Protocol of the Session on March 8, 2012

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich eröffne die 10. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie, unsere Gäste und Zuhörer sowie die Medienvertreter sehr herzlich. Unter unseren Gästen auf der Besuchertribüne heiße ich Frau Dr. Martina Köppen willkommen. Sie ist die Nachfolgerin von Monsignore Przytarski als Leiterin des Katholischen Büros BerlinBrandenburg und hat eben unsere ökumenische Andacht durchgeführt. – Herzlich willkommen und auf gute Zusammenarbeit!

[Allgemeiner Beifall]

Dann möchte ich allen anwesenden Frauen zum heutigen internationalen Frauentag gratulieren. Unsere heutige Tagesordnung wird diesen Tag auch angemessen berücksichtigen. – Alles Gute! – Da dürfen die Herren ruhig klatschen.

[Beifall]

Herr Kollege Michael Freiberg von der Fraktion der CDU hat heute Geburtstag. – Herzlichen Glückwunsch, lieber Kollege!

[Allgemeiner Beifall]

Ich habe eine Mandatsänderung bekanntzugeben. In der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist Herr Ajibola Olalowo für Herrn Volker Ratzmann nachgerückt. – Herzlich willkommen, Herr Kollege! Auf gute Zusammenarbeit!

[Allgemeiner Beifall]

Nun habe ich Geschäftliches mitzuteilen: Am Montag sind folgende fünf Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen:

1. Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „100 Tage Rot-Schwarz: erfolgreiche Berliner Perspektiven für starke Wirtschaft, gute Arbeit und sozialen Zusammenhalt.“,

2. Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „100 Tage Rot-Schwarz: erfolgreiche Berliner Perspektiven für starke Wirtschaft, gute Arbeit und sozialen Zusammenhalt.“,

3. Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema: „Ohne Anspruch und Profil – 100 Tage Rot-Schwarz“,

4. Antrag der Fraktion Die Linke zum Thema: „100 Tage Rot-Schwarz: ob S-Bahn, Mieten, Mindestlohn – viel geredet, nichts getan“,

5. Antrag der Piratenfraktion zum Thema: „100 Tage rot-schwarzer Senat: Chaos und Rücktritte in der Integrationspolitik“.

Die Fraktionen haben sich inzwischen auf das gemeinsame Thema „100 Tage rot-schwarzer Senat“ verständigt,

das ich als Aktuelle Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 3 auf Antrag aller Fraktionen aufrufen werde. Die am Montag eingegangenen Anträge haben damit ihre Erledigung gefunden.

Dann möchte ich auf die Ihnen vorliegende Konsensliste sowie das Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Sollte dies im Einzelfall nicht Ihre Zustimmung finden, bitte ich um entsprechende Mitteilung.

Entschuldigungen von Senatsmitgliedern für die heutige Sitzung liegen vor, und zwar: Herr Senator Müller ist ganztätig abwesend. Er ist auf Dienstreise auf der Internationalen Immobilienmesse MIPIM in Cannes. Herr Senator Nußbaum fehlt wegen Erkrankung. Wir wünschen ihm von dieser Stelle gute Genesung. Frau Senatorin Kolat wird von ca. 17.30 bis 20.30 Uhr abwesend sein, weil sie in dieser Zeit den Berliner Frauenpreis verleihen wird. Frau Senatorin Scheeres wird von 14.00 bis 16.00 Uhr abwesend sein. Grund ist die Teilnahme an der KMK-Sitzung in Berlin und ein Gespräch mit der Frau Bundeskanzlerin.

[Vereinzeltes Pfeifen]

Meine Herren! Es besteht gar kein Grund zu pfeifen. Ich habe es nämlich gehört.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 1:

Mündliche Anfragen

gemäß § 51 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Bevor ich die erste Frage aufrufe, teile ich Ihnen mit, dass die Piratenfraktion die Frage Nr. 10 zurückgezogen hat. Vor diesem Hintergrund schlage ich Ihnen vor, die Fragen Nr. 1 und Nr. 14 zur Schulpflicht zu verbinden. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Zur ersten Mündlichen Anfrage hat der Abgeordnete Joschka Langenbrinck von der SPD-Fraktion mit der Frage über

Konsequente Durchsetzung der Schulpflicht

das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege!

Sehr geehrter Herr Präsident! Vielen Dank! – Ich frage den Senat: Welche Maßnahmen unternimmt der Senat allgemein und speziell mit seinem neuen Qualitätspaket für Schulen zur weiterhin konsequenten Durchsetzung der gesetzlichen Schulpflicht, um die Zahl der Schwänzer und Schulverweigerer zu reduzieren?

Vielen Dank! – Dann schließt sich gleich die Frage der lfd. Nr. 14 des Kollegen Martin Delius von den Piraten zu

Schulpflichtverletzungen

an. – Bitte schön, Herr Kollege!

Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank! – Ich frage den Senat: Zu wie vielen Schulpflichtverletzungen kommt es jährlich in Berlin, wie viele Bußgeldverfahren werden jährlich eingeleitet, und wie bewertet der Senat die Arbeit der Schulverweigerungsprojekte in Berlin? – Danke!

Vielen Dank, Herr Kollege! – Es antwortet Frau Senatorin Scheeres. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Langenbrinck! Herr Delius! Zum 1. Februar 2012 ist die AV Schulpflicht in Kraft getreten. Inhalt dieser AV ist es, dass jetzt zukünftig die Schulen direkt am ersten Tag, wenn Schülerinnen und Schüler in der Schule fehlen, die Erziehungsberechtigten informieren sollen. In diesem Zusammenhang plane ich auch, ein Pilotprojekt an zehn Schulen durchzuführen. Hier sind wir gerade in der Vorbereitung und in der Abstimmung – wir werden da auch den Datenschutzbeauftragten mit einbeziehen –, ein elektronisches Klassenbuch einzuführen und zu erproben. Es geht darum, dass über SMS oder andere Wege die Eltern direkt aus dem Klassenzimmer informiert werden können, wenn Schülerinnen und Schüler in der Schule fehlen. Es wird aber auch weiter wie bisher so verlaufen, dass nach zehn Tagen das Schulamt informiert wird, wenn Schülerinnen und Schüler am Stück fehlen. Es ist auch gängige Praxis, dass es dann einen Kontakt zum Jugendamt und zur Schulaufsicht in diesem Zusammenhang gibt, um darüber zu informieren.

Im Bezirk Mitte gibt es ein sehr gutes Projekt, einen Pilotarbeitskreis, der ressortübergreifend und angeknüpft an das Thema Kinderschutz arbeitet. Hier besteht der Schwerpunkt, dass die unterschiedlichen Bereiche zusammenarbeiten, um bestimmte Themen intensiver zu diskutieren. Man hat sich auch das Themenfeld der Schulverweigerung vorgenommen und hierzu sehr gute Ansätze erarbeitet. Andere Bezirke orientieren sich an diesen Ansätzen, sich mit dem Jugendamt, dem Schulamt und anderen Institutionen an eine Tisch zu setzen, um zu klären, wie es gelingen kann, Schülerinnen und Schüler dazu zu motivieren, wieder in die Schule zu gehen, bzw. wie man schneller darüber informieren kann, wenn sie in der Schule fehlen.

Wir stellen fest, dass dieses Thema in den jeweiligen Bezirken sehr unterschiedlich gehandhabt wird; es ist mir daher wichtig, dass wir einheitliche Leitlinien entwickeln. Wir planen – gemeinsam mit den Bezirken –, auf Landesebene eine Arbeitsgruppe einzurichten, um von den guten Bespielen – wie z. B. jenem im Bezirk Mitte – zu lernen und zu einer einheitlichen Vorgehensweise zu gelangen.

Bei den 14-jährigen Jugendlichen, die gravierende Fehlzeiten vorweisen, prüfen wir derzeit, ob man hier Bußgelder verhängen kann.

Zur Frage des Abgeordneten Delius: Im Mai gab es zu diesem Thema eine Kleine Anfrage, woraufhin wir in den Bezirken die Zahlen erhoben haben. In der Kleinen Anfrage können Sie das bezirksdetailliert noch einmal nachlesen. Ihre Frage war ja, wie sich die Schulversäumnisanzeigen verteilen. Berlinweit gab es im Schuljahr 2009/2010 2 636 Schulversäumnisanzeigen. In 894 Fällen sind Bußgeldverfahren eingeleitet worden. Die Schulen gehen sehr unterschiedlich damit um. Im Rahmen ihrer Präventions- und Reaktionskonzepte entwickeln sie Ansätze, wie sie mit diesen Themen umgehen. Natürlich ist es schwierig, junge Menschen, die lange nicht in die Schule gegangen sind, wieder zu motivieren, in die Schule zu gehen. Dass sie es nicht tun, hat unterschiedliche Gründe. Ich finde es wichtig, dass wir für die Schülerinnen und Schülern, bei denen es nicht gelingt, Projekte haben, damit auch diese Jugendlichen zu ihren Schulabschlüssen gelangen. Da gibt es z. B das Projekt Plan B in Marzahn-Hellersdorf, durch das es gelingt, ca. 50 Prozent der Jugendlichen zu einem Abschluss zu bringen. Das sind sehr gute Ansätze, die fortgeführt werden sollen.

Vielen Dank! – Kollege Langenbrinck hat eine Nachfrage – bitte schön!

Vielen Dank, Frau Senatorin, für Ihre Ausführung und Ihr beherztes Vorgehen und Handeln, was die konsequente Durchsetzung der Schulpflicht angeht.

Könnten Sie noch etwas zu dem Qualitätspaket sagen, mit dem die Schulen seit dem 1. Februar dazu angehalten sind, die Erziehungsberechtigten bereits am ersten Tag des unentschuldigten Fehlens darüber zu informieren? Vielleicht können Sie auch noch etwas zu den Ursachen sagen, die zum Schwänzen und zur Schulverweigerung führen! – Danke schön!

Herr Abgeordneter Langenbrinck! Eine wesentliche Maßnahme aus dem Qualitätspaket ist die Information

(Senatorin Sandra Scheeres)

der Eltern direkt am ersten Tag des Fehlens der Jugendlichen. Das haben wir in einer AV formuliert, das ist die Grundlage für das Vorgehen der unterschiedlichen Institutionen, und das haben wir damit direkt umgesetzt.

Warum Schülerinnen und Schüler über längere Zeit nicht in die Schule gehen, hat sehr unterschiedliche Gründe, dazu gibt es keine pauschale Antwort. So gibt es familiäre Probleme und Gründe, die Schülerinnen und Schüler sehen keinen Sinn im Schulbesuch, sie erfahren keine Unterstützung seitens der Eltern – es fehlen an manchen Stellen die Vorbilder –, oder es gibt Probleme in der Schule, und sie trauen sich nicht, in die Schule zu gehen. Da es ganz unterschiedliche Gründe gibt, muss man auch ganz detailliert schauen, wie man mit den Jugendlichen umgeht. Die unterschiedlichen Ansätze sind insofern sehr wichtig, ebenso die Projekte, die ich angesprochen habe, denn es geht darum, dass so viele junge Menschen wie möglich in Berlin einen Schulabschluss bekommen.

Vielen Dank, Frau Senatorin! – Herr Delius, bitte schön!

Vielen Dank, Frau Scheeres! Ich habe noch eine Nachfrage zu dem Benachrichtigungssystem; Sie haben die Benachrichtigung per SMS genannt. Gibt es Studien, die Rückschlüsse darauf zulassen, dass ein solches Benachrichtigungssystem tatsächlich zu einer Besserung der Situation führt?

Bitte schön, Frau Senatorin!

Herr Abgeordneter Delius! Ich hatte ja bereits gesagt, dass dies ein neues Projekt ist, ein Pilotprojekt in Berlin. Wir bereiten dies gerade vor; Erfahrungen aus anderen Bundesländern sind mir nicht bekannt. Wichtig ist aber, wie ich bereits sagte, dass wir mit dem Datenschützer im Gespräch sind, um dieses Projekt gut durchführen zu können. Es ist ein richtiger Ansatz, weil es eine schnelle Möglichkeit bietet, Eltern zu erreichen. Im Alltag erleben wir es, dass Eltern teilweise über Wochen nicht wissen, dass ihre Kinder nicht zur Schule gehen. Wenn sie hingegen sofort darüber informiert werden, haben sie eine andere Möglichkeit, auf ihre Kinder einzuwirken. Über ein solches System können wir mehr erreichen, und ich glaube auch, dass die Eltern dankbar sind, wenn sie darüber schneller informiert werden.

Vielen Dank! – Wir haben jetzt noch die Meldung des Kollegen Mutlu.