Wolfgang Jüttner

Appearances

15/3 15/5 15/6 15/7 15/8 15/9 15/10 15/11 15/13 15/15 15/17 15/18 15/19 15/20 15/21 15/23 15/24 15/26 15/27 15/31 15/32 15/35 15/36 15/37 15/40 15/42 15/43 15/44 15/46 15/47 15/49 15/50 15/52 15/56 15/58 15/59 15/62 15/63 15/64 15/66 15/67 15/68 15/69 15/70 15/73 15/74 15/75 15/76 15/77 15/78 15/79 15/80 15/82 15/84 15/85 15/86 15/88 15/89 15/90 15/91 15/92 15/93 15/94 15/95 15/97 15/98 15/99 15/100 15/101 15/102 15/103 15/105 15/106 15/107 15/108 15/109 15/110 15/111 15/112 15/113 15/114 15/115 15/116 15/117 15/119 15/120 15/121 15/122 15/123 15/124 15/125 15/126 15/127 15/128 15/130 15/131 15/132 15/133 15/134 15/136 15/137

Last Statements

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wulff hat vor Tagen gesagt, er habe eine wirtschaftspolitische Baustelle: Karmann. - Ich stelle hier fest: Er hat viele. Bei Volkswagen sitzt er am Katzentisch. Bei FinanzIT hat er sich nicht gekümmert. Bei TUI hat er keine Meinung.
Beim JadeWeserPort hat er zugelassen, dass vonseiten der Landesregierung rechtswidrig agiert wird. Dieser Ministerpräsident ist ein wirtschaftspolitischer Totalversager. Wer klug ist, wählt ihn ab.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich erstens ausdrücklich beim Land Bremen dafür bedanken, dass es 100 Millionen Euro für ein niedersächsisches Projekt, das in Niedersachsen Beschäftigung bringt, gegeben hat. Das war eine klasse Geschichte.
Zweitens. Ich habe gestern Abend mit Herrn
Böhrnsen verabredet, dass wir dieses Projekt nach der Landtagswahl zügig gemeinsam vorantreiben und uns darum bemühen
- witzig, was? -, auch Hamburg wieder ins Boot zu bekommen, weil das für ganz Norddeutschland von zentraler Bedeutung ist.
Ich sage hier abschließend: In meiner Regierungszeit wird es Rechtsbrüche nicht mehr geben. Das wird das Neue sein.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben beim Sperrwerk von dem Sofortvollzug Gebrauch gemacht. Das hat uns augenscheinlich einige Millionen gekostet. Sie haben auch Sofort
vollzug beantragt. Hätten Sie davon Gebrauch gemacht, hätten Sie wahrscheinlich mehr als
100 Millionen sparen können, die Sie die Veranstaltung wegen der Stahlpreise und wegen des Wegfalls der EU-Mittel jetzt mehr kostet. Das ist ein teurer Verzicht auf den Sofortvollzug. Das sage ich Ihnen.
Welches Interesse hatte Herr Wulff an diesem Thema? - Er wollte Fotos vom ersten Rammschlag noch vor dem Wahltermin, meine Damen und Herren. Nur darum ging es ihm. Am 16. Februar war die gesamte Vergabe ausgearbeitet, mit Bremen aber erkennbar nicht ohne Friktionen umsetzbar. Das hätte den Fahrplan durcheinandergebracht, meine Damen und Herren. Deshalb haben die Verantwortlichen im Ministerium und in der Realisierungsgesellschaft am 20. Februar beschlossen: Wir schmeißen das Ruder rum, egal wie die Rechtslage ist. Wir sorgen im Einvernehmen mit Bremen dafür, auch um den Preis, dass ein niedersächsisches Unternehmen, das saubere Karten hatte und den Zuschlag hätte kriegen müssen, auf der Strecke bleibt. - Ein solcher Paradigmenwechsel in der Landesregierung geht nur mit Zustimmung des zuständigen Ministers und des Ministerpräsidenten. Mit Vermerk vom 13. März ist Ihnen das vorgelegt worden, Herr Wulff. Sie hätten im Vergabeverfahren ein rechtswidriges Verhalten
stoppen können. Sie hätten stoppen können, dass ein Beschäftigter des Landes Niedersachsen, ein qualifizierter und unbescholtener Mensch, fristlos entlassen wird. Sie hätten den Sofortvollzug veranlassen können, Herr Wulff. Sie haben aber folgendes Problem: Sie haben die Chancen des Nordwesten Niedersachsens dramatisch versemmelt. Das wird Ihnen in den nächsten Tagen mit in Rechnung gestellt werden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Hirche, ich habe, ehrlich gesagt, überhaupt kein Verständnis für Ihr Konzept. In dieser Gesellschaft muss der Satz „Leistung muss sich lohnen.“ gelten. Jemand, der voll erwerbstätig ist, muss doch von seiner Tätigkeit leben können. Ich habe kein Verständnis dafür, dass in Ihrem Konzept des Mindesteinkommens mit staatlichen Mitteln Unter
nehmerbezahlung ersetzt wird. Das ist doch die Logik.
Ich komme zu meiner Frage. Hier ist in den letzten Tagen insbesondere von der FDP immer wieder gesagt worden, der Mindestlohn bei der Postdienstleistung werde Arbeitsplätze vernichten. In der Wirtschaftspresse von heute kann man nachlesen, dass das Geschäftsmodell von PIN erkennbar ohne das Thema Mindestlohn von den Managern dieses Unternehmens in diesem Jahr voll gegen die Wand gefahren worden ist und die Drohung mit den Entlassungen überhaupt nichts mit dem Thema Mindestlohn, sondern ausschließlich mit dem Thema Managerversagen zu tun hat.
Führt diese neue Erkenntnis in der Landesregierung zu neuen Überlegungen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Parlamentswoche mit Haushaltsberatungen liegt hinter uns. Die Rückmeldungen aus den Besuchergruppen deuten darauf hin, dass es sich nicht nur um Sternstunden des Parlamentarismus gehandelt hat.
Zwei Bemerkungen dazu: Wir erleben vorgeblich christliche Politiker, Herr McAllister, die von der unchristlichen Tugend der Häme umfassend
Gebrauch gemacht haben.
Wir haben Ihre Rede richtig interpretiert; denn bei Arthur Schopenhauer, dem großen deutschen
Philosophen, kann man in seiner Eristik - das ist die Kunst, recht zu behalten - nachlesen:
„Wenn man merkt, dass der Gegner überlegen ist und man unrecht behal
ten wird, so werde man persönlich, beleidigend, grob.“
Herr McAllister, arbeiten Sie an sich! Da ist noch was drin! Schlechter kann es bei Ihnen wirklich nicht mehr werden!
Aber der Tiefpunkt aus Sicht meiner Fraktion war in dieser Woche ein Mitglied des Kabinetts, Herr Wulff: Herr Stratmann, der in seinem Wahlkreis unter Dampf steht, der als Kreisvorsitzender riesige Schwierigkeiten hat und der im Kabinett nicht mehr ernst genommen wird,
nutzt hier die Gelegenheit, in einer Replik auf zwei weibliche Mitglieder des Parlaments einmal richtig vom Leder zu ziehen. Das war eine Bankrotterklärung für ein Mitglied des Kabinetts, Herr Stratmann!
Ich sage Ihnen: Das hätten Sie sich gegenüber keinem Mann erlaubt. Das war genau nach dem Satz: Schwache Männer können starke Frauen nicht aushalten, meine Damen und Herren!
Die Mehrheit hier im Hause hatte fünf Jahre lang Zeit, politische Schwerpunkte zu setzen. Unsere Bilanz: Die Abwahl ist überfällig, meine Damen und Herren!
Wir haben die Beratungen dazu genutzt, die Antworten für die Jahre 2008 und folgende zu geben.
Sie haben hier zwei Tage lang über die vorgebliche Unfähigkeit früherer Landesregierungen ge
jammert. Was soll denn das, meine Damen und Herren?
Glauben Sie im Ernst, dass sich noch jemand dafür interessiert, was zwischen 1990 und 2003 hier gelaufen ist?
Die Bevölkerung in Niedersachsen erwartet politische Antworten für die nächste Wahlperiode. Darum geht es!
Der Bevölkerung stehen Alternativen zur Verfügung:
Erstes Beispiel sind die Kita-Gebühren. Die CDUKandidatinnen und -Kandidaten erzählen draußen, in der nächsten Wahlperiode werde Gebührenfreiheit herbeigeführt.
In Ihrem Wahlprogramm steht: so bald wie möglich. Ich habe richtig zitiert. Als junger Abgeordneter habe ich bei Wissenschaftsminister Cassens gelernt, was eine Bemühenszusage ist. Was Sie machen, meine Damen und Herren, ist nichts anderes als eine Bemühenszusage. In unserem Programm steht: „In der nächsten Wahlperiode werden die Gebühren abgeschafft.“ Das ist eine politische Aussage.
Zweites Beispiel. Herr Möllring war ganz begeistert, dass die Gewerkschaften der öffentlich Beschäftigten hinter ihm stehen, und hat zitiert, dass mit den Sonderzahlungen ein erster Schritt in die richtige Richtung gemacht worden sei. Er hätte weiterlesen müssen. Ich mache es für ihn einmal:
„Es ist unvertretbar und unverantwortlich, für die eine Hälfte unserer Kolleginnen und Kollegen das Jahresgehalt 2008 zu erhöhen und es für die andere zu reduzieren. Für diese Entscheidung gibt es keine sachliche Be
gründung. Sie ist unsozial und demotivierend und widerspricht dem Gedanken einer leistungsgerechten Besoldung und dem der Fürsorge.“
Das stammt von der Steuergewerkschaft und ist vor wenigen Tagen erschienen. So werden Sie in der Bevölkerung wahrgenommen, meine Damen und Herren!
Drittes Beispiel. Herr Wulff träumt vom Innovationsstandort Niedersachsen. Sie haben selbst von dem Monitor des Landesamtes für Statistik erzählt, der gerade erschienen ist. Die Patentanmeldungen haben abgenommen, und zwar in Niedersachsen um 4 % stärker als im Bundesdurchschnitt. Beim Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Fachhochschulabschluss ist Niedersachsen
Vorletzter. Nur in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen nimmt die Abiturientenquote ab; dafür sind wir Spitzenreiter bei denen, die das Land verlassen, um woanders zu studieren. Was ist die Folge davon? Trotz positiver Entwicklung des Bruttosozialprodukts rutscht Niedersachsen auf Platz 12 ab.
Das sind die Daten aus der aktuellen Studie, meine Damen und Herren. Schämen Sie sich für diese Bilanz, die Sie hier noch schönrechnen wollen.
Sie machen Innovationspolitik mit Ihrem Fonds, aus dem in jedem Jahr gerade 2 bis 3 Millionen Euro herüberkommen. Damit wollen Sie Innovationsschwerpunkte in Niedersachsen setzen? Das geht nicht. Unser Haushaltsantrag sieht anders aus.
Viertens. Für Sie gilt: Atomstrom auf Dauer weiter nutzen, Kraftwerke abschalten ist Wahnsinn. So sagte es Christian Wulff. Für uns gilt: Energieeffizienz und regenerativen Energien gehört die Zukunft. Wenn wir über Restlaufzeiten reden, dann über Verkürzung und nicht über Verlängerung unserer Kinder wegen, meine Damen und Herren!
Fünftes Beispiel ist die Zukunft der Gesamtschulen im Konzept von Christian Wulff. Zwei bis drei will er im nächsten Jahr zulassen. Die CDU in Schaumburg will eine, die CDU in Friesland will eine, die CDU im Ammerland fordert eine, Frau Körtner hat
schon eine feste Zusage für Bad Münder gegeben, Herr Klare hat in Wagenfeld im Landkreis Diepholz eine IGS als ersetzende Schule zugesagt - eine sogenannte Zwangseinheitsschule, wie wir in dieser Woche gelernt haben -, und Frau Mundlos ist offen und will die nächste Gesamtschule in Braunschweig.
Sie haben bei diesem Thema den Überblick verloren. Deshalb haben Sie dieses Thema auch vorsichtshalber überhaupt nicht in Ihr Wahlprogramm hineingeschrieben. Das ist die Realität.
Ich werde gewährleisten, dass in der ersten Sitzung des nächsten Kabinetts das Errichtungsverbot für Gesamtschulen abgeschafft wird.
Sechstes Beispiel. Jetzt sind wir wieder bei Herrn McAllister, der hier vollmundig erklärt hat, Niedersachsen sei Spitzenreiter bei Kinderschutz und Kindergesundheit. Was sagt der aktuelle Bericht von UNICEF dazu? Niedersachsen liegt auf
Platz 12. Sie haben die letzten Jahre auf Zeit gespielt und alles zurückgehalten, was die Situation von Kindern in Niedersachsen hätte verbessern können. Die Anträge lagen auf dem Tisch. Nichts haben Sie an dieser Stelle getan.
Meine Damen und Herren, CDU in Niedersachsen, das ist Politik von gestern. Gerechtigkeit kommt morgen, und zwar nur mit uns. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Althusmann, Sie fordern Sachlichkeit ein.
Ich kann nur sagen: Ihr Beitrag war gerade kein Beitrag zur Sachlichkeit, sondern eine ideologische Aufarbeitung im wahrsten Sinne des Wortes.
Es war Ihr Ministerpräsident, der im letzten Jahr auf dem Neujahrsempfang der IHK in Hannover gesagt hat, das Abschalten eines Atomkraftwerkes sei Wahnsinn. - Ich sage das, damit hier einmal Klarheit herrscht.
Ich komme jetzt zu der vorgelegten Untersuchung. Sie ist 2003 in Auftrag gegeben worden, um den Nachweis zu führen, dass es keinen Zusammenhang zwischen einem Atomkraftwerk und der Wohnortnähe gibt. Genau diese Ausgangsthese ist zentral und von allen unbestritten widerlegt worden. Es gibt diesen engen Zusammenhang: Je näher ein kleines Kind am Atomkraftwerk wohnt, umso größer ist die Gefahr, dass es Leukämie bekommt. Das ist Ergebnis dieser Untersuchung, Herr Althusmann.
In dieser Untersuchung ist - das ist richtig - nicht geprüft worden, ob es einen Zusammenhang zwischen Strahlung und Leukämieanfälligkeit gibt.
- Das wird nicht ausdrücklich ausgeschlossen, sondern das steht da nicht drin.
Deshalb sagt der Bundesumweltminister zu Recht: „Nach gegenwärtigem wissenschaftlichen Kenntnisstand kann man diesen Zusammenhang nicht konstruieren.“ Das ist nachvollziehbar, meine Damen und Herren.
Wir stellen aber fest: Je näher ein Kind an einem Atomkraftwerk wohnt, umso wahrscheinlicher ist der Krankheitsfall. Dass dies zur Verunsicherung führt, darf nicht wundern.
Ich sage Ihnen, was mir in den letzten Tagen durch den Kopf gegangen ist: Wir haben in den letzten Wochen eine Aufarbeitung der Conterganfälle erlebt. Damals hat die Einnahme von Medikamenten zu schweren Missbildungen geführt. Weil es zum Teil auch unterdrückt worden ist, ist es damals nicht gelungen, den Zusammenhang zwischen der Einnahme des Medikamentes und den dramatischen Folgen herzustellen. Ich bin nicht mehr ganz sicher, ob wir uns beim Umgang mit Risiken, bei denen der wissenschaftliche Nachweis noch nicht herbeigeführt worden ist, nicht trotzdem auf die sichere Seite begeben müssen, meine Damen und Herren.
Deshalb habe ich überhaupt kein Verständnis für die Abwiegelei, die in den letzten Tagen deutlich wurde. Auch bei Ihnen ist sie verschleiert gegeben, Herr Althusmann, und Herr Sander macht aus seiner Meinung üblicherweise keinen Hehl.
Ich will noch einmal an den Kern des Atomkonsenses von 2000 erinnern. Wir sind schon lange gegen die Atomenergie, weil erstens die offenen Fragen der Endlagerung nicht geklärt sind und weil zweitens ein GAU dramatische Konsequenzen nach sich zieht. Wir haben diesen Atomkonsens allerdings unter der Maßgabe mitgetragen, dass
der laufende Normalbetrieb eines Atomkraftwerkes gesundheitlich nicht schädlich ist, meine Damen und Herren. Wenn sich jetzt aber herausstellt, dass der Normalbetrieb belastet ist und zu Problemen führt, dann sind für mich die rechtlichen und politischen Voraussetzungen des Atomkonsenses nicht mehr gegeben. Dann müssen wir über ein früheres Abschalten von Kernkraftwerken diskutieren. Das ist die politische Konsequenz aus diesem Gutachten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wulff hat eben versucht, das auf das Thema Krümmel abzuschieben. Das ist nachweislich falsch. Ich zitiere aus der BfS-Studie:
„Diese Untersuchung weist erstmalig wissenschaftlich nach, dass das Risiko für Kinder, an Leukämie zu erkranken, mit zunehmender Nähe des Wohnorts zu einem Kernkraftwerk zunimmt.“
Das ist in dieser Studie unstrittig
In der Tat ist der Zusammenhang mit ionisierenden Strahlen nicht untersucht worden, Herr Althusmann; der Nachweis ist nicht geführt. Aber ich sage Ihnen, meine Damen und Herren: Da gilt doch der gesunde Menschenverstand. Sich dahinter zu verstecken, dass der Nachweis noch nicht gelungen ist, halte ich für hoch gefährlich und für politisch nicht akzeptabel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der wirtschaftliche Erfolg Deutschlands in den letzten Jahrzehnten hatte sehr viel damit zu tun, dass der soziale Frieden gewährleistet worden ist. Für ihn war ausschlaggebend, dass alle am wirtschaftlichen Wachstum beteiligt worden sind. Dieser gesellschaftliche Konsens ist in den letzten Jahren aufgekündigt worden.
Ich nenne Ihnen dazu zwei Zahlen: Zwischen 2002 und 2006 stiegen die Einkommen bei den DAXVorständen um 62 % und im gleichen Zeitraum die Arbeitnehmereinkünfte um 2,8 %. Parallel dazu hat sich ein Hungerlohnsektor ausgedehnt, der es in der Tat in sich hat.
Nun ist es wahrscheinlich rechtlich sehr kompliziert, gegen diese Gier der Besserverdiener vorzugehen. Es ist schon skurril, dass vor allem diejenigen die großen Mitnehmer sind, die Arbeitsplatzvernichter oder Missmanager sind. Hier handelt es sich nach meiner Überzeugung eher um eine Frage des Anstands, und wir sollten auch einmal gesellschaftlich diskutieren, was man sich so alles in die Tasche steckt.
Politisch viel bedeutsamer ist, was im unteren Segment der Einkommensbezieher passiert. Es gibt eine neue Studie, aus der deutlich wird, dass
5,5 Millionen der Beschäftigten in Deutschland - das sind 17,7 % aller abhängig Beschäftigten weniger als 7,50 Euro pro Stunde verdienen. 7,50 Euro sind aber im Pfändungsrecht als das festgelegt, was als Mindesteinkommen zur Verfügung stehen muss. Die Zahl der davon Betroffenen hat sich in den letzten zwei Jahren um 1 Million erhöht. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass mehr als 600 000 abhängig Beschäftigte ganztags beschäftigt und gleichwohl Aufstocker sind. Sie können also bei der Arbeitsverwaltung Geld beanspruchen, weil sie von ihrer Ganztagsarbeit nicht leben können. Damit leisten wir uns in Deutschland einen Skandal!
Insgesamt geht es um 1,3 Millionen Aufstocker. Das zuständige Bundesministerium muss in jedem Jahr 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen, um diese Zusatzeinkommen zu finanzieren. Herr Wulff, es ist wahrscheinlich Ihre Vorstellung von Kombilöhnen, dass die Steuerzahler dafür zuständig sind, einzuspringen, weil sich die Unternehmer weigern, in Deutschland angemessene Löhne zu zahlen.
Hinzukommt die Entwicklung bei der Leiharbeit, die dramatisch nach oben geht.
Die Konsequenz all dessen ist: Wir erleben gegenwärtig eine Erosion des Normalarbeitsverhältnisses in Deutschland. Ich halte das für eine ganz gefährliche Entwicklung hinsichtlich des sozialen Friedens in unserem Lande. Die Folgen sind vielfältig: nicht nur, dass die Steuerzahler Löhne mitfinanzieren müssen, auch die sozialen Sicherungssysteme geraten unter unheimlichen Finanzierungsdruck, und außerdem bereiten wir heute die Altersarmut von morgen vor, wenn wir diese prekären Arbeitsverhältnisse zulassen.
Darauf gibt es nur eine zentrale Antwort, meine Damen und Herren: Mindestlöhne für alle in Deutschland, wie es in allen Ländern der Fall ist!
Dies ist wirtschaftlich vertretbar, und es ist eine Frage der Würde. Der Satz „Leistung muss sich lohnen“ muss in Deutschland weiter gelten.
Dass die FDP als Partei der Gewerbefreiheit davon nichts hält, wissen wir. Aber wie ist es bei Ihnen, Herr Wulff? - 2006 waren Sie strikt dagegen, im Herbst dieses Jahres wackelig, und neuerdings sind Sie dafür. Warum haben Sie im November dieses Jahres hier im Landtag dagegen gestimmt, als wir über den Mindestlohn abgestimmt haben?
Zurzeit bereiten Sie die Ablehnung des Mindestlohns im Bundesrat am 20. Dezember vor. Herr Wulff, ich frage Sie: Warum verstecken Sie sich hinter dem schmalen Rücken von Herrn Rösler? Beim Lotto-Staatsvertrag haben Sie doch auch deutlich gemacht, wer in der Koalition Herr im Hause ist. Ist der Mindestlohn Ihnen nicht so wichtig? Verstecken Sie sich? - Sie könnten doch zeigen, wie wichtig Ihnen das Thema ist. Wir erwarten, dass die Landesregierung, dass das Land Niedersachsen im Bundesrat zustimmt, wenn es um Mindestlöhne geht.
Wer auf Mindestlöhne verzichtet, meine Damen und Herren, gefährdet den sozialen Frieden in Deutschland, nimmt Wettbewerbsverzerrungen in Kauf und setzt die wirtschaftliche Entwicklung dieses Landes außer Kraft. Wir werden weiter für Mindestlöhne kämpfen. Das ist Ausdruck der Würde aller derer, die in dieser Gesellschaft beschäftigt sind, und gehört zu angemessenen Lebensverhältnissen in diesem doch so reichen Land. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Klare hat mir einen Brief geschrieben. Ich habe ihn beantworten lassen. Aber dieses Schreiben liegt ihm augenscheinlich noch nicht vor.
Herr Klare, Sie können sich entscheiden: Entweder haben Sie eklatante Schwächen beim sinnentnehmenden Lesen - dies wäre gravierend; ich möchte Ihnen dies nicht unterstellen -,
oder Sie sind - das ist die Alternative dazu - verleumderisch und bösartig. Das unterstelle ich Ihnen allerdings.
Ich habe hier das Regierungsprogramm, das uns in den nächsten fünf Jahren bindet. In diesem steht: Wir streben an, bis zum Jahre 2013 eine „gemeinsame Schule“ anzubieten. - Der Text geht weiter: Alle bestehenden Schulen des Sekundarbereichs können in „gemeinsame Schulen“ umgewandelt werden.
Das setzt die Zustimmung der Eltern und der Schulträger voraus. Das haben wir Ihnen mehrmals erzählt. Wenn Sie das nicht zur Kenntnis nehmen, dann sind Sie verleumderisch und bösartig.
Zum Thema Förderschulen steht in unserem Programm:
- Das ist genau die Stelle.
„unterrichtet Kinder mit Behinderungen wie in der Grundschule integrativ, in Kooperationsgruppen oder in angegliederten Förderschulen.“
Auch dort gilt der Elternwille, meine Damen und Herren. Ich bin es langsam leid, mich in dieser Art mit Ihnen auseinanderzusetzen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Busemann, Sie sind umstellt
in Bezug auf Ihren letzten Kern der bildungspolitischen Reaktion. Sie versuchen, den Eindruck zu erwecken, das sei Fortschritt. Ich sage Ihnen: In ganz Europa gibt es inzwischen pädagogische Konzeptionen, in denen das Kind im Mittelpunkt steht, wobei individuell gelernt und gefördert wird. Bei diesen Konzepten ist die Frage der Struktur überflüssig geworden, weil allen Kindern das Optimum gewährleistet wird. Das ist die Realität in Europa!
Das wird augenscheinlich immer mehr die Realität in Deutschland. Egal, in welches Bundesland man schaut: Alle merken, dass eine Strukturdebatte eine Optimierung der pädagogischen Qualität verhindert. Darum geht es.
Ich glaube auch, dass es gute Gymnasien gibt.
Ich glaube auch, dass es guten Unterricht in Hauptschulen gibt. Aber solange es keine Verantwortlichkeit der Lehrenden für das gibt, was die Kinder machen - -
- Es gibt keine Ergebnisverantwortung in unseren Schulen. Man kann nämlich abschulen, meine Damen und Herren. Das ist das Entscheidende.
Deshalb sage ich Ihnen: Das, was in allen anderen deutschen Ländern passiert, wird ab 2008 auch in Niedersachsen passieren. Individuelle Förderung und Durchlässigkeit werden unter unserer Regierung die Praxis in Niedersachsen werden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir alle leben in einem schönen, jungen Bundesland. In Niedersachsen gibt es eigentlich alles, was man so braucht:
schöne Städte, kleine Dörfer, Meer und Berge, starke Persönlichkeiten.
Unser Anspruch ist, das Land und die Menschen in Niedersachsen voranzubringen. Dafür steht die SPD-Fraktion ein.
Wir sind stolz, in diesem Land Politik machen zu dürfen. Natürlich ist unser Anspruch, eine Gestaltungsmehrheit zu erreichen; denn dann macht Politik noch mehr Spaß, wie wir miteinander wissen.
Wir haben in den letzten Monaten hart daran gearbeitet, dass aus unseren politischen Vorstellungen, aus unseren Visionen praktische Regierungsarbeit für die nächsten fünf Jahre werden kann. Die Ergebnisse liegen am heutigen Tage auf dem Tisch: ein Regierungsprogramm, ein Sofortprogramm und ein Haushaltsantrag
ein Programm, das überzeugend ist, das sich sehen lassen kann und das ich Ihnen gleich vorstellen möchte. Aber bei allem Interesse, doch über das Positive zu reden, werden Sie es mir nachsehen, meine Damen und Herren: Ein paar kritische Anmerkungen zu dem, was Sie in den letzten fünf Jahren hier geleistet haben, müssen möglich sein.
- Herr Kollege, ein paar. - Es drängt sich geradezu auf, hier einige vorzutragen.
Sie erinnern sich möglicherweise an den Bericht des Landesamtes für Statistik, der im September 2006 erschienen ist. Es war eine vernichtende Bilanz der Arbeit dieser Landesregierung - nicht der Situation im Land, sondern der Arbeit dieser Landesregierung.
Der Tenor in diesem Bericht war: Niedersachsen bleibt zurück, Niedersachsen nutzt nicht die Potenziale, die in diesem Land eigentlich vorhanden sind.
Vor diesem Hintergrund haben wir schon geschmunzelt, als Sie auf dem Parteitag der CDU in Oldenburg das neue Motto „Land des Lächelns“ ausgegeben haben. Ich bin schon länger hier im Landtag, und ich kann mich noch an Menschen erinnern, die in diesem Land aber auch jedes Problem weggelächelt haben, meine Damen und Herren.
Sie werden Verständnis dafür haben, dass unsere Aufgabe darin besteht,
aufzudecken, welche Probleme bei Ihnen liegen geblieben oder auch neu entstanden sind. Das Landesamt für Statistik hat jetzt den Niedersachsen-Monitor für das nächste Jahr vorgelegt. Meine Damen und Herren, es kann ja nicht verwundern, dass der allgemeine Aufschwung in Deutschland
und die konjunkturelle Belebung nicht vollständig an Niedersachsen vorbeigehen. Alles andere wäre schon sehr ungewöhnlich, wie ich finde.
Deshalb nehmen wir mit Genugtuung zur Kenntnis, dass sich einige Daten für Niedersachsen verbessert haben.
Aber bei relevanten Vergleichsdaten hat die Niedersächsische Landesregierung erneut versagt. Das stellen wir hier fest.
- Das steht in diesem Bericht. Über die Lesefähigkeiten haben wir heute schon geredet, meine Damen und Herren.
Niedersachsen bleibt beim Wirtschaftswachstum im Vergleich zum Bund zurück. Niedersachsen bleibt bei den Patentanmeldungen eklatant zurück. Wir wissen aber, was es für die Innovationsfähigkeit eines Landes bedeutet, wenn es hierbei nicht gut aussieht. Niedersachsen bleibt bei den Gewerbeanmeldungen im bundesdeutschen Vergleich zurück.
- Bezweifeln Sie die Angaben des Landesamtes für Statistik, Herr Kollege? Ich hoffe nicht! Oder ist das der Grund dafür, dass Sie die gerade zusammenlegen wollen, um sie mundtot zu machen? Das ist interessant!
Niedersachsen bleibt leider - das ist eine gefährliche Entwicklung - bei den Bruttomonatseinkünften der Bevölkerung dramatisch zurück. Das sind weiß Gott Daten, die erschrecken und die so nicht stehen bleiben dürfen. Hier besteht Veränderungsbedarf. Deshalb sagen wir: Wir wollen dafür sorgen, dass wir vom Land des Schwächelns, das Sie hervorgebracht haben, wieder zu einer vernünftigen Perspektive für Niedersachsen kommen.
Wir erleben bei Plenarsitzungen, wie Sie sich an Ihren vorgeblichen Erfolgen selbst berauschen. Ich rate Ihnen, sich von Zeit zu Zeit auch mal in der Bevölkerung umzuhören.
Dort könnten Sie feststellen, dass es über das, was diese Landesregierung politisch zu verantworten hat, relativ großen Unmut gibt. Das betrifft nicht nur die wirtschaftlichen Daten, die ich eben benannt habe.
Zum Thema Wirtschaft möchte ich noch zwei Dinge ergänzen, die in der Tat auffällig sind. Das eine ist das Thema: Wie steht der Eigner Niedersachsen inzwischen bei Volkswagen da? - Ich habe Ihnen das vor einem Monat hier gesagt: Die Aufsichtsratsmitglieder des Landes sitzen dort am Katzentisch. Herr Wulff, wenn Sie bei Volkswagen in den letzten Jahren anders gearbeitet hätten, dann wäre die Möglichkeit der informellen und stillen Intervention beim Thema Karmann wahrscheinlich größer gewesen. Aber durch Ihre Art des Vorgehens haben Sie diese Chance verspielt.
Das andere Thema betrifft das zentrale wirtschaftspolitische Großprojekt in Niedersachsen - wir haben gerade nicht das Vergnügen, sondern es ist traurig genug, das nachlesen zu müssen -: Was hat diese Landesregierung mit dem von uns angestoßenen Projekt JadeWeserPort in der Zwischenzeit gemacht?
Das ist ja zum Krimi geworden, meine Damen und Herren!
Nein. Ist Herr Möllring schon wieder mit schönen Fotos von dem großen Fest mit der Robert-BoschGesamtschule in Berlin zurück?
- Sie haben ja viel versucht, das zu verhindern!
Meine Damen und Herren, beim JadeWeserPort geht es um Investitionen in der Größenordnung
von mehreren hundert Millionen Euro. Es geht um Menschen, die in der Region Zukunft haben wollen. Es geht um die Kooperation mit einem weiteren Bundesland. Herr Hirche, wir erleben dort einen wirklich unerträglichen Umgang in der Kooperation und mit den Belangen Niedersachsens! Das ist der Vorwurf, den wir Ihnen machen.
Herr Wulf, einen Vorwurf will ich anschließen: Wo sind Sie beim Thema JadeWeserPort in den letzten Jahre gewesen? - Sie haben sich um so manches gekümmert. Ich spare mir heute die Aufzählung. Es war nicht alles wichtig. Aber beim wichtigsten Projekt des Landes Niedersachsen sind Sie abgetaucht und sind es bis heute geblieben. Das, was Sie dort gemacht haben, ist unverantwortlich!
In anderen Politikfeldern sieht es nicht viel besser aus, meine Damen und Herren. Im Bildungsbereich: Knapp 10 % machen keinen Schulabschluss. Sie wissen, was das für die ökonomische Entwicklung des Landes bedeutet.
Bei den Kindern mit ethnischem Hintergrund ist es ein Drittel. Da wächst sozialer Sprengstoff auf, der hochproblematisch ist. Niedersachsen ist Schlusslicht im Übergangssystem oder - wie wir es nennen - in den Warteschleifen und ebenfalls Schlusslicht bei denen, die in der beruflichen Erstausbildung sind. Hier wird Zukunft verspielt, meine Damen und Herren.
Dafür sind wir Vorreiter beim Studienplatzabbau. Niedersachsen gewinnt im Bildungsbereich immer an den Stellen, an denen es nach Meinung der Landesregierung gar nicht sein könnte. Herr Wulff, Sie haben im letzten oder vorletzten Jahr erklärt - ich habe die Quelle nicht mehr herausgesucht; das kann ich aber gerne noch tun -, die pädagogische Qualität der Gesamtschulen rechtfertige nicht, dass sie eine Zukunft hätten. Merkwürdigerweise sind es genau diese Einrichtungen ohne Zukunft, die für Niedersachsen Preise auf Bundesebene holen. Das müsste Sie doch nachdenklich machen!
Was wir Ihnen besonders ankreiden, sind die fünf Jahre Sozialabbau in diesem schönen Bundesland, meine Damen und Herren. Er begann mit einem Wortbruch von Frau von der Leyen. Sie hatte den Behindertenverbänden zugesagt, wenn diese einer Absenkung beim Blindengeld zustimmten, würde keine weitere Absenkung mehr vorgenommen. Was war die Konsequenz? - Die vollständige Streichung! Das ist einer der Bausteine Ihrer sozialpolitischen Aktivitäten.
- Natürlich stimmt das. - Sie haben in dieser Wahlperiode vier Nullrunden für die Behinderteneinrichtungen durchgezogen. Sie haben das Obdachlosenprogramm gekürzt und gestrichen. Sie haben im Bereich der Jugendarbeit aufgeräumt.
Sie haben bei den Ehrenamtsmaßnahmen gekürzt. Für Sie war der Sozialetat der Steinbruch für den Finanzminister, meine Damen und Herren.
2004 41 Millionen Euro, 2005 29 Millionen Euro, 2006 41 Millionen Euro, 2007 30 Millionen Euro und 2008 29 Millionen Euro - das ist fast der Betrag, der für freiwillige und nicht festgelegte Leistungen überhaupt zur Verfügung steht. Das zeigt, wes Geistes Kind Sie sind. Die Folge davon ist im Übrigen, dass die soziale Spaltung in Niedersachsen weiter zunimmt: Die Zahl der Armen in Niedersachsen steigt, und die Zahl der Reichen in Niedersachsen steigt.
Bei dem Thema, das uns zurzeit umtreibt, nämlich beim Kinderschutz, haben wir zu Beginn dieses Jahres eine peinliche Debatte erlebt, als Sie uns mitteilen wollten, Kinderrechte in der Verfassung seien überflüssig, das sei Symbolik, was solle das eigentlich. Dann haben Sie gemerkt, die Debatte ist so wohl nicht zu führen, und sind Sie umgeschwenkt wie auch bei vielen anderen Themen. Das zeigt aber, dass Sie in der Regel zum Jagen
getragen werden müssen, meine Damen und Herren.
Dazu passt natürlich auch, dass ein Antrag von uns mit dem Titel „Kinder und Jugendliche stärker vor Misshandlung und Verwahrlosung schützen“ und ein entsprechender Gesetzentwurf, der sich mit den Eingangsuntersuchungen von Kindern auseinandersetzt, zwei Jahre lang im Ausschuss liegen gelassen worden sind. Das ist praktizierte Koalitionspolitik im Bereich Kinder- und Jugendschutz! - Mit uns nicht. Hier geht es darum, neue Aspekte und neue Akzente in der Politik zu setzen.
Deshalb geht es um eine andere, um eine gerechtere Politik für Niedersachsen und um eine bessere Regierung für Niedersachsen. Darauf arbeiten wir hin.
Ihnen liegt ein Haushaltsantrag vor. Natürlich profitiert er auch von der erfreulichen Haushaltslage, die sich durch die konjunkturelle Belebung ergeben hat - übrigens auch durch die Erfolge der rotgrünen Arbeitsmarkt- und Sozialreformen. Auch darauf will ich hier ausdrücklich hinweisen.
In diesem Haushaltsantrag finanzieren wir 432 Millionen Euro aus den Steuermehreinnahmen, aus dem Jahresüberschuss, aus Rücklagen und aus Umschichtungen. Parallel dazu haben wir ein Sofortprogramm eingesetzt. Meine Damen und Herren, das, was wir vorlegen, ist vollständig durchfinanziert.
- Da lachen die Hühner? Sie sollten bei dieser Frage ganz kleine Brötchen backen, Herr Althusmann.
Ich kann mich noch an das Jahr 2002 erinnern. Damals waren Sie in der Opposition.
Sie haben kurz vor der Wahl in Hanstedt eine Erklärung verabschiedet,
die eine Unterfinanzierung von mindestens 2 Milliarden DM aufwies. Herr Althusmann, Sie haben sich nicht einmal getraut, einen Haushaltsantrag mit Zahlen für den Haushalt 2003 auf den Tisch zu legen.
Von Ihnen brauchen wir überhaupt keine Belehrung, überhaupt keine!
Da wir gerade bei Belehrungen und Legenden sind, will ich an dieser Stelle gleich noch mit zwei Legenden aufräumen. Das eine ist die Legende, welch klasse Finanzpolitiker Sie sind: Sie haben vorgeblich den Haushalt saniert und konsolidiert.
Wissen Sie, was das ist?
- Es ist die richtige.
Das ist die Einnahmeentwicklung des Landes Niedersachsen zwischen 1994 und 2008. Wie es immer so ist, steigt es einigermaßen geradlinig bis zum Jahr 2000.
Plötzlich brechen die Einnahmen aller öffentlichen Haushalte zusammen. Im Jahre 2002 verfügt die Landesregierung nur noch über Einnahmen in Höhe von 14 Milliarden Euro und hat Schwierigkeiten, das ohne erweiterte Nettoneuverschuldung darzustellen. Inzwischen sind wir im Jahr 2008. Die gegenwärtige Landesregierung hat das schöne Vergnügen, jedes Jahr über 3,5 Milliarden Euro mehr zur Verfügung zu haben, als wir zum Zeitpunkt der Wahl im Jahr 2003 hatten.
Das ist eine schöne Grafik.
- Das ist euer Aufschwung? Und das ist euer Erfolg beim Abbau der Schulden?
Wenn man die Grafiken untereinander legt, stellt man fest: In dem Moment, in dem sich die Einnahmen des Landes wieder verbessern, besteht die Möglichkeit, die Nettokreditaufnahme zurückzuführen. Man kann fast sagen, es läuft parallel. Die Nettokreditaufnahme zu unserer Zeit sehen Sie dort vorne.
Auf gut Deutsch: Das, was Sie hier immer als einen Erfolg Ihrer finanzpolitischen Konsolidierung darstellen, hat mit Ihnen verdammt wenig zu tun, meine Damen und Herren.
Die zweite Legende besagt, wir seien beim Umgang mit Personal immer unmäßig, wir seien klasse im Geldausgeben, und es musste die CDU kommen, um beim Personal einmal so richtig dazwischenzugehen. - Dankenswerterweise haben unsere Finanzpolitiker jetzt einmal die aktuellen Zahlen abgefragt. Es ist schon ganz interessant zu hören, dass in der Zielvereinbarung II in dieser Wahlperiode, für die Sie zuständig sind, 4 390 Stellen abgebaut worden sind. Aber in dieser Wahlperiode, in dem gleichen Zeitraum, hat diese Mehrheit 6 264 Stellen neu geschaffen, meine Damen und Herren. Was ist das denn?
Das sind die Konsolidierer, von denen hier immer geschwärmt wird! Da lache ich mich aber schlapp! Das ist gar nichts!
Jetzt werde ich einiges zu dem sagen, was ab 2008 in Niedersachsen anders sein wird. Das Erste ist: Hier wird Schluss sein mit dem Privatisierungswahn, den Sie hier betrieben haben.
Ich halte es für eine hochgefährliche Entwicklung, das staatliche Gewaltmonopol infrage zu stellen. Sie tun dies im Strafvollzug, und Sie tun dies mit der Privatisierung der Landeskrankenhäuser. Der Staatsgerichtshof hat ja in der letzten Woche ein Verfahren abgeschlossen - nicht sehr erfreulich für Sie, wie ich gelesen habe. Aber er hat ja Zeit, sich jetzt mit dem nächsten Projekt zu befassen. Ich wette mit Ihnen: Diese Entscheidung - Landeskrankenhäuser - wird diese Regierung genauso treffen, und es wird nichts zu beschönigen sein. Auch dieses Gesetz wird rechtswidrig und verfassungswidrig sein, da bin ich sicher.
Meine Damen und Herren, mit uns ist auch die öffentliche Infrastruktur nicht zur Disposition zu stellen, wie es Herr Sander und andere gerne tun. Wasser und Abwasser gehören in die öffentliche Hand - damit wird nicht herumgespielt, meine Damen und Herren!
Zweitens, meine Damen und Herren, wir reden über - -
Meine Damen und Herren, zweitens geht es darum, wie wir mit wirtschaftlichen Impulsen im Lande umgehen. Es wird notwendig sein, die Investitionsquote zu erhöhen. Wir müssen vor allem dafür sorgen, dass der Mittelstand Beschäftigung findet. Ganze Gewerke des Handwerks hängen inzwischen durch. Nur ein richtig umfangreicher Vorstoß im Bereich der Klimapolitik, der energetischen Sanierung wird in der Lage sein, hier Akzente zu setzen. Durch den Aufbau des Wirtschaftsförderfonds, durch die Erhöhung der Mittel in diesem Bereich wollen wir dies gewährleisten. Ich sage Ihnen auch: Die Wiederherstellung der alten Verbundquote im kommunalen Finanzausgleich gehört genauso dazu, weil das die Investitionskraft der kommunalen Seite stärkt. Das ist dringend geboten.
Dann geht es übrigens auch darum, dort, wo andere Mittel bereitstehen, eine Gegenfinanzierung zu gewährleisten. Sie haben in dieser Wahlperiode mit Ihren Unterlassungen beim Thema Soziale Stadt und Stadtumbau West in Kauf genommen, dass schätzungsweise 1 Milliarde Euro an privaten Investitionen in Niedersachsen nicht getätigt worden sind, meine Damen und Herren.
Das ist unverantwortlich, was Sie da gemacht haben.
Dann geht es um das Thema, wie es auf dem Arbeitsmarkt zugeht. Wir haben ja heute Morgen über das Thema Mindestlohn diskutiert. Ich glaube, dass hier ein Schwerpunkt zu setzen ist. Wir müssen auch für faire Wettbewerbsbedingungen sorgen, meine Damen und Herren. Deshalb wird eine der ersten Maßnahmen meiner Landesregierung sein,
das Vergaberecht wieder angemessen herbeizuführen, wie es notwendig ist.
Wir werden uns auf der Bundesebene um die Themen Mindestlohn, flexibler Übergang in die Rente und Altersteilzeit kümmern - bei den Punkten, bei denen Herr Wulff in den letzten Wochen den Eindruck erweckt, er habe auch dazugelernt. Ich glaube, die Halbwertszeit des Dazulernens bei Christian Wulff ist relativ beschränkt und begrenzt sich auf den 27. Januar. Dann wird es wieder den alten Wulff geben, den vom Leipziger Parteitag 2003, und der sieht, weiß Gott, anders aus, meine Damen und Herren.
Wir werden mit zusätzlichen Mitteln das Programm „Recht auf Ausbildung“ in Niedersachsen durchsetzen. Wir brauchen die Fachkräfte von morgen. Die Tatsache, dass junge Leute heute aus der Schule kommen und wissen, dass für sie in der Berufswelt nichts mehr vorgesehen ist, muss einen in der Tat bedrücken.
Der Bildungsbereich wird der Schwerpunkt der Landespolitik sein. Das hat natürlich auch mit der abschließenden Zuständigkeit zu tun, die wir in diesem Bereich haben. Meine Damen und Herren, das beginnt bei dem Thema, wie wir erreichen, dass der Geldbeutel der Eltern nicht über die Berufschancen der Kinder entscheidet. Das ist der Grund, warum wir die Gebührenfreiheit im Kitabereich herstellen wollen. Das ist der Grund, warum wir wieder die Lernmittelfreiheit in Niedersachsen einführen werden.
Das ist der Grund, warum die Studiengebühren, die Sie mit Begeisterung eingeführt haben - übrigens im Widerspruch zu Ihrem Wahlprogramm -, im nächsten Jahr von uns wieder außer Kraft gesetzt werden.
Aber es geht auch um Qualität - nicht nur um Chancengleichheit - im Hochschulbereich und im Schulbereich. Im Hochschulbereich heißt das, meine Damen und Herren, dass wir über ein Fachhochschulentwicklungsprogramm die Kooperation
zwischen Forschung und Wirtschaft, insbesondere im Mittelstand, verbessern müssen. Sie kennen die Studie des NIW über die Innovationsschwäche in Niedersachsen. Es gibt keinen gravierenderen Vorwurf, als Innovationsschwäche attestiert zu bekommen.
Wir werden uns stärker um den Bereich der frühkindlichen Bildung kümmern, meine Damen und Herren. Deshalb halten wir es nicht für ausreichend, was Sie beim Thema Sprachförderung angesetzt haben. Wir werden uns um das Thema Unterrichtsversorgung kümmern, weil das die Eltern umtreibt. Da hilft es auch nicht, wenn Herr Busemann jeden Tag neu erzählt: 100 % Unterrichtsversorgung findet statt. Fragen Sie doch einmal die Eltern, deren Kinder früher nach Hause kommen, wie die Realität ist!
Es gibt eine formelle Unterrichtsversorgung des Kultusministers. Die besteht auf dem Papier. Er hat sich angewöhnt, seine Empfindung auf die gleiche Ebene zu bringen. Aber der Lebensalltag in Niedersachsen sieht anders aus. Entscheidend ist, was an Unterricht stattfindet, und nicht, was Herr Busemann glaubt, was an Unterricht stattfindet.
Wir werden einen Sozialfonds einrichten, mit dem gewährleistet wird, dass die Bildungskarrieren von Kindern aus sozial schwachen Familien nicht geknickt werden. Wir können uns darüber verständigen, dass das perspektivisch eine Sache des Bundes ist. Ich glaube, eine Menge spricht dafür. Wir müssen vielleicht auch gemeinsam dafür kämpfen, dass sich der Bund dieses Themas mehr annimmt als bisher. Das gilt jedenfalls für mich. Aber solange das nicht der Fall ist, sind wir der Meinung, dass wir den Schulen Geld und Spielraum zur Verteilung dieses Geldes zur Verfügung stellen müssen, damit das auch bürokratiearm abgewickelt werden kann, meine Damen und Herren. Nicht alles, was gut gemeint ist, kommt auch immer gut an. Ich glaube, dass das der einzige Weg ist, wie wir damit umgehen können.
Zur qualitativen Verbesserung gehört auch, dass wir Ganztagsschulen angemessen ausstatten, weil wir darunter ein pädagogisches Konzept verstehen und nicht, wie es bei Herrn Busemann der Fall ist: Es ging nicht mehr, der Bund gab Geld, er musste
das für sich annehmen. Aber im Kern passt es nicht in Ihr Frauen-, passt es nicht in Ihr Familienbild.
Wir wollen Ganztagspädagogik.
Es wird Sie nicht wundern: Wir werden das Verbot der Errichtung von Gesamtschulen natürlich sofort aufheben. Wir sind uns sicher: Unter einer Regierung Wulff würde das weder im nächsten Jahr noch in den nächsten fünf Jahren passieren. Das ist nichts als Schaumschlägerei, was Sie da zurzeit versuchen.
Kommen wir zum Thema Sozialpolitik! Ich hatte schon gesagt: Hier ist besonders abgeräumt worden. Beim Thema Kinderschutz hat diese Mehrheit sich auf eine Politik der Unterlassung begrenzt. Meine Damen und Herren, was wir brauchen, ist ein Kinderschutzgesetz, ein Programm „Kinder schützen - Kinder fördern“, wie wir es vorbereitet haben. Dafür braucht man im Übrigen nicht einmal mehr Geld. Man muss nur das, was Sie im letzten Jahr mit Ihrem vorgeblichen 100-Millionen-Programm eingesetzt haben, sinnvoll umsteuern.
Sie machen Symbolik in der Sozialpolitik. Wir machen Ernst. Das ist der kleine Unterschied.
Wir wollen die Einheit der Jugendhilfe und auch das 24-Stunden-Notruftelefon für Kinder wiederherstellen. Dafür haben Sie einmal Geld eingesetzt. Aber das ist bei Ihnen zur Nullnummer verkommen, ins Leere gelaufen.
Meine Damen und Herren, bei den Älteren wird es darum gehen, zu gewährleisten, dass hinreichend qualifiziertes Personal für die Pflege zur Verfügung steht. Deshalb werden wir die Umlage in der Altenpflegeausbildung wieder einführen. Das ist dringend geboten, um eine qualifizierte Pflege in Niedersachsen zu gewährleisten.
Wir haben uns natürlich auch mit der Frage beschäftigt: Wie gehen wir mit den Bediensteten des Landes um? - Wir haben das gemacht, was Sie
sich für das Jahr 2009 oder 2010 vorgenommen haben, was aber heute schon überfällig ist, nämlich einen Pensionsfonds für Beamtinnen und Beamte einzurichten. Das ist ein Beitrag, um das Weglaufen der Versorgungslasten eingrenzen zu können.
Meine Damen und Herren, da wir beim Thema „öffentlicher Dienst“ sind: Sie haben für Dezember 2007 eine Sonderzahlung veranlasst, offensichtlich passend zum Wahltermin.
- Deshalb haben Sie sie vorsichtshalber nicht in den Haushalt des nächsten Jahres eingestellt.
Wir haben uns in einem sicherlich komplizierten Abwägungsprozess dafür entschieden, die Nettoneuverschuldung nicht noch einmal um 50 Millionen Euro zu senken, sondern dieses Geld bewusst zur Steigerung der Motivation der Beschäftigten des Landes Niedersachsen als Sonderzahlung für das Jahr 2008 auszuweisen, mit der Perspektive, eine dauerhafte Zahlung zu gewährleisten. Sie kommen sowieso unter Druck, weil Sie Beamte und Angestellte unterschiedlich behandeln. Das wird auf Dauer sehr kompliziert.
Meine Damen und Herren, wir werden darüber hinaus - auch da unterscheiden wir uns von Ihnen - mit einer Bundesratsinitiative im ersten Quartal auf ein Verbot der NPD hinarbeiten.
Wir wollen dafür sorgen, dass die jährliche Debatte über die Sachmittelausstattung der Polizei endlich aufhört und nicht im Sommer diskutiert werden muss, ob noch genug Benzin zur Verfügung steht, damit die Fahrzeuge eingesetzt werden können. Auch das gehört zu einer verantwortlichen Haushaltspolitik des Landes.
Ich habe auf einer Veranstaltung vor einigen Wochen einen spannenden Hinweis von Herrn Rösler zur Kenntnis genommen. Er hat dort definiert, was Heimat ist. Ich fand, er hatte absolut recht. Er hat gesagt: Heimat ist nicht, wo man geboren ist, sondern wo man sich zu Hause fühlt. - Ich hoffe, das ist korrekt wiedergegeben. Das wird wohl eines der
Wahlplakate der FDP. Dagegen ist nichts zu sagen. Aber, Herr Rösler, erklären Sie doch einmal, wieso Sie dann in den letzten Jahren eine Abschiebepraxis mit zugelassen haben, bei der Leute abgeschoben wurden, die hier nicht nur zu Hause sind, sondern hier auch noch geboren sind!
Sie sehen, es geht nicht immer nur um die wichtigen Themen Wirtschaft, Bildung und Soziales, sondern auch andere Themen verdienen Respekt und Anerkennung.
Das Thema Sicherheit spielt bei der Integration, aber auch bei der Frau Justizministerin eine Rolle. Deshalb sage ich: In Zukunft werden Diebe und Drogenhändler nicht mehr - wie es bisher Praxis war - ohne gerichtliches Verfahren laufen gelassen, weil die Ministerin ihre Personalverantwortung nicht wahrgenommen hat.
Damit werden wir Schluss machen.
Meine Damen und Herren, ich bin sicher, dass deutlich geworden ist, dass wir vieles besser machen wollen.
Das ist auch deshalb notwendig, weil Dilettantismus bei Ihnen in mehreren Ministerien einer der treuesten Wegbegleiter war.
Aber wir wollen nicht nur vieles besser machen. Wir werden auch vieles anders machen. Am 27. Januar können sich die Niedersachsen entscheiden. Sie können sich entscheiden für eine Politik der sozialen und ethnischen Ausgrenzung wie bisher
oder für eine Politik des sozialen Zusammenhalts. Sie können sich entscheiden für das Motto „Der Geldbeutel der Eltern entscheidet“ oder aber, wofür wir plädieren, für die Abschaffung der Kitagebühren, für Lernmittelfreiheit, für die Abschaffung der Studiengebühren. Sie können sich entscheiden für einen Energiemix mit Atom, mit all den Gefahren, die wir heute Morgen diskutiert haben, oder für einen konsequenten Ausstieg.
Sie können sich entscheiden für Stagnation oder für Innovation insbesondere im Mittelstand.
Die Niedersachsen werden sich entscheiden. Ich freue mich, dieses Land in den nächsten Jahren gerechter gestalten zu können. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Vorbemerkung. In früherer Zeit pflegten die Mitglieder des Kabinetts sich nicht an der Beschimpfung von Abgeordneten zu beteiligen. Hier hat sich inzwischen aber vieles geändert.