern wir müssen uns auch darauf vorbereiten, dass es Folgen des Klimawandels geben wird, die wir heute schon nicht mehr abwenden können. Wer das gestern ganz aktuell auf den Markt gebrachte Potsdamer Memorandum führender Wissenschaftler einmal quer liest, der sieht, dass genau dies auch von den führenden Wissenschaftlern so geteilt wird.
Ich werde heute nicht der Versuchung erliegen, Ihnen vorzutragen, was aus Sicht der CDU-Fraktion abschließend die richtigen Maßnahmen in beiden Feldern sind. An vermeintlichen Patentrezepten von verschiedener Seite mangelt es nun wahrlich nicht. Auch an mehr oder weniger verbindlichen Zielvorgaben - der Minister sprach es an - auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene mangelt es nicht. So ist zum Beispiel die europäische Zielsetzung, die globale Erwärmung auf maximal 2o C zu begrenzen, richtig und ambitioniert. Wir haben jedoch festzustellen - und jeder, der halbwegs un