Protocol of the Session on March 23, 2006

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich stelle fest, dass wir nunmehr beschlussfähig sind. Ich eröffne die Sitzung und begrüße Sie alle sehr herzlich. Erkrankt ist der Herr Abgeordnete Bernd Schröder. Ich wünsche dem Kollegen von dieser Stelle aus gute Besserung.

(Beifall)

Wegen dienstlicher Verpflichtungen auf Bundesebene ist Herr Finanzminister Wiegard beurlaubt. Herr Ministerpräsident Carstensen wird wegen eines auswärtigen Termins erst ab 11:15 Uhr an der heutigen Sitzung teilnehmen.

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 37 auf:

Grundlagen für Wachstum im Tourismus schaffen

Bericht der Landesregierung Drucksache 16/638

Ich erteile dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Dietrich Austermann, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, wer von Ihnen vor kurzem die Gelegenheit hatte, die Internationale Tourismusbörse in Berlin zu besuchen. Ich habe dort die Abgeordneten Poersch und Feddersen gesehen. Ich selbst war auch da.

(Heiterkeit)

- Ja, durch die beiden gab es auf dieser Messe eine wirkungsvolle Außenvertretung dieses Landes.

(Beifall)

Ich selbst habe hautnah erlebt, wie dynamisch sich die Branche entwickelt und wie hart um Kunden gefochten wird. Ich habe erlebt, wie hervorragend Schleswig-Holstein durch die TASH und durch die Mitarbeiter der einzelnen Regionen aufgestellt war. Schleswig-Holstein hat in Berlin gut ausgesehen. Ein Stück weit ist dies auch Sinnbild für den Tourismusstandort Schleswig-Holstein, der wieder auf einem guten Weg ist, zu einer touristischen Spitzenregion zu werden.

Wenn man sich die Lage anguckt, dann wird deutlich, dass hier 4,5 Milliarden € Umsatz erzielt wurden. Das ist ein Beitrag zum Volkseinkommen von 4,7 %. Im Tourismus wurden 130.000 Arbeitsplätze und 530 Millionen € Steuereinnahmen erzielt. Das spricht für sich und es macht deutlich, wie wichtig es ist, sich immer wieder mit dem Thema zu beschäftigen. Auch die aktuelle Lage ist selbst zum natürlichen Rivalen Mecklenburg-Vorpommerns nicht schlecht. Bei uns gab es im letzten Jahr ein Wachstum von 1 %. Mecklenburg-Vorpommern lag mit 0,4 % darunter. Wir konnten unseren Marktanteil an den Reisen der Deutschen mit 4,2 % insgesamt etwa stabilisieren.

(Unruhe)

Ich denke, viele verkennen, dass diese Spitzenposition auch durch ein Gesamtvolumen an Übernachtungen einschließlich der Privatquartiere erwirtschaftet worden ist. Dort liegen wir mit immerhin 72 Millionen Übernachtungen deutlich höher als unsere Nachbarn im Osten mit 42 Millionen.

(Anhaltende Unruhe)

Es wäre nicht schlecht, wenn wir die Frühstücksgespräche beendeten. Es geht immerhin um den Tourismus, der für unser Land von Bedeutung ist.

(Beifall - Monika Heinold [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Vielleicht liegt es am Red- ner!)

Nun mal ganz vorsichtig! Ich hätte gleich gesagt, dass es hier zugeht wie auf der Tourismusbörse.

Wir sollten also nicht verkennen, welche Position wir uns erarbeitet haben, wie die Situation tatsächlich ist und wie der Zuwachs bei den Privatquartieren aussieht. Es ist - so glaube ich - ganz wichtig, dass wir einen überproportionalen Anstieg der Gäste haben. Dies ist ganz wichtig für das Selbstbewusstsein auch derjenigen, die Tourismus in der Praxis betreiben. Sie wissen, dass ich - was die Situation betrifft - keinesfalls ein Schönredner bin. Die Übernachtungszahlen lagen im letzten Jahr bei einem guten Ergebnis - deutliche 10 % unter dem Ergebnis des Boomjahres 1992. Wenn man das auf die tatsächliche Wirtschaftskraft bezieht, die damit entwickelt wird, dann heißt das, dass wir im Tourismus im letzten Jahr etwa 150 Millionen € weniger umgesetzt haben als im Jahr 1992. Das bedeutet natürlich, dass wir wieder auf den Wachs

tumspfad zurückkommen müssen und dass etwas getan werden muss. Wir wollen im Bereich des Tourismus in Deutschland wieder die Nummer zwei sein; nach Bayern und vor Mecklenburg-Vorpommern.

(Beifall bei der CDU)

Gemeinsam mit dem Tourismusverband, dem Hotel- und Gaststättenverband, den Industrie- und Handelskammern und der Tourismusagentur haben wir deshalb einen renommierten Unternehmensberater gebeten, ein Handlungskonzept vorzulegen, das eine kritische Sicht auf die Dinge bringt und das vor allem deutlich macht, an welcher Stelle der Ist-Zustand einer schonungslosen Analyse bedarf, wo für das Urlaubsland Schleswig-Holstein ein klares Profil liegt und wo es konkrete Vorschläge für Leuchtturmprojekte gibt. Es darf keine Tabus geben. Ich erwarte von allen Akteuren im Land, dass sie sich den Vorschlägen des Unternehmens konstruktiv stellen. Bis zum Sommer soll der Entwurf vorliegen. Wir wollen ihn am 22. November 2006 auf dem Tourismustag öffentlich präsentieren.

In der Zwischenzeit werden wir alles Mögliche tun, um die Situation weiter zu verbessern. Wir haben durch Förderung der touristischen Infrastruktur im Regionalprogramm 2000 bis zum Ende des Jahres etwa 107 Millionen € umgesetzt. Das ist im Wesentlichen Geld der EU. Ab 2007 wird das neue Zukunftsprogramm Wirtschaft die Möglichkeit geben, touristische Projekte zu unterstützen. Der Schleswig-Holstein-Fonds sieht 19 Millionen € für touristische Projekte durch Ansiedlung neuer Hotels und touristischer Großprojekte vor, die auch mit Landes- und EU-Mitteln gefördert werden. So wird es uns gelingen, den Anteil der Übernachtungen im Hotelbereich deutlich zu verbessern. Wenn man sich die Unterschiede zwischen SchleswigHolstein und Mecklenburg-Vorpommern ansieht, dann ist erkennbar, dass diese vor allem darin begründet sind, dass es dort eine wesentlich größere Hotelkapazität gibt. Durch die Situation nach der Wiedervereinigung gibt es dort auch wesentlich mehr qualitativ hoch stehende Hotelkapazitäten. Deshalb müssen wir in diesem Bereich einiges tun.

(Dr. Heiner Garg [FDP]:Von uns finanziert!)

Ich freue mich, dass es immer noch Interessenten für neue Hotels gibt. Wir haben 25 bis 30 Interessenten für neue Hotels. Ich nenne hier das Arosa Wellness Hotel in List und das TUI-Dorfhotel. Am TUI-Dorfhotel ist schön, dass es uns erstmals gelungen ist, ein Unternehmen zu finden, das deutschlandweit und darüber hinaus Werbung mit diesem Standort macht. Mit der Werbung für diesen Stand

ort auf Sylt wird auch Werbung für ganz Schleswig-Holstein gemacht. Ich denke, das ist ein wichtiger Schritt.

Wir haben die Bäderregelung liberalisiert. Es gibt kein Bundesland, das eine großzügigere Regelung hat. Durch die Aufhebung der Sperrzeitenverordnung gibt dies zusammen eine verbesserte Situation für Arbeitsplätze im Tourismus. Wir werden - und das liegt mir besonders am Herzen - die Investitionsoffensive im Tourismus vorantreiben. Wir wollen kleine und mittlere Übernachtungsbetriebe bei der Modernisierung ihres Bettenangebots unterstützen. Schließlich unterstützen wir das innovative Marketing der Tourismusagentur TASH und der Regionalverbände. Wir fördern eine Kulturmanagerin. Wir arbeiten eng mit der Staatskanzlei zusammen, um Kultur und Tourismus noch enger zu verbinden. Der Internetauftritt wurde neue gestaltet. Es gibt eine Koordinierungsstelle für touristische Weiterbildung an der Fachhochschule Westküste.

Sie sehen, dass es eine Fülle an neuen Ansätzen gibt und dass es im Herbst dieses Jahres mit der Empfehlung einer großen Unternehmensberatung einen weiteren großen Schritt geben wird. Ich freue mich auf Ihre Ideen, auf die Debatte und die Unterstützung. Letztlich haben wir alle ein Interesse daran, dass der Tourismus in Schleswig-Holstein ein großes Stück vorankommt.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Herrn Minister und eröffne die Aussprache. - Für die Fraktion der CDU hat Herr Abgeordneter Jürgen Feddersen das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Dezember 2005 wurde die Landesregierung auf Initiative von CDU und SPD hin gebeten, in der 11. Tagung - also heute - einen Bericht über die Entwicklung des Tourismus in Schleswig-Holstein vorzulegen. Dieser umfangreiche Bericht liegt nun vor. Zunächst möchte ich Herrn Minister Austermann und seinen Mitarbeitern herzlich für diesen ausführlichen Bericht danken.

(Beifall bei der CDU)

Der Bericht zeigt, welche Anstrengungen vom Land Schleswig-Holstein in der Vergangenheit unternommen wurden, um den Tourismus zu stärken. So wurden - und das ist aus meiner Sicht eine beeindrucke Zahl - im Rahmen des Regionalprogramms 2000 insgesamt 107 Millionen € für touri

(Minister Dietrich Austermann)

stische Projekte zur Verfügung gestellt. Dieses Geld ist gut angelegt, wie unter anderem in Kapitel 2 nachzulesen ist.

Um im nationalen und internationalen Wettbewerb bestehen zu können, müssen wir uns eindeutig positionieren und die Stärken betonen. Zu diesen Stärken zähle ich den Kulturtourismus, den Wassertourismus, den Städte- und Jugendtourismus sowie den Gesundheits- und Wellnesstourismus. Hier gilt es weiter voranzukommen.

Analysiert man aber heute die Situation des Tourismus in Schleswig-Holstein, so kommt man um zwei entscheidende Tatsachen nicht herum. Erstens. Der Tourismus ist für die wirtschaftliche Entwicklung Schleswig-Holsteins von großer Bedeutung. In der Tourismusbranche werden rund 4,5 Milliarden € Umsatz erwirtschaftet, und etwa 130.000 Menschen sind da beschäftigt. Es freut mich daher ganz besonders, dass die Förderung des Tourismus innerhalb der Landesregierung einen hohen Stellenwert genießt.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das hat auch Ministerpräsident Peter Harry Carstensen in seiner Regierungserklärung am 25. Mai 2005 ganz deutlich gesagt. Aber, meine Damen und Herren, trotz dieser beeindruckenden Daten dürfen wir nicht das eigentliche Problem der Tourismuswirtschaft Schleswig-Holsteins übersehen. Damit komme ich zu dem zweiten Punkt meiner Analyse.

Die Zahl der Übernachtungen in Schleswig-Holstein ist in den letzten zehn Jahren rückläufig, obwohl im Bundesdurchschnitt knapp 10 % Zuwachs zu verzeichnen ist. Diese Entwicklung gilt es umzukehren. Ich glaube, wir haben Anfang der 90er-Jahre den entscheidenden Fehler gemacht, als wir zu sehr auf den sanften Tourismus gesetzt haben, während andere Mitbewerber geklotzt haben. Ich finde, da haben wir ein bisschen die Zeit verschlafen. Das will ich aber nicht kritisch anmerken; das ist nur eine Feststellung. Wir an der Westküste - ich denke da auch an meine Gemeinde - haben es damals so ähnlich gemacht.

Minister Austermann hat auch die ITB erwähnt, auf der Frau Poersch und ich waren. Ich muss sagen, erstmalig hat sich Schleswig-Holstein da ganz besonders gut präsentiert. Wer den Stand gesehen hat - der war in den Zeitungen und auch im Fernsehen zu sehen -, hat gemerkt, dass das schon ein sehr guter Stand war, auf dem wir uns erstmals alle zusammen dargestellt haben. Das war, glaube ich, ein großer Gewinn.

Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass sich die Landesregierung entschieden hat, gemeinsam mit dem Tourismusverband, dem Hotel- und Gaststättenverband, den Industrie- und Handelskammern sowie der TASH Schleswig-Holstein eine schonungslose Analyse des Tourismus in SchleswigHolstein vorzunehmen und ein Handlungskonzept für die Neuausrichtung des Tourismus in Schleswig-Holstein zu entwickeln. Wir benötigen eine objektive Stärken- und Schwächenanalyse schleswigholsteinischer Tourismuswirtschaft, in der bisherige tourismuspolitische Aktivitäten unabhängig bewertet werden. Ich erwarte von diesem Gutachten konkrete Vorschläge, die den Tourismus im Lande verbessern. Ich erwarte aber auch, diese Vorschläge dann unverzüglich umzusetzen. Erste Schritte für eine Stärkung des Tourismus in Schleswig-Holstein haben wir bereits unternommen. Mit der Neufassung der Bäderregelung haben wir gegenüber Mecklenburg-Vorpommern einen entscheidenden Wettbewerbsnachteil beseitigt.

Über den Schleswig-Holstein-Fonds werden in den nächsten drei Jahren rund 3,4 Millionen € für die Modernisierung von Beherbergungsbetrieben bereit gestellt. Die im Jahre 2004 gestartete Investitionsoffensive muss fortgesetzt werden, um das touristische Angebot in Schleswig-Holstein zu verbessern. Unser Ziel muss es sein, jedes Jahr besser zu werden, mindestens den zweiten Platz in der Tabelle der beliebtesten Bundesländer einzunehmen. Ich glaube, das werden wir auch gemeinsam erreichen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Für die Fraktion der SPD erteile ich der Frau Abgeordneten Regina Poersch das Wort. Dies wird die erste Rede der Kollegin Poersch im hohen Hause sein.

(Beifall)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schleswig-Holstein - Urlaubsgäste, so weit das Auge reicht. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es Anstrengungen auf allen Ebenen. Mit 107,2 Millionen € hat das Land in den Jahren 2000 bis 2006 richtig Geld in die Hand genommen und wird es weiter tun. Es gilt für alle Tourismusverantwortlichen: Das Land kann dazu beitragen, dass die Gäste hierher kommen. Dafür, dass unsere Gäste dann auch wiederkommen, sind die Leistungsträger verantwortlich. Der Bericht kann auf so manchem aufbauen, was in den vergangenen Jahren begonnen

(Jürgen Feddersen)

wurde. Zum Beispiel die TASH. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, dem Geschäftsführer der Tourismusagentur, Armin Dellnitz, stellvertretend für alle beteiligten Akteure für das bisher Geleistete zu danken.