Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 34. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Gäste und Zuhörer sowie die Medienvertreter sehr herzlich.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie bitten, sich zu erheben.
Heute habe ich die traurige Pflicht zu erfüllen, zwei Kollegen posthum zu würdigen: den langjährigen Abgeordneten Ulrich Manske und den Abgeordneten und Senator a. D. Wolfgang Lüder.
Ulrich Manske war ein gebürtiger Berliner. Als Abgeordneter wirkte er in unserem Haus von 1981 bis 2001. Er starb im Alter von 59 Jahren am 3. August dieses Jahres.
Die politische Heimat von Ulrich Manske war die CDU in Steglitz. Hier engagierte er sich schon früh in der Jungen Union. Seine politische Arbeit führte ihn in den Kreisvorstand der CDU, dem er von 1975 bis 1981 angehörte. Dann übernahm er den Vorsitz im CDU-Ortsverband Schlossstraße. Kommunalpolitisch war Ulrich Manske zudem aktiv in der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz. Hier wirkte er von 1979 bis 1981 als Bezirksverordneter. In der BVV-Fraktion bekleidete er das Amt des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden.
Ulrich Manske zog es in die Landespolitik. Den damaligen Wahlkreis 1 in Steglitz gewann er direkt bei den Abgeordnetenhaus-Wahlen 1981. 20 Jahre lang blieb er Abgeordneter, bis er 2001 aus dem Parlament ausschied.
Er war im Parlament vor allem im Hauptausschuss und im Rechnungsprüfungsausschuss engagiert. Später widmete er sich der Einführung und Nutzung der modernen Kommunikations- und Informationsmedien in der Berliner Verwaltung. In der 13. Wahlperiode war er Vorsitzender des Unterausschusses KIT, in der 14. Wahlperiode stellvertretender Vorsitzender. Ulrich Manske war in diesen Jahren der politische Experte auf dem Sektor der elektronischen Verwaltungsmodernisierung. Dieser Ruf ist ihm auch nach dem Ausscheiden aus dem Parlament geblieben.
In der Nacht vom 18. auf den 19. August 2013 verstarb der ehemalige Senator Wolfgang Lüder im Alter von 76 Jahren. Wolfgang Lüder wurde am 11. April 1937 in
Celle geboren. Nach dem Abitur begann er ein Studium der Rechtswissenschaften an der Freien Universität Berlin. Im Jahre 1963 legte er die Erste und 1967 die Zweite juristische Staatsprüfung ab. Außerhalb der Universität machte Wolfgang Lüder schnell politische Karriere. Er war auf dem Höhepunkt der Studentenproteste Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und wurde 1971 mit nur 34 Jahren zum Landesvorsitzenden der Berliner FDP gewählt.
1975 kam es zur Bildung einer sozialliberalen Koalition. Wolfgang Lüder wurde Senator für Wirtschaft und Verkehr. 1976 übernahm er zudem das Amt des Bürgermeisters. Nach dem Ausscheiden aus dem Senat 1981 zog sich Wolfgang Lüder schließlich von allen seinen politischen Ämtern zurück. 1987 entsandte ihn das Abgeordnetenhaus nach der Bundestagswahl in den Deutschen Bundestag.
Als Bundestagsabgeordneter erlebte Wolfgang Lüder die deutsche Wiedervereinigung. Im Bonner Parlament setzte er sich, der die Ostpolitik der frühen Siebzigerjahre voll unterstützt hatte, für Berlin als Hauptstadt ein. So gehörte er 1991 zu den Mitverfassern des Antrages „Vollendung der Einheit Deutschlands“.
Nach dem Ende seiner politischen Laufbahn blieb Wolfgang Lüder dem Berliner Abgeordnetenhaus als Vorsitzender der Vereinigung der ehemaligen Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin verbunden. Diese Aufgabe füllte er gern und mit viel Engagement aus.
Für sein langjähriges Berliner Wirken auf politischer und gesellschaftlicher Ebene wurde Wolfgang Lüder 2012 die Würde des Stadtältesten von Berlin verliehen. Außerdem war er seit 1980 Träger des Ordre national du Mérite.
Berlin hat einen Politiker des Ausgleichs und einen Freund verloren. Wir werden ihn nicht vergessen. Unsere Anteilnahme gilt seiner Frau und seinen Töchtern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße heute erstmals den neuen Staatssekretär für Soziales, Herrn Dirk Gerstle. – Herzlich willkommen und auf gute Zusammenarbeit!
Ich beglückwünsche zwei Mütter unseres Hauses zum Nachwuchs und gratuliere der Kollegin Dr. Clara West von der Fraktion der SPD zur Geburt der Tochter Greta Charlotte Claudia
und der Kollegin Antje Kapek von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Geburt der Tochter Emmi Maya Carlijn. – Herzlichen Glückwunsch!
Zunächst habe ich wieder Geschäftliches mitzuteilen. Am Montag sind folgende fünf Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen:
1. Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Berlin wird seiner Verantwortung gerecht: grundgesetzliches Recht auf Schutz und Asyl fair, sicher und schnell umsetzen!“,
2. Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Berlin wird seiner Verantwortung gerecht: grundgesetzliches Recht auf Schutz und Asyl fair, sicher und schnell umsetzen!“,
3. Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema: „Rot-schwarze Bildungspolitik in der Sackgasse – bessere Bildung für Berlin“,
4. Antrag der Fraktion Die Linke zum Thema: „Energieversorgung in kommunale Hand – Volksbegehren umsetzen!“,
5. Antrag der Piratenfraktion zum Thema: „Jenseits der Einbürgerungsfeiern – wie ist es um die Willkommenskultur für Schutzsuchende in Berlin bestellt?“.
Zur Begründung der Aktualität erteile ich zunächst einem Mitglied der Fraktion der SPD das Wort. Das hat Wort Frau Dr. Kitschun. – Bitte schön, Frau Kollegin!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Grundgesetz ist eine von wenigen Verfassungen weltweit, die politisch Verfolgten einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Asyl gewährt. Aus gutem Grund: 80 Jahre ist es her, dass die Nationalsozialisten in Deutschland die Macht übernahmen und Millionen von Menschen zu Flüchtlingen wurden. Bereits 1933 flohen rund 37 000 Menschen aus Deutschland: Politiker, Journalisten, Schriftsteller und Künstler, darunter viele Juden. Schon aus dieser historischen Verantwortung heraus wollen wir, dass Flüchtlinge bei uns Zuflucht, Schutz und Asyl finden. Diese Menschen haben oft Schreckliches durchgemacht. Sie brauchen unser Mitgefühl und unser Engagement.
Es ist unerträglich, wenn Neonazis – wie aktuell in Hellersdorf – gegen Flüchtlinge hetzen, sie kriminalisieren und diffamieren. Es ist unerträglich, wenn Flüchtlinge in Deutschland Angst haben.
Viele Berlinerinnen und Berliner haben in den letzten Tagen und Wochen deutlich gemacht, dass Flüchtlinge in dieser Stadt und unserer Nachbarschaft willkommen sind.
Sie haben es bei Gegendemonstrationen gezeigt, wie zuletzt am Samstag in Hellersdorf, und mit Gesten, Spenden und konkreten Hilfsangeboten für die Flüchtlinge an verschieden Orten dieser Stadt. Für dieses wichtige und sichtbare Engagement möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken.
Bedanken möchte ich mich auch bei denen, die vor Ort in Hellersdorf – aber auch in der Nachbarschaft der anderen Heime – daran arbeiten, dass das Zusammenleben wirklich gelingt, bei denen, die Kommunikationsbrücken bauen und ein Miteinander vor Ort erst ermöglichen. Wir brauchen ein Klima, in dem Sorgen artikuliert und geklärt werden können. Aber beide Gruppen, Flüchtlinge wie Anwohner, haben auch Anspruch auf Ruhe, Sicherheit und Schutz vor politischer Instrumentalisierung.
Der Regierende Bürgermeister und viele andere Politikerinnen und Politiker haben klar gemacht, dass Rassismus und Hetze in unserer Stadt nicht gewünscht sind. Die demokratischen Parteien waren auch bei den Gegenkundgebungen gut vertreten. Das sind wichtige Zeichen. Aber aus unserer Sicht ist es wichtig, dass auch das Berliner Abgeordnetenhaus heute seine Einigkeit gegen rechte Hetze und Flüchtlingsfeindlichkeit bekräftigt. Deshalb haben wir als SPD-Fraktion eine Aktuelle Stunde zum Thema Flüchtlinge beantragt.
Ich bedaure ausdrücklich, dass es bis zu diesem Zeitpunkt noch keine gemeinsame Resolution aller Fraktionen gibt, aber es ist ja noch ein bisschen Zeit, ich hoffe, dass uns das noch gelingt. Ganz wichtig ist, glaube ich, dass wir heute auch im heißen Wahlkampf deutlich machen, dass es einen demokratischen Konsens in dieser Stadt und in diesem Haus gibt, dass wir Flüchtlinge willkommen heißen und uns gegen rechte Hetze aussprechen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind davon überzeugt, dass es angesichts der steigenden Zahl von Asylbewerbern – nicht nur in unserer Stadt, sondern im ganzen Land – und angesichts der Ereignisse, die wir in Hellersdorf zur Kenntnis nehmen mussten, die Berliner
Bevölkerung interessiert, wie sich die frei gewählten politischen Abgeordneten hier in diesem Haus der Thematik Asylbewerber stellen.
Wir sind sicher, dass die betroffenen Asylbewerber von uns erwarten, dass wir sehr deutlich sagen, wie wir mit ihnen umgehen möchten, nachdem sie hier zu uns nach Berlin gekommen sind und den Bedrohungen und den Wirren des Bürgerkriegs in ihrem Land entgangen sind.
Ich glaube fest, dass es ebenso alle diejenigen, die am Thema arbeiten – etwa die Mitarbeiter des Landesamtes für Gesundheit und Soziales, aber auch die Berliner Polizisten vor Ort –, interessiert, wie wir als Abgeordnete ihre Arbeit bewerten und einschätzen.