Erkrankt ist die Frau Abgeordnete Anna SchlosserKeichel. Ich wünsche der Kollegin von dieser Stelle gute Besserung und alles Gute.
Ebenfalls Geburtstag hat heute Herr Staatssekretär Hellmut Körner. Er ist leider nicht hier. Aber wir gratulieren ihm von dieser Stelle aus.
Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten des Landes SchleswigHolstein bei dem Präsidenten des SchleswigHolsteinischen Landtages für das Jahr 2004
Bevor ich die Aussprache eröffne, begrüße ich auf der Tribüne sehr herzlich Besucher der Klaus-HarmsSchule, Kappeln.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bürgerbeauftragte fasst in ihrem Tätigkeitsbericht 2004 die aus Sicht der Ratsuchenden gravierendsten Mängel zusammen. Die Bürgerinnen und Bürger klagen beim Umgang mit Behörden, Krankenkassen sowie Trägern über folgende Defizite: unzureichende, mangelhafte oder nicht erfolgte Information und Beratung, schlechte und persönliche Erreichbarkeit, lange Wartezeiten bei Behördenbesuchen, harscher
und respektloser Umgangston, mangelnde Verlässlichkeit mündlicher Zusagen, schwer verständlich formulierte Texte, Bescheide und Formulare, unklare Zuständigkeiten und eine generelle Misstrauenshaltung.
Mit diesen Kritikpunkten umschreiben die Ratsuchenden ihre Erfahrungen mit Ämtern und mit Unternehmen, die von den Beitragsgeldern ihrer Mitglieder leben. Jeder privat wirtschaftende Betrieb wäre nach einem solchen Urteil seine Kunden los.
Im Namen der CDU-Fraktion möchte ich der Bürgerbeauftragten, Frau Wille-Handels, für ihren schonungslosen Bericht und für die Vorschläge zur Problemlösung danken.
Die Bürgerbeauftragte leistet einen wichtig Beitrag dazu, dass auch bei öffentlichen Einrichtungen der Kunde endlich König wird. Ich möchte während dieser Debatte auf einige Punkte eingehen, die mir besonders wichtig erscheinen.
Die Schilderungen über die gemeinsamen Servicestellen für Rehabilitation müssen sehr nachdenklich machen. Es war das politische Ziel, die Unübersichtlichkeit des bestehenden Rehabilitationsrechtes zu überwinden sowie zu einer Systemoptimierung durch verbesserte Kooperation der unterschiedlichen Leistungsträger zu kommen. Man will die Selbstbestimmung, die Teilhabe und die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung erreichen.
Die Ergebnisse dieser Servicestellen nach drei Jahren sind ernüchternd. Es gibt 570 dieser Einrichtungen im Bundesgebiet. Die Bürgerbeauftragte stellt aber fest, dass diesem breiten und gut ausgebauten Netz eine mangelnde Akzeptanz und Nutzung durch Ratsuchende gegenübersteht. Die Betroffenen, die diese Servicestellen nutzen sollten, äußern erhebliche Zweifel, ob diese Einrichtungen überhaupt in der Lage sind, Kompetenzen zu bündeln, Zuständigkeiten zu klären und eine wirkungsvolle Betreuung im RehaVerfahren zu ermöglichen.
Nach diesen Beschreibungen der Bürgerbeauftragten muss die Frage erlaubt sein: Was finanzieren wir hier eigentlich?
Auf jeden Fall müssen wir die Leistungsfähigkeit dieser Einrichtungen im Sozialausschuss hinterfragen.
Nachdenklich machen müssen uns aber auch die Schilderungen der Bürgerbeauftragten im Abschnitt Soziale Pflegeversicherung. Ich bin da auch für Einzelfallschilderung dankbar.
Die Hauptkritik der Ratsuchenden richtet sich gegen die Begutachterpraxis des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen. Insbesondere wurde das Auftreten einiger Gutachter als sehr abwertend empfunden.
Die sozialpolitischen Sprecher der Fraktionen haben vorgestern an einer Podiumsdiskussion der Landesarbeitsgemeinschaft Heimmitwirkung teilgenommen. Die Politik ist sich darüber einig, dass wir unseren gemeinsamen Beitrag dazu zu leisten haben, gerade die Würde Pflegebedürftiger zu erhalten.
Daher macht es uns alle betroffen, wenn wir in dem Bericht lesen müssen, dass Pflegebedürftige von Gutachtern des MDK zum Beispiel aufgefordert sind, sich die Schuhe zuzubinden. Schafften sie dies, so wurde daraus geschlossen, dass diese Verrichtung dem Betroffenen generell zuzumuten sei. Es ist geradezu fahrlässig, bei dieser Bewertung nicht zu berücksichtigen, dass die Untersuchten dabei erkennbare Schmerzen hatten und zum Teil anschließend tagelang nicht mehr in der Lage waren, die sonst möglichen Bewegungen auszuführen. So geht man mit Pflegebedürftigen nicht um.
Natürlich hat sich die Bürgerbeauftragte auch aktuell insbesondere mit dem Thema Hartz IV zu befassen. Ich bin Frau Wille-Handels dankbar, dass sie uns mit Schreiben vom 25. August 2005 eine erste Bilanz nach Einführung des Sozialgesetzbuches II vorgelegt hat.
Wir haben uns mit der Problematik „Kosten der Unterkunft“ zu befassen. Wir brauchen dringend nachvollziehbare und transparente Ermittlungsgrundsätze für die Mietobergrenzen. Gefordert werden vergleichbare Vorgehensweisen im gesamten Land Schleswig-Holstein.
Wir haben Beratungsbedarf bei der Schülerbeförderung. Dieses Thema sollten wir im Ausschuss ebenfalls vertiefen.
Es gibt lobende Worte - auch das will ich nicht verschweigen - der Bürgerbeauftragten in Richtung Verwaltung, da es trotz der Kürze der Anlaufphase zu einer schnellen Leistungsgewährung gekommen ist.
Einen großen Kritikpunkt stellt aber nach wie vor und unabhängig von allen Rechtsfragen der Bescheid selbst dar. So erhalten diese Bescheide zwar die Ergebnisse der Berechnung, nicht aber die Berechnung selbst. Damit werden sich mündige Bürger nicht zufrieden geben!
Ich danke der Bürgerbeauftragten im Namen der CDU-Landtagsfraktion. Es sind 3.000 Eingaben eingegangen; 2.937 wurden abschließend behandelt, 2.608 Eingaben wurden aus Sicht der Beteiligten positiv bearbeitet. Die CDU-Landtagsfraktion freut sich auf eine weitere gute und konstruktive Zusammenarbeit mit dieser Bürgerbeauftragten.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Torsten Geerdts und erteile für die SPD-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Wolfgang Baasch das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 6,4 % mehr Eingaben bei der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten machen deutlich: Unser Sozialrecht ist nicht immer einfach und schon gar nicht einfach zu durchschauen. Es zeigt aber auch, dass die Veränderungen - beziehungsweise die Reformen - unserer sozialen Sicherungssysteme, die zwingend notwendig sind, dazu führen, dass Verunsicherung herrscht und dann viele Menschen mit den Veränderungen nicht klarkommen.
In diesem Zusammenhang darf ich darauf hinweisen, dass wir uns in den Koalitionsvereinbarungen darauf verständigt haben, die Aufgaben der Bürgerbeauftragten zu erhalten, denn die Bürgerbeauftragte ist für die Menschen in unserem Land eine wichtige Unterstützung; auch und gerade in Zeiten des Wandels und der Veränderungen unserer sozialen Sicherungssysteme. Sehr geehrte Frau Wille-Handels, Ihnen und Ihrem Team ein ganz herzliches Dankeschön für die geleistete Arbeit und den vorliegenden Jahresbericht 2004!
Der Bericht zeigt deutlich: In den Bereichen Sozialhilfe, der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie dem Behinderten- und Schwerbehindertenrecht brauchen Menschen in unserem Land Unterstützung. Sie brauchen eine engagierte Bürgerbeauftragte, eine engagierte Interessenvertretung. Das ist eine Arbeit, die Sie, Frau Wille-Handels, hervorragend leisten.
Aus dem umfangreichen Bericht der Bürgerbeauftragten will ich einen Punkt besonders hervorheben. Auf den Seiten 34 und 35 geht es um die Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die Bürgerbeauftragte schildert den Weg bis zum Inkrafttreten des Zweiten
Buches des Sozialgesetzbuches, SGB II, das am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist. Dabei ist es nicht erstaunlich, dass die betroffenen Menschen 16-seitige Anträge auszufüllen hatten. Das kann ich mir bei unserer Bürokratie sehr gut vorstellen. Dass die Menschen aber damit Probleme haben, das ist auch nachvollziehbar. Deswegen brauchen sie Unterstützung.