Protocol of the Session on June 11, 2015

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 66. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie, unsere Gäste und Zuhörerinnen und Zuhörer sowie die Medienvertreter sehr herzlich.

Aus aktuellem Anlass haben alle fünf Fraktionen des Hauses einen dringlichen Antrag auf Annahme einer Entschließung zum Thema „Für den Erhalt der Arbeitsplätze bei Siemens“ eingebracht. Dieser Antrag hat die Drucksachennummer 17/2318.

Ich gehe davon aus, dass der Dringlichkeit nicht widersprochen wird? – Dem ist so. Bevor ich den Antrag verlese, gestatten Sie mir, den stellvertretenden Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes Berlin-Brandenburg und eine Betriebsrätin und zwei Betriebsräte der Firma Siemens recht herzlich bei uns heute zu begrüßen.

[Allgemeiner Beifall]

Für den Erhalt der Arbeitsplätze bei Siemens

Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion auf Annahme einer Entschließung Drucksache 17/2318

Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:

Mit Unverständnis und großem Bedauern nehmen wir die Ankündigung von Siemens zur Kenntnis, im Berliner Gasturbinenwerk trotz guter Unternehmenszahlen weiteres Personal abzubauen. Bei Umsetzung aller Maßnahmen bedeutet dies den Verlust von vielen Hundert Arbeitsplätzen im Gasturbinenwerk und anderen Siemens-Werken in Berlin.

Das Unternehmen Siemens steht wie kein anderes für den historisch gewachsenen Industriestandort Berlin. Siemens und Berlin, das gehört seit dem Jahr 1847 zusammen. Bis heute hat die Siemens AG eine herausragende Bedeutung für die Wertschöpfung am Wirtschaftsstandort Berlin. Für diese Treue sind die Berlinerinnen und Berliner dankbar. Viele sind seit Generationen Siemensianer, bringen ihr Wissen und Können in die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens ein und tragen so maßgeblich zum Unternehmenserfolg bei. Die Siemens AG und ihre Belegschaft spielten und spielen bei der Entwicklung der Industrie am Standort Berlin eine zentrale Rolle. Wir wollen, dass dies so bleibt.

[Allgemeiner Beifall]

Das Berliner Gasturbinenwerk mit seinen integrierten Wertschöpfungsstufen von Forschung und Entwicklung, Prototypenbau, hoher Fertigungstiefe in der Produktion, Service und Wartung sowie Vertrieb ist in dieser Struktur aus unserer Sicht ein Leitwerk der Industrie mit territorialer Nähe auch zu zukunftsträchtigen Exportmärkten in der europäischen Nachbarschaft. Unserer Überzeugung nach ist diese Struktur kein Auslaufmodell.

Berlin hat in den vergangenen Jahren erfolgreich große Anstrengungen unternommen, den industriellen Bereich in der Stadt zu stärken. Die Industriestadt Berlin ist für uns nicht nur Geschichte, sondern auch Zukunft. Unsere Stadt hat hierfür mit ihrer Wissens- und Forschungslandschaft, ihrer Anziehungskraft für Fachkräfte und ihrer Lage im Herzen Europas nah an den Entwicklungsräumen herausragende Potentiale und Ressourcen – nicht zuletzt für die Industrie 4.0.

Gerade der Hochtechnologiebereich ist für die künftige Entwicklung der Berliner Wirtschaft von entscheidender Bedeutung. In der Grundlagen- und Anwendungsforschung, für Wissens- und Technologietransfer, Produktentwicklung, Prototypenbau und Produktion sind räumliche Nähe und direkter Austausch ein Standortvorteil, den wir ausbauen wollen. Berlin bekennt sich zur Energiewende mit dem Ausstieg aus der Kohle, dem engagierten Ausbau erneuerbarer Energien unter Einschluss schneller Gaskraftwerke. Daher: Auch wenn derzeit auf Bundesebene die Prioritäten anders gesetzt sind, sehen wir insbesondere für die Zukunftstechnologie Gasturbinentechnik in Deutschland und Europa einen strategischen Bedarf.

Wir wollen, dass Siemens und Berlin weiter gemeinsam erfolgreich sind. Wir wollen gemeinsam mit den Berliner Werken, ihren hochqualifizierten Beschäftigten und dem Vorstand der Siemens AG nach Perspektiven suchen, die sowohl den betrieblichen Erfordernissen gerecht werden als auch den Interessen der Beschäftigten. Wir appellieren eindringlich an den Vorstand der Siemens AG, diese Entscheidung noch einmal zu überdenken und sich für den Erhalt der Arbeitsplätze hier in Berlin einzusetzen.

Berlin, den 10. Juni 2015

Mit Unterschrift aller Fraktionen.

[Allgemeiner Beifall]

Zu dieser Drucksache ist die sofortige Abstimmung beantragt worden. Wer dem Antrag Drucksache 17/2318 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen und der fraktionslose Kollege. Gibt es Gegenstimmen oder Enthaltungen? – Dann haben

wir das so einstimmig beschlossen. Nehmen Sie das, liebe Kollegen, Kolleginnen, auch mit in Ihren Betrieb!

Nun möchte ich noch einige Glückwünsche aussprechen: Die Kollegin Marianne Burkert-Eulitz von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat heute Geburtstag. – Im Namen des Hauses herzlichen Glückwunsch und alles Gute für das neue Lebensjahr!

[Allgemeiner Beifall]

Die Piratenfraktion hat am Dienstag Wahlen des Fraktionsvorstands durchgeführt. Stellvertretend für den gewählten Vorstand möchte ich im Namen des Hauses den beiden wiedergewählten Vorsitzenden Martin Delius und Alexander Spies gratulieren. – Herzlichen Glückwunsch und weiterhin gute Zusammenarbeit!

[Allgemeiner Beifall]

Nun habe ich wieder Geschäftliches mitzuteilen. Am Dienstag sind folgende fünf Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen:

− Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Wirtschaftsstandort Berlin auch 2015 auf Wachstumskurs“

− Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Wirtschaftsstandort Berlin auch 2015 auf Wachstumskurs“

− Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema: „Ehe für alle – wegen SPD und CDU ist Berlin nicht mit dabei“

− Antrag der Fraktion Die Linke zum Thema: „Ehe für alle – wegen SPD und CDU ist Berlin nicht mit dabei“

− Antrag der Piratenfraktion zum Thema: „Ehe für alle – wegen SPD und CDU ist Berlin nicht mit dabei“

Ich lasse nun abstimmen, und zwar zunächst über den Antrag der Fraktion der CDU – Stichwort: Wirtschaftsstandort. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen SPD und CDU und der fraktionslose Kollege. Gegenstimmen? – Das sind die Piraten, die Grünen und Die Linke. Damit wird das Thema der CDU-Fraktion unter Tagesordnungspunkt 1 aufgerufen. Die anderen Anträge für die Aktuelle Stunde haben damit ihre Erledigung gefunden.

Der Ältestenrat empfiehlt einen Terminplan für die Plenarsitzungen im Jahr 2016, der Ihnen in Farbdruck auf den Tischen vorliegt. Natürlich steht diese Planung unter dem Vorbehalt, dass der Termin für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus im nächsten Jahr noch nicht festgelegt worden ist, insbesondere hinsichtlich der beiden Alternativen einer konstituierenden Sitzung und aller weiteren Sitzungen der 18. Wahlperiode, deren Terminierung selbstverständlich Sache des neu gewählten Parlaments sein wird. Wer nun dem Vorschlag des Ältestenrats zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen und der fraktionslose Kollege. Gegenstimmen? Enthaltungen? – Nicht der Fall, dann haben wir das so beschlossen.

Dann möchte ich auf die Ihnen vorliegende Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Sollte dies im Einzelfall nicht Ihre Zustimmung finden, bitte ich um entsprechende Mitteilung.

Vom Senat ist für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Regierender Bürgermeister Müller ab 16.45 Uhr – Grund: Vorbesprechung der A-Länder zur Vorbereitung der Sonder-Ministerpräsidentenkonferenz mit der Bundeskanzlerin sowie Vorbereitung der Sitzung des Bundesrates am Freitag –, und Frau Senatorin Scheeres ist ganztätig abwesend – Grund: Teilnahme an der Kultusministerkonferenz.

Ich rufe nun auf Antrag der CDU auf:

lfd. Nr. 1:

Aktuelle Stunde

gemäß § 52 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

„Wirtschaftsstandort Berlin auch 2015 auf Wachstumskurs“

Für die Besprechung der Aktuellen Stunde steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redebeiträge aufgeteilt werden kann. Es beginnt die Fraktion der CDU. – Herr Kollege Dietmann, bitte schön, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! „Berliner Perspektiven für starke Wirtschaft, gute Arbeit und sozialen Zusammenhalt“ – so lautet die Überschrift des Koalitionsvertrags zwischen SPD und CDU in der Legislaturperiode 2011 bis 2016. Wir haben uns damals einiges vorgenommen und einen klaren Fokus auf die wirtschaftliche Entwicklung Berlins gelegt.

[Unruhe bei der LINKEN]

Heute können wir mit Freude sagen: Berlins Wirtschaft ist stark.

[Uwe Doering (LINKE): Trotz Siemens!]

Sie wächst. Sie schafft Arbeitsplätze. Sie stabilisiert den sozialen Zusammenhalt. Kurzum: Berlin boomt!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Uwe Doering (LINKE): Genau!]

Und weil das Argument ohnehin nachher von den Rednern der Opposition vorgetragen wird, sage ich aus voller Überzeugung: Das Thema „Wirtschaftsstandort Berlin auch 2015 auf Wachstumskurs“ ist aktuell und wichtig und gehört deshalb auch in die heutige Aktuelle Stunde.

(Präsident Ralf Wieland)

[Beifall bei der CDU]

Denn nach meiner Überzeugung ist die wirtschaftliche Entwicklung Berlins, die Perspektive für die Schaffung von Arbeitsplätzen und den Erhalt von Arbeitsplätzen, für die Berlinerinnen und Berliner wichtiger als so manche symbolträchtige politiktheoretische Debatte,

[Dr. Gabriele Hiller (LINKE): Fahrradstadt!]

die wir an dieser Stelle einige Male führen oder einige gerne führen wollen.