Protocol of the Session on May 12, 2016

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 81. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie, unsere Gäste, unsere Zuhörerinnen und Zuhörer sowie die Medienvertreter.

Im Namen des Hauses möchte ich Herrn Abgeordneten Alex Lubawinski von der Fraktion der SPD zum heutigen Geburtstag gratulieren. – Herzlichen Glückwunsch!

[Allgemeiner Beifall]

Mit unserer neuen Zeitregelung, Herr Kollege, haben Sie die Chance, heute Abend noch im Kreis Ihrer Lieben feiern zu können. Das war früher etwas gewagter.

[Heiterkeit und Zurufe]

Dann darf ich Ihnen mitteilen: Herr Kollege Oliver Schruoffeneger ist am 3. Mai 2016 im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf zum Stadtrat für Jugend, Familie, Schule, Sport und Umwelt gewählt worden. Wir wünschen ihm viel Erfolg in der neuen Funktion. Mit Wirkung des gestrigen Tages hat er sein Abgeordnetenmandat niedergelegt.

Als Nachrücker – das ging ganz schnell bei der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – begrüße ich Herrn Abgeordneten Stefan Ziller. – Herzlich willkommen! Auf eine gute Zusammenarbeit, Herr Kollege!

[Allgemeiner Beifall – Benedikt Lux (GRÜNE): So müsste die Verwaltung arbeiten!]

Ja, Herr Lux, ich wollte es gerade auch noch ansprechen. Wenn die Verwaltung will, dann kann sie ganz schnell sein.

Dann habe ich wieder Geschäftliches mitzuteilen: Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 17/1642 – Klinisches Krebsregister Berlin-Brandenburg einrichten und Fördermittel ausschöpfen – wird von der antragstellenden Fraktion zurückgezogen. Der Antrag ist in der 48. Sitzung am 22. Mai 2014 an den Ausschuss für Gesundheit und Soziales überwiesen worden.

Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 17/1719 – IT-Sicherheit durch einen Chief Information Security Officer institutionell verankern –, wird ebenfalls zurückgezogen. Der Antrag ist in der 51. Sitzung am 3. Juli 2014 an den Ausschuss für Digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit und an den Hauptausschuss überwiesen worden.

Am Montag sind folgende fünf Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen:

− Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Familienfreundliches Berlin“

− Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Familienfreundliches Berlin“

− Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema: „Berlin muss wieder funktionieren – Senat bekommt Bürgerämter, Einwohnerwesen und Landesamt für Flüchtlinge nicht aufgestellt“

− Antrag der Fraktion Die Linke zum Thema: „Senat verschleudert Millionen durch Verwaltungschaos. Ist Berlin schon mit dem Zählen seiner Einwohnerinnen und Einwohner überfordert?“

− Antrag der Piratenfraktion zum Thema: „Senat ist schon beim Zählen der Neuberliner/-innen überfordert – das Berliner Verwaltungschaos kostet uns Millionen.“

Ich lasse nun abstimmen, und zwar zunächst über den Antrag der Fraktion der SPD: Familienfreundliches Berlin. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? – Das sind die Piraten mehrheitlich, die Grünen und Die Linke. Gibt es Enthaltungen? – Ersteres war die Mehrheit, dann rufe ich dieses Thema unter dem Tagesordnungspunkt 1 auf. Die anderen Anträge auf eine Aktuelle Stunde haben damit ihre Erledigung gefunden.

Dann möchte ich auf die Ihnen vorliegende Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Sollte das im Einzelfall nicht Ihre Zustimmung finden, bitte ich um eine entsprechende Mitteilung.

Lfd. Nr. 1:

Aktuelle Stunde

gemäß § 52 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

„Familienfreundliches Berlin“

(auf Antrag der Fraktion der SPD)

Für die Besprechung der Aktuellen Stunde steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redebeiträge aufgeteilt werden kann. Es beginnt die Fraktion der SPD. – Bitte, Herr Kollege Eggert, Sie haben das Wort! – Bevor der Kollege das Wort ergreift, habe ich noch die Bitte, den Geräuschpegel herunterzufahren. Wenn Gespräche zu führen sind, dann bitte draußen. – Bitte, Herr Kollege Eggert!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Familie steht unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. – So steht es im Artikel 6 unseres Grundgesetzes, und das hat natürlich seinen Grund, denn Familie ist die kleinste und zugleich wichtigste Soli

dargemeinschaft und damit auch die unverzichtbare Grundlage für das Funktionieren des sozialen und demokratischen Staatswesens. Berlin wächst, und das nicht nur durch Zuzug, den wir begrüßen, sondern auch aus sich selbst heraus. Das ist für mich und meine Fraktion ein sicheres Zeichen dafür, dass Berlin für Familien durchaus attraktiv ist und immer attraktiver wird, und so soll es auch bleiben

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Das Berliner Familienleben ist bunt. Neben der traditionellen Familienform haben Eineltern-, Patchwork- und Regenbogenfamilien ihren Platz in unserer Stadt, und das ist gut so. Was Familie ist, definieren diese Menschen ganz allein, losgelöst von gesetzlichen Fragen wie Erbfolgen oder anderen. All diese Familien bedürfen unseres Schutzes, denn der eben von mir zitierte Artikel des Grundgesetzes definiert den Begriff Familie nicht. Für uns ist überall dort, wo Menschen dauerhaft Verantwortung füreinander übernehmen, Familie.

Angesichts dieser Vielfalt – bitte erlauben Sie mir den kurzen Ausflug in die Bundespolitik – ist unser aktuelles Steuersystem schlicht überholt und ungerecht. Warum etwa sollte ein kinderloser Arzt als Ehemann steuerlich besser gestellt werden als etwa seine verwitwete Kollegin mit drei Kindern und Hund?

[Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Ich begrüße daher ausdrücklich die Pläne unserer Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig, anstelle des überholten Ehegattensplittings ein sozialdemokratisches Familiensplitting einzuführen und die Steuergerechtigkeit für Familien endlich herzustellen.

[Beifall bei der SPD]

Zurück ins Land: Familienpolitik ist für uns nicht nur eine eigene Ressortaufgabe, sondern Familienpolitik ist ein komplexer Prozess, denn die Bedürfnisse der Familien sind oftmals höchst unterschiedlich und haben doch zugleich viele Schnittstellen. Familienpolitik ist für die Berliner SPD und diesen Senat eine Querschnittsaufgabe in Bildung, Arbeit, Integration, Stadtentwicklung, Jugendpolitik und in vielem mehr. Unser Regierender Bürgermeister Michael Müller steht dafür, dass Familienfreundlichkeit nur auf der Grundlage eines ressortübergreifenden Planens und Handelns erreicht werden kann.

Familien brauchen angemessenen und bezahlbaren Wohnraum, dafür setzt sich Andreas Geisel ein. Wir erhöhen den Anteil von landeseigenen Wohnungen auf bis zu 400 000, und das kommt verstärkt auch den Familien zugute.

[Beifall bei der SPD]

Die Einschränkung der Mieterhöhungsmöglichkeiten, durch die Mietpreisbremse kommt auch den Familien zugute.

Noch stärker im Fokus unserer Familienpolitik steht die beste und frühestmögliche Bildung für unsere Kinder. Wir haben den Kitaplatzausbau konsequent vorangetrieben und allein in dieser Legislaturperiode zusammen mit den freien Trägern und den Kita-Eigenbetrieben über 20 000 neue Kitaplätze geschaffen. Dieses bietet Möglichkeiten, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbinden und das Armutsrisiko für Familien damit zu senken. Ich finde es toll, dass Sandra Scheeres nun innovative Wege geht, um auch Eltern, die nicht in geregelten Arbeitsverhältnissen sind, sondern Schichtarbeiten, Nachtarbeiten, Wochenendarbeiten und Feiertagsarbeiten machen müssen, zu unterstützen. Gerade für Alleinerziehende ist es ein unglaublicher Vorteil, und das bringt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch einmal nach vorne.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Die SPD-Fraktion steht dafür, dass der soziale Aufstieg für alle Jungen und Mädchen, gleich aus welchen Familienstrukturen sie stammen, möglich ist. Wir haben dafür gesorgt, dass die Bildung von der Krippe bis zur Hochschule in dieser Stadt gebührenfrei ist. Ich begrüße es ausdrücklich, dass ab 2018 der Kitabesuch für alle Kinder gebührenfrei ist und die Hortgebühren abgeschafft werden, denn auch dies stellt eine eklatante Entlastung von Familien dar.

[Beifall bei der SPD]

Wer daran zweifelt, hat weder Berlin noch die Familien verstanden. Besonders stolz bin ich darauf – und ich danke meinem Fraktionsvorsitzenden Raed Saleh, der es entgegen aller Unkenrufe hinbekommen hat –, dass wir gleichzeitig zur Kostenfreiheit stufenweise eine Verbesserung des Betreuungsschlüssels durchgesetzt haben, und wir werden mit 3,7 Kindern pro Erzieherin stufenweise dazu kommen, dass wir einen der besten Betreuungsschlüssel in Deutschland haben. Das ist ein wichtiger Schritt.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Damit haben wir die Forderungen des Berliner Kitabündnisses nicht nur aufgenommen, wir haben sie sogar in Teilen überschritten. Das ist ein großer Erfolg für die sozialdemokratische Familienpolitik und die Schlagkräftigkeit dieser Koalition.

Wir haben mehr getan: 470 Millionen Euro für die Sanierung von Schulen und Sportstätten helfen Familien. Wir haben 10 Millionen Euro jährlich bereitgestellt für die Sanierungen von Kitas und Spielplätzen in den Bezirken. Wir haben 31 Familienzentren in den Berliner Bezirken geschaffen und gesichert und dazu das übergreifende Regenbogenzentrum in Schöneberg. Wir haben die Ausgaben für Musikschulen erhöht und andere außerschulische Lernorte priorisiert, auch jetzt in diesen Haushaltsverhandlungen. Wir haben den Super-Ferien-Pass gesichert, das sollte man nicht vergessen, denn gerade für die Familien, die wenig Geld haben, ist das ein super An

gebot wie z. B. ab jetzt wieder die Möglichkeit, kostenlos die Schwimmbäder zu nutzen.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Das Programm Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen und das Bonusprogramm für Schulen führen dazu, dass über 250 Schulen in Berlin die Möglichkeit haben, individuelle Angebote für Kinder einzurichten und zu fördern. Dies haben wir dauerhaft gesichert und finanziell untermauert. Ich glaube, das ist ein richtiger Schritt.

[Beifall bei der SPD]

Auch die Einführung der Jugendberufsagentur darf bei diesen familienpolitischen Maßnahmen nicht vergessen werden. Jugendarbeitslosigkeit durch Berufsberatung, Vermittlung in Ausbildung und Arbeit sowie Leistungen der Jugendhilfe aus einer Hand gezielt entgegenzuwirken, ist eine Sache, hinter die sich alle Fraktionen in diesem Haus stellen können. Ich glaube, dass es ein richtiger Schritt gewesen ist, dieses zu starten. Ich hoffe, dass die Jugendberufsagenturen in allen Bezirken gut anlaufen werden.

Auch das Thema Inklusion ist Familienpolitik. Das Gesetz zur Ganztagsbetreuung von Kindern und Jugendlichen mit schweren Behinderungen auch über die Grundstufe hinaus bis zum Schulanschluss hin bietet die Möglichkeit, dass diese Kinder aktiv Teil unserer Bildungslandschaft werden und dadurch auch aktive Chancen haben im Berufsleben. Das ist ein wichtiger Punkt.