Ina Korter
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Last Statements
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die 2005 errichtete Niedersächsische
Schulinspektion hat inzwischen mehr als 500 der niedersächsischen Schulen untersucht. Bei ca. 5 % der Schulen ergaben die Inspektionsberichte so gravierende Mängel, dass eine Nachinspektion erforderlich ist.
Besonders hoch ist der Anteil der bemängelten Schulen unter den Gymnasien. Inzwischen wurde annähernd die Hälfte der Gymnasien inspiziert. 9 % von ihnen müssen nachinspiziert werden, während eine Nachinspektion nur bei 5 % der inspizierten Gesamtschulen erforderlich ist. Bei den anderen Schulformen ist bislang der Anteil der inspizierten Schulen zu gering für einen aussagekräftigen Vergleich. Der Anteil der nachzuinspizierenden Schulen ist bislang jedoch bei allen Schulformen geringer als bei den Gymnasien.
Eine differenzierte Auswertung eines Teils der Berichte über die inspizierten Schulen nach insgesamt 16 Qualitätskriterien hat ergeben, dass viele Gymnasien Probleme vor allem bei den Teilbereichen „Lehrerhandeln im Unterricht“ und „Schülerunterstützung“ haben. So erhielten in dieser Auswertung drei Viertel der inspizierten Gymnasien beim Teilbereich 5 „Lehrerhandeln im Unterricht - Unterstützung eines aktiven Lernprozesses“ nur die zweitschlechteste Bewertungsstufe - Stufe 2: „eher schwach als stark“ - und fast ein Zehntel sogar die schlechteste Bewertungsstufe - Stufe 1: „schwach“.
Ebenfalls eher schlecht abgeschnitten haben bis zur Hälfte der Gymnasien im Teilbereich 4 „Lehrerhandeln im Unterricht - Stimmigkeit und Differenzierung des Unterrichts“ und ein Drittel der Gymnasien beim Teilbereich 8 „Schülerunterstützung - Unterstützung der Schülerinnen und Schüler im Lernprozess“.
Diese schlechten Befunde der Schulinspektion
sind besonders erstaunlich vor dem Hintergrund, dass den Gymnasien ein großes Angebot an Fachberaterinnen und Fachberatern zur Verfügung steht.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Erklärung hat die Landesregierung für das schlechte Abschneiden insbesondere der
Gymnasien bei den Inspektionsberichten, obwohl ihnen eine aufwendige Fachberatung zur Verfügung steht, und welche Konsequenzen will sie daraus ziehen?
2. Welche Hilfeangebote stehen für die Schulen mit Nachinspektionsbedarf bereit, um insbesondere die Qualitätsbereiche „Unterstützung eines aktiven Lernprozesses“, „Unterstützung der Schülerinnen und Schüler im Lernprozess“ und „Stimmigkeit und Differenzierung des Unterrichts“ gezielt zu verbessern?
3. Welche Konsequenzen wird die Landesregierung aus den Inspektionsberichten für die Lehrerausbildung ziehen, insbesondere für die Ausbildung der Lehrkräfte an Gymnasien?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Busemann, Sie haben zu Recht darüber gesprochen, dass für uns die Unterrichtsqualität und die Schulinspektion wichtig sind; denn diese brauchen wir, um die Unterrichtsqualität beurteilen zu können. In diesem Punkt stehen wir voll hinter Ihnen. Wenn wir die Unterrichtsqualität aber nicht beurteilen können, weil Sie uns gar nicht die Ergebnisse nennen - auch aus Ihrer Sicht sind inzwischen ja genügend Gymnasien und Integrierte Gesamt
schulen inspiziert worden -, kann man auch keine Schlüsse ziehen und Ansätze dafür entwickeln, wie die Probleme der jeweiligen Schulen angegangen werden können. Das heißt, Sie können kein vernünftiges Beratungs- und Unterstützungssystem aufbauen, wenn Sie nicht vorher die Probleme direkt benennen.
Meine Frage: Sind Sie bereit, uns Abgeordneten unverzüglich diesen Vorbericht zur Verfügung zu stellen, damit wir sehen können, wo die Mängel an unseren Schulen sind und welche Strategien wir ansetzen müssen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stelle fest: Kultusminister Busemann betrachtet die Schulinspektion als seine Privateinrichtung und ist nicht bereit, dem Parlament die Ergebnisse dieses Vorberichtes der Inspektion vor der Wahl zur Verfügung zu stellen.
Ich finde das skandalös, gerade auch vor dem Hintergrund, dass wir doch gleich über den Haushalt abstimmen. Dabei geht es doch auch um die Beratungs- und Unterstützungssysteme, die finanziert werden müssen, um die Probleme, die uns die Inspektion eigentlich vorstellen sollte, anzugehen und zu beheben.
Herr Minister, Sie haben gesagt, nur 9 % der Gymnasien seien bei der Inspektion durchgefallen, bei den anderen sei damit alles in Ordnung. Aber wie sieht es denn beispielsweise mit dem Teilbereich 5 „Lehrerhandeln im Unterricht - Unterstützung eines aktiven Lernprozesses“ aus? Ist es nicht so, dass drei Viertel aller Gymnasien, die Sie bis jetzt inspiziert haben - von 100 sind das 75 -, in diesem Bereich eher schwach abgeschnitten haben? Ich würde von Ihnen gerne etwas Genaueres über die Teilbereiche 4 und 5 wissen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich mache es etwas kürzer. Für Herrn Busemann ist es in diesem Jahr ein besonderes Vergnügen, den Haushaltsplan für den Kultusbereich zu vertreten. Das hat er bei der Einbringung gesagt. Herr Busemann, wenn ich mir Ihren Kultushaushalt ansehe, muss ich feststellen: So groß scheint Ihr Ehrgeiz nicht zu sein. Es ist eine magere Bilanz, die Sie uns am Ende Ihrer Amtszeit präsentieren müssen.
Sie sind mit zwei großen Versprechungen angetreten: mit dem Versprechen der Einführung einer
Unterrichtsgarantie und mit dem Versprechen der Modernisierung unseres Bildungssystems. Mit
beiden Versprechungen sind Sie grandios gescheitert.
Die Klassen in Niedersachsen sind so voll wie seit 20 Jahren nicht mehr. In vielen Klassen herrscht beklemmende Enge. Wie wollen Sie da individuelle Förderung oder gar bewegte Schule realisieren? Überall fällt Unterricht aus. Von einer Unterrichtsgarantie reden Sie schon lange nicht mehr. Die Eltern haben inzwischen eine Volksinitiative gestartet, um Ihnen etwas auf die Beine zu helfen.
Zum Ende Ihrer Amtszeit verteilen Sie lieber noch ein paar Wahlgeschenke, damit es nicht ganz so peinlich wird. Sie verzichten auf die von Ihnen wegen des Rückgangs der Schülerzahlen eigentlich geplante Streichung von 400 Lehrerstellen, damit der Druck herausgenommen wird.
Der Verzicht auf eine Kürzung ist für Sie schon ein Erfolg. Das ist Ihr Prinzip.
Für die Jahre ab 2009 steht weiterhin der Abbau der Lehrerstellen in Ihrer mittelfristigen Finanzplanung. Die Unterrichtsversorgung wird aber auch schon 2008 weiter absacken, denn Sie brauchen fast 1 000 Stellen, um die in den vergangenen Jahren geleistete Mehrarbeit in den Arbeitszeitkonten ausgleichen zu können. Wo haben Sie eigentlich diese 1 000 Stellen in Ihrer Planung?
Trotzdem ziehen Sie durch das Land und versprechen, dass Sie nach der Wahl die Klassenobergrenzen wieder absenken, die Sie vor ein paar Jahren selbst drastisch angehoben haben. Wie Sie dieses Versprechen einlösen wollen, bleibt wohl Ihr Geheimnis. Herr Busemann, vermutlich wird das aber sowieso jemand anders machen.
Die rote Laterne in Sachen Krippenplätze kratzt Sie seit Jahren nicht. Sie reden vom wichtigen
frühkindlichen Bereich und warten bei der U-3Betreuung auf Ursula. Im letzten Moment lösten Sie das vier Jahre lang nicht gehaltene Versprechen eines kostenfreien letzten Kita-Jahres ein. Dafür versprechen Sie als Ankündigungsminister vor der Landtagswahl aber schon einmal zwei weitere kostenfreie Jahre.
Dafür wird in der Mipla aber kein Cent vorgesehen. Herr McAllister, sagen Sie doch einmal, wie Sie das finanzieren wollen.
Sie haben versprochen, den Bildungsauftrag der Kitas zu stärken, aber zu mehr als einem unverbindlichen Bildungsplan hat es bei Ihnen nicht gereicht.
- Herr Albrecht, Sie haben letztes Mal schon siebenmal dazwischen gerufen, als ich geredet habe. Melden Sie sich doch zu Wort!
Was die Verbesserung der Ausbildung der Kita-Erzieherinnen angeht, so ist bei Ihnen Fehlanzeige festzustellen. Verbesserung des Qualitätsmanagements in der Kita - ebenfalls Fehlanzeige. Was die Verbesserung der Sprachförderung in den Kindertagesstätten angeht, so weigern Sie sich noch immer, die Sprachförderung
- hören Sie doch erst einmal zu; Sie wissen doch gar nicht, was ich sagen will - vollständig in den Kindertagesstätten durch gut ausgebildete Erzieherinnen durchführen zu lassen. Es ist doch ineffizient, die Kinder einzeln aus den Kindergärten herauszunehmen, zwei oder drei Stunden zur Schule zu schicken und dann wieder zurück in den Kindergarten zu schicken. Das wissen Sie genau.
In ganz Hannover haben die Erzieherinnen Ihnen das erzählt.
- Ich kenne ihn besser als Sie, Herr Albrecht. - Die drängendsten Probleme, z. B. soziale Auslese
durch unser Schulsystem, Benachteiligung von Kindern aus armen Familien und aus Familien mit Migrationshintergrund, die mangelnde Integration behinderter Kinder, haben Sie durch Ihre Schulpolitik verschärft, anstatt sie zu lösen.
Sie halten weiter an Ihrem System fest, das auf frühe Trennung statt auf Leistungsförderung durch integratives Lernen setzt. Es ist ein System, das von den Eltern in Niedersachsen immer mehr abgewählt wird.
- Es wird abgewählt, wie die Hauptschulen von den Eltern abgewählt werden. Herr Klare, schauen Sie sich doch einmal die Anmeldezahlen an. Sie wissen doch, wovon ich rede. - Dem Kultusminister fällt nichts anderes ein, als weiter auf sein bereits gescheitertes Hauptschulprofilierungsprogramm zu setzen. Nehmen wir das Beispiel der Ganztagsschulen. Ganztagsschulen werden immer mehr nachgefragt.
Der Minister hat das Geld des Bundes aber schon allzu großzügig verteilt. Die IZBB-Mittel sind nämlich schon verteilt. Es war ja nicht sein Geld. Die IZBB-Mittel sind doch Bundesmittel und kommunale Mittel. Sie haben nichts dazugetan.
- Stundenkontingente für die Schulen. Das Personal muss das Land finanzieren. - Während ein besonders großer Geldbrocken in die Heimatgemeinde des Ministers in Dörpen ging, gingen viele andere Schulen leer aus. Jetzt ist für den Bau von Mensen und die Einrichtung von Mittagstischen an Grundschulen oder an Gymnasien, wo durch das Abitur nach Klasse 12 längst Nachmittagsunterricht
- aber ohne Mittagessen - stattfindet, nichts mehr da.
Die Landesregierung kommt aber nicht auf die Idee, das erfolgreiche Investitionsprogramm der rot-grünen Bundesregierung mit eigenen Initiativen fortzusetzen. Ich nenne das fantasielos.
Die Lernmittelfreiheit und die Hausaufgabenhilfe haben Sie abgeschafft.
Auf das Problem der zunehmenden Kinderarmut mussten wir Sie immer wieder mit der Nase stoßen. Dass Kinder in der Schule vom Mittagessen abgemeldet werden, dass sie das teure Schulmaterial oder die Busfahrkarte in der Oberstufe nicht bezahlen können - all das hat Sie lange Zeit überhaupt nicht interessiert. Jetzt sind Sie aber pressewirksam mit unserer Forderung nach einem Sozialfonds aufgetreten und haben dies als Ihr Programm verkauft, allerdings nur was das Mittagessen betrifft. Ich sage Ihnen, das wird nicht reichen. Sie müssen sich auch um die Schülerbeförderung in der Oberstufe kümmern.
Die Eigenverantwortliche Schule ist an den Start gegangen, aber so gut wie ohne Unterstützung und ohne ausreichende Mittel, um die dringend nötige Akzeptanz, ich will sogar sagen: Begeisterung für dieses Reformprojekt zu schaffen. Was haben Sie noch so prahlerisch erklärt, Herr Busemann, als wir unseren Entschließungsantrag für eine umfassende Qualifizierungsoffensive mit einem Ansatz von 15 Millionen Euro hier im Landtag eingebracht haben? - Wir würden uns noch genierlich in die Ecke stellen, hat Herr Busemann erzählt. Und was hat die Kollegin aus Lüchow-Dannenberg mit ihrer scharfzüngigen Art unseren Vorschlag weit von sich gewiesen - bis nach Hitzacker wahrscheinlich! Bei der Summe von ganzen 3,6 Millionen Euro für die Fortbildung, die Sie, Herr Busemann, anfangs vorgesehen hatten, war das bei uns mit dem Genieren nicht so schlimm. Jetzt hat die CDU-Fraktion auch noch ein paar Euro draufgelegt. Das soll jetzt alles gewesen sein?
Herr Busemann, Ihre eigene Schulinspektion sagt Ihnen, dass es in Ihren Schulen - ganz besonders in den Gymnasien - massive Probleme mit der Unterrichtsqualität gibt. Sie aber halten diesen Bericht unter dem Deckel, statt schleunigst mit
passgenauen Konzepten für die Fortbildung und die Beratung und mit einer Qualitätsoffensive zu kommen und so für eine Verbesserung des Unterrichts zu sorgen.
Ihre Budgets für die Eigenverantwortliche Schule sind zusammengestrickte Ansätze aus lauter bereits bestehenden Positionen, ein bisschen aufgestockt.
Wir haben in unserem Haushaltsantrag einen ganz anderen Betrag vorgesehen. Damit wir im nächsten Schuljahr die Umsetzung der neuen gemeinsamen Schule beginnen können - mit deutlich mehr Ressourcen für die Verbesserung des Unterrichts, in echten Ganztagsschulen und mit kleineren Klassen -, haben wir insgesamt 32,5 Millionen für die Budgets der Eigenverantwortlichen Schule mehr angesetzt.
Herr Busemann, fahren Sie in Zukunft gern weiter mit einem offenen Wagen durchs Land und merken weiter nichts; im Winter vielleicht besser mit Mütze. Denn für Ihre Schulpolitik ist der TÜV am 27. Januar abgelaufen, und eine Nachinspektion erscheint uns aussichtslos.
Da hilft eigentlich nur noch eins: Stilllegen. - Ich möchte Ihnen deshalb heute im Namen meiner Fraktion den Inspektionsbericht für Ihre Schulpolitik überreichen. Er ist an die Schulinspektion angelehnt, die Sie den Schulen ja auch überreicht haben. Individuell fördernder Unterricht: Note
schwach. Soziale Chancengerechtigkeit:
schwach. - Effiziente Verwendung der Ganztagsschulmittel: schwach. - Achtung des Elternwillens: schwach. - Klassengrößen: schwach. - Unterrichtsversorgung: schwach. - Gesamtbewertung: schwach. - Wegen gravierender Mängel kann eine Fortführung der Schulpolitik von 2003 bis 2007 nicht empfohlen werden. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ganz einfach: Wenn Sie sich in den Kitas in Hannover einmal umgehört hätten, dann wüssten Sie jetzt, dass die sich über genau diese Form der Sprachförderung beschweren und dass die Kinder aus den Kitas rausgenommen und von Grundschullehrerinnen zum Teil auch an anderer Stelle extra gefördert werden. Das ist ineffizient. Das muss in den Kindertagesstätten passieren, damit der Betrieb nicht gestört wird.
Das wollen Sie aber nicht wahrhaben. Das ist aber ganz logisch; denn Sie haben auch vorher schon unsere vernünftigen Vorschläge nicht wahrhaben wollen. Ich glaube, das reicht. Gehen Sie einfach einmal hin in die Kitas, und gucken Sie sich dort an, was dort passiert. Dann wissen Sie auch, worüber ich gesprochen habe.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schade, dass Herr Ministerpräsident Wulff bei diesem Thema gerade den Saal verlassen hat.
- Das passt sehr gut.
Das, was Sie in den letzten Wochen zum Neugründungsverbot von Gesamtschulen abgeliefert haben, Herr Busemann und auch Herr Ministerpräsident - der es nicht für nötig hält, bei diesem Punkt anwesend zu sein -, ist für die Glaubwürdigkeit der Politik eine ganz schlimme schwarze Nummer.
Erst reden Sie viereinhalb Jahre lang die Gesamtschulen schlecht und verbieten Neugründungen. Aber es wollen trotzdem immer mehr Kinder hingehen. Der Protest der betroffenen Eltern wird immer lauter. Dann spricht der Chef selbst ein Machtwort, um vor der Wahl noch schnell den Druck vom Kessel zu nehmen, und verkündet medienwirksam den - wie sich herausstellen wird schicksalsschweren Satz von der möglichen Lockerung des Neugründungsverbots.
Das hatten Sie sich so einfach gedacht: Ankündigen und damit erst einmal das Thema abräumen.
- Von wegen, Herr Albrecht.
Die ich rief, die Geister, werd’ ich nun nicht los, möchte ich sagen.
An die 30 Initiativen zur Neugründung von Gesamtschulen sind auf einmal entstanden, häufig vor Ort unterstützt von CDU-Kommunalpolitikern. Allein im Kreis Schaumburg sind es drei oder vier. Aus dem Landkreis Friesland haben Sie gerade die einstimmige Resolution des Kreistages bekommen - brandheiß, eilig zu unserer Sitzung -: Man spricht sich einstimmig dafür aus, die Landesregierung solle das Neugründungsverbot so schnell wie möglich streichen.
Damit hatten Sie nicht gerechnet, Herr Busemann, und Herr Wulff offensichtlich auch nicht. Sie haben geglaubt, es hört sich ja gut an, wenn das Aktionsbündnis für das gegliederte Schulwesen jetzt verkündet, nur 4,6 % in Niedersachsen wollten Gesamtschulen.
Schön wäre es, wenn man bei dieser Prozentrechnung einmal das gesamte Land in den Blick nähme! Nehmen wir das Beispiel Wilhelmshaven. Wissen Sie, wie viel Prozent der Fünftklässler sich in diesem Jahr an einer IGS angemeldet haben? 48 %. Das ist ein bisschen mehr als die landesweiten 4,6 %, die Sie uns vorrechnen, auch wenn dort zugegebenermaßen sehr viele Kinder aus dem Landkreis Friesland dabei sind. Aber gerade diese Kinder mussten abgelehnt werden. Die wollen eine neue Gesamtschule - und das verweigern Sie ihnen.
Mit Ihrer 4,6 %-Behauptung verschweigen Sie gerne, dass es in 28 Landkreisen, also in mehr als der Hälfte, gar keine IGS gibt,
Eltern also gar nicht die Chance haben, ihr Kind dorthin zu schicken. In vielen Kreisen ist die Entfernung zu einer IGS so groß, dass sie allein deshalb, obwohl die Eltern das gerne möchten, nicht angewählt werden kann.
Ich kann mir übrigens gut vorstellen, dass diese Ungleichbehandlung der Kinder in verschiedenen Landkreisen Grund genug für aussichtsreiche Klagen sein könnte, z. B. in Friesland.
Herr Busemann, Sie werden gleich wieder sagen, Sie reden lieber über Schulqualität als über Strukturen.
Dann legen Sie uns doch bitte gleich einmal den Vorab-Inspektionsbericht vor, der die Schulqualität darstellt. Inzwischen ist fast die Hälfte aller Gymnasien überprüft worden. Von 100 inspizierten Gymnasien haben 9 % so schlecht abgeschnitten, dass sie nachinspiziert werden müssen. Von den 30 inspizierten Gesamtschulen muss nach meiner Kenntnis nur eine nachinspiziert werden. Sie sagen, es sei erst knapp die Hälfte der Gymnasien und Gesamtschulen untersucht worden, das sei nicht aussagekräftig. - Ja, wie lange wollen Sie eigentlich noch warten, bis Sie die Konsequenzen ziehen, wie der Unterricht an den Gymnasien verbessert werden kann?
Ich habe den Eindruck: Sie wollen nur den Wahltermin überstehen. Vor den Wahlen soll nicht öffentlich werden, wie es in Ihren Schulen aussieht.
Meine Damen und Herren, in dieser Woche ist zum zweiten Mal der Deutsche Schulpreis vergeben worden. Aus Niedersachsen waren erneut zwei Gesamtschulen nominiert worden, kein einziges Gymnasium. Wie im letzten Jahr hat eine Gesamtschule den ersten Preis bekommen, die RobertBosch-Gesamtschule in Hildesheim. Herzlichen Glückwunsch!
- Da klopfen Sie nicht? - Statt die Neugründung von Gesamtschulen weiter zu blockieren, sollten Sie lieber überlegen, wie Sie von diesen Schulen lernen können. Aber nein! Im Ausschuss wurde unser Antrag ohne inhaltliche Beratung abgelehnt.
Es hieß nur: nach der Wahl. Wir haben nur über den Zeitpunkt diskutiert. Das wissen Sie doch genau. Schauen Sie doch ins Protokoll!
Herr Albrecht, Herr Busemann, Frau Körtner, wer soll Ihnen das noch glauben? Wissen Sie, was die Wählerinnen und Wähler daraus schließen müssen? - Es wird in Niedersachsen keine Neugründung von Gesamtschulen geben. Sie wollen keine Gesamtschulen, und Sie werden keine zulassen.
Herr Wulff führt die Menschen an der Nase herum, weil ihm vor der Wahl jedes Mittel recht ist.
Wenn Sie in dieser Frage Ihre Glaubwürdigkeit zurückgewinnen wollen - falls das überhaupt noch geht -, dann stimmen Sie heute mit uns und der SPD für den Gesetzentwurf zur Aufhebung des Neugründungsverbotes von Gesamtschulen und für den Antrag „Gemeinsame Schule“.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Klare, Sie haben hier aus einer Umfrage zitiert, die im Auftrag des Philologenverbandes bundesweit 1 000 Bundesbürger nach ihrer Meinung zur Schulstruktur gefragt hat. Darin hat sich eine Mehrheit gegen die Einheitsschule ausgesprochen - eine Schulform, die überhaupt niemand fordert und die es auch gar nicht gibt.
Die Frage ist ja immer: Wen und was fragt man eigentlich? - Beispielsweise im Juli hat in Berlin eine Umfrage von Infratest dimap ergeben, dass sich 59 % der Befragten für eine Gemeinschaftsschule, also eine Schulform, die durchaus in Programmen von Parteien vorkommt, ausgesprochen haben. Noch in diesem Jahr hat die Elternkammer in Hamburg die Elternvertreter der Grundschulen gefragt, also diejenigen, die jetzt die Schullaufbahnentscheidung treffen sollen, was sie für ihr Kind wollen. Knapp 60 % der Eltern haben sich für eine „Schule für alle“ und nur 40 % für das sogenannte Zweisäulenmodell ausgesprochen. Von Ihrer Hauptschule spricht in Hamburg schon gar niemand mehr.
Herr Klare, noch eines: Sie haben eben gesagt, in integrativen Schulen würden die schwachen Kinder immer die Verlierer sein. Wer so etwas hier von sich gibt, Herr Klare, der beleidigt und diffa
miert die Arbeit all der Kolleginnen und Kollegen in den Integrationsklassen, die dort hervorragend arbeiten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Busemann, Sie haben hier vorhin von Gelassenheit geredet. Von Gelassenheit habe ich bei Ihnen und bei den Regierungsfraktionen überhaupt nichts gesehen. Selten gab es eine solche Aufgeregtheit.
Sie haben hier viel und schnell über alles Mögliche geredet, nur nicht über das, worüber wir heute abstimmen wollen, nämlich über unseren Antrag, das Neugründungsverbot von Gesamtschulen aufzuheben. Dabei geht es um eine Schulform, Herr Schwarz, die als Regelschule im Schulgesetz steht und die nur Niedersachsen als einziges Bundesland mit einem Neugründungsverbot belegt hat. So viel dazu.
Ihr Ministerpräsident hat vor Kurzem verkündet, das Neugründungsverbot werde aufgehoben. Warum tun Sie es dann nicht?
Heute liegt unser Antrag hier zur Abstimmung vor. Wenn Sie glaubwürdig sein wollen, warum heben Sie das Verbot dann nicht auf? - An der Zeit kann es nicht gelegen haben. Bei der eigenverantwortli
chen Schule konnte es Ihnen mit der Beratung doch gar nicht schnell genug gehen.
Herr Busemann, Sie haben hier eben gesagt: 30 Initiativen, liebe Frau Korter, das soll ein Flächenbrand sein? - Herr Busemann, wir haben knapp 60 Gesamtschulen in Niedersachsen. Bei 30 Initiativen wären es schon 50 % mehr. Und das bedeutet für Sie nichts? - Das glaube ich nicht. Sie haben doch Angst vor einer einzigen; sonst würden Sie doch heute schon unserem Antrag zustimmen. Sie wollen doch keine einzige neue Gesamtschule.
Sie haben hier wieder etwas über Bedarfsregelung, Klärung und Ähnliches erzählt. Genau da liegt der Kern der Sache. Sie werden nach der Wahl, wenn Sie dann überhaupt noch im Amt sind - das bezweifle ich sehr; denn Ihr Kollege McAllister bringt sich ja schon mit seinen Zwischenrufen „sozialistische Einheitsschule“ sehr stark in Position -, tausend Wenn und Aber bringen, weshalb es doch nicht möglich sein wird, hier oder da eine Gesamtschule zu genehmigen. Die Wählerinnen und Wähler in Niedersachsen lassen sich nicht für dumm verkaufen. Sie wissen: Mit der CDU wird es keine Gesamtschulneugründung nach der Wahl geben. - Das haben wir hier verstanden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf den Bereich Jugendgewalt und auf die große Bedeutung der Ganztagsschulen in diesem Zusammenhang zurückkommen.
Herr Minister Schünemann, Sie haben gerade betont, wie wichtig die Zusammenarbeit der Ganztagsschulen mit den Sportvereinen ist. In diesem Zusammenhang habe ich die Frage: Dürfen eigentlich die Schulen aus dem Programm „Schule und Verein“ Ganztagsangebote aus Sportvereinen
bezahlen und finanzieren? - Wenn Sie dieses Programm und diese Zusammenarbeit für so wichtig halten, möchte ich gern wissen, in welchem Umfang Sie die für dieses Programm „Schule und
Verein“ für das Jahr 2008 vorgesehenen Haushaltsmittel erhöht haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es lässt sich nicht mehr verleugnen - da können Sie noch so laut auf die Tische klopfen -: Die Landesregierung hat sich mit ihrer Schulpolitik absolut in die Sackgasse manövriert.
Alle norddeutschen Bundesländer orientieren sich um. Nur Niedersachsen hält starr am gegliederten PISA-Verlierersystem fest. Herr Busemann, Sie erinnern inzwischen an einen Geisterfahrer auf der Autobahn, der sich darüber wundert, warum ihm so viele Autos auf der falschen Spur entgegenkommen.
Herr Albrecht wird wissen, dass nicht ich mir das ausgedacht habe, sondern das hat Professor
Vester am Montag auf einer Bildungskonferenz des DGB zum Schulsystem der Niedersächsischen Landesregierung gesagt.
Ich muss hier nicht weiter erläutern, dass das deutsche Schulsystem weltweit die schärfste soziale Selektivität produziert und dass es Ergebnisse hervorbringt, die für ein hoch entwickeltes Land, das wir ja sind, blamabel sind. Unsere einzige und wichtigste Ressource ist die Bildung.
Meine Damen und Herren, auch die Eltern haben doch längst über diese Schulpolitik abgestimmt.
Die Hauptschule ist zur Abwahlschule geworden. Da können Sie sich noch so sehr bemühen und Ihr einziges Argument heranziehen, mit dem Sie verzweifelt versuchen, aus dieser Situation herauszukommen: Hauptschüler würden nicht verschwinden, wenn man die Hauptschule abschafft. - Meine Damen und Herren von CDU und FDP, zum Hauptschüler wird man nicht geboren. Dazu wird man meistens gemacht.
Es gibt kein Naturgesetz, dass ein Viertel der niedersächsischen Jugendlichen bestenfalls die Lesekompetenz der untersten PISA-Stufe erreichen soll. Zum Hauptschüler wird man durch Entmutigung und durch zu wenig Förderung gemacht, Entmutigung, indem man schon in der Grundschule gesagt bekommt: „Bei dir reicht es nur zur Hauptschule“, und mangelnde Förderung, indem man Kindern die Möglichkeit nimmt, am Vorbild leistungsstärkerer Schüler zu lernen. „Anregungsarmes Lernmilieu“ nennen das die PISA-Forscher. Sie sehen genau darin das Hauptproblem unseres Schulsystems. Deshalb kann man System und Unterrichtskultur nicht voneinander trennen. Schulen, in denen Kinder mit besonderen Lernschwierigkeiten zu konzentriert alleine beschult werden,
sind ein pädagogischer Irrweg. Das müssen Sie längst einsehen.
Aber auch unsere Gymnasien sind bei Weitem nicht so, dass sie die breite und hohe Leistungsspitze der PISA-Siegerländer, wie Finnland und Schweden, hervorbringen. Auch Gymnasien müssen sich grundlegend zu Schulen wandeln, die auf alle Talente der Kinder Wert legen, die sie überhaupt erkennen und diese fördern, und sie dürfen kein Kind mehr abschulen.
Meine Damen und Herren, mit dem SPD-Antrag sind wir grundsätzlich einverstanden. Wir finden ihn aber noch zu zaghaft. Wir brauchen nicht einige gemeinsame Schulen zusätzlich neben den aussortierenden Schulen, sondern alle Schulen müssen fit gemacht werden
für einen Unterricht, der jedes Kind optimal fördert.
Wenn Kinder unterschiedlicher Leistungsfähigkeit und verschiedener Altersgruppen gemeinsam und miteinander lernen, dann ist das keine Kuschelpädagogik, sondern damit steigt die Leistungsfähigkeit unseres Schulsystems in der Breite und in der Spitze.
Genau deshalb brauchen wir eine längere gemeinsame Schulzeit ohne Aussortierung.
Das ist es, Herr Klare, was viele Eltern in Niedersachsen wollen: längere gemeinsame Schulzeit, die Bildungswege für ihre Kinder länger offenhalten. Deshalb melden auch so viele Eltern ihre Kinder bei den Gesamtschulen an. Die Krux ist, dass Sie das unter allen Umständen ablehnen wollen.
Wir wollen eine gemeinsame neue Schule. Aber sie kann nicht von einem Tag auf den anderen eingeführt werden, sondern das muss ein Prozess sein. Jede Schule muss sich langsam aufsteigend dahin qualifizieren und von unten aufsteigend eine solche Lernkultur entwickeln. Deshalb schaffen wir nicht die Gymnasien ab, sondern wir qualifizieren sie weiter. Sie dürfen nicht mehr sitzenbleiben lassen und nicht mehr abschulen. Jede Schule
entwickelt sich zu einer solchen Schule. Damit schaffen wir ein chancengerechteres und leistungsfähigeres Schulsystem.
Das wollen Sie nicht wahrhaben; denn Sie wollen die Gymnasien von Kindern freihalten, die für die Realschule und für die Hauptschule empfohlen sind. Damit wollen Sie ganz klar Bildungswege für die Kinder der Besserverdienenden reservieren. Das wollen wir nicht.
Unser Ziel ist: Chancengerechtigkeit für alle und eine leistungsfähige Schule.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schwarz, es ist nicht das erste Mal, dass Sie extra hier einem das Wort im Mund verdrehen. Sie wissen ganz genau, dass ich nicht gesagt habe, dass Hauptschüler in der Grundschule gemacht werden;
vielmehr werden Hauptschüler auch durch Sozialisation gemacht.
- Frau Kuhlo, melden Sie sich doch zu Wort! Als Vizepräsidentin erwarte ich eigentlich von Ihnen, dass Sie nicht nur dazwischenrufen.
Wenn Sie den Kindern in einem Schulsystem vor allem klarmachen, was sie nicht können,
anstatt ihnen klarzumachen, was sie können, und jedes Kind mit seinen Stärken zu fördern,
dann sorgen Sie dafür, dass die entmutigten Kinder nachher in der Förderschule, in der Hauptschule landen.
Dafür sorgen Sie mit Ihrem dreigliedrigen System, in dem Sie die Kinder bereits im Alter von zehn Jahren sortieren. Sie wissen doch genau, dass die Durchlässigkeit dann dahin ist.
Natürlich gibt es keine geborenen Hauptschüler. Aber Sie sorgen dafür, dass die Kinder aus bildungsfernen Schichten, in denen sich niemand darum kümmern kann, wohin das Kind geht, letztendlich auf der Hauptschule landen. Denen rauben Sie die Lebens- und Bildungschancen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Minister Busemann hat vorhin gesagt, individuelle Förderung in der gemeinsamen Schule sei an sich schon ein Widerspruch. Wer als Kultusminister hier so etwas erzählt, der ist eigentlich nicht fähig, weiter in seinem Amt zu verbleiben - und wird es wohl auch nicht.
Wenn das ein Erziehungswissenschaftler, ein Kollege in der Grundschule, in der Hauptschule oder sonst irgendwo hört, dann sträuben sich dem die Nackenhaare. Ich könnte auch sagen: Da redet das Pferd vom Fliegen.
Herr Busemann, Sie haben gesagt, nicht ideologische Debatten, sondern praktikable Lösungen
seien gefragt. Aber die praktikablen Lösungen verhindern Sie gerade. Herr Jüttner hat es gesagt. Die Schulträger wollen längst Integrierte Gesamtschulen errichten, Sie nicht. Am Dienstag haben Sie unseren Gesetzentwurf, mit dem das Neuerrichtungsverbot aufgehoben werden sollte, abgelehnt.
- Welche Schulträger? Fragen Sie einmal im Ministerium nach, wie viele Anfragen inzwischen vorliegen!
Herr Busemann, Sie machen sich Sorgen um unser Wahlergebnis.
Ich kann das ja verstehen. Denn was sollen Sie in der Schulpolitik hier noch Neues bringen, wenn Sie nicht unsere Initiativen hätten?
Ich will Ihnen noch etwas sagen: Die NovemberUmfrage von Infratest-dimap hat sich auch mit der Frage beschäftigt, wie eigentlich die Wählerschaft von CDU, FDP, Grünen und SPD zur Frage der Aufhebung des Neugründungsverbotes von Gesamtschulen steht. Die Mehrheit, also auch Ihre eigenen Anhänger, hat sich für die Aufhebung dieses Neugründungsverbotes entschieden.
Also sind sie auf unserer schulpolitischen Linie. Und dann machen Sie sich Sorgen um unsere 10 %? - Die werden wir locker toppen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Sander, wenn man Sie so zu Kohlekraftwerken hört, hat man das Gefühl, dass Sie dann, wenn Sie in Zukunft von Ihrem Zwölfliterauto auf ein Zehnliterauto umsteigen, eine umweltpolitische Glanztat begangen haben. Das reicht nicht. Es gibt inzwischen auch andere Sachen. Das ist genauso bei der Kohlekraft und bei der Energieproduktion.
Sie haben von den Schwierigkeiten bei der KraftWärme-Kopplung berichtet. Dazu möchte ich ein Zitat des Ministers Hirche aus dem Juni-Plenum vortragen. Ich zitiere Herrn Hirche mit der Genehmigung des Präsidenten:
„Angesichts der dezentralen Siedlungsstruktur im Lande setze ich viel stärker auf dezentrale Energieversorgungen, Kleinstblockheizkraftwerke
und Ähnliches. An den Stellen, an denen sie sinnvoll ist, kann auch die Kraft-Wärme-Kopplung eine Rolle
spielen.“
„Das gilt beispielsweise“
- hören Sie erst einmal zu, bevor Sie so laut klopfen
„für den Standort Dörpen.“
- Zu Recht!
Frage: Was hat denn die Landesregierung zur Nutzung der Abwärme am Standort Dörpen unternommen? Gab es z. B. Verhandlungen mit potenziellen Wärmeenergienutzern, z. B. der Papierfabrik?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ministerpräsident Wulff hat vorhin auf den besonderen Energiebedarf der Xstrata Zink in Nordenham hingewiesen. Meine Frage: Herr Ministerpräsident, sind Ihnen Pläne bekannt, auch dort in Nordenham ein Kohlekraftwerk zu errichten?
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Kurzintervention bezieht sich auf Frau Leuschner. Frau
Leuschner, ich gebe Ihnen ausdrücklich recht. Sie haben hier wichtige Dinge angesprochen, die wir ausdrücklich unterstützen. Sie haben besonders Frauenschicksale angesprochen. Herr Biallas, an ein Frauenschicksal, den Fall Zarah Kameli, erinnern wir alle uns hier im Landtag noch sehr gut. Sie haben die Härtefallkommission hier ausdrücklich verteidigt. Wissen Sie was? - Sie müssen doch zugeben, dass dieser Fall Zarah Kameli nach den
Kriterien gar nicht erst von der Härtefallkommission angenommen worden wäre. Diese Fälle haben Sie von vornherein ausgeschlossen. So sehen die Hürden Ihrer Härtefallkommission aus!
Herr Minister, Sie haben vorhin ausgeführt, die Verunreinigung mache 0,03 % aus, dies sei eine kleine Menge. Ich stelle fest, dass die derzeitige Rechtslage in der Bundesrepublik jegliche Kontamination verbietet; der Grenzwert beträgt null. Mein Kollege Klein hat vorhin gefragt, wie Sie denn sicherstellen wollen, dass auf den über 200 ha verseuchtem Gebiet, das jetzt umgepflügt worden ist, in den nächsten 15 Jahren tatsächlich kein gentechnisch veränderter Raps nachwachsen kann. Diese Frage haben Sie noch nicht beantwor
tet. Werden Sie das auf diesen Flächen für die nächsten 15 Jahre sicherstellen können?
Frau Ministerin, Sie haben vorhin die Zahlen der Strafverfahren gegen Jugendliche und junge Heranwachsende genannt. Gerade in diesem Bereich ist es besonders wichtig, dass die Zeit von der Verurteilung oder dem Spruch des Jugendrichters bis zum Strafantritt nicht zu lang wird, damit Jugendliche überhaupt noch wissen, wofür sie eine Strafe verbüßen müssen oder wofür sie einen Arrest bekommen. Ich frage Sie: Wie hat sich im Durchschnitt die Zeitspanne vom Spruch des Jugendrichters bis zum Arrestantritt bei Jugendlichen und jungen Heranwachsenden entwickelt, und wo liegt sie im Moment in Niedersachsen?
Frau Präsidentin! Frau Ministerin, ich möchte die Frage von Herrn Jüttner noch etwas präzisieren: Welche Vorkehrungen haben Sie getroffen, damit so etwas nicht mehr passiert?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben bereits am Mittwoch in der Aktuellen Stunde deutlich gemacht, dass selbst in einer Phase des Aufschwungs die Zahl der ausbildenden Betriebe in Niedersachsen zurückgegangen ist und die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze eben nicht gestiegen ist. Wenn selbst ein Aufschwung weitgehend am Lehrstellenmarkt vorbeigeht, müssen wir doch endlich zur Kenntnis nehmen, dass unser System der beruflichen Bildung strukturell in einer sich weiter verschärfenden Krise steckt. Es ist leider bei Weitem nicht so, dass jetzt alle Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz suchen, auch einen bekommen. Auf einen Bewerber in Niedersachsen kommen statistisch aktuell nur 0,67 Ausbildungsstellen. Angesichts dessen können Sie doch nicht von Erfolg sprechen.
Meine Damen und Herren, ich habe bereits am Mittwoch darauf hingewiesen, dass wir einen riesigen Berg von Altbewerbern vor uns herschieben. Bundesweit stecken ca. 500 000 Jugendliche in Warteschleifen, in sogenannten Übergangssystemen. Eine halbe Million junge Leute wissen, dass ihnen diese Warteschleifen so gut wie nichts bringen. Damit geben wir 500 000 Jugendlichen zu verstehen: Eigentlich brauchen wir euch nicht. - Dass diese jungen Menschen frustriert sind, dass ihnen die Motivation verloren geht, ist doch klar. Die Ausbildungsfähigkeit der Betroffenen nimmt
durch solche Maßnahmen leider nicht zu. Im Gegenteil, sie nimmt häufig sogar noch ab.
Meine Damen und Herren, notwendige Reformen sind in Aufschwungphasen, wie wir sie im Moment glücklicherweise haben, viel einfacher. Die Reformen müssen jetzt angegangen werden. Herr Minister Hirche und Herr Minister Busemann machen aber nichts anderes als Durchwursteln und Gesundbeten, und ihre Fraktionen machen das auch noch mit.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, zur Aktuellen Stunde vom Mittwoch will ich Ihnen noch sagen: Ihr Schönreden der Situation bringt uns keinen Millimeter weiter.
Das ist außerdem eine unglaubliche Ignoranz gegenüber den Jugendlichen, die keinen Ausbildungsplatz finden und sich immer wieder bewerben.
Sie reden hier über junge Menschen. Reden Sie einmal mit denen, die keinen Ausbildungsplatz bekommen haben! Dann wissen Sie vielleicht, wie groß der Handlungsdruck ist.
Wir haben Ihnen bereits im Plenum im März mit unserem Antrag einen Weg aufgezeigt, wie wir dieses Problem vernünftig angehen können. Fast acht Monate hatten Sie Zeit, um darauf zu reagieren und gemeinsam vernünftige Lösungen zu entwickeln,
die auch über den nächsten Abschwung hinaus tragfähig sind. Wir haben in dieser Zeit interfraktionelle Gespräche geführt. Trotzdem haben Sie es nicht einmal geschafft, rechtzeitig zur letzten Ausschussberatung Ihre Vorstellungen tatsächlich auf den Tisch zu legen. Dabei - seien Sie doch einmal ehrlich! - hat Ihr Minister doch längst Konzepte erarbeiten lassen, die ganz stark in unsere Richtung gehen. Das zeigt mir, dass Sie sich vor der Wahl an dieses wichtige Thema nicht herantrauen, weil Sie großen Widerstand befürchten. Herr Minister Busemann, aus wahltaktischen Gründen sitzen Sie seit Jahren dieses Problem aus und tun nichts.
Dies geschieht auf Kosten von jungen Menschen, denen jedes Jahr die berufliche Perspektive mehr verloren geht.
Meine Damen und Herren von der Koalition, ich stelle fest, dass Sie zumindest den einen oder anderen Punkt unseres Antrages halbherzig aufgegriffen haben. Ich nenne beispielsweise - Herr von Danwitz sprach darüber - die Notwendigkeit der stärkeren Modularisierung der Ausbildung und der Anerkennung von Teilqualifikationen. Übrigens brauchen Sie dafür nicht erst auf die Bundesebene einzuwirken. Sie hätten längst entsprechend handeln können; denn das novellierte Berufsbildungsgesetz von 2005 erlaubt dies längst. Ihre Landesregierung muss diesbezüglich nur endlich einmal in Wallung kommen. Sie hätten längst aktiv werden können. Außer den üblichen Ritualen mit Appellen an die Wirtschaft und Beschwören des tollen Ausbildungspaktes ist Ihnen aber leider nichts eingefallen.
Sie gehen mit Ihrem Vorschlag auch nicht weit genug. Wir brauchen einen vollständigen Umbau der Übergangssysteme. Da wird jede Menge Geld erfolglos ausgegeben, damit man sagen kann: Die Statistik stimmt, die Leute sind versorgt. - Wenn wir die Übergangssysteme ohnehin finanzieren, warum dann nicht gleich darin enthaltene Ausbildungsanteile zertifizieren und auch anerkennen, warum nicht vollzeitschulische Ausbildung mit hohen betrieblichen Praxisanteilen zeitlich befristet einrichten, damit der Berg von Altbewerbern endlich eine Chance auf Ausbildung erhält, warum teure Warteschleifen finanzieren, wenn wir dafür auch Ausbildung bekommen können?
Meine Damen und Herren von der CDU und ganz besonders von der FDP, Sie denken, glaube ich, immer: Alles, was die Wirtschaft macht, ist toll, und alles, was unter staatlicher Ägide mitverantwortet wird, ist des Teufels. - Mit dieser Sichtweise können Sie die Probleme nicht lösen. Wie viele Beweise brauchen Sie denn noch, dass die Wirtschaft allein es nicht richten kann? Reichen Ihnen eine halbe Million Jugendliche in Warteschleifen immer noch nicht? Reicht es Ihnen nicht, dass die Zahl ausbildender Betriebe selbst im Aufschwung weiter abnimmt? Es ist doch ein Skandal, wie durch Ihre Tatenlosigkeit die Potenziale junger Menschen seit Jahren vergeudet werden.
Meine Damen und Herren, auch zu den Jugendlichen, die in Ihrem Schulsystem gescheitert sind, sagen Sie nichts. Wir haben in unserem Antrag den Vorschlag gemacht, Produktionsschulen einzurichten. Ich habe mir Produktionsschulen angesehen. Es ist erstaunlich, zu welchen Leistungen die jungen Leute dort fähig sind, welche Motivation auf einmal diejenigen aufbauen, die bisher immer gescheitert sind. Diese Gruppen erreicht man nicht mit schulischen Maßnahmen. Sie müssen endlich die positive Erfahrung machen, dass sie gebraucht werden und dass sie auch etwas können. Diese jungen Menschen sind uns nicht egal. Deshalb wollen wir verstärkt Produktionsschulen einrichten. Dazu sagen Sie nichts.
Meine Damen und Herren, den Vorschlag der SPD-Fraktion, das Recht auf Berufsausbildung in die Verfassung aufzunehmen, finde ich richtig. Entscheidend ist aber, dass auch eine vernünftige Umsetzung erfolgt. Sonst nützen hehre Ziele in der Verfassung wenig.
Für die Regierungsfraktionen gilt - damit komme ich zum Schluss -: Nur mit Gesundbeterei, mit Statistiktricks und mit seit Jahren erfolglosen Appellen an die Wirtschaft ist es nicht getan. Wer Tausende junger Leute achselzuckend in die Perspektivlosigkeit entlässt, der gehört abgewählt. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Körtner, deutlicher konnten Sie eigentlich nicht bestätigen, dass das, was ich gesagt habe, richtig ist. Ihnen sind die 500 000 Jugendlichen in Warteschleifen tatsächlich egal.
Da hören Sie nur auf die Wirtschaft. All die Jugendlichen, die jetzt Tag für Tag ihre Bewerbungen schreiben, interessieren Sie offensichtlich nicht. Sie haben nicht zur Kenntnis genommen, dass die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze abgenommen hat. Gucken Sie sich doch die neueste Statistik der Bundesagentur für Arbeit für Nie
dersachsen an: minus 0,2 % bei den betrieblichen Ausbildungsplätzen. Ein Zuwachs ist alleine bei der schulischen Ausbildung zu sehen.
Außerdem sind Ihre Fachleute nur die eine Seite. Unterhalten Sie sich einmal mit denjenigen, die seit Jahren wissenschaftlich erforschen, wie sich die Übergangssysteme und das duale System entwickeln! Das duale System nimmt immer mehr ab. Immer weniger Betriebe bilden aus, nur noch 21 %. Da können wir doch nicht zugucken und unseren jungen Leuten sagen: Macht nichts, die Wirtschaft wird’s schon richten! - Das ist zu wenig.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Hermann, ich habe nur eine Frage an Sie: Wissen Sie, dass es Ihr schulpolitischer Sprecher vorgezogen hat, den Barnstorfer Krammarkt zu besuchen, statt an den entscheidenden Ausschussberatungen zum Thema dieses Antrages teilzunehmen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für uns ist es schon ein großer Unterschied, Frau RossLuttmann, ob eine Frauenbeauftragte hauptamtlich oder ehrenamtlich angestellt ist.
Es geht nämlich um eine klare Absicherung eines bestimmten Stundenvolumens und um die Umsetzung des Gleichstellungsauftrages. Von einer Frauenministerin zu hören, dass es egal ist, ob eine Gleichstellungsbeauftragte haupt- oder ehrenamtlich beschäftigt ist, tut richtig weh - auch mit Blick auf die gesamte Frauenbewegung, die das auf den Weg gebracht hat.
Wir haben gehört, dass es von einmal 184 hauptamtlichen Frauenbeauftragten seit Ihrer Radikalkur inzwischen nur noch 129 gibt. In Niedersachsen gibt es 232 ehrenamtliche Frauenbeauftragte. Ich frage die Landesregierung: Können Sie uns sagen, in welchem Stundenumfang diese Ehrenamtlichen für den wichtigen Verfassungsauftrag der Gleichstellung tätig sind?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ross-Luttmann, Sie haben gerade gesagt, die Anerkennung durch die Kommunen sei für die Gleichstellungsbeauftragten sehr wichtig. Das ist richtig. Aber die Anerkennung allein reicht nicht. Sie brauchen auch eine vernünftige Bezahlung und eine rechtliche Absicherung.
Beides haben Sie durch die mit Ihrer Mehrheit beschlossenen Novellierung der Gemeindeordnung und der Landkreisordnung verändert.
Die Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Frauenbüros berichtet seit der von Ihnen vorgenommenen Änderung des Abwahlmodus davon, dass Frauenbeauftragte massiv verunsichert sind, dass sie sich willfährig verhalten müssen, weil sie inzwischen mit einfacher Mehrheit abgewählt zu werden drohen und weil die landesweite Ansage ist, dass die Hauptamtlichkeit abgeschafft wird.
Deshalb meine Frage: Sind Sie vor diesem - aus meiner Sicht skandalösen - Hintergrund bereit, über den Abwahlmodus in der Gemeindeordnung und Landkreisordnung neu nachzudenken? Ich finde, da ist insbesondere Herr Schünemann in der Pflicht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Rösler, Ihr Minister Hirche scheint ja ganz schön unter Druck zu stehen, dass Sie meinen, ihn heute mit einer Aktuellen Stunde in ein bisschen besseres Licht rücken zu müssen.
Es tut mir leid, es Ihnen hier sagen zu müssen: Gerade mit „dem Ausbildungspakt“ haben Sie dafür das falsche Thema erwischt. Es ist in der Tat eine gute Nachricht, dass der konjunkturelle Aufschwung jetzt auch in Niedersachsen angekommen ist. So möchte man beim oberflächlichen Betrachten der neuen Zahlen zum Ausbildungsmarkt meinen.
Einen Zuwachs um bis zu 7 % melden die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände unisono. Rund 46 500 junge Männer und Frauen sollen in diesem Jahr einen Vertrag unterschrieben haben.
- Das ist schön. - Aber wer genau hinsieht, der mag nicht richtig in Feierlaune kommen - schauen Sie sich die Daten einmal genau an -, denn hier feiert sich eine Landesregierung, die unterdurchschnittlich vom Aufschwung der Wirtschaft profitiert. Während hierzulande der Zuwachs um 7 % wie ein Siebenmeilenschritt gefeiert wird, melden die Bundesländer im Durchschnitt einen Zuwachs an Ausbildungsstellen um fast 13 %, also um fast doppelt so viele.
Einen Erfolg in der niedersächsischen Ausbildungsmarktpolitik kann ich darin nicht erkennen, Herr Rösler.
Wer sich die Mühe macht und die Zahlen des aktuellen Ausbildungsberichts genauer studiert, der muss feststellen, dass gegen den Bundestrend hierzulande die Zahl der traditionellen Ausbil
dungsplätze um 0,2 % sogar abgenommen hat, während bundesweit ein Zuwachs um 2,1 % zu verzeichnen ist.
Um 230 % stark angestiegen ist dagegen die Zahl der außerbetrieblichen Ausbildungsplätze, vor allem in den Übergangssystemen. Damit ist aus meiner Sicht der Ausbildungspakt doch wohl gescheitert.
Die Partner haben ihre Zusagen nicht eingehalten. Wir haben nicht mehr klassische Ausbildungsplätze im dualen System, sondern weniger. Damit wollen Sie heute punkten, Herr Rösler und Herr Hirche?
Noch etwas lässt bei uns keine Feierstimmung aufkommen: Es bilden immer weniger Betriebe aus. Während im letzten Jahr noch 23 % der Betriebe ausbildeten, sind es in diesem Jahr nur noch 21 %. Ich will hier nicht darüber streiten, ob es ein paar Hundert Ausbildungsverträge mehr oder weniger sind; denn jeder einzelne ist wichtig. Wir sollten aber über die Jugendlichen, die jungen Männer und Frauen reden, die jedes Jahr wieder in Warteschleifen verschwinden und über die Sie hier kein Wort verloren haben.
Tatsache ist doch, dass von den fast 71 000 niedersächsischen Bewerbern in diesem Ausbildungsjahr 24 000 keinen Ausbildungsvertrag unterschrieben haben. Selbst wenn wir großzügig sind und die vollzeitschulische Ausbildung, den Zivildienst und diejenigen, die dann doch noch zum Studium gegangen sind, herunterrechnen, bleibt immer noch eine erschreckend hohe Zahl von jungen Menschen, die in den sogenannten Übergangssystemen - ich will es einmal so sagen - geparkt werden, in denen sie schlimmstenfalls mangels Perspektive die Motivation völlig verlieren. Ein anderer Teil - auch den wollen wir nicht vergessen - geht ohne jegliche Ausbildung in einen Job - häufig ein Weg, der ganz schnell in der Sackgasse Arbeitslosigkeit landet.
Nicht ohne Grund, Herr Rösler, liegt die Arbeitslosenquote in Niedersachsen bei den unter 25
Jährigen aktuell bei 9,6 %, während sie in den westlichen Bundesländern im Durchschnitt bei nur bei 7,1 % liegt. Wieder kein Grund zum Feiern und Jubeln. Wo Sie da die Erfolge Ihrer Regierungsarbeit sehen, ist mir schleierhaft.
Hören Sie auf, Erfolge zu feiern, die keine sind. Sie verhöhnen damit die Jugendlichen, die eine Bewerbung nach der anderen schreiben, nichts als Absagen bekommen und sich schließlich in Übergangssystemen wiederfinden - Hauptsache, sie gelten in der Statistik als versorgt.
Schauen Sie genauer hin, und versuchen Sie endlich mit uns gemeinsam, die strukturelle Misere auf dem Ausbildungsmarkt in den Griff zu kriegen.
Wir haben dazu unsere Vorschläge vorgelegt und werden am Freitag im Landtag darüber abstimmen. Dann wird man sehen, wie wenig ernsthaft sich Ihre Fraktionen in den vergangenen Jahren mit diesem schwierigen Problem befasst haben. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Minister Busemann hat am 10. Juli erklärt, er fahre seit ein paar Tagen mit offenen Fenstern durchs Land, aber den Ruf nach mehr Gesamtschulen könne er nicht vernehmen. Ich hoffe, Herr Minister, diese Schwerhörigkeit war nicht darauf zurückzuführen, dass Sie sich auf Ihren Fahrten bei offenem Fenster eine schwere Mittelohrentzündung zugezogen haben.
Wie dem auch sei, der Ministerpräsident hat offensichtlich bessere Ohren. Nachdem auch der Landeselternrat das Neuerrichtungsverbot für Gesamtschulen scharf kritisiert hatte, hat Ministerpräsident Wulff Mitte September gegenüber der Presse erklärt, er sei offen für neue Gesamtschulen - in einzelnen Fällen, unter bestimmten Bedingungen. Damit ist der Ministerpräsident seiner eigenen Parole gefolgt, vor den Landtagswahlen alle Streitthemen abzuräumen. Aber, Herr Ministerpräsident - leider ist er nicht anwesend -, so einfach geht das mit dem Abräumen bei diesem Thema nicht.
Mit der Ankündigung, das Neugründungsverbot für Gesamtschulen zu lockern, wird die ganze Konfusion und Perspektivlosigkeit Ihrer Schulpolitik erst richtig sichtbar. Es fängt schon bei der Frage an, wo neue Gesamtschulen zugelassen werden sollen. Ministerpräsident Wulff hat gegenüber der Presse erklärt, neue Gesamtschulen solle es dort geben, wo es noch keine gebe. - Was auch immer das im Detail bedeuten soll, die Aufhebung des Gesamtschulgründungsverbots ist längst überfällig.
Es ist, meine Damen und Herren, mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht vereinbar, dass die Eltern in manchen Landkreisen die Möglichkeit haben, ihr Kind an eine Gesamtschule zu schicken, in anderen aber nicht. Zusätzliche Gesamtschulen sind gerade auch in den Kommunen nötig, in denen es schon welche gibt. 2 857 Kinder mussten an den bestehenden Standorten in diesem Jahr abgelehnt werden, weil die Plätze nicht reichten. Diese Zahl - das wissen Sie aus Ihren Kommunen genau - steigt von Jahr zu Jahr.
Gerade dort, wo bereits Gesamtschulen mit großem Erfolg arbeiten, wird deutlich, wie groß der Bedarf an zusätzlichen Plätzen ist.
Dies zeigt, meine Damen und Herren von CDU und FDP, dass sich gute Gesamtschulen bewährt haben und immer mehr nachgefragt werden,
erst recht nach Ihrer sogenannten Schulstrukturreform von 2003.
Seit Ministerpräsident Wulff angekündigt hat, das Gesamtschulneugründungsverbot zu lockern, vergeht kaum ein Tag, an dem in der Presse nicht von neuen Gesamtschulinitiativen berichtet wird. Dies gilt für die Städte und Kreise wie Hannover, Braunschweig, Oldenburg und Schaumburg, in denen die bestehenden Gesamtschulen völlig überlaufen sind; es gilt aber auch für Kommunen - jetzt hören Sie genau hin! -, in denen es noch keine Gesamtschulen gibt, wie es z. B. in Celle, Lüneburg und Bad Münder der Fall ist. Vor Ort werden diese Initiativen interessanterweise auch von CDU und FDP unterstützt.
Die Ankündigung des Ministerpräsidenten, das Gesamtschulneugründungsverbot zu lockern, war nur dazu da, Druck aus der Debatte zu nehmen, damit Sie nicht mehr über neue Schulstrukturen reden müssen. Ich glaube, Sie haben mit dieser Reaktion nicht gerechnet. Im ganzen Land ist es plötzlich zu neuen Initiativen für Gesamtschulgründungen gekommen.