Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 67. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie, unsere Gäste und Zuhörerinnen und Zuhörer sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Medien sehr herzlich.
Mit Schreiben vom 23. Juni 2015 hat mich die Fraktion der CDU darüber unterrichtet, dass durch Beschluss in der Fraktionssitzung am vergangenen Dienstag der Abgeordnete Dirk Stettner in die Fraktionsgemeinschaft aufgenommen worden ist. Die Fraktion der CDU verfügt somit nunmehr über 39 Mitglieder.
Dann habe ich wieder Geschäftliches mitzuteilen. Am Montag sind folgende fünf Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen – ich wäre dankbar, wenn ein bisschen mehr Ruhe einkehren könnte; danke schön! –:
− Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema: „Volksbegehren straft rot-schwarze Wohnungspolitik ab – Dialog für bezahlbare Mieten in ganz Berlin starten“
− Antrag der Fraktion Die Linke zum Thema: „Chaos, Schlamperei, Personalnotstand – Senat versagt bei der Flüchtlingsunterbringung. Wie groß ist der Schaden für Berlin und die Betroffenen?“
− Antrag der Piratenfraktion zum Thema: „Chaos, Schlamperei, Personalnotstand – Senat versagt bei der Flüchtlingsunterbringung. Wie groß ist der Schaden für Berlin und die Betroffenen?“
Ich lasse nun abstimmen, und zwar zunächst über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Stichwort: Wohnungspolitik, für den sich im Ältestenrat eine Mehrheit abgezeichnet hat. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen Die Grünen, die SPD-Fraktion und CDUFraktion. Gegenstimmen? – Keine. Enthaltungen? – Bei den Piraten und der Fraktion Die Linke. Dann rufe ich dieses Thema für die Aktuelle Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 1 auf. Die anderen Anträge auf Aktuelle Stunde haben damit ihre Erledigung gefunden.
Ich möchte Sie auf die Ihnen vorliegende Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Wenn dies
Entschuldigung von Senatsmitgliedern: Für die heutige Sitzung sind entschuldigt Herr Senator Henkel – er nimmt an der Innenministerkonferenz in Mainz teil – sowie der Herr Regierende Bürgermeister ab ca. 17.30 Uhr; er vertritt das Land beim Empfang des britischen Botschafters zu Ehren ihrer Majestät König Elisabeth II. und seiner königlichen Hoheit Prinz Philip.
„Volksbegehren straft rot-schwarze Wohnungspolitik ab – Dialog für bezahlbare Mieten in ganz Berlin starten“
Für die Besprechung der Aktuellen Stunde steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redebeiträge aufgeteilt werden kann. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Frau Schmidberger, bitte schön! Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! 48 000 Menschen haben für das Berliner Mietenvolksbegehren unterschrieben.
Die erste Hürde auf dem Weg zum Volksentscheid wurde damit souverän genommen. Das ist ein starkes Signal an die Öffentlichkeit und vor allem auch an uns hier im Berliner Abgeordnetenhaus. Dafür bedanke ich mich und gratuliere der Initiative.
Fest steht aber auch: Dieses Mietenvolksbegehren ist ein Misstrauensvotum gegen den Senat und eine Politik, die es schlicht verpennt hat, die Probleme und Fehlentwicklungen auf dem Berliner Wohnungsmarkt anzugehen.
Wenn der Berliner Senat heute behauptet, alle Mittel in der Wohnungspolitik ausgeschöpft zu haben, stellen sich die Fragen: Warum gibt es dann überhaupt ein Volksbegehren für günstige Mieten, warum steigen die Wohnkosten in Berlin schneller als die Reallöhne, und warum kommt die Bekämpfung der Wohnungsnot nicht endlich voran? – Die Wohnungsmisere ist längst zu einer, wenn
Das liegt daran, dass der Senat in den letzten Jahren viel versprochen hat, aber letztlich keinen echten Kurswechsel in der Mietenpolitik vollzogen hat. Gehandelt wurde viel zu spät und halbherzig, und in den zentralen Fragen blockieren sich SPD und CDU bis heute gegenseitig oder belassen es allein bei schönen Worten. Da ist es doch kein Wunder, dass es keine spürbare Wirkung für die Berlinerinnen und Berliner gibt. Fakt ist: Berlins Mieterinitiativen haben mit Unterstützung der drei Berliner Mieterverbände ein Gesetzentwurf vorgelegt, weil der Senat schlicht seinen Job nicht gemacht hat.
Bis heute hat der Senat z. B. kein Konzept, wie mit den rund 120 000 bestehenden Sozialwohnungen umzugehen ist. Die jährlichen Mietssteigerungen und hohen, teils fiktiven Kostenmieten müssen und könnten auch durch ein neues Wohnraumgesetz gesenkt werden. Das fordern Betroffene und Mieteninitiativen übrigens seit Jahren. Der Senat hat aber wie so oft nichts getan, und das, obwohl man auf diese Weise auch die Kosten für die öffentliche Hand senken könnte, und zwar, indem wir die Eigentümer endlich finanziell mit in die Verantwortung nehmen.
Wenn die Koalition die Initiative dafür kritisiert, dass sie mit ihren Vorschlägen nicht sämtliche Probleme auf dem Wohnungsmarkt löst, ist das ein Armutszeugnis, denn es ist nicht die Aufgabe der Mieterinnen und Mieter, die Probleme auf dem Berliner Wohnungsmarkt zu lösen, nein, es ist die Aufgabe des Senats, und wenn man sich die Mietenentwicklung anschaut, dann hat der Senat an dieser Stelle fundamental versagt.
Natürlich kann man einige Punkte des Volkbegehrens kritisch sehen, aber wie gestern im Hauptausschuss zu behaupten, dass der Gesetzentwurf der Initiative nur 4 Prozent der Mieterinnen und Mieter zugutekomme, ist schlicht falsch. Ein Viertel von Berlins Mieterinnen und Mietern würden von ihm direkt profitieren, und indirekt hilft der Gesetzentwurf auch allen anderen, zum Beispiel durch die Förderung von Modernisierung und Neubau. Langfristig würden die Maßnahmen sogar eine mietpreisdämpfende Wirkung für die ganze Stadt entfalten.
Im Hauptausschuss mussten sich beide, Senat und Initiative, in der Kostenfrage korrigieren. Wir reden von jetzt bis zu 2 Milliarden Euro innerhalb der nächsten fünf Jahre. Natürlich ist das viel Geld, aber ich sage Ihnen: Die Berliner Mischung gibt es nun mal nicht für umsonst, und wenn wir die wachsende Spaltung in der Stadt nicht stoppen, werden die sozialen und wirtschaftlichen Folgekosten ungleich höher sein.
Wenn Sie die finanziellen Auswirkungen des Mietenvolksbegehrens kritisieren, dann möchte ich Sie fragen: Wie viel darf denn eine soziale Wohnungspolitik kosten, und was würde eigentlich die Umsetzung all der SPDParteitagsbeschlüsse zur Wohnungspolitik kosten? Oder waren das nur warme Worte?
Ein bisschen hoffnungsvoll hat mich gestern die große Einigkeit im Hauptausschuss über die Ziele des Volksbegehrens gestimmt. Alle Fraktionen, selbstverständlich mit Ausnahme der CDU, haben sich dazu bekannt. Darauf können und müssen wir jetzt aufbauen. Wir alle sollten deshalb das Mietenvolksbegehen nicht als eine Bedrohung, sondern als eine Chance für einen Neustart in der Berliner Mietenpolitik begreifen. SPD und CDU müssen sich entscheiden: Wollen Sie auf die Initiative zugehen, oder setzen Sie auf Konfrontation?
Mal ganz ehrlich: Es bleibt Ihnen doch gar nichts anderes übrig, als sich mit der Initiative zu einigen. Ihre Klage vor dem Verfassungsgericht wird nicht durchkommen, und wenn es zum Volksentscheid kommt, wissen Sie bereits heute, dass Sie diesen verlieren werden. Also sollten Sie weniger schimpfen und mehr verhandeln.
Wir Grüne setzen auf den Dialog. Es braucht jetzt ein konkretes Angebot, und zwar des ganzen Senats, auf der Grundlage der Vorschläge der Initiative. Verhandeln Sie, und lassen Sie uns gemeinsam einen Gesetzentwurf machen, besser heute als morgen, besser spät als nie, denn Berlins Mieterinnen und Mieter haben auf eine soziale Wohnungspolitik lang genug gewartet!
Ich nutze die Gelegenheit, kurz eine Ansage zu machen: Es gibt die Verständigung zwischen den Fraktions
geschäftsführern, dass wir aus aktuellem Anlass Herrn Finanzsenator Kollatz-Ahnen von 11.40 Uhr bis 12.40 Uhr entschuldigen, damit er an der Bundesratsfinanzausschusssitzung, wo es um das Dragoner-Areal geht, teilnehmen kann und die Interessen des Landes vertritt. – Vielen Dank!
Verehrter Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Frau Schmidberger! Kräftige Schlagworte: verpennt, versagt, keine Maßnahmen, nichts getan. – Ich werde Ihnen mal sagen, was wir getan haben: Die Berliner Koalition hat sofort, als klar wurde, dass jährlich über 40 000 Neuberliner hinzukommen, reagiert und alle Maßnahmen für bezahlbaren Wohnraum, die wir von Landesseite unternehmen können, ergriffen, verehrte Grüne!