Canan Bayram

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Meine Nachfrage lautet, ob dem gesamten Senat trotz eigener Präsenz vor Ort keine Erkenntnisse vorliegen oder nur der Wirtschaftssenatorin nicht.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Senator! Sie haben schon vor über einem Jahr zugesagt, dass es für Träger möglich sein soll, Wohnungen für Geflüchtete anzumieten, um genau diese Problematik zu lösen. Was ist denn seitdem passiert?
Seit über 24 Stunden ist die ganze Straße dort gesperrt, auch der Schulweg. Anwohner und andere können sie nicht mehr nutzen. Wie lange sollen diese Bauarbeiten, die die Polizei Berlins als exklusive Werbekampagne für Herrn Henkel dort veranstaltet, andauern? Wie lange müssen die Anwohner das hinnehmen?
(Senator Mario Czaja)
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Senator! Wer führt denn dann die Arbeiten durch? Sind dafür, wie ich es gehört habe, die Hochbauämter zuständig, und werden dann die Bezirke mit Mitteln ausgestattet, damit sie das auch machen können?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Innensenator! Meine Frage: Ermittelt jetzt in Treptow-Köpenick bei diesem Brandanschlag der Staatsschutz und, wenn ja, warum?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag, den die Piratenfraktion heute eingebracht hat, beschäftigt sich mit der Lebenssituation der Menschen ohne Papiere, von denen es sehr viele in unserer Stadt gibt. Der Vorschlag ist, wie es der Kollege Reinhardt gesagt hat, nicht konkret, ist allgemein gehalten. Es soll eine Legalisierungswelle geben.
Die Lebenssituation der Menschen ohne Papiere ist tatsächlich, wie hier schon teilweise geschildert wurde, dergestalt, dass die Menschen in einer ständigen Angst
vor Kontrolle, vor Abbruch der bestehenden Lebenssituation leben. Sie werden sehr kreativ dabei, jeden Tag ums Überleben zu kämpfen. Jetzt wäre die Frage, wie wir für diese Menschen eine Lösung herbeiführen können, denn diese permanente Situation ohne Papiere, ohne wirkliche staatliche Unterstützung macht den Menschen das Leben schwer. Die Perspektive durch eine Legalisierung wäre, eine Zukunft in Deutschland zu haben. Dieses Anliegen finden wir als Bündnis 90/Die Grünen auch richtig.
Aber da wir hier alle wissen, dass das eine schwierige Aufgabe ist, die in dem Antrag formuliert ist, müssen wir uns auch mit der Situation beschäftigen, wie es denn derzeit den Menschen hier geht und welche dringenden Bedarfe die Leute ohne Papiere haben. Einige Themen wurden hier schon angesprochen. Die Menschen arbeiten trotzdem, meist eben in der sogenannten Schattenwirtschaft. Das war für Spanien ein zentrales Anliegen, eigentlich als Kampf gegen die Schattenwirtschaft gedacht, eine Legalisierungswelle einzubringen, um klar zu haben, dass alle Arbeitsverhältnisse vom Staat mit kontrolliert werden. Insoweit könnte man dort zwei Bereiche mit lösen.
Die medizinische Versorgung wirft sehr viele Probleme auf, denn dieses permanente Leben in der Angst zusammen mit einer schlechten Versorgungssituation macht auch krank. Ich denke, dass wir in Berlin durch die Kirchen und zivilgesellschaftliche Akteure hier Einrichtungen haben, Akteure haben, die tatsächlich Gutes auf den Weg bringen. Eigentlich wäre das aber eine staatliche Aufgabe, die das Land Berlin leisten müsste, unabhängig davon, ob die Menschen legalisiert werden, ob sie einen Status haben oder nicht, denn die Einhaltung der Menschenwürde erfordert es, dass der Staat diesen Menschen auch eine medizinische Versorgung gewährleistet.
Der letzte Punkt, der bereits angesprochen wurde, betrifft die Schulbildung. Hier muss ich alle lobend erwähnen, die sich dafür einsetzen, dass den Kindern und Jugendlichen in dieser schwierigen Gemengelage das bisschen Recht auf Bildung gewährt wird.
Vieles an Unterstützung findet in diesem Rahmen in einer Grauzone statt. Deswegen ist das Land Berlin schon eine Zufluchtsstadt, eine Stadt, in der Menschen ohne Papiere Zuflucht suchen, weil es hier etwas weniger schwierig ist als auf dem Dorf oder in kleineren Gemeinden, ohne legalen Aufenthaltsstatus zu existieren. Die Idee, dazu eine Bundesratsinitiative zu machen, hat natürlich etwas für sich. Wir sollten allerdings vorher überlegen, wie dieses Instrument angewendet werden soll, denn die Legalisierungswelle in Frankreich beispielsweise hat größtenteils eine Legalisierung für Familienangehörige gebracht. Unter 20 Prozent der ledigen Menschen konnten davon profitieren. Wir werden deshalb nicht darum
(Rainer-Michael Lehmann)
herumkommen, uns darauf zu verständigen, für welche Gruppe wir eine Lösung suchen. Wir werden auch darüber diskutieren müssen, wie insbesondere die Menschen, die schon sehr lange hier sind, das nachweisen können, um in den Genuss einer Erleichterung ihres Aufenthalts zu kommen.
Zum Abschluss meiner Rede will ich kurz erwähnen, dass wir das Thema „Menschen ohne Papier“ wahrscheinlich nie ganz lösen oder klären werden können. Menschen haben ein Recht, sich frei zu bewegen. Es gibt auch Menschen in dieser Stadt, die hier leben, die aber nicht bleiben wollen, die keine Anträge stellen wollen, sondern in andere europäische Länder oder andere Kontinente weiterziehen wollen. Wir sollten diese Diskussion beginnen, sie wird aber wohl eine längere Debatte erfordern. – Danke schön!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Geflüchtete, das Thema Frauen, auch geflüchtete Frauen haben wir hier häufiger behandelt. Jetzt hat die Linksfraktion einen Antrag eingebracht, der einen Aspekt herausstellt, der auch uns und meiner Fraktion sehr wichtig ist, denn es geht darum, dass es, wenn mehr Menschen in der Stadt sind, insbesondere geflüchtete Menschen, auch mehr Bedarf bei der Beratung und Unterstützung geben wird. Insoweit geht es bei dem Thema um Gleichstellung von Frauen, unabhängig davon, welcher Herkunft sie sind. Und das ist erst einmal richtig.
Frauen auf der Flucht sind besonders betroffen: von Gewalt, von Missbrauch, von Leid, das sie und mit der Verantwortung für ihre Kinder die Familien erfahren. Deswegen ist es wichtig, dass es aufhört, wenn sie in Berlin ankommen. Dafür brauchen wir Antidiskriminierungs- und Empowermentinstrumente. Genau das bieten die Frauenberatungsstellen, die Frauenhäuser und alles, was da mit dranhängt. Und spannend finde ich, dass wir viele Diskussionen zu dem Thema haben, wie Integration gelingt und wie wir gerade Frauen aus dem muslimischen Kulturkreis oder den muslimischen Ländern stärken. Da wäre es gerade richtig und wichtig, zu sagen: Wenn selbst Konservative so etwas anführen, es ernst meinen, dann müssten sie doch sofort diesem Antrag zustimmen, weil es genau darum geht, die Frauen in den Stand zu versetzen, ihre Frauenrechte, die ihnen nach dem Grundgesetz zustehen, tatsächlich geltend zu machen.
Daher kann man den Antrag hier nur unterstützen. Selbst wenn Sie ihn heute ablehnen, wie Sie das schon im Ausschuss getan haben, dann sollten Sie, liebe Frau Kolat, dennoch dafür sorgen, dass die Arbeit getan wird und sie sich als Frauensenatorin gegenüber den anderen in der Senatstruppe durchsetzen. Denn es ist der Bedarf da. Und mit den bestehenden Strukturen und Ressourcen können die Beratungsstellen das so nicht leisten. Wir haben mehr Bedarf, das heißt, wir müssen auch mehr Mittel zur Verfügung stellen.
Die Frau Kollegin Baba früher,
jetzt Frau Sommer, hat das auch angesprochen. Auch ich, Frau Vogel, will Sie noch einmal direkt ansprechen. Wie wollen Sie eigentlich Frauenpolitik oder auch Frauenpolitik für geflüchtete Frauen authentisch und glaubwürdig vertreten, wenn Sie auf der anderen Seite eine Gesellschaft bei einer Demonstration wählen, über die wir uns doch eigentlich hier im Haus schon einmal verständigt hatten, dass wir die meiden wollen, dass wir die auch nicht hier im Parlament oder auf der Straße haben wollen? Sie sagen, Frau Vogel, das sei Ihnen nicht bewusst gewesen, dass das NPDler waren und wer da alles auf der Demo gewesen sei. Gleichzeitig sagen Sie, man habe mit der Polizei gesprochen, wenn die Nazis hätten reden wollen, wären sie gehindert worden. Frau Vogel! Ich glaube, Sie haben jetzt in Ihrer Rede die Gelegenheit, sich zu distanzieren und sich klar wieder bei den Demokraten einzureihen, die sagen: Wir geben den Nazis keine Chance und stellen uns auch nicht mit ihnen in eine Reihe auf der Straße. – Danke schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Frau Kollegin! Ich habe Ihnen wirklich die Gelegenheit gegeben, sich in meiner Rede zu erklären.
Ich finde es unglaublich, dass Sie es, nach dem, was Sie vorher gemacht haben, noch nicht einmal für nötig befinden, im Parlament darzustellen, warum Sie mit NPDlern zusammengestanden haben
und Sie verhindern wollen, dass in diesen Unterkünften auch geflüchtete Frauen untergebracht werden sollen.
Ich frage mich wirklich, wie Sie als frauenpolitische Sprecherin noch glaubwürdig Politik machen können,
wenn Sie hier vortragen, was Sie angeblich in diesem Senat machen und was Ihre Koalition will,
und Sie sich gleichzeitig in einer tragenden Rolle in einer Initiative gegen Menschen, gegen Frauen, gegen Familien, gegen Kinder wenden, die nicht dort hinkommen sollen, und Sie dafür sogar bereit sind, in Kauf zu nehmen, dass Sie von Rassisten, Nazis – neue und alte –, NPDlern, AfDlern und wie der ganze Kram da heißt, unterstützt werden, wenn Sie mit denen gemeinsam auf der Straße stehen. Das kann Ihnen doch nicht egal sein!
Gleichzeitig ist Ihr Senatsmitglied Czaja in alle Senatssitzungen eingebunden und hat diesen Standort mitgetragen. Ich verstehe das wirklich nicht. Haben Sie als Abgeordnete denn keine andere Möglichkeit, Ihre Bedenken gegen den Standort vorzutragen als in einer Reihe mit der NPD? Es will mich nicht überzeugen; ich kann es nicht verstehen. Ich bin emotional, und dazu stehe ich auch.
Ich möchte Sie bitten, sich hier zu erklären,
welche weiteren Aktionen Sie mit der NPD vor Ort gemeinsamen planen. Was tun Sie, um das, was wir heute besprochen haben – die Versorgung und Unterstützung geflüchteter Frauen – tatsächlich zu gewährleisten? Nur eines von beiden geht! Frau Vogel! Sie müssen sich entscheiden: Wollen Sie etwas für die geflüchteten Menschen tun, oder wollen Sie mit der NPD gemeinsam eine Flüchtlingsunterkunft verhindern? Sind Sie dafür wirklich bereit, sich aus der Gruppe – Sie haben es hier doch mitgekriegt – der Demokraten zu verabschieden? Ist Ihnen das Anliegen so wichtig?
Sind Sie bereit, sozusagen mit jedem dagegen zu protestieren?
Das wäre wirklich schade, weil wir in diesem Parlament mal einen Grundkonsens hatten, dass die Demokraten zusammenstehen –
gegen Nazis und Rassisten. – Danke schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Innensenator! Sie haben gerade selbst vorgeführt, auf welchem Auge Sie blind sind.
Daher die Frage: Werden Sie sich mit dem Rektor der Hochschule unterhalten, und werden Sie in Zukunft dafür sorgen, dass sich solche unverhältnismäßigen Eingriffe seitens der Polizei nicht wiederholen?
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Senator Czaja! Der Bericht, den der Kollege erwähnt hat, ist aus dem Jahr
(Fabio Reinhardt)
2015, vom Oktober. Haben Sie seitdem etwas an Ihrer Praxis geändert, oder sind Sie unbelehrbar?
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Senator Henkel! Sind Sie denn nicht auch der Ansicht, dass ein starkes Berlin auch eine Jugendfeuerwehr braucht?
Wie lange wird es denn dauern, bis die Jugendlichen endlich die Klamotten bekommen?
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Spätestens seit dem Rechnungshofbericht, der heute hier schon erwähnt wurde, vom Oktober 2015 wusste Herr Senator Czaja um die rechtswidrige Vergabepraxis im Landesamt für Gesundheit und Soziales. Warum hat Herr Czaja danach dennoch den Auftrag an die Firma Arvato ohne Ausschreibung erteilt?
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Senator! Zu den Kritikern zählt auch Herr Wegener von der CDU.
Wie erklären Sie sich das denn, dass er einer ist, der Ihnen dort eine Unregelmäßigkeit bei der Auftragsvergabe unterstellt? Haben Sie dafür eine Erklärung?
Meine Frage lautet, wie lange der Mitarbeiter, der jetzt der Bestechlichkeit beschuldigt wird, in einer Position eingesetzt war, in der er für Vergabeangelegenheiten zuständig war.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat: Seit Längerem beschäftigen uns Patenkind-Affäre, Mauscheleien beim LAGeSo; Herr Senator Czaja ist dafür verantwortlich.
Inwieweit wurden Antikorruptionsrichtlinien eingehalten? Inwieweit ist die Innenrevision jetzt damit beschäftigt, die Korruptionsvorwürfe zu untersuchen? Wann hört das eigentlich endlich auf?
Ich muss dann schon kurz feststellen: Der Vorwurf, der im Raum steht, ist ja, dass ein LAGeSo-Mitarbeiter Geld erhalten hat – im Zusammenhang mit einer Unterkunft. Deswegen verstehe ich Ihren Ansatz da nicht.
Aber die Frage ist: Sind Sie der Ansicht, dass Sie die erforderlichen Vorkehrungen getroffen haben, dass sich etwas Vergleichbares nicht wiederholt? Können Sie das heute sagen? Oder passiert das gerade, während wir heute darüber reden?
[Beifall bei den GRÜNEN – Torsten Schneider (SPD): Das ist doch eine Suggestivfrage! – Kurt Wansner (CDU): Eine Unverschämtheit! – Anja Kofbinger (GRÜNE): Wenn nicht sogar Majestätsbeleidigung!]
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mal wieder beschäftigen wir uns mit dem Thema sichere Herkunftsstaaten. Noch viel schlimmer ist, dass jetzt sogar dazugekommen ist, den Familiennachzug einzuschränken – so heißt es, faktisch soll er aber abgeschafft werden. Ich fange mal mit dem Familiennachzug an. Was heißt das eigentlich, den Familiennachzug nicht zuzulassen? – Ich spreche mit vielen Menschen in den verschiedenen Einrichtungen, in Turnhallen und Gemeinschaftsunterkünften. Deren gesamte Gedankenwelt dreht sich allein um die Kinder und Ehefrau, die sich teilweise noch in Kriegsgebieten, teilweise in angrenzenden Ländern aufhalten. Sie hoffen und warten darauf, endlich wieder als Familie zusammenleben zu können. Gerade wir, die wir in Sicherheit mit unseren Familien leben, sollten doch die Verantwortung erkennen, die in dieser Fragestellung steckt. Deswegen lehnen wir die Einschränkung beim Familiennachzug eindeutig ab.
Wir reden hier viel von Traumatisierung der Geflüchteten, die zu uns kommen. Lassen Sie uns auch darüber reden, welche Traumatisierung es für die Familienmitglieder bedeutet, die nicht kommen dürfen, weil SPD und CDU das nicht wollen! Das ist ein falscher Weg, und wir sollten all unsere Energie einsetzen, um das zu verhindern.
Die sicheren Herkunftsstaaten werden der neue Renner in der Flüchtlingspolitik und immer wieder als Allheilmittel diskutiert. Die Liste wird mittlerweile soweit erweitert, dass sich tatsächlich die Frage stellt, wann Afghanistan und Syrien zum sicheren Drittstaat erklärt werden. Die Absurdität bei den sicheren Herkunftsstaaten habe ich jetzt etwas überspitzt. Das ist mir klar. Aber es macht doch deutlich, dass wir in eine Spirale geraten, immer wieder Instrumente, wie eben die sicheren Herkunftsstaaten, zu diskutieren, ohne jemals zu fragen, welche Wirkung sie denn erzielen. Da stellt sich schon die Frage: Wenn doch halbwegs kluge Menschen solche Instrumente vorschlagen, geht es darum Lösungen zu finden, oder
(Frank Zimmermann)
geht es darum, eine Pseudolösung vorzuschlagen, um auf die Ängste in der Bevölkerung zu reagieren?
Ich halte es für einen Fehler, Scheinlösungen vorzuschlagen, denn die verschlimmern nur die Ängste. Man müsste den Mut haben, die Wahrheit zu sagen, dass wir eine Verpflichtung haben, auch als europäisches Land, weil wir von der Ausnutzung der Länder profitieren, in denen die Menschen teilweise in schwierigen Situationen leben, weil Deutschland dorthin Waffen liefert, oder in den afrikanischen Ländern davon profitiert, indem dort die Wirtschaft ausgebeutet wird.
Das ist die Verantwortung, die wir tragen, und deswegen sind wir auch für die Menschen verantwortlich, die zur Flucht gezwungen werden. Dann dürfen wir es uns hier nicht so leicht machen, an der Tür die Kontrolle zu übernehmen, wer reindarf und wer nicht, und dann auch noch auf so eine schäbige Art und Weise, Grundsätze über Bord zu werfen, bei einem Thema, das wir hier gerne diskutieren, wo wir uns darüber einig sind, dass wir Gleichheit, Gleichstellung in vielen verschiedenen Bereichen haben wollen, auch in dem Bereich queer. Was haben wir hier schon für schöne Aussagen gemeinsam beschlossen. Aber in diesen sogenannten sicheren Herkunftsstaaten lebt kein Homosexueller in Sicherheit. Der ist immer bedroht, sowohl durch den Staat als auch durch die Gesellschaft, und auch Zwangsverheiratungen sind in diesen Ländern keine Seltenheit. Da kann es doch nicht sein, dass wir ihnen den individuellen Schutz absprechen, wenn sie da rauswollen, wenn sie eine Alternative wollen, wenn sie genauso wie wir frei leben und lieben wollen.
Herr Kollege Zimmermann! Sie haben die Probleme und Schwierigkeiten der SPD beschrieben, und ich habe ja, wie bekannt ist, auch eine Sympathie. Aber ich würde Sie wirklich noch einmal bitten, darüber nachzudenken, wie weit die SPD diese Spirale eigentlich noch mitdrehen will. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Wir behandeln jetzt den Antrag, der in Teilen gute Vorschläge beinhaltet, in Teilen auch Dinge, die es schon gibt bzw. die wir schon beantragt haben. Deswegen will ich erst mal herausstellen, was denn eigentlich die Fragestellung ist: Die Herausforderung, die wir aktuell haben mit immer mehr Migrantinnen und Migranten, die in diese Stadt kommen, ist, als Einwanderungsstadt Strukturen zu schaffen – Strukturen, die auf der einen Seite ermöglichen und verbessern, dass die Menschen eine Dienstleistung und einen Aufenthaltstitel bekommen. Der Erhalt und die Verlängerung sind Verwaltungsdienstleistungen, aber gleichzeitig wirkt das sehr stark in das Leben der Menschen ein. Deswegen ist es wichtig, dass diese Dienstleistung entsprechend den Gesetzen erfolgt und dass es eine Behörde ist, die eine Willkommenskultur ausstrahlt. Daher brauchen wir tatsächlich in Berlin eine Willkommensbehörde, und die gilt es zu schaffen.
Gerne! Bitte!
Vielen Dank für die nicht gestellte Frage! – Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wie wir diese Willkommensbehörde schaffen können. Die Fraktionen von Linken und Piraten haben einen Ansatz gewählt, den wir als Fraktion auch schon gewählt haben, nämlich zu sagen: Die Innenverwaltung ist eine Behörde, die eher restriktiv arbeitet und die natürlich für die Abschiebungen und all das zuständig ist, und es wäre gut, die Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse und die Verlängerung von den restriktiven Maßnahmen zu trennen und das dann der Integrationsverwaltung zuzuordnen.
Andererseits haben wir solch einen Antrag vor vielen Jahren gestellt. Jetzt kurz vor Ablauf der Legislaturperiode ist es sehr unwahrscheinlich, dass wir in den verbleibenden acht Monaten noch etwas auf den Weg bringen. Dennoch finden wir es richtig, aber – wie gesagt – wir haben einen solchen Antrag schon gestellt.
Bei dem Ermessensspielraum gebe ich dem Kollegen Zimmermann insoweit recht, dass es im Antrag unglücklich formuliert ist. Das Ermessen muss nach Recht und Gesetz ausgeübt werden. Deshalb habe ich ähnliche Anträge immer mit dem Hinweis eingebracht, dass wir einen integrationsorientierten Vollzug der Gesetze wollen, das heißt, es muss das Ermessen ausgeübt werden, und es muss das, was dafür und dagegen spricht, abgewogen werden, aber im Zweifel zugunsten des Betroffenen. Also auch insoweit hätte es dieses Antrags nicht bedurft, weil ich bereits viele Anträge in eine ähnliche Richtung mit einer besseren Formulierung eingebracht habe.
Insgesamt geht es auch darum, dass wir heute einen Änderungsantrag meiner Fraktion hatten, der gefordert hat, das ganze System umzustellen. Wir möchten ein Landesamt für Migration und Flucht einrichten, in dem all diese Themen, die die Migration, aber auch die Flucht betreffen, gebündelt in einer Behörde konzentriert zusammengefasst werden, um den Migrantinnen und Migranten alle Dienstleistungen, aber auch jegliche Versorgung und Unterstützung aus einem Guss zukommen zu lassen. Wir sehen darin die Chance, für die nächsten 15 bis 20 Jahre, in denen das Thema Migration eine immer größere Rolle spielen wird. Berlin ist auf Migration angewiesen. Das ist das, was wir möchten. Wir werden weiterhin an diesem Plan festhalten.
Da der Antrag der Linken und der Piraten letztlich unschädlich ist, werden wir ihm zustimmen, auch wenn wir uns vorstellen können, dass man das besser machen kann. – Danke schön!
(Frank Zimmermann)
Vielen Dank, Herr Präsident! – Die Ankündigung war jetzt, dass der Innensenator zum Innenausschuss kommt.
Herr Innensenator! Ihr Zynismus bei den Bürgerrechten ist auch sehr beachtlich. Daher meine Frage: Was haben Sie nach dem Übergriff auf den Polizeibeamten unternommen? Haben Sie versucht, die Täter zu ermitteln? Warum erfolgte die Maßnahme in der Rigaer Straße erst ab 20 Uhr? Was ist in der Zwischenzeit passiert? Haben Sie ein Gericht angerufen? Haben Sie versucht, einen Durchsuchungsbefehl zu bekommen?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Idee – das hat Frau Radziwill schon gesagt –, Ferienwohnungen für Geflüchtete und für Menschen, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind, zu nutzen, ist nicht neu. Die wurde von der Bezirksbürgermeisterin des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann, aufgeworfen. Sie wurde auch vom Bezirksstadtrat in Mitte, Stephan von Dassel, aufgeworfen. Das macht schon deutlich, dass es dort ein großes Potenzial gibt. Ich will die Zahlen nicht wiederholen, die die Kollegin Breitenbach hier vorgestellt hat, aber wenn man diese Zahlen hört, fragt man sich: Wem gehört eigentlich diese Stadt, und warum können Geflüchtete, aber auch von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen nicht in Wohnungen untergebracht werden? Warum werden sie in Lagern gehalten? Ob es große oder kleine Lager sind, macht da keinen Unterschied.
Für uns, Bündnis 90/Die Grünen, steht fest: Geflüchtete in Wohnungen dezentral unterzubringen, ist nicht nur human, menschenwürdig, es fördert Integration, und unter dem Strich ist es sogar günstiger. Es erschwert Geschäftemachern, sich auf dem Rücken von Geflüchteten zu bereichern. Das sind viele gute Argumente, sodass sich tatsächlich die Frage stellt: Warum wird es eigentlich nicht gemacht?
Frau Radziwill scheint das gerade mit dem zuständigen Senator zu klären. Man kann nur hoffen, dass sie das Ohr von Herr Czaja erreicht, denn wir von der Opposition haben schon häufiger versucht, an das Ohr des Sozialsenators zu gelangen. – Mein Eindruck, der sich auch sonst schon mal einstellt, ist, dass der CDU Eigentum und auch Geldverdienen so heilig sind, dass sie dabei vergessen zu lesen, dass in der Verfassung auch steht, dass Eigentum verpflichtet, und es bei der CDU keine Beachtung findet. Deswegen können wir gespannt sein, was die Koalitionsfraktionen in der Ausschussbesprechung inhaltlich vortragen werden, wie es gelingen kann. Da würde sich auch die Frage aufdrängen – gestern war Senatsklausur –, warum wir heute nicht ein Papier dazu haben. Das hätte man auch ins Konzept schreiben können.
Zumindest müssten Sie sich dann bei uns dafür bedanken, aber vor dem Dank steht die Umsetzung. Das heißt: Machen Sie es, dann helfen wir mit!
Ehrlich gesagt, der Antrag der Linken ist sehr freundlich im Ton. Der sagt halt, was geht und was nicht geht, und er macht deutlich: Es ist eine Brücke, die denen angeboten wird, die nach der Frist, die abläuft, Gefahr laufen, dass die Nutzung ihrer Ferienwohnung in die Illegalität fällt. Es soll ermöglicht werden, dass, statt eine hohe
(Ülker Radziwill)
Geldstrafe zu zahlen, die Wohnung dem Bedarf des Gemeinwohls aller Berlinerinnen und Berliner zugeführt wird. Das heißt, die ständige Unterbringung von Geflüchteten in der illegalen Ferienwohnung schützt vor Strafe. Das hat den schönen Aspekt, dass man die Leute davor schützt, sich strafbar zu machen.
Das Wesentliche zu dem Thema ist gesagt. Deswegen bin ich der Meinung – wenn wir einer Ansicht sind, dass man das alles machen kann –, dass wir es heute gleich hätten abstimmen können. Meine Befürchtung allein ist, und ich werde in der Runde daran anknüpfen und es aufgreifen, wenn Sie unseren Antrag im Ausschuss abgelehnt haben und wir dann hier darüber diskutieren, warum die Koalition sich wieder nicht einigen kann und unfähig ist, eine menschenwürdige Unterbringung von Geflüchteten zu organisieren: Wir werden dann darüber reden, dass außer einer Diskussion im Ausschuss nichts dabei herumgekommen ist, und um dem vorzubeugen, Frau Kollegin Radziwill, würde ich mich freuen, wenn es Ihnen heute zumindest gelingt zu sagen: Ja, wir werden auch die Bezirke im Ausschuss dazu holen, wenn wir darüber beraten –, denn die nächste Stufe, mit der wir uns auseinandersetzen werden müssen, ist, wer die Geflüchteten unterbringt, denn die Zuständigkeit der Bezirke wird immer stärker und wird sich im März zuspitzen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer sich noch gefragt hat – weil er nicht so stark mit dem Thema befasst war –, warum es dort nicht klappt, der konnte sich bei dieser Rede vom Senator überzeugen: Wenn einer von einer Sache nichts versteht, dann kann er sie auch nicht bewältigen!
Deswegen ist es wirklich gut, Herr Regierender Bürgermeister, dass Sie die klaren Worte gefunden haben und dass wir zumindest einen Weg frei haben, um eine neue Chance für das Flüchtlingswesen im Lande Berlin zu erhalten. Aber, Herr Regierender Bürgermeister, das wird nicht reichen, um tatsächlich die Situation vor Ort zu verbessern,
denn – Sie hatten es in Ihrer letzten Regierungserklärung sehr schön dargestellt – die Wir-wollen-es-nichtschaffen-CDU wird es nicht schaffen, weil sie es nicht schaffen will.
Zögerlich, seit über einem Jahr schlägt sich Senator Czaja damit herum, wie er sich hinter Herrn Allert verstecken kann und wie er verhindern kann, dass irgendjemand mal nachfragt: Was macht eigentlich Czaja? Heute heult die CDU herum, weil der Stil, mit dem der Regierende Bürgermeister dafür gesorgt hat, dass Herr Allert nicht mehr im Amt ist, nicht gefällt. Da frage ich mich: Er, der Herr Czaja, hatte so lange Zeit, warum hat er es nicht einfach gemacht? Irgendwann wäre auch mir der Kragen geplatzt!
Inszenieren von Überlastung, das ist das Geschäft des Mario Czaja, und damit ist er in Gesellschaft der CDU, die die ganze Zeit zeigen will: Schaut her, alle Welt, nach Berlin, es geht nicht! – Aber das wird weder den Berlinerinnen und Berlinern noch diesem Parlament gerecht, denn die Mehrzahl sagt: Wir wollen das! – und: Refugees are welcome, und wir können es auch. – Aber dafür muss auch noch ein Senator aus diesem Senat seinen Stuhl räumen, und darauf werden wir weiter pochen.
Denn in den letzten Wochen war es doch dem Ehrenamt der Berlinerinnen und Berliner und dem milden Winter zu verdanken, dass es noch keine Geflüchtete gibt, die
erfroren sind. Hart an der Grenze zur Gesundheitsgefährdung stehen die Menschen dort, und der Senator steckt den Kopf in den Sand. Das ist politische Verantwortungslosigkeit!
Die jetzige Situation mit dem neuen Landesamt, das ich eigentlich grundsätzlich befürworte, hat die Herausforderung, dass schon in der Vorlage steht: Zum 1. Januar soll es entstehen. – Herr Czaja! Wie wollen Sie das machen? Über Weihnachten ist doch das LAGeSo zu! Das ist wirklich an Absurdität kaum zu überbieten. Der Staat trägt hier dazu bei, dass Menschen rechtlos gestellt werden. Oberste Priorität müsste jetzt haben: registrieren, registrieren, registrieren. Denn 70 000 Menschen sind hier; nach dem Königsteiner Schlüssel müssen wir jedoch nur 50 000 aufnehmen. Da ist doch die Antwort ganz klar: Wir haben über 20 000 Menschen, die gar nicht in Berlin sein müssten, die in anderen Bundesländern ordentlich untergebracht und behandelt werden könnten. Und wir haben 15 000 Menschen in Unterkünften, die wir für Berliner Geflüchtete nutzen könnten.
Aber weil dieser Mann versagt, ist es so, dass wir hier monatlich über 10 Millionen Euro dafür ausgeben, dass es nicht gelingt, die Menschen zu registrieren. Dass ist der eigentliche Skandal, und dass ist das, was die Geflüchteten nicht verdient haben. Sie würden verdienen, in anderen Bundesländern menschenwürdig untergebracht und behandelt zu werden. Hier wird uns das zeitnah wahrscheinlich nicht gelingen!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich habe mich noch mal gemeldet, weil ich dachte, vielleicht erhellt es die Absicht des neuen Landesamtes, wenn Herr Krüger redet. Aber, Herr Krüger, Sie konnten es auch nicht erklären. Es war der Eindruck entstanden, dass Herr Czaja das neue Landesamt macht, um Allert loszuwerden.
Jetzt ist Allert nicht mehr da. Warum wird jetzt das neue Landesamt eingerichtet?
Warum werden dort nur zehn Führungskräfte eingerichtet und nicht normales Personal, das registrieren kann? Die Antwort sind Sie bis jetzt schuldig geblieben.
Vielen Dank, Herr Präsident, dass Sie mir die Frage abgenommen haben! – Ich wollte eigentlich nicht groß zu dem Thema reden, aber Sie, Herr Krüger, und auch das Verhalten des Senators, aber auch insbesondere Ihr Verhalten dazu haben mich wirklich noch mal gezwungen, hier zu reden. Ich meine, der Senator hat gerade 102 000 Unterschriften angenommen wegen der Situation vor dem LAGeSo. Wir haben dazu heute auch einen Antrag gebracht. Dann bedankt er sich beim Finanzsenator für die Unterstützung. Und Sie haben sich aber nicht zu der Si
(Joachim Krüger)
tuation der geflüchteten Menschen geäußert: Wie geht das weiter? Der Senator hat zwei Minuten geredet; bei Ihnen waren es, glaube ich, zwei Sätze. Das haben die Geflüchteten nicht verdient! Sie haben eine bessere Ausstattung und eine bessere Unterstützung im Land Berlin verdient.
Und ich will in diesem Zusammenhang auch noch mal daran erinnern, dass die Senatoren hier einen Eid auf die Verfassung geschworen haben, und zu diesem Eid gehört halt auch, dass man mit Steuergeldern vernünftig umgehen muss.
Habe ich doch!
Ja, doch! Ich rede im Bezug auf den Vorredner, der sich nämlich gar nicht zu dem Thema geäußert hat – –
Lassen Sie mich doch ausführen, Herr Präsident, dann wissen Sie, was ich meine!
Natürlich! Wir reden und wir regeln auch gerne! – Jetzt geht es darum, dass Sie nicht darüber geredet haben, dass Mittel, die der Haushaltsgesetzgeber zur Verfügung stellt, auch bei den ganzen Trägern und bei den Geflüchteten ankommen. Darüber hätten wir mehr reden müssen, und die drängendsten Fragen und die Verantwortung für die drängendsten Fragen sind weder bei Ihnen, Herr Krüger, noch beim Senator vorgekommen. Da stellt sich natürlich schon die Frage: Wofür verhandeln wir über Haushalt, wofür verhandeln wir über die Bedarfe der Geflüchteten, wenn selbst, nachdem ihm über 100 000 Unterschriften
von Menschen in dieser Stadt übergeben wurden, die sagen, es muss was passieren; es muss sich was ändern, das in diesen Reden hier im Parlament keine Berücksichtigung findet – weder bei Ihnen, Herr Kollege Krüger, noch beim dem Senator, den Ihre Fraktion stellt, aber von denen keiner geklatscht hat, als der Senator geredet hat?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat: Hat der Senat sich darum bemüht, das ehemalige Bundesinnenministerium mit 800 Räumen – dort könnte man bis zu 2 000 Geflüchtete unterbringen – für die Unterbrin
gung von Geflüchteten in Anspruch zu nehmen, oder erwägt der Senat gar eine Beschlagnahme?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Nur noch einmal für alle Kollegen zur Info: Das Gebäude ist bis 2016 angemietet. Monatlich werden dort 570 000 Euro gezahlt.
Ja! Umso dringlicher ist die Unterbringungsfrage: Wann rechnen Sie mit einem Ergebnis, und wären Sie bereit, das zu beschlagnahmen?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Körperverletzung, NaziSprüche, Schmiergeldzahlung – die Liste der Videoclips im Zusammenhang mit dem LAGeSo ist lang. Was hat der Senat denn bisher gegenüber Gegenbauer gemacht? Gibt es da Schriftsätze, gibt es Prüfungen einer Vertragsverletzung, einer vorzeitigen Kündigung?
Herr Czaja! Ich muss mich beherrschen nicht auszuflippen. Die ganze Untätigkeit! Sie gefährden doch nicht nur die Geflüchteten,
Sie gefährden auch alle Berlinerinnen und Berliner, wenn Sie keine medizinische Versorgung gewährleisten.
Herr Präsident! Vielen Dank! – Aber wenn hier gesagt wird, wir sind wieder in der Runde und ich weiß es nicht!
Dann ist meine Frage, warum Herr Czaja eigentlich noch zuständig ist, wenn er nichts weiß.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist wieder einmal soweit: Der Winter kommt, und wir müssen einen Antrag stellen, damit im Winter die Menschen nicht in das Elend, die Armut und die Kälte und teilweise sogar in die Lebensgefahr abgeschoben werden. Dass wir das jedes Mal wieder machen müssen, liegt an der Unbelehrbarkeit dieses Senats, insbesondere des Herrn Senators Henkel, der es immer noch nicht verstanden hat, dass er eine Verantwortung nicht nur für die Verwaltung, der er vorsteht, trägt, sondern auch für die Menschen in dieser Stadt. Herr Henkel, fangen Sie doch einfach einmal an, nachzudenken!
Abschiebung ist nicht nur am Ort, an dem die Menschen ankommen, lebensgefährlich, es gab immer wieder Abschiebefälle, bei denen Menschen bei der Abschiebung gestorben sind. Es ist auch unwürdig, wie Menschen teilweise mit Medikamenten, Spritzen und jeglichen Methoden ruhiggestellt werden, die sie ihrer Willenskraft entheben und sie eigentlich nur noch zu Objekten gemacht werden, Objekten einer Abschottungspolitik, einer Politik, mit der der CDU-Landesvorsitzende, Frank Henkel, sich als starker Mann inszenieren will. Wie lächerlich er dabei ist, hat der Kollege Zimmermann gerade ausgeführt, wird an den Zahlen deutlich, Kollege Lauer hat es auch dargestellt.
Das Schreckliche an der Situation ist tatsächlich, wie diese Abschiebungen stattfinden: aus den Klassenzimmern, aus den Frauenhäusern, aus Einrichtungen, in denen es sehr viele Menschen gibt, die sich für die Geflüchteten einsetzen. Zurück bleiben nicht nur die traumatisierten, abgeschobenen Menschen, zurück bleiben auch Klassenkameraden, Freunde, Nachbarn, die einfach nicht verstehen, warum Menschen abgeschoben werden, deren einziges Vergehen es ist, in irgendwelchen Kategorien abgeheftet zu werden, unter anderem der Kategorie die schon an sich eine falsche Konstruktion ist: die sicheren Herkunftsstaaten. Menschlichkeit und Menschenrechte sind etwas anderes und sind mit Abschiebungen generell nicht vereinbar.
Herr Kollege Zimmermann! Auch wenn ich diese SPDPosition seit Langem kenne, bleibt sie für mich falsch. Es ist falsch, Menschen abzuschieben, ohne zu bedenken, was es hier für die Menschen bedeutet, die Angst davor haben, auch abgeschoben zu werden, und es ist falsch für die Menschen, die abgeschoben werden und im Elend landen, wie insbesondere die Romafamilien, für die wir auch und besonders eine historische Verantwortung als Deutschland haben. Da reicht es nicht, Gedenkorte einzuweihen und derer zu gedenken, denen in Deutschland Unrecht geschehen ist. Da muss man sich auch um die Roma kümmern, die derzeit unter uns leben und unter dem permanenten Druck, abgeschoben zu werden. Dagegen stellen wir uns.
Menschenrechte achten, Menschenwürde achten, das würde auch aus einem ganz praktischen Grund sinnvoll sein. Was kostet uns eigentlich diese Abschiebemaschinerie? Was kostet es an Personal bei der Polizei, an Beschäftigung an Gerichten, an zig-fachen Versuchen, die Menschen abzuschieben, die nicht gelingen? – Ich habe das in den Haushaltsberatungen nachgefragt. Eine genaue Zahl konnte mir nicht genannt werden. Es konnte nicht gesagt werden, wie viel Geld das Land Berlin für misslungene Abschiebungen bezahlt. Stellen Sie sich einmal vor, wir würden all dies Geld für die Menschen ausgeben statt gegen sie. Wie viel weiter kämen wir damit beim Thema Versorgung von Geflüchteten, wie viel weiter
(Frank Zimmermann)
wären wir beim Thema Integration, wenn wir das Geld für die Menschen statt gegen sie einsetzen würden.
Auch wenn ich weiß, dass Sie den Antrag in den Ausschüssen verschleppen und letztlich ablehnen werden, bin ich dennoch der Ansicht, dass es richtig und wichtig ist, dass wir gemeinsam als Oppositionsfraktionen diesen Antrag immer wieder stellen und Sie damit konfrontieren, dass diese Koalition nicht nur an diesem Punkt eine Politik betreibt, die von der Mehrheit des Hauses nicht getragen wird.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Juhnke! Sie haben doch noch diesen Brief an Angela Merkel geschrieben – können Sie sich noch erinnern? –, dass Ihr Innensenator nicht genug abschiebt. Natürlich reden Sie sich und auch Ihre Senatskollegen „besoffen“ beim Thema Abschiebungen, so, wie es Michael Müller, Regierender Bürgermeister, in der letzten Sitzung gesagt hat. Genau deswegen stellen wir solche Anträge. Sie haben dreimal nachgefragt, warum wir immer dieselben Anträge stellen. Ich sage es Ihnen: Wir tun es genau deswegen. Weil Sie es nicht verstehen, müssen wir es wiederholen.
Es ist auch totaler Quatsch zu sagen, der Antrag käme zu spät, weil Sie sich dann freuen müssten, wenn es so wäre. Vielmehr kommt der Antrag genau rechtzeitig, denn wir geben Ihrem Senator die Gelegenheit – ich erkläre es Ihnen einmal –, von selbst auf die Idee zu kommen, dass es Menschlichkeit und Menschenrechte gibt und dass es vielleicht auch einen Weg gibt, insbesondere den hiervon betroffenen Menschen, den Roma-Familien, es zu ersparen, ins Elend, in die Obdachlosigkeit, in die Mittellosigkeit abgeschoben werden. Ja, es gab keinen offiziellen Winterabschiebestopp in der Zeit, als Rot-Rot hier regiert hat.
Als Abgeordnete war ich damals auch in der Opposition. Deswegen bin ich jetzt nicht in der Gefahr, die Kollegen von der Linksfraktion zu verteidigen. Es gab aber dennoch im Hintergrund Absprachen. Der frühere Senator hat sich größtenteils daran gehalten. Deswegen ist es doch albern, sich hier hinzustellen und zu sagen: Einen formalen Abschiebestopp habe es nicht gegeben. Wir hätten diesen Antrag auch nicht gestellt, wenn der Herr Senator Henkel mit sich reden lassen würde. Er macht es nicht. Warum tut er es nicht? – Er tut es nicht, weil er einen starken Max als CDU-Landesvorsitzender markieren will. Warum macht er das? – Er tut es, weil ihm sonst nichts gelingt. Entweder ist er nicht in der Stadt oder packt die Probleme nicht an, für die er zuständig ist, hat dann aber immer die Parole: Ausländer raus, Roma raus, Westbalkanabschiebezentrum. Das sind wir leid. Dafür ist heute auch ein Antrag eingegangen. Wir werden ihm auch dieses Abschiebezentrum in Köpenick versauen. Wir werden nicht mit anschauen, dass er dort ein Westbalkanausreisezentrum errichtet. Es kann nicht sein, dass ein Senator jahrelang nichts tut und am Ende nur noch Sprüche klopft, die tendenziell rassistisch sind und sich gegen Menschen wenden.
Dagegen werden wir weiterhin Anträge stellen, Herr Kollege Juhnke. Sie können weiterhin Briefe an die Bundeskanzlerin schreiben, dass Ihr Senator zu wenig abschiebt.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Senator Czaja! Können Sie ausschließen, dass dort verstärkt Menschen,
(Staatssekretär Bernd Krömer)
die aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten kommen und Asylantrag stellen, untergebracht werden? Also widersprechen Sie jetzt Herrn Henkel?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Willkommenskultur oder Abschottung ist die Frage der Aktuellen Stunde. Sie stellt sich tatsächlich, denn seit vielen Jahren weisen wir darauf hin, dass es eine neue Kultur des Miteinanders in Deutschland geben muss. Wir müssen uns mit den Fragen auseinandersetzen: Wie leben wir zusammen? Wie wollen wir in der Zukunft zusammen leben? – Unsere Gesellschaft verändert sich, auch unsere Stadt. Unsere offene Gesellschaft ist ein hohes Gut, dass wir täglich neu verteidigen müssen.
Aber es wird auch klar: Wir brauchen den Raum für neue Diskussionen, für Begegnungen und für Prozesse, die jetzt teilweise zufällig passieren, die wir aber teilweise auch organisieren müssen. Die Frage stellt sich: Welches gemeinsame Leitbild verbindet uns eigentlich? Und welche neue Identität braucht es, um der Aufgabe als Einwanderungsland gewachsen zu sein? – Alle müssen ihren Beitrag leisten und werden die Veränderung spüren. Andere Einwanderungsländer haben sich ein Leitbild gegeben, z. B. der Ansatz „Unity in Diversity“: Der Respekt vor der Vielfalt kann zu einer Einheit verbinden. Das heißt, wir sind vereint in der Gestaltung der Vielfalt.
Aber darüber wird aktuell nicht so viel geredet, sondern über Statistiken und Obergrenzen unseres Grundrechts auf Asyl. Da möchte ich mit Erlaubnis des Präsidenten den Bundesrichter Thomas Fischer aus einem Artikel in der „Zeit“ zitieren. Er sagt zu den Fragen von Kapazitäten und Möglichkeiten völlig zu Recht:
Es könnte sein, dass es unmöglich ist, in einer Turnhalle in Wetzlar 400 Elefanten unterzubringen oder in einem Zeltlager in Merseburg 30 000 Syrer. Aber was heißt das für die Elefanten und die Syrer?
Diese und ähnliche Fragen werden täglich aufgeworfen und mehr oder weniger qualifiziert beantwortet – in Fernsehsendungen, bei Twitter und auf Facebook oder auf der Straße. Willkommensplakate am Bahnhof oder Selfies der Kanzlerin mit Flüchtlingen werden entweder als naive Träumereien oder eine neue Willkommenskultur in Deutschland wahrgenommen. Besonders viele Männer überbieten sich gerade darin, die Abschottungsspirale weiter und weiter zu drehen. Beispiele dafür gibt es im Senat: Innensenator Henkel kann im Innenausschuss nicht darstellen, welche Ressourcen er für die Ausländerbehörde braucht – aber ein Westbalkanausreisezentrum will er in der Stadt einrichten. Man ist ja schon versucht zu sagen: Entspannt euch, Leute! Das ist Frank Henkel, der Außensenator. Selbst wenn er mal in Berlin ist, macht er doch nichts. Also kriegt er auch das nicht hin!
Oder: Mario Czaja, Sozialsenator und zuständig für das Landesamt für Gesundheit und Soziales, der will jetzt die Asylanträge von Menschen innerhalb eines Tages ablehnen. Und man fragt sich: Weshalb müssen derzeit die Menschen bis zu 40 Tagen auf eine Wartenummer in der Turmstraße warten, wenn Super-Mario das schneller können soll? Also könnte man auch dort sagen: Keine Sorge, der bellt nur. Also könnte man dort auch sagen: Henkel, Czaja – und es gibt doch noch den Justizsenator Heilmann. Aber der, das muss ich wirklich sagen, hat den Vogel abgeschossen.
Er legt ein Papier vor, das von Verstößen gegen das Grundgesetz nur so trieft, sodass man sich fragen muss, ob man ihm überhaupt noch ein solch wichtiges Amt wie die Justizverwaltung anvertrauen darf.
Eines ist klar: An diese drei Typen von der CDU kann Kanzlerin Merkel nicht gedacht haben, als sie sagte: Wir schaffen das!
Ich kann es mir jetzt nicht verkneifen, obwohl ich den Brief nicht schön geschrieben finde, aber Herr Kollege
(Ülker Radziwill)
Juhnke, seines Zeichens innenpolitischer Sprecher der CDU, schreibt einen Brief an Frau Merkel. Darin fleht er darum, dass doch bitte mehr abgeschoben werden solle. Da frage ich, auch als Mitglied des Innenausschusses: Herr Kollege Juhnke, warum haben Sie nicht gleich den dafür zuständigen Innensenator, Frank Henkel, angesprochen?
Das Porto hätten Sie sich sparen können. Kanzlerin Merkel hat darauf gestern so unaufgeregt reagiert wie auf manches andere.
Alle Bundesländer haben den Beschluss der Bundesregierung mit den Ministerpräsidenten akzeptiert. Viele hatten dabei eine Faust in der Tasche. Das vergiftete Angebot der Bundesregierung an die Bundesländer war nicht fair, sondern ein Friss-oder-stirb. Am Runden Tisch für Flüchtlinge kurz vor dem Gipfel im Kanzleramt hat Michael Müller klar gemacht, dass er für Berlin in der Runde im Kanzleramt kämpfen wird, um für Berlin mehr rauszuholen. Alle haben ihm dabei den Rücken gestärkt und viel Glück gewünscht. Wer von Ihnen würde denn sagen, dass es falsch ist, dass es eine bessere finanzielle Unterstützung für das Land Berlin geben soll? Derjenige möge sich jetzt melden. Es ist doch keine Frage, dass wir bei dem Thema alle gefragt sind und gemeinsame Verantwortung für die Berlinerinnen und Berliner sowie die geflüchteten Menschen tragen. Dass Michael Müller im Bundesrat den Gesetzen zustimmen wird, steht für mich fest. Vielleicht wird es ihm weniger leicht fallen als Frank Henkel, weil das Angebot vergiftet ist, vergiftet, weil es eine bessere Ausstattung für einen Teil von Geflüchteten an die Einschränkung von Chancen für andere Geflüchtete koppelt. Damit eines klar ist: Es ist die Bundesregierung, die dieses Angebot gemacht hat, aber es sind auch die Bundesländer, die es angenommen haben.
Ich finde es falsch, sichere Herkunftsstaaten zu deklarieren. Aber das ist das, was als Nächstes kommen wird. Deshalb werden wir vor der Frage stehen, wie wir in Berlin damit umgehen wollen. Für mich steht fest: Wir wollen keine sechsmonatige Lagerpflicht, wir wollen keine Sachleistungen und wir werden das Reststück Asylrecht, das die Menschen, insbesondere die Roma aus dem Balkan, haben, so weit stärken, dass sie hier die Konsequenzen weniger zu spüren bekommen.
Aber ich will auch die Frage stellen: Wir sieht denn die Willkommenskultur in Berlin aus? Flüchtlinge in Zeltstädten oder unter offenem Himmel, nicht in Syrien oder dem Libanon, sondern in Berlin. Kein Schlafplatz, kein Krankenschein, –
Im Moment nicht, danke schön! – kein Taschengeld für die Geflüchteten und das über Wochen. Der Senat ist ganz offenbar nicht in der Lage, die Versorgung der fliehenden Menschen zu organisieren. Aber es ist auch klar: Es handelt sich hier um einen inszenierten Notstand, das heißt, ich bin überzeugt: Wir können das besser. Wir sollten das auch besser machen.
Schon Ende 2012 haben wir den Senat aufgefordert, sich für Verbesserungen der Situation von Geflüchteten einzusetzen. Wir haben eine Aufhebung des Arbeitsverbots gefordert, die Flüchtlinge vom Oranienplatz haben selbst für ihre Rechte gekämpft,
und was ist seitdem passiert? – Es ist doch nicht überraschend, dass jetzt die Flüchtlinge da sind und sich etwas verändern muss.
Integration ist in den letzten 50 Jahren in Deutschland millionenfach gelungen. Es gibt gute Beispiele, an denen wir anknüpfen können. Und es waren doch nicht die Politiker der Siebziger- oder Achtzigerjahre, die zu gelingender Integration beigetragen haben. Es waren die vielen Menschen, die Brücken gebaut haben zu den Gastarbeitern seinerzeit oder den Vertriebenen noch davor, und es waren Menschen, die Brücken gebaut haben. Diese Brücken sahen so aus, dass es Nachhilfe war, dass es Begleitung zu den Ämtern gab, dass es Menschlichkeit war, die gelebt wurde. Genau diese Brücken brauchen wir jetzt wieder. Genau das leisten Initiativen wie unter anderem „Moabit hilft“. Die reden nicht, die handeln. Die unterstützen die Menschen und leben das, was für uns nicht nur in Berlin und Deutschland, sondern auch in Europa ein Grundwert sein sollte: Es kommen Menschen, und wenn sie unsere Hilfe brauchen, dann bekommen sie die auch.
Vielen Dank! – Lieber Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Zehn Jahre Härtefallkommission“ war neulich im Roten Rathaus der Titel einer Veranstaltung. Da haben wir Teilaspekte dessen besprochen, was jetzt in dem Antrag der Piratenfraktion und der Fraktion Die Linke hier vorgelegt wurde. – Aber interessant bei der Veranstaltung war auch, dass wir in Berlin eine längere Zeit schon eine Härtefallkommission haben als alle anderen Bundesländer. Es gibt hier eine andere Tradition. Interessant ist tatsächlich, dass wir das alles anders ausgestalten könnten, wenn wir wollten.
Da würde ich gerne zu dem Antrag der beiden Fraktionen kommen, weil diese Punkte, die dort angeführt sind, wie man es gerne verändern und stärken würde, etwas unentschlossen scheinen. Der Kollege Lehmann hat es gerade angedeutet: Entweder sagt man, wir ordnen das bei der Integrationsverwaltung ein, aber dann soll man den Rahmen des § 23a Aufenthaltsgesetz ausschöpfen und sagen, oberste Landesbehörde ist nicht mehr die Innenverwaltung, sondern die Integrationsverwaltung. Dann braucht es vielleicht auch nicht mehr die anderen Punkte, nämlich den Innensenator Henkel zu disziplinieren, dass er die Härtefallkommission nicht missbraucht, um Abschiebungen zu erleichtern, sondern tatsächlich das zu leisten, wofür die Härtefallkommission eigentlich gegründet wurde und nach dem Gesetzeszweck auch gedacht ist, nämlich besondere Härten, die das Gesetz so nicht wollte, die aber in der Allgemeingültigkeit von Gesetzen entstehen können, aufzufangen
und für diese Menschen einen Weg zu finden, dass sie eine Bleibeperspektive bekommen und im Aushandlungsprozess eine Verbesserung erzielen.
Wenn Sie mich fragen, würde ich schon sagen: Lassen Sie es uns ruhig bei der Integrationsverwaltung ansiedeln! Aber da brauchen wir nicht den Integrationsbeauftragten, denn in der Innenverwaltung macht das auch nicht der Abteilungsleiter, sondern der Referatsleiter. Da wäre es auch in der Integrationsverwaltung ausreichend, den Referatsleiter mit der Aufgabe zu beauftragen.
Ich werde in der Ausschussberatung gerne Änderungsanträge zu dem Antrag der beiden Fraktionen einbringen. Einer liegt mir da besonders am Herzen, weil das die ganzen Jahre, die ich mit dem Thema beschäftigt bin, immer wieder zu Härten geführt hat, und zwar: Nummer 5 sagt, dass bei Strafbarkeit, also sogenannten
(Rainer-Michael Lehmann)
Ausweisungsgründen, der Härtefallantrag gar nicht zulässig sei. Das ist vom Aufenthaltsgesetz her gar nicht so zwingend erforderlich. Da steht „in der Regel“, es kann Ausnahmen geben, aber begründete Ausnahmen. Da würde ich gerne etwas öffnen. Wir haben alle den Fall von Menschen vor Augen, die einmal in ihrem Leben Pech gehabt haben, durch eine gute Resozialisierung bei uns wieder einen Weg in ein reguläres Leben gefunden haben, die dann aber nicht von der Härtefallkommission profitieren können, weil sie irgendwann in ihrer Biografie einmal eine Straftat in der Akte hatten.
Dann würde ich mit Ihnen im Ausschuss gerne darüber diskutieren, ob wir es nicht auch einmal besprechen sollten, dass wir wie in anderen Bundesländern Abgeordnete in die Härtefallkommission entsenden. Es gibt nämlich einige Bundesländer, die das machen.
Ein Punkt, der mir wichtig ist: Dort sind die Kirchen vertreten, dort sind einige andere Organisationen vertreten, aber explizit muslimische oder mehr Migrantenselbstorganisationen sind dort nicht vertreten. Ich glaube, wenn wir die Vielfalt unserer Stadt ernst nehmen, dann müssen wir auch darüber reden, warum wir nicht noch mehr Menschen, die die Lebenssachverhalte der Betroffenen kennen, dort aufnehmen.
Ein letzter Punkt: Warum brauchen wir eigentlich eine Zweidrittelmehrheit in der Härtefallkommission? Eine einfache Mehrheit dürfte doch auch genügen. – Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss. – Danke schön!
Vielen Dank! – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schauen Sie sich heute die Pressemitteilungen von „Moabit hilft“ an. Mit Genehmigung des Präsidenten zitiere ich einen Teil daraus:
Familien mit Babys liegen auf kaltem Beton, Menschen ohne Unterkunft irren durch die Stadt, schlafen jede Nacht woanders oder unregistriert in Zelten, in Parks oder bei Bekannten in überfüllten Wohnungen. Sie werden von Hostels trotz amtlichem Unterbringungsschein nicht mehr aufgenommen oder nach wenigen Tagen wieder vor die Tür gesetzt. Aufgrund großer Zahlungsrückstände und wirtschaftlich unzumutbarer Zahlungsziele.
Das ist die Realität im Lande Berlin. Ich finde das unerträglich. Kinder sollten in weichen Betten statt auf Beton schlafen.
Erwachsene auch, da gebe ich recht – ich weiß gar nicht mehr, welche Kollegin bzw. welcher Kollege das gesagt hat –, aber es ist noch mal besonders schmerzhaft zu sehen, vielleicht auch für mich als Mutter, dass die Kinder, die wir sonst schützen und woanders schlafen legen, auf dem kalten Beton schlafen. Wie dem auch sei, jedenfalls ist ein zentrales Problem, dass die Hostels teilweise schlecht sind. Und teilweise ist auch das Problem, dass die Rechnungen der Hostelbetreiber nicht bezahlt werden.
Der Antrag, den die Linksfraktion gestellt hat und den die Kollegin Breitenbach vorgestellt hat, ist von bestechender, schlichter Schönheit, muss ich feststellen.
Ich würde ihn gern zusammenfassen mit dem Satz: Mit Betreibern von Beherbergungsbetrieben zu reden, kann helfen. Da stellt sich die Frage, warum dieser Senator mal wieder nicht allein darauf gekommen ist. Denn dass wir darüber reden, dass die Menschen mit diesen Kostenübernahmescheinen keinen Schlafplatz finden, ist schon über ein Jahr, über zwei Jahre her – ich habe aufgehört zu zählen.
Aber interessant finde ich: Heute habe ich erfahren, nicht nur von der Kollegin Radziwill, dass das Landesamt für Gesundheit und Soziales mit ihnen spricht. Und zwar sagt das Landesamt für Gesundheit und Soziales den Hostelbetreibern: Ach, ihr habt einen Kostenübernahmeschein über 50 Euro! Aber ihr geht doch nicht davon aus, dass ihr für die Übernachtung vom Landesamt für Gesundheit und Soziales auch 50 Euro bekommt! – Die Verhand
lungssituation ist denkbar gut, wenn die Hostels kurz vor der Pleite stehen, weil über ein halbes Jahr keine einzige Rechnung bezahlt wurde. Dann wird noch zusätzlich Druck ausgeübt, indem gesagt wird: Wenn Sie künftig weiterhin Geflüchtete unterbringen wollen, dann müssen Sie den Preis von 20 oder 30 Euro akzeptieren; denn sonst kommen Sie auf die schwarze Liste, und dann können Sie überhaupt keine Flüchtlinge mehr unterbringen! – Das ist Teil dieses organisierten Versagens dieser Behörde in der Verantwortung von Herrn Senator Czaja, und da sage ich klipp und klar: Schämen Sie sich dafür, Herr Senator Czaja!
Ich will auf keinen Fall, dass auf dem Rücken von Geflüchteten Gewinne erzielt werden. Ich will, dass es faire Bedingungen gibt, wo den Hostelbetreibern vorher klar gesagt wird, wie die Bedingungen sind, damit dieses Hostel überhaupt akzeptiert wird, und dass dann auch klar gesagt wird, wie viel Geld sie dafür bekommen. Aber wenn das vorher klar angesagt wird, dann muss nachher das Geld auch bezahlt werden. Das ist ein Minimum an Standard, auch im Umgang mit Partnern, von denen – so habe ich es jedenfalls verstanden – die Kollegin Breitenbach in ihrem Antrag redet, wenn sie sagt: Setzen Sie sich zusammen, verhandeln Sie auf Augenhöhe und schaffen Sie danach reelle Chancen, sodass Menschen in Beherbergungsbetrieben im Land Berlin untergebracht werden und nicht irgendwelche Fantasie-50-EuroHostelgutscheine erhalten, für die es im Zweifel keinen Cent gibt oder viel weniger. Das haben weder die Flüchtlinge noch die Hostelbetreiber verdient.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich kann das so nicht stehenlassen, Frau Senatorin Scheeres, dass das Einzelfälle seien. Allein ich kenne 50 Einzelfälle. Damit kann man natürlich eine Unterkunft für Minderjährige einrichten.
Sorry! – Daher meine konkrete Frage: Auf welchem Wege suchen Sie denn weitere Einrichtungen? Machen Sie das mit der Verwaltung von Herrn Czaja zusammen, machen Sie das getrennt? Und auf wen gehen Sie da zu?
Lieber Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst allen Musliminnen und Muslimen in Berlin ein frohes Opferfest wünschen. Bayramınız kutlu olsun! – Oder ich habe auch gelernt – auf Arabisch: Eid mubarek! – Und auf Englisch heißt das dann: Happy Bayram! – Aber bei dieser Rederunde habe ich überhaupt keinen Grund, happy zu sein.
Den Kern dieses Antrags der Piratenfraktion habe ich immer auf einen Satz zusammengebracht: Wir wollen als Abgeordnete, dass jeder Cent, den wir hier bewilligen, den geflüchteten Menschen zugutekommt und nicht in dubiosen Taschen landet. Dieser Grundsatz gilt aktuell umso mehr, weil wir mehr Menschen haben, die unsere Hilfe und den Schutz brauchen, und weil unsere Not auch gerade bei der Unterbringung so groß ist, dass die Gefahr, dass da wieder Geschäftemacherei betrieben wird, ebenfalls groß ist.
Daher ist es schon wichtig, was Kollege Reinhardt gesagt hat: Es muss Strukturen geben, in denen ganz klar definiert wird, wie die Vergabe erfolgt. – Ich bin zurzeit in vielen Notunterkünften, wo ich verschiedene Dinge höre. Ich will nicht unterstellen, dass das alles wahr ist. Das heißt, man kann es auch überprüfen. Aber, Herr Senator Czaja, wenn ich in einer Notunterkunft, die von einem gemeinnützigen Träger eingerichtet und betrieben wurde, höre, dass sie das nicht weiter betreiben dürfen, weil Sie jetzt jemand anderen ausgesucht haben, oder wenn ich erlebe, wie private Betreiber teilweise die Notunterkünfte betreiben, dann frage ich mich wirklich: Haben Sie eigentlich die letzten drei Jahre in Ihrem Job irgendwas verstanden? Kann man noch die Hoffnung haben, dass sich bei Ihnen etwas zum Positiven wendet? – Bei mir wird das immer weniger mit der Hoffnung.
Umso wichtiger und interessanter ist es, dass wir nun mit Herrn Glietsch einen Staatssekretär haben, der auch für das Thema zuständig ist und beim Regierenden Bürgermeister angesiedelt ist. Die Entscheidung, diese Verantwortung beim Regierenden Bürgermeister anzusiedeln, finden wir richtig, und wir möchten, dass das nicht nur für ein Jahr, sondern dauerhaft gilt. Denn eines ist doch klar: Das Thema Flucht – damit einhergehend auch Migration – ist ein wesentliches Thema, das uns in dieser Stadt noch viele Jahre beschäftigen wird.
Kollege Reinhardt hat ja schon dargestellt, um welche Firmen es in dem Antrag ging – PeWoBe und GIERSO. Sie haben diese Themen hier schon häufig gehört, aber es ist ganz klar: Die Heime werden weiter betrieben. Das heißt, die Unterkunft am Rohrdamm ist exemplarisch, aber es gibt auch andere – z. B. in der Colditzstraße usw.
Also wir sind der Ansicht, dass sich grundsätzlich etwas ändern muss, und wir begrüßen, dass der Regierende Bürgermeister mit Herrn Glietsch einen erfahrenen Verwaltungsmenschen in die Senatskanzlei geholt hat. Herr Glietsch! Wir wünschen Ihnen eine glückliche Hand bei der Bewältigung der vielfältigen Herausforderungen, denen Sie jetzt gegenüberstehen. Ich habe gesehen, dass Sie gerade hereingekommen sind. Weil wir uns auch aus der letzten Legislaturperiode aus dem Innenausschuss kennen, habe ich mir erlaubt, Ihnen sozusagen als Startgeschenk einen praktischen Sprachführer in Arabisch mitzubringen. Den würde ich Ihnen jetzt gern übergeben, Herr Glietsch.
Ja, das gilt auch für den Kollegen Schneider, nicht? – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Nolte! Das war doch jetzt nichts, nicht?
Klar ist es so, dass das keine Wohnungsbaugesellschaft ist, aber sich hier hinzustellen und so zu tun, als wenn das irgendwelche Privaten wären, mit denen man nichts zu tun hätte, ist auch ein bisschen seltsam. Sagen Sie es doch offen, sagen Sie doch: Es gehört uns noch nicht; wenn wir jetzt das Geld einnehmen, müssen wir die Gewinne auch an die Anteilseigner ausschütten. – Damit kann man
(Karlheinz Nolte)
doch offen umgehen. Dann kann man sagen, welcher Einfluss dort möglich ist oder nicht. Aber für ein Mitglied einer Koalitionsfraktion, die nicht nur die Regierung stellt, sondern auch eine Mehrheit für eine Gesetzgebungskompetenz hier hat, ist das, glaube ich, doch ein bisschen organisierte Unzuständigkeit, die ich Ihnen nicht durchgehen lasse.
Es ist auch nicht das erste Mal, dass wir über die berlinovo und die Möglichkeit, dort geflüchtete Menschen unterzubringen, reden. Da hilft es auch nicht, dass die sich in München engagiert, wobei ich das gut finde. Vielmehr sind wir als Landespolitiker hier für Berlin zuständig.
Ich will nur noch einmal deutlich sagen, für uns Bündnis 90/Die Grünen ist ganz klar, dass Flüchtlinge in Wohnungen gehören, und zwar aus verschiedenen Gründen. Es ist menschenwürdiger, es ist kostengünstiger und es ist auch integrationsförderlicher.
Deswegen brauchen wir jede Möglichkeit, wo wir einen Einfluss haben, Flüchtlinge in Wohnungen zu bringen, da brauchen wir jede einzelne Wohnung. Da können wir auf keine verzichten. Wenn das – lieber Herr Nolte, Sie sind nun auch nicht irgendwer in der SPD –, was Sie hier gesagt haben, so stimmt und zutrifft, dass Sie zwar heute den Antrag der Piraten ablehnen, aber sich dafür in vollem Maße einsetzen und dass Sie auch sicher sind, dass der Senat alle seine Einflussmöglichkeiten nutzen wird, um jede frei werdende Wohnung von berlinovo mit Flüchtlingen zu belegen, dann sage ich, so what, da wird auch der Kollege Reinhardt nicht eitel sein und sagen, aber mein Antrag. Denn dieses Ganze, was die Kanzlerin sagt, was wir hier diskutieren, wir haben jetzt alle gemeinsam Verantwortung, das sage ich auch schon seit drei Jahren, dass wir auch in der Opposition eine Verantwortung haben. Aber das funktioniert doch nur dann, wenn Sie den Worten des gemeinsam auch Taten folgen lassen. Es kann doch nicht sein, dass Sie Dinge als gemeinsam labeln, ja, das ist Englisch, aber ich sage es noch mal in Deutsch, dass Sie das so nennen, aber im Hintergrund das nicht machen, dafür stehen wir als Bündnis 90/Die Grünen nicht zur Verfügung. Da, glaube ich, hat der Kollege Reinhardt in seinen Redebeiträgen auch deutlich gemacht, das geht so nicht.
Da hilft es nichts, so, wie es mir zugetragen wurde, wie es gestern im Hauptausschuss abgelaufen ist, der eine sagt, das geht gar nicht, die Staatssekretärin, der andere sagt, das machen wir doch schon, Kollege Nolte. Und am Ende weiß man, die CDU findet das auch gar nicht toll, was der Kollege von der CDU da gesagt hat. Also Sie sind da mal wieder wahrscheinlich zu keinem Konsens gekommen. Sie scheuen diesen Schritt.
Aber ich sage Ihnen auch ganz deutlich: Wir brauchen diese Wohnungen. Und wenn Sie das jetzt machen, was Sie hier schon angekündigt haben, und denken, Sie ersparen sich das Thema, indem Sie den schönen Antrag vom Kollegen Reinhardt ablehnen, dann muss ich Ihnen sagen: Sie entgehen der Auseinandersetzung nicht, denn da stehen wir ganz eng zusammen. Wenn Sie diesen Antrag ablehnen, in ein paar Monaten noch nichts passiert ist, dann kommt der nächste Antrag. Der ist dann vielleicht nicht von den Piraten allein, sondern da sind noch die Grünen mit drauf, und die Kollegen von der Linken können dann gleich noch mal erzählen, ob wir den schon anfangen zu schreiben. So geht das nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD! Hier müssen wir alle gemeinsam dafür sorgen, dass die Menschen in Wohnungen kommen.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat: Bezirksbürgermeister Christian Hanke – wohlbekannt als SPD-Mitglied – wirft dem Sozialsenator Czaja absolutes Versagen in der Flüchtlingsunterbringung und der gesamten Politik vor. Wie sieht der Gesamtsenat das? Teilt er die Einschätzung des Bezirksbürgermeisters von Mitte?
Ich habe die Einladung zum nächsten Runden Tisch bekommen, Herr Regierender Bürgermeister, der bei Ihnen im Roten Rathaus stattfinden soll. Werden Sie sich mehr bei dem Thema einbringen? Wird es einen flüchtlingspolitischen Gipfel von dem Regierenden Bürgermeister in Berlin geben?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Czaja! Sie haben es selbst angesprochen, dass die Leute, die dort draußen Wartenden, teilweise falsch informiert worden sein sollen. Jetzt meine Frage: Informiert denn das Landesamt für Gesundheit und Soziales selbst die Menschen, die draußen stehen? – Da wurde mir von den Ehrenamtlichen gesagt: Nein. – Und jede Nacht bekomme ich Anrufe, weil wieder Menschen dort draußen stehen und nicht in Heimen untergebracht werden. Warum klappt das eigentlich nicht? Wo ist da auch Ihr Anteil?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren!
Danke, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema der geflüchteten Menschen beschäftigt uns nicht erst, seitdem es die Bilder, die Schlagzeilen gibt, die dieser Tage die Medien bestimmen. Das Thema hatten wir hier häufiger, und daraus wird eigentlich auch klar, dass im Lande Berlin bei der Unterbringung und bei der Versorgung geflüchteter Menschen schon länger etwas nicht stimmt. Dennoch ist für uns, Bündnis 90/Die Grünen, klar: Refugees are welcome. Wir finden alle gut, die hierherkommen und hier bei uns Schutz finden. Deswegen ist es uns auch wichtig, dass sie hier nicht nur Schutz finden, sondern menschenwürdig untergebracht und versorgt werden.
(Vizepräsident Andreas Gram)
Dass das ein Thema ist, das uns länger beschäftigen wird, ist mittlerweile auf allen Ebenen verstanden worden, nicht nur im Land Berlin, sondern auch auf der Bundes- und – ja – auf der europäischen Ebene. Aber was heißt diese Veränderung eigentlich? Diese Veränderung heißt: Auch wir im Land Berlin müssen jetzt dringend nicht nur die Notunterkünfte und Zelte aufbauen, nein, wir müssen uns auch auf eine Stadt vorbereiten, die sich verändert, die internationaler wird, in der mehr Migration kommen wird und auf die wir gut vorbereitet sein wollen.
Die kurzfristigen Lösungen, so wichtig sie in der Not sind, werden nicht helfen. Wir wollen nicht in einem Jahr immer noch Menschen in Zelten unterbringen müssen, und wir wollen auch nicht, dass sich die langen Schlangen vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales oder vor der Ausländerbehörde bilden. Das heißt, wir müssen das machen, was bisher versäumt wurde. Wir müssen schauen: Wo gibt es Synergien? Wo kann man zum Beispiel das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in einem Gebäude mit dem Landesamt für Gesundheit und Soziales und auch der Ausländerbehörde zusammenlegen? Warum sollen wir die Menschen in der Stadt von A nach B schicken? Das muss jetzt schon mitgedacht werden.
Vor der Parlamentspause haben wir uns mit dem Wirtschaftsprüferbericht beschäftigt; auf diesen Bericht geht auch unser Antrag zurück. Da war zu lesen, dass die privaten Betreiber noch Millionenbeträge haben, die dem Land Berlin gehören. Dieses Geld müssen wir uns zurückholen, denn jetzt aktuell brauchen wir es dringend, um neue Unterkünfte für geflüchtete Menschen einrichten zu können.
Sodann müssen wir aufpassen, dass nicht wieder das passiert, was die ganzen Jahre über passiert ist, dass sich nämlich dubiose Betreiber von Flüchtlingsunterkünften – neuerdings kommen wahrscheinlich auch Zelt- und Bettenverkäufer dazu – an der Not der geflüchteten Menschen bereichern, wir uns durch die Verwaltung oder wen auch immer wieder betrügen lassen und Geld an Menschen weitergegeben wird, das uns auf der anderen Seite fehlt, um die Menschen tatsächlich menschenwürdig unterzubringen.
Bei den aktuellen Zahlen, die es schon gibt und die wir noch erwarten, brauchen wir neben den kurzfristigen Antworten auch langfristige Antworten. Daher sollten wir in Ruhe darüber nachdenken – Kollege Saleh hat es in
seiner Rede schon gesagt –, im Parlament einen Sonderausschuss einzurichten. Das finde ich gut, und das haben wir schon vor einem halben Jahr angeregt. Wir müssen aber auch an den Strukturen der Verwaltung etwas verändern. Warum sollen wir nicht ein Landesamt für Migration und Flucht einrichten? Der Bezirksbürgermeister von Mitte, Christian Hanke, hat gesagt: Diese Behörde ist so am Boden! – Er redet vom Landesamt für Gesundheit und Soziales. Wer dafür verantwortlich ist, wissen die meisten hier auch – das ist der zuständige Senator. Das Verhältnis zwischen ihm und der Behörde ist zerrüttet. Eine Umstrukturierung würde die Chance mit sich bringen, dass die alten Wunden und Verletzungen, die da bestehen, bereinigt würden und die Behörde neu aufgestellt werden könnte. Ein Landesamt für Migration und Flüchtlinge würde ich gerne in dem neu zu gründenden Ausschuss diskutieren. Die Menschen, egal, wie viele kommen, haben ein Recht darauf, in Berlin anständig behandelt zu werden.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Senator! Der Wirtschaftsprüferbericht war vernichtend. Faktisch hat Ihr Haus über mehrere Jahre geltendes Recht außer Acht gelassen.
Können Sie heute ausschließen, dass es auch in anderen Bereichen des LAGeSo Verstöße gegen geltendes Recht gab? Wie erklären Sie sich diese schweren Verstöße und die Tatsache, dass Sie nichts davon gemerkt haben?
Vielen Dank! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Radziwill! In dem Wirtschaftsprüferbericht – ich halte ihn noch mal hier rein, damit jeder weiß, worum es geht – steht auf der Seite 27: Ein dem Land Berlin entstandener Schaden ist bezifferbar in den Fällen, in denen Rückforderungs- und Minderungsansprüche nicht verfolgt, Überzahlungen nicht zurückgefordert werden. –
Deswegen kann gar nicht die Rede davon sein, dass der Schaden nicht entstanden sei. Vielmehr ist es so, wie die Kollegin Breitenbach gesagt hat, dass der Schaden bereits entstanden ist und dass es jetzt darum geht, deutlich zu machen, wie hoch der entstandene Schaden tatsächlich ist. Auf der Seite 44 ist aufgelistet, dass für Herrichtungskosten 45 Millionen Euro ausgegeben wurden. Und da wurden keine Kontrollen vorgenommen, ob die festgelegten Bauleistungen auch tatsächlich erbracht wurden. Das muss man sich mal vorstellen: Da wurde Geld ausgegeben, und kein Mensch hat nachgeprüft, ob denn überhaupt gebaut wurde. Und dann hier zu sagen, dadurch sei kein Schaden entstanden – das ist nicht nachvollziehbar.
Deswegen hoffe ich, dass die SPD sich noch mal besinnt. – Frau Kollegin Radziwill! Sie sind immer sehr versöhnlich mit dem Senator, aber ich glaube, da sind Sie eine der wenigen in der SPD. Deswegen würde ich das gern weiter in den Ausschusssitzungen thematisieren. Man kann doch seine Augen nicht verschließen, auch nicht vor der Frage, ob PeWoBe und GIERSO bevorzugt wurden. Da steht eindeutig im Wirtschaftsprüferbericht auf Seite 32: Teilweise bereits in einem frühen Stadium angebotene Objekte werden ohne erkennbare Gründe zunächst abgelehnt und dann zu einem späteren Zeitpunkt mit der PeWoBe oder der GIERSO realisiert. Da fragt man sich: Was ist denn das für ein Zufall? Was ist denn das für eine
(Ülker Radziwill)
Art und Weise dieser privaten Unternehmen, von denen wir mittlerweile wissen, dass sie ihre Verträge größtenteils nicht erfüllt haben, indem sie getrickst und indem sie Personal abgerechnet haben, das nicht vorhanden war, oder sonst auf eine Art und Weise mit den Steuergeldern der Berlinerinnen und Berliner umgegangen sind, wie ich es nicht verantworten will und kann und wie es auch ein Senat nicht tun sollte?
Herr Czaja! Da, denke ich, müssen Sie auf jeden Fall noch mal in die Prüfung gehen.
Besonders erwähnen will ich noch mal die GIERSO, die sogar eine Starthilfe bekommen hat, weil sie kein Geld hatte und auch kein Geld bekommen hat für die 500 000 Euro Investition, die sie brauchte, um einen Betreibervertrag zu bekommen. Da hat der Präsident des Landesamts für Gesundheit und Soziales, Herr Allert, der Patenonkel, dann geholfen und gesagt: Doch, die kriegen die 290 000 Euro, das kann das Land Berlin sich leisten. – Das sehe ich anders. Das kann und sollte sich das Land Berlin nicht leisten!
Dann will ich noch mal zu den einzelnen Schäden kommen, die wir in der letzten Sitzung, auch mit unserem Antrag, deutlich gemacht haben, und zwar zu dem Schaden durch das Ausfallrisiko wegen möglicher Insolvenz der Betreiber. Sie haben Liquiditätshilfe bekommen. Das LAGeSo hat sich wie eine Bank geriert und ihnen Liquiditätshilfe gegeben. Wenn die Betreiber pleitegehen, dann ist dieses Geld weg, und Flüchtlinge haben wir damit auch nicht untergebracht. Das ist verantwortungslos!
Ich habe den Senator auch gefragt, warum z. B. die Wilmersdorfer Straße gar nicht geprüft wurde. Ich habe eine Vermutung. Es ist klar, dass in der Wilmersdorfer Straße Schadensersatzansprüche, die zweifellos bestehen, überhaupt nicht in Ansatz gebracht wurden, dass sie gegenüber der PeWoBe nicht geltend gemacht wurden. Da wurde mir gesagt: Wir haben irgendwie eine Auswahl getroffen, was wir untersuchen und was wir nicht untersuchen. – Auf meine Frage, ob hier Verjährungsfristen, Controlling oder sonst irgendwas stattfindet, konnte ich auch keine Antwort erhalten. Die Schäden durch sogenannte Insichgeschäfte: Die GIERSO betreibt das Heim, ein Unternehmen, an dem sie eine Beteiligung hat, macht die Security, ein weiteres Unternehmen mit Beteiligung durch die GIERSO macht die Reinigung. Da schreibt einer sich die Rechnung – ob die Arbeiten durchgeführt werden, weiß kein Mensch. Es wundert nicht, dass man
mit so schlechter Vertragsgestaltung und so unzuverlässigen Betreibern keine menschenwürdige Unterbringung für Geflüchtete im Land Berlin gewährleisten kann.
Über das Thema Flüchtlingspolitik hinaus geht es hier darum, dass ermittelt und jeder Cent zurückgefordert werden muss, den die Berlinerinnen und Berliner in Taschen von dubiosen Unternehmern verloren haben.