Protocol of the Session on September 13, 2012

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 17. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie, unsere Gäste und Zuhörer sowie die Medienvertreter sehr herzlich. Ich freue mich sehr, unter unseren heutigen Gästen die neuen Auszubildenden der Berliner Stadtreinigungsbetriebe begrüßen zu können. – Herzlich willkommen!

[Allgemeiner Beifall]

Herr Kollege Heiko Thomas von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat heute Geburtstag. – Herzlichen Glückwunsch!

[Allgemeiner Beifall]

Ich möchte Sie noch darauf hinweisen, dass heute Filmaufnahmen im Plenarsaal für den Imagefilm des Hauses gedreht werden, für die ich die Erlaubnis erteilt habe. – Genau, Herr Lauer, immer schön lächeln.

[Heiterkeit]

Dann habe ich wieder Geschäftliches mitzuteilen: Der Regierende Bürgermeister hat mir seine Absicht mitgeteilt, in der heutigen Sitzung eine Erklärung gemäß Artikel 49 Abs. 3 der Verfassung von Berlin zum Thema „Handeln in Verantwortung: Alle Kräfte bündeln für den Erfolg des Flughafens BER“ abzugeben. Gemäß der Verständigung aller Fraktionen werde ich diese Erklärung sowie die Aussprache darüber als Punkt 2 A der Tagesordnung aufrufen.

Nun möchte ich Sie über ein Schreiben des Regierenden Bürgermeisters an mich vom 11. September 2012 unterrichten.

Sehr geehrter Herr Präsident!

Auf ihre bei mir am 10. September 2012 schriftlich eingegangene Bitte um Entlassung habe ich Frau Senatorin Sybille von Obernitz heute mit sofortiger Wirkung aus ihrem Amt als Senatorin für Wirtschaft, Technologie und Forschung entlassen. Ich habe darüber hinaus im Einvernehmen mit dem Senat von Berlin den Senator für Inneres und Sport, Herr Frank Henkel, als vertretungsplanmäßigen Vertreter der bisherigen Senatorin für Wirtschaft, Technologie und Forschung gebeten, bis zur Ernennung einer Nachfolgerin oder eines Nachfolgers zusätzliche die Amtsgeschäfte im Geschäftsbereich Wirtschaft, Technologie und Forschung zu führen. Die Mitglieder des Senats von Berlin habe ich über meine Entscheidung unterrichtet.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Wowereit.

Ich möchte an dieser Stelle Frau von Obernitz für die geleistete Arbeit im Namen des Hauses danken.

[Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜNEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Am Montag sind folgende fünf Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen:

1. Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Wohnqualität und Mieterschutz: erfolgreiche Weichenstellung im Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten“,

2. Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Wohnqualität und Mieterschutz: erfolgreiche Weichenstellung im Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten“,

3. Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema: „Wowereits Flughafendesaster – Senat in der Krise – Regierungserklärung jetzt!“,

4. Antrag der Fraktion Die Linke zum Thema: „Wohnen in Berlin muss bezahlbar sein – Mietenbündnis des Senats greift zu kurz“,

5. Antrag der Piratenfraktion zum Thema: „Verhalten von Aufsichtsratsmitgliedern in landeseigenen Betrieben am Beispiel der Messe Berlin GmbH“.

Zur Begründung der Aktualität erteile ich zunächst einem Mitglied der Fraktion der SPD das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin Radziwill!

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Kein anderes Thema in der Stadt beschäftigt aktuell so viele Berlinerinnen und Berliner wie das Thema „Wohnen und bezahlbare Mieten“. In der Regel wollen sie in ihren Wohnungen und im vertrauten Wohnumfeld bleiben, und das ist verständlich, denn 85 Prozent der Berlinerinnen und Berliner wohnen zur Miete. Wohnen ist aus meiner Sicht eine Daseinsvorsorge. Es ist ein Erfolg des Senators für Wohnen, Michael Müller, und des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit und dieser Koalition, dass dieses Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten mit den sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zustande kommen konnte. Es ist eine erfolgreiche Weichenstellung, und darüber möchten wir heute mit Ihnen debattieren.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Dieses Bündnis bietet erstens mehr Schutz vor Verdrängung, zweitens stärkeren Schutz vor Mieterhöhungen, drittens wird es Mietpreissteigerungen begrenzen und damit auf den neuen Mietspiegel dämpfend wirken und viertens, der Anteil der Wohnungen im städtischen Bestand wird seit Beginn dieser Legislatur um rund 9 000 Wohnungen erhöht. Der Maßnahmenkatalog im Bündnis ist breit aufgestellt. Ein wesentlicher Aspekt ist es, allen Bestandsmietern mehr Schutz vor Miete

rerhöhungen zu bieten als im zurzeit gültigen Bundesmietrecht.

Meiner Fraktion und mir ist die konkrete Umsetzung unserer Berliner Bundesratsinitiative für bezahlbare Mieten an dieser Stelle sehr wichtig. Es bleibt nicht in der Theorie, nein, es wird schon Realität für alle Mieterinnen und Mieter in den rund 280 000 Wohnungen der städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Das ist ein Erfolg, darüber möchten wir mit Ihnen reden.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Was heißt das konkret? – Statt bisher alle drei Jahre bis zu 20 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete sind nur noch alle vier Jahre Mietsteigerungen bis maximal 15 Prozent zur ortsüblichen Vergleichsmiete zulässig. Das wünschen wir uns als SPD-Fraktion für die gesamte Mieterschaft in Berlin.

Hinzu kommt für Bestandsmieten auch für die zukünftige neue Mieterschaft der städtischen Wohnungsbaugesellschaften eine garantierte Begrenzung der Kaltmiete auf maximal 30 Prozent des Nettohaushaltseinkommens. Besonders sinnvoll ist auch die Chance für ältere und langjährige Mieter und Mieterinnen, einen Wohnungswechsel zu ähnlichen Konditionen wie bei ihrem bisherigen Mietvertrag vornehmen zu können. All diese und andere wichtige Maßnahmen im Bündnis unterstützen wir gemeinsam als Land Berlin mit rund 100 Millionen Euro. Das sind sinnvolle Investitionen in unsere Stadt, und das wollen wir heute mit Ihnen debattieren.

Mit diesem Bündnis und unserer neuen Weichenstellung verbinde ich auch folgende Botschaften: Erstens: Dieser Koalition ist Mieterschutz wichtig.

[Ah! von den GRÜNEN – Beifall von Oliver Höfinghoff (PIRATEN)]

Zweitens: Die soziale Ausrichtung der städtischen Wohnungsbaugesellschaften wird gestärkt und konkretisiert – das ist ein Paradigmenwechsel. Drittens: Mit diesem Bündnis sollen auch die privaten Wohnungsunternehmen motiviert werden, ihren Beitrag zur Stadtrendite zu leisten und bezahlbare Mieten zu sichern.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Die Berliner Mischung in den Kiezen ist das Markenzeichen unserer Stadt – durchmischte Stadtquartiere sind stabile Wohnquartiere. Diesen Charme Berlins zu erhalten lohnt sich, und auch dazu trägt dieses Bündnis bei. Um das flächendeckend zu erreichen, braucht die Politik, brauchen wir, braucht auch dieser Senat die privaten Wohnungsbaugesellschaften als Partner im gemeinsamen wohnungspolitischen Boot. Lassen Sie uns daher heute aus unserer Debatte im Plenum ein starkes Signal senden, stärken wir dem Senator für Wohnen, Michael Müller, den Rücken für die anstehenden Gespräche und Verhandlungen auch mit den privaten Wohnungsbaugesellschaften!

[Oh! von den GRÜNEN – Uwe Doering (LINKE): Und was macht der Regierende? Was macht der Finanzsenator?]

Lassen Sie uns die Dinge nicht im Klein-Klein zerreden, sondern gemeinsam vom Abgeordnetenhaus ein Signal für besseren und umsetzbaren Schutz, wie es in diesem Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten vorgesehen ist, senden!

Am Dienstag letzter Woche wurden die entsprechenden Verträge mit allen sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und dem Senat unterschrieben. Es liegt daher nahe, zeitnah über dieses hochaktuelle Thema Mietenbündnis und die Weichenstellung, die damit einhergeht, in der heutigen Aktuellen Stunde zu debattieren. Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Thema, denn es ist ein aktuelles und stadtbewegendes Thema. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Wolfgang Brauer (LINKE): Das wollten Sie zehn Jahre nicht hören, Frau Radziwill!]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Für die CDU-Fraktion rufe ich nun den Kollegen Brauner auf.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Erfolgreiche Weichenstellung im Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten“, kurz: „Bündnis für Wohnen“ – in der Tat, aus unserer Sicht ein wichtiges und aktuelles Thema, über das wir heute sprechen wollen und wozu wir Sie gerne einladen.

[Wolfgang Brauer (LINKE): Sind Sie Makler?]

Der Senat hat das Bündnis für Wohnen beschlossen und damit auch eine neue wohnungspolitische Ausrichtung eingeläutet. Eine wohnungspolitische Ausrichtung, die eine Kehrtwende ist von der Entwicklung in den letzten zehn Jahren. Wir kommen aus einer Phase des Überangebots, und in Berlin hat sich die Situation grundlegend verändert. Das sind in Summe aber erst einmal positive Botschaften. Weil es zu der Debatte und zu der Vordebatte gehört, will ich das noch einmal sagen: In Berlin ist die Zahl der Haushalte deutlich gewachsen und deutlich heißt auch, dass wir über 150 000 Einwohner in den letzten Jahren hinzugewonnen haben. Das Gleiche gilt für die Zahl der Haushalte, da ist die Wachstumszahl sogar noch größer. Wir haben ein prognostiziertes Bevölkerungswachstum von über 5 Prozent bis 2030, und wir haben jetzt schon die Situation, dass wir deutlich mehr Haushalte als Wohnungen in der Stadt haben.

All das war bis vor Kurzem kein Problem. Wir stellen aber fest, der Wohnungsmarkt verknappt sich, und zugleich stellen wir fest, dass die Menschen nach Berlin

kommen wollen – und diesen müssen wir Wohnraum bieten.

In diesem Kontext haben wir im Rahmen der Koalitionsverhandlungen schon auf ein Bündnis hingearbeitet, und ich bin sehr froh, dass unser Senator Michael Müller dieses Bündnis jetzt abschließen konnte und wir somit für die Berlinerinnen und Berliner ein wichtiges Signal gesetzt haben. Erstens: Wir wollen mehr Wohnraum schaffen. Zweitens: Wir wollen die Mieten dämpfen und das insbesondere mit dem Gewicht unserer städtischen Unternehmen. Das ist ein tolles Signal und ein Signal an die Berlinerinnen und Berliner!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Die wichtige Botschaft für uns heißt, dass wir zum einen – Frau Radziwill hat das schon mit einigen Eckpunkten ausgeführt – die städtischen Unternehmen nutzen, um dämpfend zu wirken, aber dass wir zum anderen auch das Signal senden: Wir wollen wieder mehr städtische Wohnungsunternehmen haben. Wir wollen vor allem mehr Wohnungen in dem Bereich – wir wollen den Bestand um über 30 000 städtische Wohnungen erhöhen. Auch das ist ein Paradigmenwechsel, aber ein Paradigmenwechsel, der zur richtigen Zeit kommt.

Gleichzeitig wollen wir auch mehr Neubau in der Stadt, denn das ist wichtig: Die Menschen, die nach Berlin kommen, sollen hier angemessenen Wohnraum finden. Diejenigen, die hier bereits wohnen, sollen möglichst in den Kiezen bleiben können, in denen sie jetzt wohnen. All das ist mit einer ganzheitlichen politischen Ausrichtung im Bereich der Wohnungspolitik verbunden und insofern eine sehr aktuelle Frage, über die wir heute gerne mit Ihnen debattieren möchten. Ich bitte deshalb auch um Zustimmung von unserer Seite aus zu der Aktuellen Stunde und freue mich nachher auf die Diskussionen.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nun Frau Pop. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Radziwill! Herr Brauner! Worüber wollen Sie gleich in der Aktuellen Stunde noch sprechen? Sie haben doch Ihr Pulver schon komplett verschossen!