Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 49. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie recht herzlich, auch unsere Gäste und Zuhörer sowie die Vertreter der Medien.
Zunächst möchte ich der Kollegin Nicole Ludwig von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen recht herzlich zum heutigen Geburtstag gratulieren – herzlichen Glückwunsch!
Ich möchte Sie um Verständnis für die heutigen Dreharbeiten im Plenarsaal bitten. Es handelt sich um eine Aktualisierung von Aufnahmen für unseren Informations- und Imagefilm des Abgeordnetenhauses.
Dann habe ich wieder Geschäftliches mitzuteilen: Am Montag sind folgende fünf Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen:
− Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „BAföGReform und finanzielles Engagement des Bundes stärken den Bildungsstandort Berlin“
− Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „BAföGReform und finanzielles Engagement des Bundes stärken den Bildungsstandort Berlin“
− Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema: „Niederlage beim Volksentscheid, Korruptionsverdacht am BER – Wowereit-Senat in der Vertrauenskrise“
− Antrag der Fraktion Die Linke zum Thema: „Wieder nur Hickhack und Ankündigungspolitik statt Kurskorrektur: SPD und CDU versagen nach TempelhofNiederlage“
− Antrag der Piratenfraktion zum Thema: „Berlin ist Fahrradstadt – Radverkehr stärken, Chancen ergreifen“
Ich lasse nun abstimmen, und zwar zunächst über den Antrag der Piratenfraktion, für den sich im Ältestenrat eine Mehrheit abgezeichnet hat. Wer diesem Thema, Stichwort: Berlin ist Fahrradstadt, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Piratenfraktion, CDU und SPD. Gegenstimmen! – Das ist die Fraktion der Grünen und Die Linke. Enthaltungen gibt es keine.
Jetzt ist es aber auch wieder gut. – Somit rufe ich dieses Thema für die Aktuelle Stunde oder den Tagesordnungspunkt 1 auf. Die anderen Anträge auf Aktuelle Stunde haben damit ihre Erledigung gefunden.
Dann möchte ich auf die Ihnen vorliegende Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Sollte dies im Einzelfall nicht Ihre Zustimmung finden, bitte ich um entsprechende Mitteilung.
Entschuldigungen von Senatsmitgliedern für die 49. Sitzung: Frau Senatorin Scheeres ist abwesend ab 12.15 Uhr. Grund: Teilnahme an der Bilanzpressekonferenz sowie an der offiziellen Abschlussveranstaltung im Rahmen des 15. Deutschen Kinder- und Jugendhilfetages, der vom 3. bis 5. Juni 2014 in Berlin stattgefunden hat. Frau Senatorin Yzer ist abwesend bis ca. 15.30 Uhr. Grund: Teilnahme an der Wirtschaftsministerkonferenz hier bei uns in der Hauptstadt.
Für die Besprechung der Aktuellen Stunde steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redebeiträge aufgeteilt werden kann. Es beginnt die Piratenfraktion. – Herr Kollege Baum! Bitte schön, Sie haben das Wort!
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Ich freue mich, dass wir heute die von den Piraten beantragte Aktuelle Stunde „Berlin ist Fahrradstadt – Radverkehr stärken, Chancen ergreifen“ beraten, sogar gegen die Stimmen der Grünen.
und am Wochenende 200 000 Erwachsene und Kinder auf dem Rad am letzten Sonntag auf der Fahrradsternfahrt waren.
Bis zu 500 000 Menschen nutzen tagtäglich in Berlin das Fahrrad. Am Freitag letzte Woche gab es Tausende Radfahrer bei der Critical Mass in Berlin. Insofern können Sie vielleicht auch anerkennen, dass es tatsächlich, gerade zu diesen Zeitpunkten, ein besonders aktuelles Thema ist, nicht zuletzt, weil es dort einiges zu tun gibt.
200 000 Erwachsene und Kinder fahren mit dem Rad, und 500 000 Menschen benutzen es täglich in Berlin. Dabei legen sie bis zu 2 Millionen Fahrradkilometer zurück, und auch das Statistische Bundesamt sagt, dass inzwischen 30 Prozent der Haushalte in Großstädten wie Berlin ausschließlich Fahrräder, aber kein Auto oder Motorrad besitzen. Das ist immerhin eine Steigerung gegenüber 2003 von 35 Prozent.
Nein! – Aus vielfältigen Gründen bietet sich Berlin als Fahrradstadt geradezu an. Berlin liegt im Flachland. Mehr als 50 Prozent der zurückzulegenden Wege sind kürzer als fünf Kilometer, und durch seine Polyzentralität ist Berlin trotz seiner Gesamtgröße eine Stadt der kurzen Wege. Radfahren ist gesund, preisgünstig, umweltfreundlich und innerhalb des S-Bahnrings in der Regel auch schneller als jedes andere Verkehrsmittel. Deswegen spricht nichts gegen und viel für Berlin als Fahrradstadt.
Das zeigt auch, dass es in Berlin jede Menge Fahrradfahrer gibt. Und ja, es werden immer mehr, und auf diese muss bei der Verkehrsplanung besonders eingegangen werden.
Was tut nun aber der Senat mit der Fahrradstadt Berlin? – Es schreibt etwas auf. Er schreibt ein Radverkehrskonzept auf, und letzten Endes kann man sagen, dass außer dem Aufschreiben darüber hinaus nicht so viel passiert. Wenn man sich anguckt, was davon auf der Straße ankommt, dann muss man feststellen: Er stärkt nicht die Fahrradstadt Berlin, er bekämpft sie.
Er sorgt mit seinem Handeln dafür, dass es eben keine vernünftige, sondern eine gefährliche Radverkehrspolitik in Berlin gibt. Und wissen Sie, Herr Müller, was der Knaller ist? – Sie schreiben auf der einen Seite tolle Sachen in Ihr Konzept, und auf der anderen Seite tun Sie auf der Straße genau das Gegenteil. Sie schreiben über den Radverkehr an Baustellen: Radfahrerinnen und Radfahrer sollen sicher und ohne Zwang zum Absteigen an Baustellen vorbeigeführt werden. – Seit zwei Tagen, keine hundert Meter von hier, gibt es in der Niederkirchnerstraße eine Einbahnstraße. Fahrradfahrer dürfen auf einem Abschnitt, wo nicht gebaut wird, nicht geradeaus weiterfahren, nicht rechts abbiegen und den dort vorhandenen Radweg nutzen. Das ist das genau das Gegenteil von dem, was Sie in Ihrer Radverkehrsstrategie für Berlin aufgeschrieben haben!
Gehen wir weiter! Was steht noch drin? – Vorhandene Qualität sichern, Instandhaltung und Aufwertung. Viele ältere Radwege sind schadhaft geworden oder genügen nicht mehr heutigen Anforderungen. – Was ist daran „vorhandene Qualität“? – Alte Radwege, die nicht mehr heutigen Anforderungen genügen oder schon komplett kaputt sind. Da gibt es nichts zu erhalten, sondern man muss sich grundsätzlich Gedanken machen, wie man damit umgeht.
Dann schreiben Sie über die Freihaltung von Hindernissen. Das passiert auf Radwegen aber auch nicht, weil die Bezirksämter kein Personal dafür haben. Der Radverkehr an Baustellen – ein Beispiel habe ich genannt; das funktioniert auch nicht. Die Überprüfung der Benutzungspflicht ist seit Jahren in den Bezirken ein Thema. Sie schaffen es nicht, die Benutzungspflicht an sinnvollen Stellen zu entfernen; Sie reagieren meist nur auf Klagen von Radfahrern. Radverkehrspolitik, die sich auf Klagen von Radfahrern stützt, ist keine zukunftsorientierte Politik in Berlin, Herr Müller!
Sorgen Sie umgehend dafür, dass alle Benutzungspflichten überprüft und dort aufgegeben werden, wo sie aufgegeben werden können! Dort, wo sie nicht aufgegeben werden können, setzen Sie bitte die Radwege instand oder sorgen dafür! Die Mittel dafür wurden im Hauptausschuss freigegeben – auch wenn es insgesamt zu wenig sind. Hängen Sie hinter dem blauen Schild keine Schilder auf „Dieser Radweg muss benutzt werden, auch wenn er schadhaft ist“! Sie gefährden damit die Radfahrer in Berlin, Herr Müller!
Ein Beispiel: In Marzahn-Hellersdorf, auf der Tangentialroute 7 am S-Bahnhof Springpfuhl, führen Sie Radfahrer ausgeschildert in den Gegenverkehr. Wenn Sie das mit dem Autoverkehr machen würden – irgendwo auf einer Autobahnauffahrt oder einer Einbahnstraße –, dann würde Ihnen jeder den Vogel zeigen.
Es gibt in Berlin keinen Fahrradbeauftragten mehr. Sie haben einmal den schönen Satz gesagt: Das brauchen wir nicht mehr, weil wir ja alle Fahrradbeauftragte sind. –
Offensichtlich machen Sie alle nicht Ihren Job als Fahrradbeauftragte. Deswegen fordere ich: Setzen Sie wieder einen Fahrradbeauftragten ein; statten Sie ihn entsprechend aus und sorgen Sie dafür, dass die Fahrradpolitik in