Wolfgang Kubicki
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Last Statements
Herr Schulze, selbstverständlich möchte ich, sonst würde ich nicht hier stehen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der „Möchtegern-Ministerpräsidenten-Kandidat“ ist ja ein lustiges Kerlchen. Herr Stegner, geben Sie mir einmal einen einzigen Hinweis darauf, wie Sie CO2 wiederverwenden wollen.
- Das finde ich sensationell, Karbonisierung. Wo wollen Sie das alles hinpacken? Wir reden hier nicht über kleine Mengen, wir reden über Riesenmengen, die bei der Abscheidung anfallen.
- Ist klar, wunderbar.
Wenn Sie jetzt sagen, Sie wollen eine Initiative im Bundesrat ergreifen, dass das aus dem Bergrecht rauskommt, dann stimmen Sie doch unserem Antrag zu. Das haben wir vor. Wir haben vor, dass wir es anderen Ländern nicht vorschreiben, was sie machen sollen. Sonst müssten wir ja sagen: Warum nur Deutschland, warum nicht Europa? Herr Kollege Harms, Sie müssten eigentlich eine Initiative in Brüssel einbringen, dass das europaweit verboten wird.
Was wir zunächst machen müssen, ist, dass wir eine eigene Zuständigkeit erhalten; denn sonst sind das alles Deklamationen ohne sittlichen Nährwert. Wenn wir heute alle feststellen, dass in den Bundestagswahlprogrammen aller Parteien einschließlich der Grünen die Bundesebene vielleicht differenziertere Auffassungen hat als wir, dann ist die Annahme, wir würden mit einer Initiative dazu beitragen, bundesweit eine Regelung zu unseren Gunsten zu erhalten, ziemlich kindisch. Aber das, was wir erreichen können - auch mithilfe der anderen Länder -, ist, dass wir das Selbstbestimmungsrecht der Länder stärken, wenn wir sagen, wir wollen das selbst entscheiden. Wenn die Branden
burger etwas anderes wollen, warum denn nicht? Warum wollen wir ihnen das vorschreiben?
Wenn die Niedersachsen etwas anderes wollen, warum denn nicht? Warum wollen wir ihnen das vorschreiben? Wir wollen unser eigenes Recht bekommen, darüber zu befinden, was bei uns rausgeholt oder eingebuddelt wird. Das ist der entscheidende Unterschied. Deshalb: Kommen Sie einmal runter von den Deklamationen!
Ich glaube nämlich, das ist die nächste Finte. Dann kommt der Genosse Stegner und sagt: Wir haben es ja versucht, aber leider haben wir es nicht geschafft. Er geht ja davon aus, dass die SPD im Bund mitregiert, in welcher Konstellation auch immer. Dann sagt er, die SPD auf Bundesebene hat sich leider gegen uns durchgesetzt. Genau das wollen wir verhindern. Wir wollen ein eigenes Recht für Schleswig-Holstein. Deshalb müssen Sie unserem Antrag zustimmen, oder Ihre Resolution ist nichts wert.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man muss tatsächlich die Beiträge des Kollegen Dr. Stegner weltweit versenden,
weil sie deutlich machen, was Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von ihm zu erwarten haben. Ich finde es ziemlich stark, dass sich der Kandidat, der Ministerpräsident werden will, hier hinstellt und erklärt, es sei sinnvoll, dass bestimmte Unternehmen pleitegehen, damit die Löhne in anderen Branchen gesichert werden, mit anderen Worten Wettbewerb vernichtet wird. Das finde ich in Ordnung, dass es so ist. Ist es denn so, dass, wenn Opel jetzt pleitegehen würde, die Arbeitsplätze bei anderen Unternehmen gesichert werden? Wollen Sie sich hinstellen und das dann sagen?
- Herr Kollege Dr. Stegner, ich verstehe ja Ihre Aufregung als Mitglied einer Partei, die Hartz IV geschaffen hat, die die Ein-Euro-Jobs geschaffen hat.
Ich kann sicher sagen, dass Herr Hartz niemals Mitglied der FDP war, sondern immer Mitglied der SPD,
die Ich-AGs eingeführt hat. Sie sind Mitglied einer Partei, dessen Bundesvorsitzender sich rühmt, die Rente auf 67 heraufgesetzt zu haben, statt sie mit 65 auszuzahlen. Ich will nicht wiederholen, was die Linke Ihnen vorwirft, aber das wirft sie Ihnen zu Recht vor, dass Sie sich als sozialpolitisch Verantwortlicher hinstellen, aber das genaue Gegenteil praktizieren, wenn Sie politische Verantwortung tragen.
Das sage ich Ihnen jetzt auch einmal in Ihrem eigenen Beritt. Ich kann mich noch erinnern, mit welcher Lebensfreude Sie die öffentlich Bediensteten behandelt haben, als die sich darüber beschwert haben, dass ihnen das Weihnachts- und das Urlaubsgeld weggenommen wird. Was ist denn der Mindestlohn für einen Polizeibeamten im Einsatz? Was ist denn der Mindestlohn für einen Justizvollzugsbeamten da, wo Sie Verantwortung tragen? Was ist denn der Mindestlohn für Pflegekräfte beim UK SH, das Sie fusioniert haben?
Da kommen Sie und sagen: Na ja, der Haushalt ist irgendwie ziemlich eng, da müssen wir drüber nachdenken, Personalbudgets streichen. Da stehlen Sie sich aus der Verantwortung.
Aber dort, wo es nicht mehr Sie selbst betrifft, sondern andere, da machen Sie dicke Backen und zeigen mit dem Finger auf andere.
Noch einmal: Für die sozialpolitischen Kahlschläge der letzten Jahre ist die Sozialdemokratie verantwortlich,
und bei Teilbereichen sind es die Grünen. Ich kann mich erinnern, wie Herr Hartz im Französischen Dom gefeiert wurde. Es wurde die Bibel des Arbeitsmarktes überreicht. Und alle sagen Ihnen: Daraus ist soziales Elend geworden. Das sagen Sie heute doch selbst. Erklären Sie, ob das das soziale Elend beflügelt hat oder ob es dagegen angekämpft hat. Erklären Sie schlicht und ergreifend, ob Sie wollen, dass wir die Hartz-IV-Gesetzentwürfe positiv begleiten - auch bei dieser Abstimmung am 27. September 2009 -, oder ob Sie sagen: Das war Teufelszeug, das muss reformiert werden. Herr Dr. Stegner, beides gleichzeitig geht nicht, das lassen Ihnen die Menschen auch nicht durchgehen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss nicht von meinem Boot erzählen, weil einige schon mitgefahren sind und sich angehört haben, wie schön leise es ist. Frau Kollegin Redmann, im Übrigen wohne ich auch an der Küste und kann Ihnen sagen, dass die Motorengeräusche von mittelschnell laufenden Dieselmotoren, die von Frachtern, deutlich lauter sind als die von privat genutzten Sportbooten.
Die FDP wird dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht zustimmen, weil er aus unserer Sicht überflüssig und teilweise sogar unsinnig ist. Er ist überflüssig, weil wir keine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung an der Ostseeküste brauchen. Darüber hinaus ist er - wie beim Kollegen Matthiessen nicht unüblich - kognitiv suboptimiert. Aus dem Antrag ist noch nicht einmal erkennbar, ab welcher Geschwindigkeit ein Wasserfahrzeug als sehr schnell fahrend gilt
oder was mit dem Begriff der Verkehrsberuhigung gemeint ist. Das reicht von einer Geschewindigkeitsbeschränkung bis zu einem absoluten Befahrensverbot als sozusagen ultimativer Verkehrsberuhigung.
Darüber hinaus soll der Landtag laut Antrag der Grünen feststellen, dass Lärm an der Ostsee stö
rend ist. An der Nordsee ist er es anscheinend nicht; das muss wohl am Wind liegen. So wie der Antrag vorliegt, kann man ihn auch als potenzieller Befürworter des Anliegens nicht ernst nehmen und kann ihm nicht zustimmen, wenn man ernsthafte Politik betreiben will. Da wir das wollen, werden wir dem Antrag nicht zustimmen.
Herr Kollege Matthiessen, dass Sie noch nicht auf der See waren und davon wenig verstehen, haben Sie in Ihrem Zwischenbeitrag gezeigt, als Sie erklärt haben, dass Sie schon einmal vom Schwall der schnell fahrenden Boote berührt wurden und ihnen ausweichen mussten. Gleiter machen aber keinen Schwall. Gerade dann, wenn sie schnell fahren, gibt es keinen Schwall. Den gibt es nur bei Verdrängern ab einer bestimmten Geschwindigkeit.
Außerdem sollten Sie Sozialdemokraten uns einmal erklären, wie das eigentlich überwacht werden soll.
- Herr Kollege Matthiessen, das Boot liegt noch im Wasser. Ich nehme Sie gern einmal mit hinaus, damit Sie sich das anhören können und nicht weiter solchen Unsinn verbreiten.
Unabhängig davon frage ich mich aber, wie Sie das eigentlich überwachen wollen. Wie viele Wasserschutzpolizeiboote wollen Sie da eigentlich hinterherschicken? Mit Radarplottern kann man das überhaupt nicht überwachen, weil man dafür eine gerade Linie braucht. Privatleute, die Sportboot fahren, fahren aber in aller Regel keine gerade Linie. Insofern könnten Sie eine Geschwindigkeitsbegrenzung gar nicht überwachen.
Die zweite Frage ist, wie wir eigentlich das Problem lösen wollen, dass wir außerhalb der Dreimeilenzone überhaupt keine Regelungskompetenz haben. Ab Kiel Leuchtturm, Herr Matthiessen, würde ich Ihnen die lange Nase zeigen und sagen: Sie können mich mal. - Der Hebel geht auf den Tisch, damit ich endlich nach Dänemark komme, einem tollen Land, in dem man die Freiheit wirklich noch genießen kann.
Ich stimme Ihnen darin zu, dass wir uns überlegen müssen, ob wir Sportveranstaltungen oder andere Veranstaltungen mit erheblichem Publikumsver
kehr wie die Rennbootveranstaltungen wollen und, wenn wir sie wollen, in welchem Rahmen wir sie zulassen wollen, das heißt, welche Begrenzungen eingeführt werden müssen.
Herr Kollege Matthiessen, auch da kann ich Ihnen sagen, dass die Europäische Union hier schon sehr viel weiter ist. Seit 2005 dürfen keine neuen Sportboote mehr gebaut werden, die eine bestimmte Dezibelzahl überschreiten. Frau Redmann, insofern haben Sie das Problem nicht mehr.
Das mache ich gern. Es tut mir wirklich leid. Sie sollten nur zu Dingen reden, von denen Sie etwas verstehen, und zwar möglicherweise auch aus eigener Erfahrung. Sie sollten nicht über Dinge reden, von denen Sie nichts verstehen.
- Das kann ich mir deshalb nicht vorstellen, weil Ihnen diese Auskunft gar nicht gegeben worden sein kann. Es macht in der Kieler Förde, in der Flensburger Förde oder in der Eckernförder Bucht keine Probleme. Es macht dort keine Probleme, wo Sie etwas von Land aus abgreifen können oder wo Boote herfahren können. Ich sage Ihnen aber: Versuchen Sie einmal, hinter einem Schlauboot hinterherzufahren, das mit 60 kn fährt. Sie haben bei der Wasserschutzpolizei kein Boot, das in der Lage wäre, diesem zu folgen.
Ich sage noch einmal: Ich gebe Ihnen recht, das, worüber wir uns unterhalten müssen und was wir regeln müssen, ist die Frage, ob wir in küstennahen Gewässern Rennen zulassen wollen. Wir müssen uns darüber unterhalten, ob wir auf dem Wasser etwas haben wollen, was wir als Race to
Dubai im Rennsport haben. Wir müssen sagen, ob wir das auf dem Wasser haben wollen oder nicht. Ich kann Ihnen aber sagen: Überall dort, wo die ortsansässigen Gemeinden oder Kommunen das nicht mehr wollten, dort hat es auch nicht stattgefunden. In Kiel hat es ein Rennen gegeben. Danach hat man gesagt: Wir wollen das nicht mehr. Ende der Durchsage. In Lübeck hat es ein Rennen gegeben. In Travemünde sagte man, das wolle man nicht mehr. Ende der Durchsage. Glauben Sie doch nicht, dass Sie solche Veranstaltungen gegen den Willen der Bevölkerung durchführen können.
In aller Bescheidenheit sage ich auch zugunsten der Sozialdemokraten: Ich höre von dem Kollegen Stegner immer wieder gern, dass er ein vehementer Bekämpfer der CO2-Emissionen ist. Herr Stegner, mein Boot stößt selbst bei 40 kn weniger CO2 aus als Ihr Bus, mit dem Sie gerade Wahlkampf machen.
Vielleicht sollten Sie einmal darüber nachdenken, wie ehrlich und aufrichtig Ihre Argumentation ist, wenn Sie dauernd versuchen, den Menschen an der Küste, von denen wir über 100.000 haben, die Lebensfreude zu nehmen. Alle Freizeitskipper fahren zu ihrem Vergnügen Boot. Ich kann mir keine Gesellschaft vorstellen, in der Sie eine Mehrheit dafür bekommen, den Menschen die Freude zu nehmen.
Sehr verehrter Kollege Dr. Wadephul, ich hoffe - das ist jetzt meine Frage -, es ist Ihnen nicht entgangen, dass durch den Antrag des Abgeordneten Kayenburg das Gesetzgebungsverfahren zur Änderung der Verfassung eingeleitet worden ist.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in diesem Plenum bereits zahlreiche Debatten über die Frage des Ob und des Wie von Schuldenbremsen geführt. Allein in fünf Tagungen in diesem Jahr. Viel inhaltlich Neues wird die heutige Debatte daher nicht bringen, habe ich mir gedacht. Aber ich bin doch überrascht, wozu der Kollege Dr. Wadephul in der Lage ist. Ich bin auch überrascht darüber, dass die Sozialdemokraten in diesem Haus zumindest erste zarte Signale für die Notwendigkeit einer Schuldenbremse dokumentiert haben, Herr Kollege Puls, wiewohl ich auch zur Kenntnis nehme, dass Ihr Fraktionsvorsitzender in der Öffentlichkeit immer wieder erklärt, dass darüber noch zu reden sein wird, was auch immer er damit meint. Ich gehe davon aus, dass auf
die Sozialdemokraten in diesem Haus unabhängig von Herrn Dr. Stegner Verlass sein wird.
Ich möchte Ihnen dennoch noch einmal kurz die Situation schildern. Schleswig-Holstein hat derzeit inklusive der Stützungsmaßnahmen für die HSH Nordbank einen Schuldenstand von 24 Milliarden €. Bei der derzeitigen Finanzplanung und den vom Landesrechnungshof geschätzten Einnahmeverlusten durch die Finanzkrise wird der Schuldenstand im Jahr 2013 um 7 Milliarden auf 31 Milliarden € anwachsen. Das bedeutet, dass die Zinslast in diesem Zeitraum von 12 auf 20 % ansteigen wird. Was für weitere Risiken für die Landesfinanzen im Rahmen der HSH Nordbank entstehen, kann heute noch niemand beziffern. Damit stimmt auch in diesem Fall der leider oft zitierte Satz: Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Handlungsdefizit.
Wenn wir in der Öffentlichkeit immer davon hören und lesen, dass es eine Vertrauenskrise hinsichtlich der politisch Handelnden gibt, dann ist genau dies einer der Gründe dafür. Es ist der berechtigte Anspruch der Menschen in unserem Land, dass im Landtag nicht ewig nur Vorlagen diskutiert werden, sondern auch notwendige Beschlüsse ergehen.
Die Regelung für eine Schuldenbremse in der Landesverfassung ist ein solcher notwendiger Beschluss, denn er zwingt das Parlament zum Handeln. Ein „Weiter so!“ darf es und wird es - jedenfalls mit der FDP - nicht geben.
Ohne eine Schuldenbremse in der Landesverfassung gibt es für Schleswig-Holstein keine Schuldenbremse. Wir alle haben hier einhellig in den diversen Debatten Einigkeit in diesem Punkt demonstriert, dass eine Bundesregelung für die Länder verfassungswidrig ist, weil sie in das Budgetrecht, das Königsrecht der Landesparlamente, eingreift. Der Bund hat hier keine Regelungskompetenz. Alles andere würde unser föderales Staatsgebilde ad absurdum führen.
Herr Kollege Wadephul, gerade weil sich die Christdemokraten hier offensichtlich querzustellen scheinen, möchte ich Ihnen noch einmal einige Zitate aus Ihren vergangenen Reden vorhalten. Sie haben in der Landtagsdebatte am 25. Februar 2009 Folgendes erklärt:
„Verfassungsrechtlich ist die CDU-Landtagsfraktion der Auffassung, dass eine Schuldenbremse in der Tat im Grundgesetz nicht verankert werden kann, weil sie in das Haushaltsrecht dieses Landes eingreift.“
Und weiter:
„Wenn eine Schuldenbremse verankert wird, wird sie durch diesen Landtag mit der erforderlichen verfassungsgebenden Mehrheit verankert, oder sie wird nicht verankert.“
Lieber Kollege Dr. Wadephul, als Anwalt, der ich auch bin, nehme ich Sie beim Wort. In der Debatte vom 26. März 2009 haben Sie erklärt:
„Wenn wir unsere Verfassung ernst nehmen, wie wir es in Sonntagsreden immer wieder sagen, wie wir es bei der Einführung des Landesverfassungsgerichts in SchleswigHolstein mit besonderer Betonung und mit besonderer Ehrfurcht wieder gesagt haben, dann muss unsere Landesverfassung genau der rechtliche Ort sein, um eine der wichtigsten politischen Zukunftsfragen zu beantworten.“
Sehr geehrter Herr Kollege Wadephul, ich stimme Ihnen uneingeschränkt zu. Genau deswegen stimmt meine Fraktion heute der Änderung der Landesverfassung zu. Und genau deshalb wird meine Fraktion auch heute die Bestätigung unseres im März bereits einstimmig gefassten Langtagsbeschlusses für eine Klage gegen die Bundesregelung zur Schuldenbremse befürworten.
Herr Kollege Dr. Wadephul, wir klagen nicht gegen die Schuldenbremse. Dieses Missverständnis muss ausgeräumt werden. Wir verteidigen unser Recht gegenüber den Übergriffen des Bundes. Das ist ein manifester Unterschied.
Ich zitiere aus der Stellungnahme des Lorenz-vonStein-Instituts, interessanterweise unterschrieben von - ich darf das zitieren - Professor Dr. Utz Schliesky. Wörtlich:
„Art. 109 Abs. 3 S. 1, 5 GG n. F. verstößt gegen die über Artikel 79 Abs. 3 GG geschützten ‚Grundsätze’ des Demokratie- und Bundesstaatsprinzips sowie die ‚Gliederung des Bundes in Länder’. Er ist daher verfassungswidrig. Die Einleitung eines Bund-LänderStreit-Verfahrens durch den Schleswig-Holsteinischen Landtag ist daher zu begrüßen.“
Ich frage mich, warum Sie das nicht genauso sehen, Herr Dr. Wadephul, dass die Einleitung eines entsprechenden Bund-Länder-Streit-Verfahrens zu begrüßen ist.
Herr Kollege Kayenburg - ich hoffe, er nimmt noch einmal Gelegenheit, selbst zu reden - hat in einer Pressemitteilung vom 22. Juni 2009 Folgendes erklärt - das ist mein Appell an die CDU-Fraktion -:
„Kayenburg zeigte sich abschließend besorgt, dass die Glaubwürdigkeit des Parlaments leide durch die geplante Aufgabe parlamentarischer ‚Grundrechte’ (Budget- und Haushaltsrecht) zugunsten materieller Vorteile und einer zweifelhaften Parteiräson.“
In Grundsatzfragen wie diesen sollte man nach seinem Gewissen entscheiden und nicht nach seiner Parteiräson oder weil gerade Wahlkampf ist.
Lieber Herr Kollege Wadephul, wir wissen doch nicht, wie die Wahl ausgeht. Wir gehen davon aus, dass es eine Mehrheit von FDP und CDU geben wird.
Ich gehe davon aus, dass Sie auch davon ausgehen. Der Zwangslächler, Kollege Dr. Stegner, lacht schon wieder. Wir wissen doch gar nicht, ob wir nach der Wahl die Sozialdemokraten mit 24 oder 25 % für eine Verfassungsänderung überhaupt noch brauchen.
Also lassen Sie uns die Sache doch ruhig und gelassen angehen, und lassen Sie uns feststellen: Wenn die Sozialdemokraten in einem Jahr aus dem parlamentarisch gegebenen Wort aussteigen, an einer sinnvollen parlamentarischen Regelung mitzuwirken, dann haben wir immer noch die Möglichkeit, die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht zurückzuziehen. Etwas, was die Unionsfraktion übrigens schon einmal getan hat. Sie haben schon einmal geklagt, um die Frage klären zu lassen, ob der Haushalt im Vollzug verfassungsgemäß sein muss. Als Sie die Regierungsverantwortung übernommen haben, haben Sie die Klage zurückgezogen. Es geht also auch so. Das Drohmittel hat man im Hintergrund.
Selbstverständlich gestatte ich die.
Herr Präsident! - Ich bedanke mich herzlich für diesen Beifall. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 17. Juni 2009 hat der Landtag einstimmig beschlossen, einen Untersuchungsausschuss zur HSH Nordbank einzurichten. Der Auftrag war, der Frage nachzugehen, ob und wie der Vorstand der Bank, aber auch der Aufsichtsrat durch eine mangelhafte Risikobewertung der Bankaktivitäten und fehlende Kontrolle die HSH in eine tiefe Krise gestürzt, unzählige hoch qualifizierte Arbeitsplätze aufs Spiel gesetzt und dem Land einen erheblichen Schaden zugefügt haben. Elf Ausschusssitzungen haben seitdem stattgefunden. Allerdings konnten wir noch keine Zeugen vernehmen. Trotzdem hat uns allein das Durcharbeiten der Akten einen Einblick in die teilweise katastrophalen Zustände bei der HSH ermöglicht.
Fest steht: Vorstand und Aufsichtsrat haben vehement auf das Ziel hingearbeitet, die Landesbank zu einer internationalen Geschäftsbank zu entwickeln. Dabei ist ganz offenbar der Blick für eine adäquate Risikosteuerung abhandengekommen.
Ein Bestandteil der Strategie der Bank war, die Eigenkapitalrentabilität mittelfristig auf über 15 % vor Steuern zu erhöhen. Und so geschah es auch. Nach 11 % im Jahr 2003 und 14,1 % im Jahr 2005 stieg sie auf 15 % im Jahr 2006. Und diese Steigerung war möglich, da noch kurz vor dem Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung, also somit zu günstigen Bedingungen, eine Liquiditätsreserve aufgebaut wurde, die es nun galt, möglichst renditeträchtig am Kapitalmarkt anzulegen. Dazu bediente sich die HSH sowohl der Gründung von Tochtergesellschaften in Steueroasen wie den Cayman Islands oder Jersey und verließ sich bei der Auswahl der Papiere überwiegend auf die positiven Urteile der Ratingagenturen.
Dieses sogenannte Kreditersatzgeschäft nahm im Laufe der Jahre ein Volumen von in der Spitze 32 Milliarden € an. Das ist ungefähr das 4-fache der schleswig-holsteinischen Steuereinnahmen eines Jahres. Der Ankauf dieses Portfolios beziehungsweise genauer die Umschichtung innerhalb des Portfolios zu hoch risikoreichen Papieren erfolgte teilweise in einem Schnellankaufverfahren ohne große Risikoprüfung, und das alles mit Billigung des Aufsichtsrats.
Das bedeutet nichts anderes, als dass die ehemaligen Vorstände und Aufsichtsräte versuchten teilweise in wahrer Großmannssucht -, aus den regionalen Landesbanken ein Institut mit internationalem Zuschnitt zu machen, an dem nicht nur in Deutschland niemand mehr vorbeigehen sollte. Mit ganzer Macht, berauscht von der eigenen vermeintlichen Stärke, wurde versucht, die HSH Nordbank in die weltweite Topliga zu hieven. Dass sie dabei ein viel zu großes Portfolio aufbaute, viel zu viele Risiken einging und die Komplexität der Geschäfte oftmals schlicht nicht verstand, das interessierte keinen der verantwortlichen Akteure, insbesondere nicht die langjährige Aufsichtsratsvorsitzende Heide Simonis und den langjährigen Aufsichtsrat und Finanzminister Dr. Ralf Stegner.
Die handelnden Akteure erlagen den Verlockungen des billigen Geldes. Denn mithilfe der Steuerzahlergarantie durch Anstaltslast und Gewährträgerhaftung konnten sie ihre Pläne weitaus günstiger als die meisten Konkurrenten refinanzieren. In den Jahren 2003 bis 2007 wurden Milliarden und Abermilliarden in risikoreiche Geschäfte, vermehrt im Ausland, investiert, ohne nachhaltig Gewinne zu erzielen.
In der Ausschusssitzung am 7. September hat die Bank erstmals öffentlich eingestanden, dass das Kreditportfolio ein zu hohes Risikoprofil aufwies, das Risikomanagement unzureichend und das Risikobewusstsein zu wenig entwickelt war. Dieses finde ich, Kollege Weber, fast schon ein Schuldeingeständnis. Es ist sehr bemerkenswert. Denn bis vor kurzem klang es aus der Bank, wie Sie alle wissen, noch völlig anders.
Ebenso wäre eigentlich zu erwarten gewesen - und eine Selbstverständlichkeit -, dass auch Dr. Ralf Stegner öffentlich erklärt, dass der Aufsichtsrat den Vorstand völlig unzureichend kontrolliert hat. Jetzt im Nachhinein so zu tun, als hätte die SPD mit all den Vorgängen bei der HSH Nordbank nichts zu tun, Herr Kollege Dr. Stegner, ist schon ein starkes Stück.
Ich sage das unter Wahrung aller rechtsstattlichen Gegebenheiten, die mir eigen sind.
Am 31. August berichtete der „Focus“, dass interne Sitzungsprotokolle und Unterlagen belegen, dass Herr Dr. Stegner an entscheidenden Sitzungen der Kontrollgremien der HSH Nordbank teilnahm. Am 17. Dezember 2003 etwa. Da beriet der Aufsichtsrat über die Cayman Islands. Das Gremium „stimmte der Errichtung einer Cayman Islands Branch zu“. Mit am Tisch: Dr. Ralf Stegner.
Zudem nahm Herr Dr. Stegner laut Protokollen regelmäßig an den Sitzungen des Risikoausschusses der Bank teil. So am 7. März 2005. Dort wurde das sogenannte Schnellankaufverfahren beschlossen. Aus „Effizienzgründen“ verzichte man auf „ausdrückliche Kreditbeschlüsse“, notiert der Protokollant.
Gegenüber den „Kieler Nachrichten“ wollte sich Herr Dr. Stegner am 31. August leider nicht zu den Anwürfen im „Focus“ äußern und verwies auf den Untersuchungsausschuss. Er kenne diese Protokolle nicht und könne sich deshalb auch nicht zu diesem Sachverhalt äußern. Er erklärte vielmehr - und das finde ich äußerst amüsant -, er sehe sich einer „Schmutzkampagne der CDU“ ausgesetzt. Er geht sogar noch weiter und sagte allen Ernstes am 31. August dieses Jahres, nachzulesen in den „Kieler Nachrichten“, dass es zu seiner Zeit im Aufsichtsrat „keine Hinweise darauf gegeben hat, dass die HSH Nordbank in Schwierigkeiten steckt“.
Das musste ich wirklich dreimal lesen. Ich verrate Ihnen sicherlich kein Geheimnis, und ich empfehle einen Blick in die öffentlich zugänglichen Geschäftsberichte der Bank, um deutlich zu machen, dass das schlicht die Unwahrheit ist. Im Geschäftsbericht des Jahres 2007 ist zu lesen, dass 1,3 Milliarden € abgeschrieben werden mussten und dass die Zweckgesellschaften nicht mehr zu refinanzieren waren. Kollege Weber, das war deutlich vor der Lehman-Pleite.
Sehr geehrter Herr Dr. Stegner, muss ich Sie daran erinnern, dass Sie bis zum März 2008 im Aufsichtsrat der HSH saßen? Was haben Sie da eigentlich gemacht? - Es geht mir nicht darum zu erklären, dass Dr. Stegner der bessere Banker hätte sein sollen. Es geht mir darum, dass sich die HSH Nordbank mit der Zustimmung von Herrn Dr. Stegner in Steueroasen engagiert hat, wo Sie doch nicht müde werden, die Existenz von Steueroasen als das Böse der Welt zu geißeln. Gleiches gilt für riskante Geschäftsmodelle und Renditeüberlegungen. Sie
selbst haben riskante Geschäftsmodelle und Renditeziele bei der HSH Nordbank von 17,5 % mitbeschlossen. Nach außen hin aber nennen Sie solche Geschäfte und Renditeüberlegungen - zum Beispiel bei der Deutschen Bank - sittenwidrig und unmoralisch.
Es ist diese Doppelmoral, die einfach nur noch heuchlerisch ist. Sehr geehrter Herr Dr. Stegner, wenn Sie schon im Wahlkampf eine neue Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit propagieren, dann bitte ich Sie, hier und heute dem Parlament und der Öffentlichkeit folgende vier Fragen klar mit Ja oder Nein zu beantworten. Ich werde diese Fragen bis zum Wahltag in allen meinen Veranstaltungen öffentlich wiederholen, weil sie einfach zu beantworten sind:
Erstens. Ist es zutreffend, dass Sie im Jahr 2003 im Aufsichtsrat der HSH Nordbank gesessen haben, als beschlossen wurde, Zweckgesellschaften in Steueroasen zu gründen, und haben Sie dem zugestimmt, obwohl Sie und Herr Finanzminister Steinbrück öffentlich regelmäßig erklärten und erklären, man müsse Steueroasen „trockenlegen“?
Zweitens. Ist es zutreffend, dass Sie im Jahr 2004 im Aufsichtsrat der HSH Nordbank gesessen und zugestimmt haben, als der Vorstand eine Eigenkapitalrendite von 17 % als Geschäftsziel vorgab, obwohl Sie doch öffentlich erklären, das Streben nach Eigenkapitalrenditen im zweistelligen Bereich sei unsittlich?
Drittens. Ist es zutreffend, dass Sie im Risikoausschuss der HSH Nordbank gesessen und zugestimmt haben, dass für Geschäfte im Bereich des Kreditersatzes bis zu 100 Millionen € die übliche Risikoprüfung abgeschafft wird - aus diesen Geschäften resultiert mehr als die Hälfte des Verlustes der HSH Nordbank -, obwohl Sie doch keine Gelegenheit auslassen, Manager für die riskanten Bankgeschäfte öffentlich lautstark zu brandmarken?
Viertens. Ist es zutreffend, dass der SPD-Innenminister Lothar Hay, zugleich sozialdemokratischer Vertreter im Aufsichtsrat der HSH Nordbank, gegenüber dem Finanzminister Rainer Wiegard ausdrücklich der Zahlung einer Halteprämie in Höhe von 2,9 Millionen € zugunsten Herrn Nonnemachers zugestimmt hat, obwohl Sie doch nicht müde werden, diese Zahlung als unvertretbar zu bezeichnen und die beteiligten Entscheidungsträger auffordern, persönliche Konsequenzen zu ziehen?
Sie können darauf mit Ja oder Nein antworten. Sie können es vielleicht auch erklären, aber die Öffentlichkeit hat einen Anspruch darauf, zu erfahren, wie
Sie es mit Ihrer neuen Glaubwürdigkeit meinen, Herr Stegner.
Die Menschen wissen sehr genau, was es bedeutet, wenn Sie darauf nicht eingehen. Die können sich das Ihre schon denken.
Der Prüfbericht der KPMG listet akribisch 321 Einzelpunkte auf, bei denen erheblicher Verbesserungsbedarf besteht. Für diese Fehler der Vergangenheit haben die schleswig-holsteinischen Bürgerinnen und Bürger bis zum heutigen Tag 7,5 Milliarden € zur Stützung der Bank bereitgestellt; mit ungewissem Ausgang. Die auch heute noch sowohl von Finanzminister Wiegard als auch von Bankchef Nonnemacher vorgetragene Behauptung, die Bank habe den Steuerzahler bis heute keinen Cent gekostet, ist schlichtweg falsch und zieht mir langsam die Schuhe aus. Diese Behauptung ist ein Schlag ins Gesicht für jeden Bürger dieses Landes. Herr Nonnenmacher hat dies in der „Financial Times Deutschland“ vor einigen Tagen wiederholt.
Das Dilemma ist: Die Eigenkapitalerhöhung ist kreditfinanziert. Die Zinsen soll die Bank erwirtschaften. Bis heute hat sie das aber noch nicht getan. Allein für die 1 Milliarde €, die im Juni 2008 an Eigenkapital zugeschossen wurde, hat das Land bislang 40 Millionen € verloren, denn die Kreditzinsen in etwa dieser Höhe sollten über die Dividende bezahlt werden, aber die Dividende fällt aus. Das heißt, wir können allein für die 40 Millionen € feststellen, dass das Land diese Summe aufgebracht hat, ohne dass die Bank einen entsprechenden Ausgleich gegeben hat. Die Erklärung, die Bank habe das Land noch keinen Cent gekostet, sollte man wirklich nicht wiederholen; es sei denn, man möchte sich komplett unglaubwürdig machen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, das Thema HSH Nordbank wird den Landeshaushalt noch auf Jahre beschäftigen. Die FDP sieht es daher als ihre Pflicht an, dass der Untersuchungsausschuss auch in der neuen Legislaturperiode fortgesetzt wird. Wir wollen, dass die Verantwortlichkeiten aufgedeckt werden. Wir wollen, dass die entsprechenden Konsequenzen für die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrates gezogen wer
den. Ich erinnere an § 93 des Aktiengesetzes. Dieser nimmt Vorstände auch dann in Haftung, wenn sie fahrlässig handeln. Schuldhaft ist immer fahrlässig oder vorsätzlich. Fahrlässiges Handeln reicht. Es wäre sinnvoll, wenn der Anteilseigner sich einmal Gedanken darüber machen würde, Vorstände, die fahrlässig gehandelt haben, auch zur Verantwortung zu ziehen.
Wir wollen, dass entsprechende Regularien getroffen werden, um in der Zukunft die Fehler der Vergangenheit zu verhindern. Wir wollen, dass das Land seine Beteiligung an der HSH Nordbank aufgibt, denn es ist nicht Aufgabe des Landes Schleswig-Holstein, weltweite Geschäfte einer privaten Bank zu finanzieren.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, Herrn Dr. Stegner zu bitten und ihn aufzufordern, auf die vier von mir gestellten Fragen zu antworten.
Hierbei geht es nicht um eine Frage der Vorverurteilung oder um die Frage, was Herr Dr. Stegner gemacht oder nicht gemacht hat, sondern es geht nur um die Frage, ob er zu bestimmten Zeitpunkten als Mitglied des Aufsichtsrates und des Risikoausschusses bestimmten Entscheidungen zugestimmt hat, die er öffentlich bei anderen vehement als verabscheuungswürdig kritisiert.
Im Land plakatieren Sie: „sozialer. stärker. stegner.“. Ein Beweis von Stärke wäre es, auf die Fragen zu antworten. Sie können schlicht mit Ja oder Nein beantwortet werden. So können sich die Menschen ein Bild davon machen, ob die von Ihnen propagierte neue Glaubwürdigkeit Substanz hat.
Auf Veranstaltungen erklären Sie immer wieder, die Zeit der Wespen sei vorbei. Dies ist offensichtlich eine Anspielung auf Schwarz-Gelb. Ich kann Ihnen sagen, dass wir immer noch unglaublich viele Wespen haben, und die Wespen stechen gelegentlich. Das merken Sie jetzt.
Auf Ihren Wahlveranstaltungen sagen Sie fünf Sätze, die drei Lügen beinhalten. Sie behaupten beispielsweise, dass Studiengebühren eingeführt würden, wenn Schwarz-Gelb regiert. Wir haben jedoch beschlossen, dass dies nicht geschehen wird. Sie behaupten das aber trotzdem munter weiter.
Wir wollen wissen - ich sage das bis zum Wahltag jeden Tag bei all meinen Veranstaltungen und überall -, was wir von Ihnen zu halten haben, ob das, was Sie sagen, auch wirklich das ist, was Sie im Zweifel tun.
Herr Stegner, wenn Sie Mut haben - in Ihrer Fraktion gibt es einige, die glauben, Sie hätten welchen -, dann beantworten Sie diese Fragen!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 1876 gründete Georg Howaldt die Kieler Schiffswerft. Im Laufe der Jahrzehnte entwickelte sich am Standort Kiel eine Werftindustrie mit weltweiter Ausstrahlung. Noch heute ist HDW die größte deutsche Werft und beschäftigt allein in Kiel noch immer 2.300 Mitarbeiter. Weitere Tausende kommen in den unzähligen Zulieferbetrieben hinzu. Interessanterweise liegen die Zulieferbetriebe insbesondere im süddeutschen Bereich. Das muss man immer wieder sagen, wenn die Bayern fragen, was sie mit Werften zu tun hätten.
Mit der Krise des deutschen Schiffbaus seit den 90er-Jahren wurde es allerdings auch für HDW immer schwieriger, sich zu behaupten. Besonders der Containerschiffbau geriet stark unter Druck. Durch Käufe der schwedischen Kockums-Werft, den griechischen Hellenic Shipyrds und Kooperationen wandelte sich HDW zu einem internationalen Konzern. Seit 2005 ist HDW Bestandteil der ThyssenKrupp Marine Systems AG. Auch wenn die HDW schon immer für den euphemisch umschriebenen Kriegsschiffbau berühmt war, so hat die Werft am Standort Kiel auch im zivilen Bereich innovative Prototypen konstruiert und gefertigt, und zwar insbesondere im Containerschiffbau. Beispiele sind Bauten für die Reederei American President Line oder die Reederei Norasia.
Doch die Weltwirtschaftskrise hat den Schiffbau ganz massiv nach unten gerissen. Die Welthandelsorganisation schätzt, dass der Welthandel im Jahr 2009 mit einem Minus von 9 % so stark einbrechen wird wie noch nie zuvor. Neben der Cassens-Werft in Emden, der SMG in Rostock und der SSW in
Bremerhaven hat auch die Kieler Traditionswerft Lindenau bereits Insolvenz angemeldet.
Das Problem ist: Wegen des zusammenbrechenden Welthandels stehen schon seit Monaten keine neuen Bauaufträge in den Büchern. Doch nicht nur das: Eine Reihe von Aufträgen bei deutschen Werften sind wieder storniert worden. Weitere Stornierungen dürften folgen. Allein im Bereich der Containerschiffe sind heute schon etwa 500 Schiffe gänzlich ohne Beschäftigung und liegen auf Reede. Wir können das sehen, wenn wir nach links schauen. Wir sehen das aber auch, wenn wir rechts herausschauen, denn bei HDW haben wir demnächst drei Schiffe, die auf Reede liegen.
Die Auswirkungen für den Werftenstandort Deutschland und damit insbesondere auch für Schleswig-Holstein sind gravierend. Und nun erreicht uns die nächste Hiobsbotschaft: ThyssenKrupp plant die komplette Einstellung des zivilen Schiffbaus in Kiel.
Der Konzern macht hinter die Zukunft der ganzen Sparte ein dickes Fragezeichen. ,,Containerschiffe zählen wir nicht zum Kerngeschäft", sagte eine Thyssen-Sprecherin kürzlich gegenüber dem „Handelsblatt“. Die Hallen sollen an einen Metallbauer verkauft werden, und ein Teil der Arbeitsplätze soll übernommen werden. Doch klar ist das alles noch nicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit einer solchen Lösung kann sich die schleswig-holsteinische Politik nicht abfinden. Das Aus des zivilen Schiffbaus in Kiel - da spreche ich sicherlich nicht nur für die FDP-Fraktion - halte ich für unvorstellbar. HDW muss Universalwerft bleiben.
Ich möchte an dieser Stelle auch ganz klar sagen: Dass sowohl die vielen Werftarbeiter als auch die Landespolitik von diesen Plänen aus der Zeitung erfahren mussten, empfinde ich als völlig unangemessen. So darf man mit Arbeitnehmern nicht umgehen.
Die Werftenindustrie ist für den Standort Schleswig-Holstein immer noch eine der Schlüsselindustrien, sie sichert Arbeits- und Ausbildungsplätze und leistet mit den zugehörigen Zulieferbetrieben einen erheblichen Beitrag zur Wertschöpfung in unserem Land. Das muss auch der Landesregierung klar sein.
An dieser Stelle muss deshalb auch die Frage gestellt werden, was das Kieler Wirtschaftsministerium in den vergangenen Monaten unternommen hat. Herr Minister Biel, wurden auch Sie erst durch die Presse informiert? Falls ja, halten Sie das für angemessen? Falls nein, was haben Sie bis heute unternommen? Haben Sie Gespräche mit dem Bundeswirtschaftsminister geführt? Haben Sie Gespräche mit der Konzernleitung aufgenommen? Welche Initiativen aus dem schleswig-holsteinischen Wirtschaftsministerium gab es, um die Umfinanzierung laufender Kredite über die KfW zu erreichen oder Festzinskredite nach der OECD-Exportkreditvereinbarung auszuhandeln oder gegebenenfalls die Konditionen für Landes- und Bundesbürgschaften auszuloten? Welche Gespräche hat es mit dem Ziel gegeben, Mittel aus dem Finanzierungsschutzschirm im Rahmen des Konjunkturpakets nach Schleswig-Holstein zu holen?
Ich finde es richtig und wichtig, dass sich der Landtag heute mit einem gemeinsamen Appell an ThyssenKrupp wendet mit dem Ziel, den Handelsschiffbau in Kiel zu erhalten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, machen wir uns nichts vor: Das allein wird nicht ausreichen. Wir müssen gemeinsam alles dafür tun, die technologische Wettbewerbsfähigkeit der schleswig-holsteinischen Werften zu erhalten und sogar auszubauen. Dazu muss die Innovation im Schiffbau gezielt gefördert werden, und das bestehende Förderprogramm muss entbürokratisiert werden. Die Förderung der maritimen Wirtschaft ist verstärkt auf wirtschaftliche Innovationsanreize umzustellen.
Aber insbesondere notwendig bleibt ein umfassendes Werftenkonzept der Bundesregierung, das mit allen norddeutschen Bundesländern erarbeitet werden muss. Dieses Konzept muss unter anderem eine verlässliche Schiffsfinanzierung enthalten, damit die Verkaufsangebote für Schiffe eine solide Grundlage haben. Nur so wird es uns gelingen, den Werftenstandort Schleswig-Holstein zu stärken.
Ich möchte den Appell des Kollegen Fischer an die Konzernleitung ThyssenKrupp aufgreifen: Setzen Sie weder sich noch uns unter Zeitdruck!
Herr Minister, ich habe mit Freude und Genugtuung vernommen, dass Sie mit dem Betriebsrat gesprochen haben in Anwesenheit der Kollegen Fischer und Arp. Meine Frage lautet: Haben Sie auch schon mit der Unternehmensleitung gesprochen?
Auch mit der Unternehmensleitung habe ich gesprochen, hauptsächlich telefonisch. Wir haben uns auch schon getroffen, allerdings noch zu einer anderen Situation. Seitdem ich von dieser Entwicklung weiß, habe ich nur telefoniert. Ich war noch nicht persönlich bei HDW. Das ist aber auch erst drei Tage her.
Meine Damen und Herren, auch in Zeiten des Wahlkampfs sind übereinstimmende Positionen aller politischen Kräfte im Landtag möglich und notwendig, um die Interessen unseres Landes und seiner Menschen zu vertreten. Deshalb freue ich mich, dass heute ebenso wie im Jahr 2005 alle im Parlament vertretenen Parteien den zivilen Schiffbau bei HDW erhalten wollen. Für diese Unterstützung danke ich Ihnen allen. Das wird sicherlich auch dem Ministerpräsidenten helfen, der morgen noch einmal mit der TKMS-Spitze reden wird.
Ich sehe noch eine Frage. Bitte!
Ich habe sowohl mit Herrn Gedaschko als auch mit Herrn Rösler im Vorfeld darüber gesprochen, aber nicht in den vergangenen drei Tagen. Zunächst kam Blohm + Voss in die Diskussion. Deshalb wurde das Gespräch mit Herrn Gedaschko geführt. Dann kamen die Nordseewerke ins Gespräch. Daraufhin wurde das Gespräch mit Herrn Rösler geführt.
Jetzt ist es in Kiel so weit. Was wir selbst machen können, machen wir auch selbst. Wir stehen in ständigem Kontakt zum HDW-Vorstand. Mit der Erwähnung des Betriebsrats wollte ich lediglich deutlich machen, dass wir uns auf allen Ebenen informieren und uns gegenseitig austauschen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Puls, Sie wissen ja, dass ich Sie schätze. Deshalb gleich vorweg die Bemerkung: Es war auch schon vor der Großen Koalition so, dass die Sozialdemokraten gelegentlich bei der Frage einer vernünftigen Flüchtlingspolitik reserviert waren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die FDP unterstützt beide Beschlussempfehlungen im Bereich der Flüchtlingspolitik.
- Das ist ja nichts Neues; das haben wir früher auch schon gemacht.
- Herr Kollege Hentschel, Sie befinden sich genau wie die Union in einem Irrtum. Wir befinden uns noch in keiner Koalition. Das soll erst noch vereinbart werden.
- Herr Kollege Stegner, mit Ihnen will ja keiner eine Koalition bilden, insofern haben Sie das Problem nicht. Ich weiß gar nicht, warum Sie sich so freuen, aber vielleicht freut Sie gerade das, dass Sie gar nicht in die Verlegenheit kommen, mit uns verhandeln zu müssen.
Die FDP unterstützt beide Beschlussempfehlungen. Aufgrund der derzeitigen wirtschaftlichen Situation ist aus unserer Sicht eine Verlängerung der sogenannten Altfallregelung für Flüchtlinge angebracht. Auch die Initiative zur künftigen Gestaltung des sogenannten Resettlements findet unsere grundsätzliche Unterstützung.
Zunächst zur Altfallregelung: Durch die Altfallregelung soll Geduldeten, die sich bereits langjährig in unserem Land aufhalten und sich hier integriert haben, die Chance gegeben werden, auch die Integration in den Arbeitsmarkt zu bewältigen. Wenn die Betroffenen nach der jetzt geltenden Regelung nicht bis zum 31. Dezember 2009 nachweisen können, dass sie ihren und den Lebensunterhalt der Familie „überwiegend eigenständig“ gesichert haben, geht die Aufenthaltserlaubnis auf Probe verloren. Dann drohen wieder Kettenduldungen und nicht durchsetzbare Ausreisepflichten. Familien sitzen wieder auf gepackten Koffern und wissen nicht, ob und wann sie gegebenenfalls ausreisen müssen und das über Wochen, Monate und Jahre.
Wir haben in den vergangenen Debatten alle vielfach betont, dass dieser Zustand mit der Menschenwürde nur schwerlich in Einklang zu bringen ist. Der Flüchtlingsrat wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass von den 505 Personen, die im Frühjahr 2009 eine Aufenthaltserlaubnis nach der
Altfallregelung erhalten hätten, 391 Personen oder 77 % diese nur auf Probe erhalten hätten. Diese wären insbesondere aufgrund der angespannten Arbeitsmarktsituation durch die Finanzkrise nun verstärkt von einem Rückfall in die Kettenduldung bedroht. Es ist daher richtig, wenn der Landtag heute beschließt, dass die Landesregierung sich mit allen Möglichkeiten für eine Verlängerung einsetzt.
Beim Thema Resettlement trägt die FDP ebenfalls die wesentlichen Punkte des ursprünglichen Antrags der Grünen mit. Durch das sogenannte Resettlement soll Flüchtlingen, die in ihrem Erstaufnahmeland keinen dauerhaften Schutz finden und die auch nicht mehr in ihr Herkunftsland umgesiedelt werden können, durch Umsiedelung in einen so genannten Aufnahmestaat eine neue Lebensperspektive eröffnet werden.
Man muss anerkennen, dass Deutschland bei der kurzfristigen Aufnahme von Flüchtlingen aus Krisengebieten bereits erhebliche Hilfe geleistet hat, an Resettlement-Aktionen im Gegensatz zu anderen europäischen und nordamerikanischen Staaten jedoch nicht teilgenommen hat. In den USA und in Kanada sowie in den skandinavischen Ländern sind regelmäßige Resettlement-Programme bereits Standard.
In Deutschland ist dies rechtlich auch bereits heute möglich. Das Aufenthaltsgesetz bietet in § 23 darüber hinaus schon heute eine ausreichende Rechtsgrundlage. Daher sollten die bereits laufenden Maßnahmen zur Aufnahme irakischer Flüchtlinge in Deutschland im Rahmen des Resettlement-Programms des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen nur ein Anfang sein. Wir halten es - wie der Flüchtlingsbeauftragte in seiner Stellungnahme - auch aus humanitären Gründen geboten.
Wir unterstützen dabei ebenfalls die Aufforderung an die Landesregierung, sich bei der Bundesregierung für die weitere regelmäßige Aufnahme von Flüchtlingen im Rahmen eines weiterentwickelten Resettlement-Programms einzusetzen.
Was die von den BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ursprünglich aufgeführte Zahl von 700 weiteren Flüchtlingen pro Jahr nach Schleswig-Holstein angeht, wollten wir uns dieser Initiative zwar nicht verschließen, aber es hätte über diesen Punkt noch einer vertieften Anhörung bedurft. Daher haben wir zunächst - wie auch die Kollegen von der CDU und SPD - diesem Punkt nicht zustimmen können. Hier müssen erst noch Fragen der Erstaufnahmekapa
zitäten, die auch bei der Aufnahme im Wege von Resettlement-Flüchtlingen zunächst in Anspruch genommen werden müssten, geklärt werden.
Ebenso ist die spätere Verteilung in die kommunale Ebene ein Thema, das mit den Landesverbänden geklärt werden muss. Den Grundsatzbeschluss für die weitere Verfolgung der Resettlement-Initiative der UNHCR tragen wir jedenfalls mit.
Da beide Anträge eine Mehrheit finden, kann man heute von einem guten Tag für die Flüchtlingspolitik in Schleswig-Holstein reden. Das war, lieber Kollege Puls, in den letzten 21 Jahren, in denen die Sozialdemokraten die Regierung gestellt beziehungsweise mitgestellt haben, nicht immer so, vor allen Dingen nicht in der Zeit, in der das Innenministerium von Ihnen geführt wurde.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich wiederhole meinen Satz von vorhin, Herr Dr. Stegner: Fünf Sätze, drei Lügen! Sie wissen, dass das falsch ist, dass Niedersachsen die restriktivste Flüchtlingspolitik betreibt. Aber darauf kommt es mir momentan gar nicht an. Ich finde das ganz toll, dass in Schleswig-Holstein immer die fortschrittlichste Flüchtlingspolitik betrieben worden ist, was
ich jedenfalls nicht habe erkennen können und mit mir einige andere Kolleginnen und Kollegen dieses Hohen Hauses auch nicht. Sonst hätten wir uns nicht dauernd mahnende Worte des Flüchtlingsbeauftragten, der auch aus Ihrer Partei kommt, ins Stammbuch schreiben lassen müssen.
Aber ich möchte daran erinnern - das ist ganz wichtig - dass die Malaise, die wir jetzt haben und mit der wir uns beschäftigen müssen, von Rot-Grün, als Sie in der Bundesregierung waren, deshalb nicht beseitigt worden ist, weil der damalige Innenminister Otto Schily massiv dagegen war. Es waren die Sozialdemokraten auf Bundesebene, die eine vernünftige Regelung verhindert haben, weshalb wir uns hier mit lauter Krücken beschäftigen müssen, die wir hätten beseitigen können, wenn unter RotGrün - das ist kein Vorwurf an die Grünen - eine entsprechende bundesgesetzliche Regelung ins Werk gesetzt worden wäre. Also, kommen Sie nicht hierher, und spielen sich auf, als wären Sie die besseren Flüchtlingspolitiker als alle anderen!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe nun fast 20 Jahre parlamentarischer Erfahrung hinter mir und geglaubt, mich könne nichts mehr überraschen. Aber als ich gestern Nachmittag um 17 Uhr den Anruf des Landtagsdirektors erhielt, Herr Kollege Dr. Stegner beharre darauf, er sei jetzt Oppositionsführer,
ob ich denn damit einverstanden sei oder der Ältestenrat noch mal tagen müsse,
war ich überrascht.
- Ich bin unterrichtet worden, dass der Kollege Stegner mitgeteilt habe, er sei Vorsitzender der nun stärksten die Regierung nicht mehr tragenden Landtagsfraktion und deshalb Oppositionsführer.
Selbstverständlich gestatte ich eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Stegner.
- Herr Dr. Stegner, der Landtagspräsident hat mit mir gar nicht geredet. Ich habe gesagt, der Landtagsdirektor hat mich gestern Nachmittag um 17 Uhr angerufen und mir mitgeteilt, dass Sie nunmehr als Vorsitzender der stärksten die Regierung nicht mehr tragenden Landtagsfraktionen beanspruchten, als Oppositionsführer unmittelbar nach dem Ministerpräsidenten zu reden, und mich gefragt, ob ich dagegen etwas einzuwenden hätte. Wenn ich etwas dagegen einzuwenden hätte, müsste der Ältestenrat darüber befinden. Das war seine Mitteilung. Daraufhin habe ich gesagt: Dass Herr Dr. Stegner so schnell Oppositionsführer würde, hätte ich nicht gedacht. Aber sei es drum.
- Okay. - Herr Dr. Stegner, ich habe Ihnen dieses Amt auch schon in der Vergangenheit angeboten. Sie haben es haben wollen. Jetzt haben Sie es. Ich gehe davon aus, dass Sie es längere Zeit behalten werden - es sei denn, die Grünen werden nach der Wahl stärker als Ihre Fraktion. Aber das werden die Wählerinnen und Wähler in Schleswig-Holstein entscheiden.
Ich beginne mit einem ausdrücklichen Dank der FDP-Fraktion an die Minister Hay und Döring für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren; sie lag möglicherweise auch darin begründet, dass wir in Fragen des demokratischen Rechtsstaats
gemeinsame Grundüberzeugungen hatten. Ich bitte, diesen Dank - obwohl ich glaube, dass Uwe Döring das am Bildschirm sieht - dem Ex-Justizminister auszurichten.
Ich möchte auch für den persönlichen Einsatz von Gitta Trauernicht und Ute Erdsiek-Rave Dank sagen, auch wenn ich, Frau Erdsiek-Rave, den von Ihnen kolportierten Satz „Man kann mir mein Amt nehmen, aber nicht meine Würde und mein Lebenswerk“ für etwas übertrieben halte. Niemand will Ihnen Ihr Lebenswerk und Ihre Lebensleistung nehmen. Im Gegenteil, wir wollen Sie daran messen.
Wenn wir Sie daran messen - das erklärt auch unser Abstimmungsverhalten, das wir an den Tag gelegt hätten, wenn die SPD-Minister noch in der Regierung gewesen wären -, dann können wir nicht feststellen, dass Schleswig-Holstein in Fragen der Bildung einen guten Platz erreicht hat.
Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft sagt in ihrem „Bildungsmonitor 2008“: „Schleswig-Holstein bleibt im unteren Mittelfeld“. - Es leuchtet mir ein, dass Sie die Wahrheit nicht hören wollen. Die nationale Studie Erziehung und Entwicklung des Magazins „Eltern“ weist aus, dass in SchleswigHolstein gerade die Bezieher geringer Einkommen am meisten für den Besuch ihrer Kindertagesstätten zu bezahlen haben. Die letzte PISA-Studie erklärt:
„PISA: Der Norden fällt zurück. Deutschlands Schulen sind besser geworden, aber noch nicht gut. Schleswig-Holstein fällt im Vergleich der Länder zurück.“
„Oder: Rektoren werfen der Bildungsministerin ‚Unkenntnis’ vor“
So die „Kieler Nachrichten“ am 13. November 2008.
Ebenfalls:
„Kein gutes Zeugnis für Schleswig-Holstein“
- Am 19. November 2008.
„Schüler schwänzten für mehr Bildung“
„Eine Demonstration von 4.000 Schülerinnen und Schülern für mehr Bildung in SchleswigHolstein“
- Ebenfalls im November 2008.
„Klassen viel zu groß: Notstand an den Schulen“
Und:
„Deutscher Meister nur im Sitzenbleiben“
Frau Ministerin, ich möchte aus einem Kommentar von Susanne Peyronnet in den „Lübecker Nachrichten“ vom 18. November 2008 zitieren:
„Tatsächlich ist die Lage schwer bis unerträglich. Erschöpfte Lehrer, aufgedrehte, unkonzentrierter Kinder - nach sechs oder mehr Stunden Unterricht sind alle geschafft. Lehrermangel, fehlende oder mangelnde Ausstattung, lange Schulwege: Ein Wunder, was Kinder so alles aushalten. Im Kieler Bildungsministerium ist offenbar lange niemand mehr einen ganzen Vormittag über in einer Schule gewesen. Sonst würde man dort die Situation weniger gelassen sehen.“
Die Realschule als erfolgreichste Schulform in Schleswig-Holstein fällt fort. Junge Lehrer, die mit Elf-Monats-Verträgen versehen werden, um anschließend in die Arbeitslosigkeit entlassen zu werden, die dann nicht Arbeitslosengeld empfangen können, sondern Hartz-IV-Empfänger werden, und die Feststellung, dass nirgendwo sonst in Deutschland der Schulabschluss so sehr vom Einkommen der Eltern abhängt wie in Schleswig-Holstein. Das nach 21 Jahren sozialdemokratischer Bildungspolitik ist kein guter Leistungserfolg.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden heute als FDP-Fraktion die Vertrauensfrage des Ministerpräsidenten mit Nein beantworten - nicht, weil es um die Frage eines persönlichen Vertrauens geht, sondern weil die Vertrauensfrage eine Frage an das Parlament ist, ob die Regierung noch über eine parlamentarische Mehrheit verfügt. Das hat sie mit Sicherheit nicht mehr, denn der Kollege Stegner hat heute eindrucksvoll erwiesen, auch mit seinem Redebeitrag, dass alles das, was der Herr Ministerpräsident beschrieben hat, wahrhaftig ist und deshalb kein Vertrauen mehr in die Fortsetzung der Großen Koalition gegeben ist.
Ich will Ihnen aber auch gleichzeitig erklären, warum die FDP in Schleswig-Holstein darüber hinaus kein Vertrauen in diese Regierung hat. Dass die HSH-Nordbank-Krise schlecht gemanagt worden ist, ist offenkundig; ich muss das nicht weiter betonen. Dass die beiden Großkoalitionäre miteinander umgegangen sind wie die Kesselflicker und wir schon deshalb vor geraumer Zeit beantragt haben,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und wir, diesem Treiben ein Ende zu bereiten, weiß jeder in diesem Haus. Es ist ja nicht so, dass die Koalitionskrise neu entstanden ist,
denn seit 2007 beschäftigen wir uns regelmäßig mit der Frage eines Endes der Koalition. Ich habe in der Vergangenheit mehrfach Journalisten gesagt: Mir fällt nichts mehr ein, wie ich das kommentieren soll. Das Land hat Besseres verdient als diese Auseinandersetzung von zwei Partnern, die nicht zusammengehören.
Auch die Behauptung, man habe einen gemeinsamen Wählerauftrag, ist unzutreffend. Es gibt keinen Wählerauftrag für die Große Koalition.
Zur Wahl standen 2005 ein Bündnis aus SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit Unterstützung des SSW und als Alternative ein Bündnis aus CDU und FDP. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW erhielten eine knappe Mehrheit. Trotzdem waren sie nicht in der Lage, diese Mehrheit durch die Wahl einer Ministerpräsidentin umzusetzen. Das war die Geburtstunde der Großen Koalition. Diese Große Koalition hat sich auch nicht darauf verständigt, ein gemeinsames Projekt zu entwickeln, eine gemeinsame Grundlage zu schaffen. Es war ungefähr so wie ein Ehepaar, bei dem der eine die Küste, das Meer nicht mag und lieber in die Berge will, und der andere die Berge nicht mag und lieber ans Meer will und man sich schließlich darauf verständigt, dass man eine Städtereise macht, wobei der eine Teil noch sagt: Die Stadt Berlin liegt näher am Meer als an den Bergen, also habe ich mich durchgesetzt.
Darauf lag von Anfang an kein Segen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir uns mit der Frage der HSH Nordbank beschäftigen, dann müssen wir uns auch mit der Rolle des Fraktionsvorsitzenden der SPD bei der HSH Nordbank beschäftigen. Ich komme auf die Frage des Schreibens zurück.
In den Jahren 2003/04/05 - so ist uns berichtet worden - sind die Grundlagen für Geschäfte gelegt worden, bei denen mehr als die Hälfte - wie festgestellt - der Verluste generiert worden sind, die uns heute belasten. Das Schnellankaufverfahren ist im Jahre 2004 - so hat der NDR berichtet - dem Risi
koausschuss der HSH Nordbank vorgelegt worden, und es ist von ihm gebilligt worden. Dem Risikoausschuss der HSH Nordbank gehörte Dr. Ralf Stegner im Jahr 2004 als Mitglied an. Er war gleichzeitig Finanzminister und damit der Interessenvertreter des Landes Schleswig-Holstein in dieser Bank.
Wenn das zutreffend ist, müssen wir feststellen, dass die Interessen des Landes Schleswig-Holstein von Ihnen nicht ordnungsgemäß gewahrt worden sind.
Ich erinnere daran, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die HSH Nordbank in den Jahren 2003 und 2004 in Steueroasen die Zweckgesellschaften gegründet hat, unter denen die HSH Nordbank noch heute leidet. Im Aufsichtsrat saß Dr. Stegner, der die Interessen des Landes Schleswig-Holstein vertreten sollte. All dies, glaube ich, macht ihn nicht mehr tauglich als denjenigen, der anderen hier im Haus Ratschläge und Belehrungen erteilen sollte, wie man mit der HSH Nordbank umgehen sollte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun komme ich zu dem, was der Kollege Dr. Stegner in Bezug auf das Schreiben des Ministerpräsidenten vom 10. Juli 2009 an den Landtag gesagt hat, das nun klassifiziert und gleichgestellt wird mit der Falschaussage von Björn Engholm im Untersuchungsausschuss der Jahre 1993 bis 1995.
Konnte denn der Ministerpräsident in diesem Schreiben überhaupt eine Lüge begehen? Konnte er überhaupt täuschen? - Dieses Schreiben ist gerichtet an den Präsidenten des Landtags mit der Bitte, den Fraktionen und dem SSW vom Inhalt dieses Schreibens Kenntnis zu geben. Das bedeutet - es ist auch sofort zugestellt worden -, Herr Kollege Stegner und Herr Kollege Wadephul konnten nicht getäuscht werden über den Inhalt dieses Schreibens, weil sie den wahren Sachverhalt kannten. Für wie dumm muss man eigentlich einen Ministerpräsidenten halten, der wissen müsste, dass innerhalb von zwei Tagen das, was er hier schreibt, widerlegt werden wird und am letzten Mittwoch auch widerlegt worden ist, beispielsweise auch hier in der De
batte von Herrn Dr. Stegner und Herrn Dr. Wadephul? Für wie dumm muss man einen Ministerpräsidenten halten, wenn man ihm hier Lüge und taktisches Fehlverhalten unterstellt? - Nein, wir haben es als das klassifiziert, was es wahrscheinlich auch war: schlicht und ergreifend eine Panne. Es war der Dilettantismus der Staatskanzlei, nicht ordnungsgemäß mit Vorlagen aus Hamburg umzugehen, was wir in der Vergangenheit schon häufiger erlebt haben.
Herr Kollege Dr. Stegner, Sie selbst haben die Öffentlichkeit belogen, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes belogen. Denn in Ihrer Pressemitteilung vom 11. Juli 2009 schreiben Sie, von einer Zustimmung der SPD-Fraktion kann keine Rede sein. Jetzt kommt das Zitat:
„Gleiches gilt für die stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes Schleswig-Holstein, Ute Erdsiek-Rave, und Innenminister Lothar Hay.“
Herr Kollege Dr. Stegner, Sie sollten vielleicht das Plenarprotokoll vom letzten Donnerstag noch einmal zur Hand nehmen, in dem in einer sehr ehrenhaften Erklärung des Kollegen -
- Ich verstehe das, ich verstehe das sehr gut. Wir können das auch noch genauer ausführen.
„In dem Telefonat habe ich Herrn Wiegand als Aufsichtsratsmitglied mein grundsätzliches Einvernehmen zu dieser Vorgehensweise mitgeteilt. Ich habe mich davon leiten lassen, dass die gefundene Lösung die kostengünstigere ist....
Das Verhalten von Herrn Professor Nonnenmacher halte ich persönlich für unmoralisch und instinktlos. Trotzdem habe ich mich aus den unter Punkt 5 genannten Gründen für diese Lösung entschieden - zum Wohle der Bank und zum Wohle des Anteilseigners, des Landes Schleswig-Holstein.“
Er hat damit zugestimmt. Ihre Erklärung - Sie wussten es vorher; er hat es Ihnen vorher mitgeteilt vom 11. Juli 2009 an die Bevölkerung war damit wirklich falsch.
Lieber Herr Kollege Dr. Stegner, ich will versuchen, Ihnen zu erklären, warum Sie jetzt nachlassen sollten, den Eindruck zu erwecken, aus der FDP heraus gebe es Unterstützung für welche Politiker auch immer einer von Ihnen geführten SPD.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es wird von Abgeordneten der FDP-Fraktion jetzt und im kommenden Landtag keine Stimme geben, die Herrn Stegner zum Ministerpräsidenten wählt.
Wir werden auch keine Gespräche mit einer SPD führen, der Herr Dr. Stegner vorsitzt. Ich werde versuchen, es kurz zu erklären.
- Das hat mit persönlichen Gründen etwas zu tun. Meine Kolleginnen und Kollegen sind gefragt worden, Herr Kollege Fischer, und sie haben unisono gesagt, mit einem solchen Menschen, der provoziert, spaltet und mit Halb- und Unwahrheiten arbeitet, reden wir schlicht und ergreifend nicht.
Fangen wir doch einmal mit der ersten Unwahrheit oder Halbwahrheit an, dieser Koalitionsbruch und das Ende dieser Koalition sei entstanden, weil der Ministerpräsident und Schwarz-Gelb - so haben Sie es formuliert - das Ergebnis des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses fürchten. Wir hofften, uns damit ein lästiges Problem vom Hals zu schaffen, und im Übrigen, was Krümmel angeht, einer Debatte um Krümmel ausweichen wollten.
Herr Dr. Stegner, Sie wissen, dass Frau Kollegin Heinold und ich wie niemand sonst in diesem Haus den Spuren des Fehlverhaltens bei der HSH Nordbank auf der Spur sind. Ich habe es im Landtag mehrfach erklärt, dass es, egal was passiert, einen neuen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss geben wird mit dem gleichen Untersuchungsauftrag, vielleicht etwas erweitert.
- Herr Dr. Stegner, ich bin davon ausgegangen, dass Sie immer noch glauben, dass Sie die Mehrheit der Abgeordneten bekommen. Denn die würde ausreichen, aus eigener Kraft einen neuen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Dazu brauchten Sie ansonsten niemand anderen.
Aber auch Ihre heutige Behauptung, der Untersuchungsausschuss würde aufgelöst, hat sich ja als falsch herausgestellt. Er tagt weiter, er wird die Beweisaufnahme durchführen bis zur Einsetzung eines neuen Untersuchungsausschusses eines neuen Landtags.
Dieser Untersuchungsausschuss - der neue -, der eingesetzt werden wird, wird dann an die Ergebnisse des jetzigen Untersuchungsausschusses anknüpfen.
Herr Stegner, warten Sie mal, wir greifen die nächsten Tage an.
Ich danke als stellvertretender Vorsitzender, als Mitglied des Untersuchungsausschusses dem Kollegen Arp ausdrücklich für seine Erklärung, dass wir die Spielereien der HSH Nordbank bei der Herausgabe der Unterlagen mittlerweile satt haben. Wir beantragen dort keine Kredite, sondern wir wollen die Unterlagen haben. Wenn sie sie nicht freiwillig herausrücken, dann müssen wir sie schlicht und ergreifend beschlagnahmen, und das werden wir tun.
Herr Kollege Dr. Stegner, Sie haben erklärt, Schwarz-Gelb habe Angst vor einer Krümmel-Debatte. Warum eigentlich?