Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 42. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie, unsere Gäste und Zuhörer sowie die Vertreter der Presse sehr herzlich.
Zunächst habe ich wieder Geschäftliches mitzuteilen. Der Antrag der Piratenfraktion Drucksache 17/0888: „Open Educational Resources als Teil der Bildungskultur im Land Berlin“ – überwiesen in der 30. Sitzung am 18. April 2013 federführend an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie und mitberatend an den Ausschuss für Digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit und an den Ausschuss für Wissenschaft und in der 38. Sitzung am 7. November 2013 geänderte Federführung an den Ausschuss für Digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit – wird nunmehr zurückgezogen.
Zur Tagesordnung habe ich mitzuteilen, dass am Montag folgende fünf Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen sind.
− Antrag der Fraktion Die Linke zum Thema: „Mangel an Kitaplätzen, Personal und Qualität: Senat muss sich den Tatsachen stellen“,
− Antrag der Piratenfraktion zum Thema: „SPD entdeckt die Innenpolitik für sich, wann will sie den Innensenator stellen?“.
Zur Begründung der Aktualität erteile ich zunächst einem Mitglied der Fraktion der SPD das Wort. – Herr Kollege Kohlmeier, bitte schön, Sie haben das Wort!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Auszubildende der Landespolizeischule oben auf der Besuchertribüne! Sie haben sich ein gutes Thema heute ausgesucht, um bei unserer Plenarsitzung dabei zu sein, nämlich die Begründungsrunde, warum die Koalitionsfraktionen die Aktuelle Stunde zum Thema Cyberkriminalität beantragen.
Vor Kurzem wurde vom Bundesministerium für Sicherheit und Informationstechnik bekannt gegeben, dass ein gewaltiger Datendiebstahl stattfand. 16 Millionen E-Mail-Adressen und Passwörter wurden gestohlen. Wie BSI-Präsident Hange treffend feststellte, wurden nicht
nur Rechner infiziert, sondern komplette digitale Identitäten geraubt. Nicht weniger aktuell: Vorgestern begann am Potsdamer Landgericht ein Prozess gegen die sogenannte „Pillen-Bande“. Acht Personen haben schätzungsweise 21 Millionen Euro Einkünfte durch Internetgeschäfte erzielt. Wirkungslose Pillen wurden als Viagra oder Schlankheitsmittel durch ein raffiniertes Online-Handelssystem verkauft. 285 000 Menschen sind darauf reingefallen und wurden geschädigt. Die Täter kommen aus Brandenburg, die Opfer auch aus Berlin. Das sind keine Kleindelikte mehr. Hier spreche ich von verbrecherischen Großorganisationen. Mit unscheinbaren E-Mails werden Schäden in dieser Größenordnung verursacht. Vom Jahr 2011 zu 2012 sind die Internetstraftaten um 8 Prozent gestiegen. Der geschätzte Schaden betrug ca. 22 Millionen Euro. Unzählige Menschen sind Opfer dieser kriminellen Machenschaften geworden.
Auch in Berlin werden immer mehr Menschen Opfer von Internetkriminalität. Es geht nicht nur um den Betrug im Online-Handel oder beim Online-Banking, es gilt auch, verfassungswidrige Nazi-Webseiten zu verhindern. Zudem werden immer mehr Menschen im Web beleidigt, gemobbt oder gestalked. Nach einer aktuellen ForsaUmfrage fühlen sich bereits 30 Prozent der Menschen, die sich im Internet bewegen, von Beleidigung, Mobbing und Stalking betroffen. Cyberkriminalität ist auch für Berlin eine aktuelle Gefahr. Das rechtfertigt eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Dies ist meine erste Begründung zu einer Aktuellen Stunde, und es wird auch meine letzte sein. Denn heute wird das Abgeordnetenhaus beschließen, die Begründungsrunde zur Aktuellen Stunde abzuschaffen.
Generationen von Politikern, Elfen und Schreihälsen haben diese Aufwärmrunde hier vorne genutzt, um über Alles und Jeden zu reden, nur nicht über die Aktualität. Immer wieder wurde gerne gegen den Senat gewettert, denn er konnte sich in der Begrüßungsrunde nicht wehren.
Besondere Stilblüten gab es, wenn Frau Pop bei der Aktualität eine kleine Oppositionserklärung abgab, obwohl es noch gar keine Regierungserklärung gab.
Selbstverständlich, Herr Präsident, ist die Aktualität ja gerade dadurch gegeben, weil es die Aktuelle Stunde ist.
Lassen Sie mich noch kurz sagen, für die Öffentlichkeit, die es ja möglicherweise interessiert: Natürlich ist die Begründung der Aktualität öfter missbraucht worden.
In den überwiegenden Fällen gab es eine Vorverständigung der Geschäftsführer. Es gab ein kleines Theater für die Öffentlichkeit und für die Presse. Ich durfte einmal Teil dieses Theater sein – herzlichen Dank meinem Geschäftsführer Torsten Schneider dafür. – Lassen Sie uns dann gleich in der Aktuellen Stunde über Cyberkriminalität reden! – Herzlichen Dank!
[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Zurück in die Garderobe!]
[Zuruf von Dr. Klaus Lederer (LINKE) – Christopher Lauer (PIRATEN): Erzählen Sie uns jetzt etwas über Cybercrime? Ich möchte einmal wissen, worüber wir da reden!]
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Wortbeitrag meines geschätzten Kollegen Kohlmeier hat einen Wortbeitrag meiner Person überflüssig gemacht.
Alles was man über den Sinn und Zweck der Begründung der Aktuellen Stunde sagen kann, hat er bereits getan. In der Sache hat er auch ausgeführt, warum Cybercrime ein auch in Berlin wichtiges Thema ist. Er hat auf die neuesten Umstände hingewiesen, die uns vor neun Tagen beschäftigt haben, nachdem das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie bekannt gegeben hat, dass
16 Millionen Internetadressen gekapert worden sind. Das reicht uns aus, heute darüber zu sprechen. Ich verabschiede mich insofern, als dass ich diese überflüssige Begründung zeitlich nicht voll ausnutze. – Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie man über Kriminalität im Internet sprechen kann, ohne den massiven Datenklau befreundeter Geheimdienste auch nur in einem Nebensatz zu erwähnen, ist mir ein Rätsel.
Zur Aktualität Ihres Themas konnten Sie ja nicht viel sagen. Unser Thema ist aktuell, weil der Gasnetz-Vergabebrief in den nächsten Tagen verschickt werden soll. Wir beantragen deshalb eine Aktuelle Stunde zur vom Senat angestrebten Verstaatlichung des Gasnetzes und über die Zukunft der GASAG.
Eine Verstaatlichung von Unternehmen kommt für uns nur dann infrage, wenn das Kosten-NutzenVerhältnis stimmt, wenn es finanzierbar ist und eine soziale und ökologische Verbesserung für die Berlinerinnen und Berliner damit erreicht werden kann.
Deshalb ist die Frage, ob eine Rekommunalisierung sinnvoll ist oder nicht immer eine Einzelfallentscheidung. Dann muss man auch eine Einzelfallprüfung machen. Diese Prüfung hat es im Fall des Gasnetzes durch den Senat nicht gegeben. Er hat sie versäumt.
Erstens hat er die finanziellen Risiken einer Verstaatlichung des Gasnetzes nicht geprüft. Dazu muss man wissen, das Gasnetz ist anders als das Wassernetz oder das Stromnetz nicht unersetzlich in seinem Markt. Denn das Gasnetz ist im Wärmemarkt in Konkurrenz zu dem Fernwärmenetz, aber auch zu Öl und zunehmend auch zu erneuerbarer Energie und zur Gebäudedämmung.
Das gemeinsame Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestands, was uns hier alle vereint, wird zu einer Senkung des Energieverbrauchs führen und wird immer mehr erneuerbare Energien in den Wärmemarkt führen, und dies wird zu einer Ausdünnung der Anschlüsse beim Gasnetz führen. Das führt dazu, dass immer weniger Anschlüsse immer höhere Netzentgelte zahlen müssen und eine Spirale des Abmeldens in Gang kommen kann, die zu einem Rückbau des Gasnetzes führen kann.