Olaf Lies
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Last Statements
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und die Straßenbauverwaltung der Länder - also wir in der Bundesauftragsverwaltung - wenden seit fast 70 Jahren die sogenannte konventionelle Umsetzung von Infrastrukturmaßnahmen an, also die Finanzierung über den regulären Haushalt.
ÖPP ist eine Beschaffungsform, die als Alternative zur konventionellen Umsetzung entwickelt wurde. Ich glaube, wir sind immer gut beraten zu hinterfragen, warum das der Fall war und ob die Gründe, die das damals aus irgendeiner Sicht vielleicht als notwendig haben erscheinen lassen, heute überhaupt noch zutreffen.
Daraufhin legte der Bund im Jahr 2005 die erste ÖPP-Staffel im Bundesfernstraßenbau auf, nämlich vier Projekte als sogenannte A-Modelle - Ausbaumodelle. Ich komme nachher noch darauf zu sprechen. Sie unterscheiden sich von den Modellen der Verfügbarkeit und anderen zukunftsfähigen Modellen, die wir heute vielleicht lieber nehmen sollten.
Niedersachsen hat dabei den sechsstreifigen Ausbau der A 1 zwischen dem Buchholzer Dreieck bei Hamburg und dem Bremer Kreuz als Projekt. Die ÖPP-Projekte werden dann in Form einer Konzession vergeben. Der Konzessionsbeginn für diese Maßnahme war der 4. August 2008. Definiert wird eine 30-jährige Laufzeit; das entspricht dem Lebenszyklus, den man für die Autobahn an der Stelle annimmt. Damit endet die Konzessionslaufzeit am 3. August 2038. Danach geht die Infrastruktur wieder in die Hände des Bundes über.
Der Konzessionsnehmer ist A 1 mobil, ursprünglich unter der Beteiligung auch von Bilfinger Berger. Bilfinger Berger ist 2015 endgültig ausgestiegen. Das heutige Konsortium setzt sich aus Johann Bunte Bauunternehmung und der John Laing Infrastructure Ltd., einem Finanzinvestor aus Großbritannien, zusammen. Der Ausbau der Strecke - Sie erinnern sich an die Diskussion darüber - erfolgte in den Jahren 2008 bis 2012. Das Projekt ist derzeit in der Erhaltungs- und Betriebsphase.
Beim A-Modell, über das wir hier reden, erhält der Konzessionsnehmer als Gegenleistung für Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung - weil alle vier Aspekte umfasst sind - vom Staat eine verkehrsmengenabhängige Vergütung auf Basis der LkwMaut; damals war das auf Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 12 t festgelegt. Dabei spielen bei der Vergütungsbemessung nicht nur die Fahrleistung, sondern auch die Höhe der LkwMaut und der Flottenmix eine Rolle. Das heißt, das Verkehrsmengenrisiko liegt beim Konzessionsnehmer. Er entscheidet, von welchen Zahlen er ausgeht. Damit definieren sich seine Einnahmen. Und damit definiert sich auch seine von ihm zu erwartende Wirtschaftlichkeit.
Neben der verkehrsabhängigen Vergütung ist bei den A-Modellen grundsätzlich auch eine Anschubfinanzierung möglich, die in der Bauphase in Form eines Baukostenzuschusses gewährt werden kann. Bei der A 1 in Niedersachsen erhält der Konzessionsnehmer die auf dem ÖPP-Streckenabschnitt tatsächlich angefallene Lkw-Maut, reduziert um einen im Wettbewerb ermittelten monatlichen fixen Abzugsbetrag, d. h. die Lkw-Maut wird grundsätzlich für den Betreiber vorgesehen, aber im Bieterwettbewerb sagt der eine Anbieter, er komme mit x % davon aus, während der andere mehr fordert. Danach entscheidet der Bund bei der Vergabe, welches Angebot für ihn das günstigste ist.
Meine Damen und Herren, die grundsätzliche Position zur ÖPP - ich spreche hier ganz klar für die Landesregierung und habe das an vielen Stellen auch als der für das Thema Infrastruktur zuständiger Minister deutlich gemacht -: Die Landesregierung steht den ÖPP-Projekten sehr kritisch gegenüber. - Aber wir haben immer gesagt: Wir sind bereit, sie ergebnisoffen zu prüfen. Bei nachgewiesener Wirtschaftlichkeit kann ÖPP im Einzelfall eine Option sein. Das muss aber geklärt sein. Deswegen wird das nicht im Vorhinein ausgeschlossen, aber es muss eine sehr saubere Überprüfung geben. Außerdem ist die Nachvollziehbarkeit dieser Entscheidung wichtig.
Kernpunkt unserer Kritik - ich denke, das eint uns alle sogar - ist die systemimmanente Nichttransparenz, die Nichtnachvollziehbarkeit und somit die Nichtöffentlichkeit der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, der dafür verwendeten Annahmen und der entsprechenden Ergebnisse. Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung dient dazu, eine den Maßnahmenträgern möglichst wirtschaftliche Beschaffungsform zu identifizieren - eben in der Entschei
dung zwischen konventionell oder ÖPP. Nach § 7 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung sind für jedes finanzwirksame Handeln des Staates eine angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und eine explizite Würdigung der Risiken durchzuführen.
Für die geplante 30-jährige Vertragslaufzeit wurden offensichtlich sehr optimistische Risikoannahmen getroffen. Dass diese Makulatur sein können, zeigen übrigens auch andere Beispiele von ÖPPProjekten. Kontroverse Auseinandersetzungen sind daher nicht zuletzt bei jedem Projekt zu führen. Und - ich glaube, das zeigt sich an vielen Stellen; wir sehen es auch beim Projekt A 7 - ÖPPProjekte werden ganz überwiegend für Großkonzerne ausgeschrieben. Von ihnen profitieren ganz überwiegend Großkonzerne. Meine Damen und Herren, die niedersächsische Bauwirtschaft ist aber stark durch mittelständische Unternehmen geprägt. Unser Ziel muss es doch sein, dass Infrastrukturinvestitionen auch dazu dienen, dass die mittelständische Bauwirtschaft davon profitiert!
Die Risiken, die sich über einen Zeitraum von 30 Jahren ergeben, sind eben nicht verlässlich abgeschätzt und können nicht verlässlich abgeschätzt werden. Konzerne wären in der Lage, Gewinne zu erwirtschaften und damit am Ende einen Mehrwert für sich, aber nicht für die Infrastruktur in unserem Land zu erzielen, und - was ganz entscheidend ist; ich bin davon überzeugt und will es an der Stelle noch einmal sagen; das gilt auch für andere Maßnahmen - der Staat gibt Gestaltungsfreiheit ab, weil er für viele Jahre nicht über seine - eigentlich über unser aller - Infrastruktur verfügen kann. Wir sollten klar bei dem Motto bleiben: Das ist Daseinsvorsorge. Daseinsvorsorge gehört in öffentliche Hand! - Das muss die Botschaft sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das gegenüber dem Bund bestehende Verhältnis der Auftragsverwaltung - das gilt für uns, das Land - begrenzt die Möglichkeiten der Einflussnahme des Landes auf Entscheidungen des Bundes. Daher konnte ich nach der Amtsübernahme 2013 keinen Einfluss mehr darauf nehmen - Sie erinnern sich an die Diskussion -, dass der Bund ein weiteres ÖPP-Projekt in Niedersachsen auf den Weg gebracht hat.
Für die zweite ÖPP-Staffel war damals ursprünglich vorgesehen, dass der Ausbau der A 7 vom Autobahndreieck Salzgitter bis zum Autobahndreieck Drammetal als ÖPP-Maßnahme durchgeführt wird. Auf meine Weigerung zur weiteren Durchführung des Vergabeverfahrens erhielt ich eine Weisung vom damaligen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer. Aufgrund von Zweifeln an der Verfassungskonformität der Weisung des Bundes - weil wir im Rahmen der Auftragsverwaltung agieren und entscheidenden Einfluss auf die Umsetzung haben - habe ich ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, mit dem der ehemalige Präsident des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs, Herr Professor Ipsen, beauftragt wurde.
Herr Ipsen kam in seiner Expertise zu dem Ergebnis, dass das Land im Rahmen der Auftragsverwaltung der Befolgungspflicht unterliegt und keine Möglichkeit besteht, davon abzuweichen - selbst dann nicht, wenn wir aus unserer Sicht möglicherweise belegen können, dass nicht alle Voruntersuchungen und Daten im ausreichenden Maß geliefert werden.
Uns ist es im Weiteren gelungen, den Umfang des ÖPP-Projekts A 7 einzugrenzen. Die ursprünglich 82 km lange ÖPP-Strecke umfasst nun ca. 60 km von der Autobahnanschlussstelle Bockenem bis Göttingen. Auch für die betroffenen Mitarbeiter der Autobahnmeisterei Seesen konnte wir eine - hoffentlich zumindest sozial verträgliche - Lösung finden.
Dass dies überhaupt geglückt ist, meine Damen und Herren, hat sehr viel mit dem Engagement und der Kraft aller Beteiligten in der Straßenbauverwaltung zu tun. Es darf nie der Eindruck einstehen, dass diese Entscheidung wegen mangelnder Leistungsfähigkeit unserer Landesbehörde getroffen wurde. Denn ihre Leistungsfähigkeit ist groß.
Die Erfahrungen, die wir gemacht haben, haben uns dazu bewogen, bei der Grundgesetzänderung zur Abschaffung der Auftragsverwaltung für die Autobahnen und zur Gründung der Infrastrukturgesellschaft darauf hinzuwirken, dass es grundsätzliche ÖPP-Grenzen gibt. Die Neuregelung sieht vor, dass „eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften … für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentliche Teil davon umfassen“, ausgeschlossen ist. So
sichert man zumindest ab, dass es nur um Teilabschnitte geht.
Zum Thema A 7 will ich aber noch einmal sagen: Es erschließt sich, glaube ich, keinem, dass ein 60 km langes Teilstück der Autobahn 7 nicht nur in ÖPP realisiert und gebaut, sondern auch in ÖPP bewirtschaftet wird. Ich halte das wirklich für eine falsche Entscheidung.
Zur aktuellen Situation: ÖPP und die dazugehörigen Pilotmodelle wurden und werden vom Bund aus gelenkt. Dabei sind vor allem die vertragsrechtlichen und maut-/vergütungsbezogenen Fragestellungen und Entscheidungen dort - mit Unterstützung externer Fachberater - angesiedelt. Die Landesbehörde ist im Rahmen der Auftragsverwaltung für den Bund in der Vertragsabwicklung tätig und überwacht die Bau-, Erhaltungs- und Betriebsdienstleistungen des Konzessionsnehmers. Sie ist dabei fachaufsichtlich und weisungsrechtlich dem BMVI unterstellt.
Die Klage, die am 19. September vom Landgericht zugestellt wurde, liegt der NLStBV vor. Aufgrund der Kürze der Zeit und des Umfangs des Dokuments - es sind einige Hundert Seiten - ist eine inhaltliche Bewertung der Klage selbst sowie der Interessenlage des Konzessionsnehmers zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht möglich.
Es liegen auch keine weiteren Fakten zum derzeitigen Finanzstatus des Konzessionsnehmers vor. In den Medien wurde von der Gefahr einer Insolvenz zum Jahresende 2017 berichtet.
Es ist derzeit auch nichts darüber bekannt, ob die Banken selbst eine Restrukturierung des Projektes vornehmen. Das wäre sicherlich für das Projekt selber ein wichtiger Schritt. Die Banken müssten eigenständig einen Umbau der Gesellschaft vornehmen und ihr eine neue, solide Finanzausstattung geben. Dazu müssten sie gegebenenfalls auch auf einen Teil ihrer kalkulierten Gewinne verzichten. Das hielte ich jedoch angesichts der Situation für angemessen.
Für mich ist wichtig, meine Damen und Herren: Im Falle einer tatsächlichen wirtschaftlichen Schieflage oder wenn der Konzessionsnehmer nicht die vereinbarten Leistungen erbringt, sehen die Regelungen im Konzessionsvertrag eine adäquate Absicherung des Bundes und des Landes vor. Zahlungsverpflichtungen für das Land Niedersachsen werden in jedem Fall nicht ausgelöst.
Ich möchte mich aber - auch zum Schutz des Konzessionsnehmers - nicht an Spekulationen über Zahlungsschwierigkeiten beteiligen. Wir reden immer noch von einem Unternehmen, das aus unserem Land kommt. Insofern, glaube ich, muss man zwischen der ÖPP-Frage und der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens unterscheiden. Vor allen Dingen muss man sehr sensibel mit dem Unternehmen umgehen.
Als Vertragspartner - das sind wir als Landesbehörde - sind wir gemäß Schlichtungsansatz zur Verschwiegenheit verpflichtet. Auch das ist für mich ein hohes Gut. Daher werden wir uns auch an weiteren Spekulationen zum Unternehmen nicht beteiligen und auch nicht beteiligen können.
Festzuhalten ist: Herr des Verfahrens ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Für ein mögliches Gerichtsverfahren muss bedacht werden, dass die Rechtsposition dabei gewahrt bleibt.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Dringliche Anfrage:
Zu 1: Bei der A 1 erhält der Konzessionsnehmer die auf dem ÖPP-Streckenabschnitt tatsächlich anfallende Maut für Lkw mit einem Gesamtgewicht über 12 t, reduziert um einen im Wettbewerb ermittelten, fixen monatlichen Abzugsbetrag.
Zu 2: Die Klageschrift des Konzessionsnehmers ist dem Land Niedersachsen als Auftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen vom Landgericht Hannover erst am 19. September zugestellt worden. Eine Bewertung der konkreten Argumentation des Konzessionsnehmers kann somit zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgegeben werden.
Zu 3: Die grundsätzliche Kritik an ÖPP gilt unverändert fort. Als Beschaffungsvariante sollten ÖPP nach § 7 der Haushaltsordnung nur im Einzelfall und bei wirklich erbrachtem Nachweis der Wirtschaftlichkeit einschließlich aller detaillierten Risikobewertungen zum Einsatz kommen. Sie können - meine Damen und Herren, lassen Sie mich das anfügen - nicht als Allheilmittel für den Ausbau der Infrastruktur und die Sicherung der Daseinsvorsorge dienen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Menge, ich glaube, man muss zunächst einmal zwischen dem A-Modell und dem V-Modell unterscheiden.
Beim A-Modell baut ein Unternehmen die Infrastruktur und finanziert das durch Mauteinnahmen. Aus heutiger Sicht besteht zumindest die Gefahr - das kann man mit aller Vorsicht sagen -, dass ein Unternehmen, das in den Markt eintreten will, auf steigende Verkehrsmengen spekuliert und die Einnahmen zu hoch kalkuliert. Die Prognose der Verkehrsmengenentwicklung durch das Unternehmen muss nicht einmal konform mit den Prognosen des Landes und des Bundes sein.
Beim Verfügbarkeitsmodell, dem sogenannten V-Modell, baut ein Unternehmen die Infrastruktur und hält sie verfügbar, und für die Verfügbarkeit bekommt es Geld vom Staat.
Bei beiden Modellen bleiben ganz wesentliche Problempunkte:
Die Zinsen, die der Konzessionsnehmer für seine Investition zu zahlen hat, sind in der Regel deutlich höher als die Zinsen, die der Staat - zumindest normalerweise - zahlen würde.
Als gewerbliches Unternehmen muss der Konzessionsnehmer natürlich Steuern zahlen.
Er wird eine eigene Rendite kalkulieren. Es ist schließlich sein Ziel, eine Rendite zu erwirtschaften. Er sieht es ja nicht als gemeinnützige Aufgabe an, privat organisiert Infrastruktur zu bauen.
Der Konzessionsnehmer muss auch ein Risiko einpreisen.
Man muss sich die Frage stellen, ob wir überhaupt in der Lage sind, das ausreichend zu bewerten, und ob das wirklich mit einem konventionellen Bauprojekt vergleichbar ist - auch angesichts der heutigen Zinssituation, in der der Staat in der Lage wäre, Infrastruktur deutlich günstiger selber - mit Mitteln aus dem Bundeshaushalt - zu bauen. Wir sehen ja, wie viele Milliarden in den nächsten Jahren noch zur Verfügung stehen.
Auf die von mir eingangs aufgeworfene Frage, warum man eigentlich 2005 den Weg gewählt hat, Infrastrukturmaßnahmen so zu finanzieren, ist zu antworten: Das hatte viel mit der Haushaltslage des Staates zu tun. - Das muss man offen sagen. Das war sicherlich ein Grund dafür, die Kosten vor sich her zu schieben.
Heute ist die Ausgangssituation eine andere. Heute ist es deutlich wirtschaftlicher - davon bin ich überzeugt -, selber zu bauen. Heute wären wir genauso in der Lage, schnell zu bauen. Das A-1Modell wird ja immer als Beispiel dafür genommen, wie schnell das gehen kann.
Weil auch das zur Reflexion gehört, will ich hier noch kurz sagen: Das A-1-Modell zeichnete sich dadurch aus, dass man auf allen - sieben, glaube ich - Planfeststellungsabschnitten gleichzeitig gebaut hat. Dafür musste aber auch erst einmal auf allen Planfeststellungsabschnitt unanfechtbares Baurecht vorliegen.
Während die Privaten abwarten, bis die Pläne für alle Abschnitte festgestellt sind, und an einem Stück bauen, beginnen wir als Staat, sobald wir für einen Abschnitt das Baurecht haben. Sonst würden wir bei bestimmten Projekten gar nicht anfangen können. Das heißt, wir beginnen viel schneller mit der Umsetzung. Wir sind damit viel effizienter.
Die Privaten nehmen das gesamte Geld für alle Abschnitte und können dann, wie wir beim A-1Modell gesehen haben, an mehreren Stellen zeitgleich bauen. Das könnte der Staat genauso, wenn er das Geld nicht scheibenweise - Haushaltsjahr für Haushaltsjahr - kriegen würde, sondern auf einen Schlag für den gesamten Projektverlauf, wie wir es immer gefordert haben. Denkbar wäre, dass die Mauteinnahmen in einen Fonds fließen, aus dem dann jahresübergreifend die Maßnahmen finanziert werden können.
Rückblickend kann man feststellen: ÖPP sind nicht wirtschaftlicher; das zeigt sich hier sehr eindeutig. Es wird spekuliert. Es ist ein großes Risiko, wenn Daseinsvorsorge in unserem Land auf Spekulationen beruht. Wir als Staat sind sehr wohl in der Lage, genauso effizient zu bauen.
Ich habe noch kein ÖPP-Modell gesehen, das im Vergleich vorne lag. Es mag seltene Ausnahmen geben. Aber in der Regel und gerade in der aktuellen Haushaltssituation könnten die Maßnahmen, die wir brauchen, sinnvoller, wirtschaftlicher und genauso effizient in konventioneller Form - mit staatlicher Finanzierung - umgesetzt werden.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Westphely, bei dem
A-Modell macht der Konzessionsnehmer im Wettbewerb ein Angebot. Er sagt im Wettbewerb: „Ich bin bereit, auf einen Teil der Mauteinnahmen zu verzichten. Für den restlichen Betrag baue ich euch die Infrastruktur.“ Er sagt: „Einen Teil der Mauteinnahmen behaltet ihr. Trotzdem baue ich die Infrastruktur und stelle sie euch quasi kostenfrei zur Verfügung“, was allerdings angesichts der Diskussion zum Thema „A 1 mobil“ nicht mehr passt. Denn wenn die Klagen stimmen, sehen wir, wie groß die Diskrepanz zwischen den kalkulierten Einnahmen und dem wirklichen Ergebnis ist.
Zwei Dinge fließen ein: Der Konzessionsnehmer prognostiziert Verkehrszahlen und darüber Einnahmen. Der Konzessionsnehmer macht im Wettbewerb ein Angebot und sagt: Ich bin mit 50 %, 60 % oder 70 % der Mauteinnahmen zufrieden. - In dem Moment kann man der Aussage nicht widersprechen, dass die Mauteinnahmen nicht gänzlich in das Projekt fließen, sondern zum Teil in der Hand des Staates bleiben. Im Ergebnis stellen wir aber fest, dass dadurch Projekte entstehen, die in sich wirtschaftlich nicht umsetzbar sind.
Deswegen ist man von diesem Modell völlig weggekommen und zum Verfügbarkeitsmodell gekommen. Man muss sagen: An dieser Stelle stand der Glaube: Wir lassen es Private machen und nehmen am Ende sogar noch Geld ein. - Ob sich das am Ende dann tatsächlich so darstellt - wir wissen ja nicht, wie die Klagen ausgehen -, ist in diesem Moment zumindest anzuzweifeln.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das A-1-Modell ist ein Spekulationsmodell, weil man darauf spekuliert hat, wie sich die Verkehrszahlen entwickeln, und weil man über die Prognose der Verkehrszahlen das Angebot gemacht hat. Das Verfügbarkeitsmodell bedeutet, dass am Ende nur die Zurverfügungstellung der Infrastruktur über die entsprechenden Einnahmen organisiert wird. Das heißt, ein Risikofaktor ist natürlich raus. Die Verkehrssituation spielt keine Rolle mehr, sondern rein die Verfügbarkeit. An dieser Stelle stimmt das. Dass dies trotzdem zu Rechtsstreitigkeiten führt, weil man in der Frage des Modells sagt: „Ich mache ein Angebot für das V-Modell“, das wirtschaftlich nicht tragfähig ist - dies sehen wir gerade -, ist nicht auszuschließen. Eine Variable ist weg.
Ich will dies nutzen, um zu sagen: Man kann ja daraus lernen. Das heißt ja nicht, dass das, was beim ÖPP-Modell A 1 gelaufen ist, alles falsch ist. Die Struktur der Baustellen, wie man dies umgesetzt hat und die Kompetenz der Unternehmen, so etwas ist ja nicht falsch.
- Ich habe da oft im Stau gestanden. Alle 6 km stand ich vor einer Baustelle im Stau.
Noch einmal: Der Unterschied war, dass es in Summe schneller ging, weil man über vier Jahre hinweg an vielen Stellen parallel gebaut hat. In diesen vier Jahren hatte man logischerweise an jeder Baustelle einen Stau. Daran ändert sich ja nichts.
- Doch!
Wir sind uns, glaube ich, einig darüber - - -
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst einmal: In Baustellen kommt es je nach Baustelle entweder zur Spurverengung oder zur Spurreduzierung. Da ergibt sich bei gleichbleibendem Verkehr immer eine Staugefahr oder ein Stau. Anders geht es ja gar nicht; das ist leider so. Nach der Baustelle haben wir wieder freie Fahrt. Das ist etwas, woran Wissenschaftler seit Jahrzehnten arbeiten und was schwierig ist.
Ich möchte sagen - darauf wollte ich noch eingehen -: Das, was funktioniert hat, ist, auch in größeren Rahmen zu arbeiten. Ich habe das vorhin gesagt. Das würde beim Staat genauso gehen. Deswegen gibt es bei der A 1 ein Modell, wie wir es jetzt von Lohne bis Bramsche haben. Dort haben wir sogenannte Funktionsbauverträge, die das Ganze verbinden. Es gibt eine staatliche Finanzierung, also kein ÖPP. Trotzdem gibt es einen Auftragnehmer, der, anders als in der Vergangenheit, nicht nur die einzelne Ausschreibung abarbeitet, sondern der auch Planungsleistungen mit übernimmt, die Vorbereitung mit übernimmt und am Ende auch die Prozesse koordiniert - zum Teil schreiben wir Dinge einzeln aus -; dann liegt die zeitliche Koordinierung nicht bei uns, sondern beim Auftragnehmer. Das heißt, das Ganze geht sehr wohl.
Die Botschaft ist doch, dass man die positiven Erfahrungen, die man vermeintlich gemacht hat, in staatliche Modelle überträgt. Man muss immer vorsichtig sein: ÖPP heißt nicht, es geht schneller oder effizienter. ÖPP heißt - dies sehen wir heute - Risiko. Wir geben Teilabschnitte, wie bei der A 7, aus der staatlichen Verantwortung, was überhaupt keinen Sinn macht. Staatliche Verantwortung heißt eben nicht, es geht langsamer und uneffizienter, sondern wir sind sehr wohl in der Lage, mit klugen
Maßnahmen dafür zu sorgen, dass wir es genauso schnell hinbekommen. Insofern haben wir eine Erfahrung aus den Projekten gemacht. Aber das Ergebnis kann am Ende nicht heißen: Nur ÖPP ist die schnelle Lösung. - Vielmehr sorgt eine vernünftige Organisation dafür, dass wir bei den Baumaßnahmen zu zügigen Lösungen kommen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Heere, das zeigt sich eindeutig bei den A-Modellen - das ist ja A 1 mobil -, bei den spekulativen Modellen, die alle darauf gesetzt haben, auch einen Markteintritt zu haben. Es ging vielen darum - das war der Glaube der Zeit -, mit den ersten Projekten die Grundlage dafür zu schaffen, größere Teile der Infrastruktur unseres Staates zu übernehmen, was überhaupt nicht unser Ziel sein kann. Das muss Daseinsvorsorge sein, die in öffentlicher Hand bleibt. Da darf es überhaupt kein Wenn und Aber geben.
Bei den Klagen zeigt sich heute, dass es möglicherweise Annahmen gab, die sich nicht bestätigen. Dies führt heute zu Klagen und Nachforderungen.
Man muss auch sagen - das ist eine konsequente Entscheidung -: Das A-Modell hat überhaupt keine Perspektive, weil es ein sehr spekulatives Modell ist, das das große Risiko mit sich bringt, dass wir uns über Jahre hinweg mit Rechtsstreitigkeiten auseinandersetzen, die auch Millionen kosten. Das ist keine Lösung.
Für mich ist auch das Verfügbarkeitsmodell keine Lösung, die wir brauchen. Der Funktionsbauvertrag und eine Kombination aus praktischer Erfahrung hinsichtlich der Baustellen und öffentlicher Finanzierung - ich glaube, das würde eine ganze Menge an Beschleunigung bringen und vor allen Dingen die Klageverfahren sowie die Unsicherheit auch für die Unternehmen deutlich reduzieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr von Holtz, das ist in der Diskussion um das Projekt A 7 sehr deutlich geworden, bei dem sich die mittelständische Bauwirtschaft geschlossen gemeldet und gesagt hat, sie lehnt ÖPP ab.
Wenn wir in den Ausbau von Infrastruktur investieren, dann sind das immer auch Konjunkturmaßnahmen, weil daraus gesicherte Beschäftigung generiert wird. Wenn das über die klassische Form der Ausschreibung läuft, kann sich die mittelständische Wirtschaft daran beteiligen, weil sie das Segment, das ausgeschrieben wird, selbst bzw. im Rahmen einer ARGE umsetzen kann. Im Fall einer
Konzessionsvergabe ist das anders. Wir sehen bei dem Thema ÖPP A 7, dass ein französischer Konzern den Auftrag übernimmt. Dadurch wird unsere mittelständische Wirtschaft sozusagen zum Dienstleister, ist also nicht mehr in der Lage, eigene Projekte durch eigene Ausschreibung im Wettbewerb zu gewinnen. Es ist sogar noch nicht einmal klar, dass unsere mittelständische Wirtschaft überhaupt zum Zuge kommt, weil am Ende das Konsortium entscheidet.
Deswegen ist ÖPP aus Sicht der mittelständischen Wirtschaft etwas, was absolut negativ sein kann und an vielen Stellen auch sein wird, und deswegen müssen wir auch aus wirtschaftlichen Gründen - also nicht nur aus verkehrspolitischen Gründen - das Ziel haben, dass solche Ausschreibungen so gestaltet werden, dass unsere Wirtschaft, unsere Beschäftigten, unsere Unternehmen auch eine Chance haben, daran zu partizipieren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Das ist, glaube ich, eine schöne Gelegenheit, um diesen gemeinsamen Abschluss positiv zu begleiten. Wir haben uns gerade verständigt: Der Wirtschaftsausschuss beschließt, und der Kultusausschuss bezahlt. Das ist eine gute Lösung, denke ich, um diesem Ziel einen ganzen Schritt näher zu kommen.
Ich will mich dafür bedanken, dass diese Legislaturperiode mit einem solchen gemeinsamen Beschluss positiv endet. Wir haben hier zwar sehr viel diskutiert, aber gerade beim Thema duale Ausbildung, beim Thema Kammerpflicht, beim Thema Meisterpflicht und beim Thema duale Ausbildung waren wir uns immer einig. Ich finde es sehr schön, dass es ein solch positives Ende gibt.
Ich will nur noch etwas erwähnen. Unser Beschluss, den wir zum Thema Meisterpflicht gefasst haben - wir sind schon einen Riesenschritt weiter -, also gemeinsam beschlossen und auf den Weg gebracht, ist ein wichtiges Signal aller Fraktionen, die dabei mitmachen. Die duale Ausbildung ist ein starkes Element, und wir dürfen sie nicht schwächen.
Auch ich möchte mich ganz herzlich für die gute Zusammenarbeit bei diesen Themen bedanken. Ich freue mich über dieses gemeinsame Signal,
und ich freue mich natürlich, wenn wir in der nächsten Legislaturperiode - es ist ja eine Entschließung - auch den Beschluss dazu fassen, um das umzusetzen. Das wäre, glaube ich, das, was sich alle wünschen, die daran mitgewirkt haben.
Meine Damen und Herren, ich würde mir wünschen, wenn die Menschen, die zuschauen, uns nicht immer nur dann sehen, wenn wir uns streiten und auseinandersetzen. Denn ich finde, dieser Tag hat auch etwas Besonderes, weil man zeigt, dass mit guter Stimmung und positiver Laune Dinge gemeinsam vorangebracht werden können. Das ist auch ein starkes Signal dieses Landtags.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde, das darf man nicht im Raum stehen lassen. Ich will nur daran erinnern, dass es die ehemalige Staatssekretärin Frau Behrens war - - -
- Ja, ich will das nur sagen; denn das gehört zur Wahrheit mit dazu.
Die ehemalige Staatssekretärin Frau Behrens war in Japan und hat sich intensiv dafür eingesetzt, dass aus diesem Projekt ein internationales Projekt wird. Sie hat dafür gesorgt, dass in Zusammenarbeit mit NEDO der größte Batteriespeicher - das ist genau das, worüber wir vorhin diskutiert haben, nämlich über das Thema Speichertechnologie - hier in Niedersachsen angesiedelt wird. Die Landesregierung hat dieses Projekt sehr intensiv begleitet. Ich finde, das gehört zur Wahrheit dazu und darf an dieser Stelle auch einmal gesagt werden.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde, es ist wirklich ein gutes und wichtiges Signal, das hier heute gemeinsam beschlossen wird. Das Thema Fachkräfte beschäftigt uns ja seit vielen Jahren. Ich glaube, wir alle erfahren, wenn wir in den Betrieben unterwegs sind, dass das etwas ist, was mit Blick in die Zukunft ganz entscheidend für die Unternehmen ist.
An der Stelle ist es gar nicht so leicht; denn wir wollen nicht zwei Dinge gegeneinander ausspielen, sondern beide betonen. Der Fachkräftebedarf für die Wirtschaft in Niedersachsen und Deutschland insgesamt ist ein ganz entscheidendes Thema. Wir brauchen natürlich beides. Wir brauchen die qualifizierten Fachkräfte, die eine akademische Laufbahn hinter sich haben, genauso wie die Fachkräfte, die eine praktische Ausbildung gemacht und die ja immer noch die Möglichkeit haben, sich akademisch weiterzuqualifizieren.
Ich will nicht, wie es manchmal ja geschieht, den einen Bereich gegen den anderen ausspielen, sondern wir wollen beiden Bereichen die gleichen Chancen geben. Wir haben zu Beginn dieser Legislaturperiode ein klares Bekenntnis dafür abgegeben, dass alle die Chance haben sollen, zu studieren, und die Studiengebühren abgeschafft. Das war ein wichtiges Signal, das war eine gute Entscheidung. Diese Entscheidung wirkt sich auch auf die Fachkräftesicherung in unserem Land sehr positiv aus.
Umso wichtiger ist es, jetzt auch den zweiten Teil zu sehen. Wir stellen fest, dass der Weg in Richtung Studium vermehrt gegangen wird, während man dem Weg in Richtung duale Ausbildung eher skeptisch gegenübersteht. Also: Auch dieser Weg muss erleichtert und verbessert werden.
Ich glaube, man kann sagen, die duale Ausbildung ist für junge Menschen ein Karrieretor und nicht nur eine Lösung in den Fällen, in denen es einen akademischen Weg nicht gibt. Das sollten wir gegenüber der Gesellschaft stärker betonen. Denjenigen jungen Menschen, die sich in unserem Land ganz bewusst für die duale Ausbildung entscheiden, stehen alle Türen offen.
Damit die duale Ausbildung noch attraktiver wird, muss sie auch eine Perspektive haben: Was kommt danach? - Hier spielt die Meisterausbildung eine ganz entscheidende Rolle. Dass die Meisterausbildung Geld und Zeit kostet - es muss ja auch der Lebensunterhalt gesichert werden -, ist für viele ein großes Problem. Ich bin mir sicher, dass sich dann, wenn wir das umgesetzt haben, mehr junge qualifizierte Gesellen auf den Weg machen werden, um eine Meisterausbildung anzugehen. Damit erhöhen wir nicht nur die Attraktivität der Meisterausbildung, sondern auch die Attraktivität der dualen Ausbildung insgesamt.
Deswegen ist völlig richtig, was gerade auch schon gesagt wurde: Beides greift. Wir wollen keine Gebühren, aber wir brauchen auch weiterhin ein Meister-BAföG, damit während der Meisterausbildung auch der Lebensunterhalt gesichert werden kann. Die Kombination von beidem erhöht die Attraktivität dieser Qualifizierung, der Meisterausbildung.
Warum das so wichtig ist, merken wir ganz besonders beim Handwerk, und zwar beim Thema Betriebsübergang. Es ist vor allem deshalb immer schwieriger, ein gut funktionierendes Handwerksunternehmen in der nächsten Generation fortzuführen, weil es schwieriger geworden ist, qualifizierte Nachwuchskräfte zu gewinnen. Die Meisterausbildung sichert auch den Nachwuchs für den Betriebsübergang.
Insofern ist das ein tolles Signal, das ich jetzt noch einmal mit zwei ganz entscheidenden Punkten verknüpfen möchte. Zum einen - darüber haben wir gestern diskutiert; das ist sowohl für die IHKs aber auch für die Handwerkskammern wichtig -: Wir stehen uneingeschränkt zur Kammerpflicht; denn ohne Kammerpflicht gäbe es keine starken Kammern, und ohne starke Kammern könnten wir die Ausbildung und die Qualifizierung nicht sicherstellen. Das ist ein wesentlicher Baustein.
Der zweite wesentliche Baustein ist die Meisterpflicht. Auch darüber besteht große Einigkeit. Der Blick zurück ins Jahr 2004 zeigt, dass es damals falsch war, die Meisterpflicht abzuschaffen. Gerade in den Berufen, in denen die Meisterpflicht abgeschafft worden ist, gibt es keine Ausbildung mehr, d. h. der qualifizierte Nachwuchs kann dort nicht sichergestellt werden. Das können wir vielleicht nicht mehr rückgängig machen. Aber wir können aus der aus heutiger Sicht falschen Entscheidung Schlüsse ziehen und ein klares Bekenntnis zur Meisterpflicht abgeben.
Kammerpflicht, Meisterpflicht und Gebührenfreiheit sichern den qualifizierten Nachwuchs nicht nur für das Handwerk, sondern für die Wirtschaft insgesamt. Das Handwerk hat ja häufig das große Problem, dass die qualifizierten jungen Leute am Ende dann doch in die Industrie gehen. Insofern tun wir das nicht nur für das Handwerk, sondern für die Wirtschaft insgesamt.
Deswegen freue ich mich über das Signal. Ich erinnere auch an die vielen Gespräche, die wir mit den Kammern zu diesem Thema geführt haben. Wir werden kurzfristig ein weiteres Gespräch mit den Kammern führen, um Klarheit über die Umsetzung zu bekommen. Die Kammern haben ein großes Interesse an einer bundeseinheitlichen Lösung. Eine solche Lösung wollen wir gern voranbringen.
Das heute von allen Fraktionen hier im Landtag getragene Signal zeigt, dass Niedersachsen hier eine Vorreiterrolle einnimmt. Das steht, glaube ich, uns allen, vor allem aber diesem Parlament gut zu Gesicht. Vielen Dank für die breite Unterstützung und für das gemeinsame Vorgehen!
Danke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Grascha, vielen Dank für die Einbringung. Vielen Dank auch für die Möglichkeit, dieses Thema hier zu diskutieren. Ich bin nämlich fest davon überzeugt, dass die Digitalisierung nicht nur ein Trend ist, sondern eine Veränderung der Abläufe in der Gesellschaft und im Ar
beits- und Privatleben mit sich bringt. Deswegen ist der Ansatz, den Sie gewählt haben, nämlich neu zu denken, auch richtig. Aber das machen wir auch. Das macht diese Landesregierung, egal ob es um die Frage der Infrastruktur oder um die Frage der Umsetzung geht.
Ich glaube, diese beiden Punkte muss man voneinander trennen. Die Entwicklung haben wir jetzt schon. In unserem Alltag sehen wir, dass die Digitalisierung mit enormer Geschwindigkeit fortschreitet. Und daher ist es wichtig, die Handlungsfelder aus der Politik heraus zu definieren. Das muss man inhaltlich machen, aber auch mit Konzepten. Dazu verweise ich auf „digital.niedersachsen“. Mit den Leitlinien, die wir vereinbart haben, haben wir einen Rahmen gesetzt.
Das ist also absolut richtig: nicht zufällig einen Punkt aufzugreifen und da mal was zu machen, sondern ein Konzept zu haben, um die Digitalisierung in der Landespolitik im Sinne der Wirtschaft, im Sinne der Unternehmen, im Sinne der Menschen, die hier leben, und im Sinne der Einrichtungen, die wir hier haben, voranzubringen.
Dafür haben die Ministerien diese Maßnahmen definiert. Sie sind in den Leitlinien, die sich die Landesregierung gegeben hat, zusammengefasst. Und dafür braucht man sehr wohl Expertengremien. Die sollen einem nicht sagen, wo das Problem liegt - das erkennen wir auch selbst -, sondern mit denen wollen wir diskutieren, wie sich das Ganze klug umsetzen lässt.
Noch einmal: Ihr Abschlusssatz - „neu denken“ - ist absolut richtig. Man darf beim Thema Digitalisierung nicht in den klassischen Überlegungen verhaftet sein, sondern man muss überlegen, welches der kluge neue Weg ist. Deswegen machen diese Expertengremien Sinn. Wir beschränken uns natürlich nicht darauf - dafür tagen sie nicht häufig genug -, aber diese Gremien geben einem immer wieder neue Impulse, die eigenen Ideen zu reflektieren und weiterzuentwickeln.
Das gilt für den Digitalrat - das betrifft die gesamte Landesregierung -, aber auch - das betrifft mein Ressort - für das Digitale Wirtschaftsforum, in dem Experten aus der Praxis mitwirken: Unternehmer, Gewerkschaften, die Kammern und das Kompetenzzentrum. Dort überlegen wir, wie künftige Programme aussehen müssen. Wenn wir die Wirtschaft fördern wollen, dann muss ich doch mit der Wirtschaft darüber diskutieren, wie Anreizpro
gramme aussehen können, damit Projekte vorangebracht werden. Dafür ist das sinnvoll. Wir wollen nicht neue Probleme aufmachen, sondern wir wollen sehen, was notwendig ist.
Wenn wir über Digitalisierung reden, dann reden wir zunächst einmal über die Infrastruktur. Hier kann man natürlich sagen, das geht alles viel zu langsam voran. Aber wenn man sich die Flächenländer ansieht, wird man feststellen, dass Niedersachsen hier Spitzenreiter ist.
Das ist aber nur eine Momentaufnahme, die uns auch nicht zufriedenstellt. Sie zeigt aber, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Ich glaube, dieser Weg ist auch nur in Etappen zu gehen. Es wird uns nicht gelingen, in einem ersten Schritt das Glasfasernetz flächendeckend mit einer ausreichenden Geschwindigkeit auszubauen. Wir sehen ja, wie schwierig das mit den Firmen und der Menge der Maßnahmen zum Teil jetzt schon, bei 50 Mbit/s, ist. Deswegen ist der erste Step, den wir gehen, der Ausbau auf mindestens 50 Mbit/s. Hier haben wir bereits gute Beispiele. Ein gutes Beispiel ist der Landkreis Uelzen: flächendeckender Glasfaserausbau, Investitionen von mehr als 120 Millionen Euro, wirtschaftlich darstellbar. Ein anderes Beispiel ist der Landkreis HamelnPyrmont, der auf die Förderung des Bundes verzichtet, weil die viel zu kompliziert ist. Auf die Förderung des Landes hingegen greift er zurück. Auch flächendeckender Glasfaserausbau.
Also, einige sind schon so weit. Das stimmt. Aber bei den anderen ist es richtig, den Zwischenschritt - mehr ist es am Ende nicht - über das Vectoring als, sagen wir mal, zeitnahen Ausbau einer Grundversorgung zu gehen, wohl wissend, dass das investierte Geld damit nicht weg ist, sondern die Investition sich lohnt, um morgen den zweiten Schritt zu machen, nämlich Glasfaser bis ins letzte Haus zu bekommen. Da teile ich Ihre Einschätzung völlig: Wir brauchen den flächendeckenden Ausbau des Glasfasernetzes.
Und ich sage: Der Ausbau in den ländlichen Regionen muss schneller vorangehen als der Ausbau in den Städten. Land vor Stadt - das muss hier unsere Botschaft sein. In der Stadt funktioniert das nämlich von selbst.
Es ist also elementar wichtig, das voranbringen. Ob dieses Ziel in 5 Jahren, in 20 Jahren oder in 25 Jahren erreicht ist? Ich glaube, wir streiten hier nicht über das Jahr.
Eine flächendeckende Breitbandinfrastruktur funktioniert nur mit Glasfaser. Darüber habe ich auch mit der EU-Kommission sehr intensiv gesprochen. Unser Kernproblem beim Ausbau des Glasfasernetzes ist nicht das Geld. Ich verweise auf Bayern; die können gar nicht alles Geld verausgaben. Das Problem beim Ausbau des Glasfasernetzes ist, dass Brüssel Vorgaben macht, wann der Staat eingreifen darf und wann nicht.
Wenn eine Versorgung gegeben ist - und die wird zurzeit von Brüssel mit 50 Mbit/s definiert -, dann können wir noch so viel Geld in die Hand nehmen: Dann dürfen wir den Ausbau des Glasfasernetzes nicht voranbringen.
Ich habe mit der EU-Kommission sehr intensiv diskutiert darüber diskutiert, von diesen Bandbreitenvorgaben wegzukommen. Ich hoffe, es ist dort angekommen. Denn was bringen solche Vorgaben? - Jetzt wird in Brüssel über 100 Mbit/s diskutiert. Das hilft uns aber auch nicht weiter. Das, was aus Brüssel kommen muss, muss sein: Dort, wo kein Glasfasernetz ist, muss der Staat die Möglichkeit haben, Geld in die Hand zu nehmen und den Ausbau des Glasfasernetzes beschleunigt voranzubringen. Das muss unser gemeinsames Ziel sein.
Ich bin davon überzeugt: Wenn wir es schaffen, den Ausbau des Glasfasernetzes mit den Mitteln, die wir brauchen - der Bund ist dazu bereit, und auch das Land ist dazu bereit -, mit Nachdruck voranzubringen, dann werden die Telekommunikationsunternehmen den Ausbau ihrer Netze mit einer Geschwindigkeit voranbringen, die wir uns gar nicht vorstellen können. Die Telekommunikationsunternehmen haben nämlich die ganz große Sorge, dass sie morgen nicht mehr ihre eigene Infrastruktur haben, mit der sie Geld verdienen, sondern unsere öffentliche Infrastruktur nutzen müssen. Das muss man einmal ganz offen sagen. Das ist auch kein Vorwurf gegenüber der Telekom, sondern das ist deren Geschäftsmodell. Der Telekom gehört das Kupfernetz, und solange die ihren letzten Meter Kupfer noch irgendjemandem für Geld zur Verfügung stellen können, so lange wird
sie mit Investitionen in Glasfaser warten. Deswegen brauchen wir genau diesen Druck, um das mit großer Geschwindigkeit voranzubringen. Das muss unser Ziel sein.
Aus diesem Grund ist der zweite Punkt genauso wichtig: Wir brauchen die Infrastruktur mit Glasfaser auch, um die Funktechnologie weiter ausbauen zu können. Denn eines werden wir in den nächsten Jahren nicht haben: Wir werden keine flächendeckende 5G-Versorgung haben. So viele Funkmasten können wir gar nicht aufbauen. Es ist völlig klar, was dann hier los wäre. Aber eine flächendeckende Funkinfrastruktur brauchen wir.
Die Menschen verstehen nicht, dass wir sagen, wir wollen ein 5G-Netz - obwohl 4G noch nicht flächendeckend vorhanden ist. Das heißt, auch da muss der Druck erhöht werden. 2019 - das haben wir erreicht: Mit dem Vorsitzenden des Beirates der Bundesnetzagentur diskutieren wir genau über diese Dinge. Dort ist es uns gelungen, dafür zu sorgen, dass 2019 über die Digitale Dividende II 98,5 % des Landes mit Mobilfunk versorgt sein müssen. Leider sind die fehlenden 1,5 % für ein Flächenland immer noch zu viel; darüber sind wir uns einig. Aber immerhin: Gegenüber dem heutigen Stand ist das schon einmal ein Schritt.
Wir werden im Zusammenhang mit der weiteren Versteigerung der 5G-Frequenzen den Druck auf die Mobilfunkbetreiber erhöhen müssen. Wir erwarten eine 100-prozentige Ausstattung. Da wir hier als Staat nicht eingreifen und Geld in die Hand nehmen können, müssen wir Erwartungen äußern und schriftlich festlegen, dass die Mobilfunkversorgung in Deutschland auf 100 % ausgebaut wird. Dort, wo es 4G ist, ist es 4G, und dort, wo es künftig möglich ist, muss es 5G sein. Das muss unsere gemeinsame Forderung sein, meine Damen und Herren.
Das zur digitalen Infrastruktur. Sie ist ganz entscheidend, auf sie müssen wir aufbauen. Viele andere Modelle, die Sie zu Recht genannt haben, werden wir nicht auf den Weg bringen können, wenn wir keine digitale Grundversorgung über die Infrastruktur haben. Diese Aufgabe muss gelöst sein. Ich finde aber nicht, dass wir dafür ein eigenes Ministerium brauchen. Das Ganze ist eine Infrastrukturaufgabe, und die sollte am besten dort gelöst werden, wo Infrastrukturfragen sowieso gelöst werden. Dort ist das, glaube ich, gut angesiedelt. Die Kreativität liegt vielmehr bei der An
wendung. Die Kreativität liegt in der Frage: Wie bringen wir es voran?
Dazu will ich als Erstes einen Punkt nennen, für den das Wirtschaftsministerium zuständig ist: Wie unterstützen wir dabei die Unternehmen und die Wirtschaft? - Für die ganz großen Unternehmen ist das Thema Industrie 4.0 durchaus greifbar. Die beschäftigen sich auch damit. Die haben ganze Entwicklungsbereiche, die sich damit befassen. Aber gerade unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen stehen vor der Frage: Wann ist der richtige Zeitpunkt für Investitionsentscheidungen? Welche Entscheidungen muss ich eigentlich treffen? Wer unterstützt mich dabei?
Dafür haben wir im Rahmen verschiedener Steps eine Reihe von Kommunikations- und Unterstützungsmaßnahmen aufgebaut. Das Innovationszentrum Niedersachsen, das noch aus der Zeit von Jörg Bode stammt, dient hier als Dachgesellschaft für die einzelnen Branchen.
- Das stimmt. Heute funktioniert es ziemlich gut.
Wir haben ferner das Netzwerk 4.0. - Ich will an dieser Stelle sagen: Die Debatte bezieht sich nicht nur auf Industrie 4.0, sondern ist deutlich umfangreicher. Wir haben das Projektbüro „digital.niedersachsen“, in dem wir die inhaltlichen Ansprechpartner für die Plattform haben.
Außerdem ist es uns gelungen, im Norden das Kompetenzzentrum „Mit uns digital!“ einzurichten. Ich finde, das hat einen wirklich guten Aufschlag gemacht. Sehen Sie sich einmal an, in welchem Umfang es bisher genutzt worden ist! Gerade für die kleinen und mittelständischen Betriebe ist dieses Zentrum gut: kostenfreie Beratung, Weiterbildung. Man kann die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Unternehmen dort hingeben, und sie kommen dann mit Impulsen wieder und diskutieren im Unternehmen über die richtige Perspektive für Investitionen.
Bei „Mit uns digital!“ haben wir auch die Lernfabrik aufgebaut. Wir haben lange darüber gestritten, aber es dann ganz bewusst auf dem Messegelände gemacht. Für mich war das sehr wichtig; denn auf dem Messegelände liegt der Ursprung des Begriffs Industrie 4.0. Dort sind wir relativ modern ausgestattet und können auch Erneuerungen vor
nehmen. Wir haben dort ideale Schulungsbedingungen und mit der Robotation Academy sozusagen die Fortsetzung von Industrie 3.0 hin zu Industrie 4.0.
Wir haben unterschiedliche Satelliten an verschiedenen Stellen in Niedersachsen. Wir haben den Truck. Ich hoffe, einige von Ihnen hatten schon Gelegenheit, ihn zu sehen. Er ist unterwegs und vermittelt das Thema Industrie 4.0. Das ist niederschwellig; das ist keine Detaillösung für ein Unternehmen. Aber es soll sensibilisieren für ein Thema, das von großer Bedeutung ist.
Was wir in Niedersachsen ferner haben - das ist aber nicht unser Erfolg, sondern der des Handwerks -, ist das Kompetenzzentrum Digitales Handwerk in Hannover mit einem Schaufenster Nord in Oldenburg.
Als Projekt haben wir darüber hinaus die Beratung und auch die Simulation im IKT-Zentrum für Industrie 4.0 im OFFIS in Oldenburg auf den Weg gebracht mit dem Ziel, die gesamten Abläufe vor einer Investitionsentscheidung simulieren und auswerten zu können, damit die Unternehmen diese Entscheidung, die sie nur einmal treffen, auch zielgerichtet treffen können. Das ist, finde ich, ein wirklich gutes Projekt, das sich dort entwickelt und das wir dort auch weiter voranbringen werden.
Dazu kommt die Entwicklung von Existenzgründungen und Start-ups. Das wird ein ganz entscheidender Punkt sein. Digitalisierung findet nicht nur im klassischen Betrieb statt. Digitalisierung findet vor allen Dingen außerhalb statt, wo man von den harten Grenzen frei ist, in denen man sich klassischerweise täglich bewegt und in denen man die Antwort hört: Das geht sowieso nicht. - Wir schaffen Räume außerhalb. Das ist das Thema der Existenzgründungen, der Start-ups, der Förderung der Technologie- und Gründerzentren, die wir haben und die wir entsprechend entwickeln können. Und wir müssen natürlich die Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation weiter voranbringen.
Ich will nicht alle Bereiche nennen. Ein Kernbereich, den wir in den letzten Jahren - und vor allen Dingen auch Wochen - viel diskutiert haben, ist das Thema Mobilität. Auch da will ich noch einmal sagen: Ein Beispiel für Digitalisierung ist das Testfeld Niedersachsen mit über 280 km Teststrecke. Es gibt europaweit kein vergleichbares Testfeld, bei dem es gelingt, eine der Zukunftsherausforderungen der Mobilität, nämlich autonomes Fahren, am Standort zu entwickeln und die neuen Techno
logien im automobilen Herz Europas, in dem wir ja in dieser Region sind, voranzubringen. Da merkt man eben auch: Wir sind Vorreiter bei der Digitalisierung in der Anwendung - und nicht nur Vorreiter in Deutschland. In der Komplexität und Verzahnung gibt es das an keiner anderen Stelle. Das wird die Mobilität grundlegend verändern.
Wir haben das Niedersächsische Zentrum für Additive Fertigung. Digitalisierung hat auch viel damit zu tun, dass die Produktion sich verändert - Stichwort: Losgröße 1. Wir werden das Thema additive Fertigung stärker in den Mittelpunkt rücken und sehen, dass sich da sehr viel verändert. Dieses Zentrum für Additive Fertigung hilft den Unternehmen, die heute noch nicht ihre Entscheidung treffen, sich darauf vorzubereiten. Sie sehen, welche technischen Möglichkeiten vorhanden sind, um die ersten Räume zu eröffnen und das Thema additive Fertigung in den eigenen Produktionsablauf einzubringen.
Ich lasse die Zahlen der Förderung alle weg. Sie sehen, es ist natürlich ein Kernthema, der Wirtschaft zu helfen. Da ist man übrigens schnell bei einem Punkt, der mich sehr mit dem Innenminister verbindet: Das ist das Thema IT-Sicherheit. Selbst wenn es technisch funktioniert und auch die Ideen da sind, muss das Thema IT-Sicherheit weiter im Fokus bleiben. Dabei geht es nicht um Datenschutz in rechtlicher Form, es geht um die Sicherheit der vorhandenen Daten.
Ich bin fest davon überzeugt, dass es Deutschland gelingen kann - ich würde mich freuen, wenn Niedersachsen dabei eine Vorreiterrolle einnimmt -, beim Thema Datensicherheit ganz vorne mit dabei zu sein. Der deutsche Maschinenbau hat sich immer dadurch ausgezeichnet, dass er hochinnovative, aber auch zuverlässige Produkte auf den Markt bringt.
Es muss uns gelingen - selbst wenn wir vielleicht nicht die kreativsten Ideen wie im Silicon Valley haben -, das Thema Datensicherheit zum Schwerpunkt zu machen. Produkte, Lösungen aus Deutschland sind sicher - da müssen wir in Niedersachsen einen wichtigen Beitrag leisten. Das wäre für mich ein großes Anliegen.
Wir müssen aber die Grundlagen legen. Natürlich legt man die Grundlagen für die Digitalisierung und den Umgang damit in der Schule. Deswegen ist das Thema Bildung, digitale Schule, ein ganz ele
mentarer und wichtiger Bereich - sei es das Lernen über digitale Medien in der Schule, oder sei es die Befähigung, kompetent und kritisch digitale Medien zu nutzen. Damit schafft man am Ende eine Grundvoraussetzung für das Berufsleben, aber auch für die soziale Teilhabe, denn diese wird in starkem Maße durch eine weitere Form der Digitalisierung bestimmt.
Über die Medienkompetenz in Niedersachsen, über die Ziellinie 2020, sind die Punkte ganz klar definiert: Die verbindliche Integration von Medienbildung in die Kerncurricula und Rahmenlehrpläne aller Schulformen und Fächer, die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften, die mobilen digitalen Endgeräte für Schülerinnen und Schüler und die Förderung digitaler Lernumgebungen und Medien. Die Vorbereitung - gerade von Auszubildenden - auf das Thema Industrie 4.0 ist ein Gemeinschaftsprojekt zwischen dem Kultusministerium und dem Wirtschaftsministerium; wir haben in den berufsbildenden Schulen erheblich investiert, in den Bereich Ökonomie - also Wirtschaft -, verbunden mit dem Bereich Produktion.
Daraus entstanden Projekte wie die Niedersächsische Bildungscloud, die Smart Factories in vier berufsbildenden Schulen, die Qualifizierung von Grundschullehrkräften und dort auch die praktische Erprobung, mit dem Ziel, an 30 Projektschulen digitale Medien, digitale Technologien sehr früh einzusetzen. Wir sind nicht die ersten; das machen die Engländer uns schon vor. Wir müssen aber sehen, dass wir das in Niedersachsen sehr elementar und zügig voranbringen, weil dies hilft, bei jungen Menschen ein Verständnis für diese neue Welt zu schaffen.
Wir haben die starke Verknüpfung mit der Wissenschaft. In kaum einem anderen Feld zeigt sich so deutlich, wie sich Technologie, Industrie 4.0, Digitalisierung und Wissenschaft verbinden. Dort haben wir für das Thema Digitalisierung die Impulsgeber schlechthin. Das Produktionstechnikfeld Industrie 4.0 ist dafür ein Beispiel. Das Produktionstechnische Zentrum Hannover, das wir auf den Weg gebracht haben, ist eines der bedeutendsten Forschungszentren für Produktionstechnik in Deutschland. Wer die Gelegenheit hat, sich das einmal anzusehen, wird begeistert sein, an welchen Zukunftslösungen - die aber schneller in die Praxis umgesetzt werden, als wir heute vermuten - dort gearbeitet wird.
Ein weiteres Themenfeld ist das Thema Energie. Die Energiewende, die jetzt stattfindet, ist die Energiewende 1.0; die Energiewende 2.0 ist die Digitalisierung der Energiewende. Diese wird ganz elementar sein. Wir werden die zukünftigen Lösungen und Nutzungen möglich machen - gerade in Oldenburg, wo sozusagen das Herz der Digitalisierung der Energiewende schlägt. Dort sind wir gemeinsam mit OFFIS wirklich auf einem guten Weg.
- Da haben jetzt die Oldenburger applaudiert.
Genauso im Bereich der Medizin und Lebenswissenschaften: Ich denke an die Beteiligung der Hochschulkliniken in Hannover und Göttingen, an Krebs-, Herz- und Kreislauferkrankungen, wo mit digitalen Daten und Informationen wirkungsvoller gearbeitet werden kann.
Ebenso - deswegen dieser ganzheitliche Ansatz - die Frage der Auswirkungen der Digitalisierung auf die Gesellschaft: Wir sehen das anhand des Soziologischen Forschungsinstituts in Göttingen, dem SOFI, mit dem wir optimal aufgestellt sind, um diese Themen voranzubringen.
Zum Thema E-Health und dem ländlichen Raum: Digitalisierung ist eine Chance. Angst vor der Digitalisierung zu haben, wäre der völlig falsche Weg. Die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, ist richtig. Das Thema Gesundheit, E-Health, aber auch viele verwandte Bereiche sind ein riesiges Anwendungsfeld, um in einem Flächenland ein Mehr an Qualität für die Menschen zu ermöglichen. Deswegen bin ich sicher, dass auch dieser Bereich ganz entscheidend sein wird.
Ich will noch auf einen anderen Anwendungsfall kommen. Das ist der öffentliche Personennahverkehr. Wir sind immer noch auf dem Stand: Wir stehen an der Bushaltestelle mit einem vergilbten Busfahrplan und schauen drauf, wann der Bus hätte kommen müssen. Das entspricht nicht den Vorstellungen, die wir alle haben sollten. Deswegen brauchen wir Echtzeit-Informationssysteme: Ich will wissen, wann der Bus kommt.
Wir werden feststellen: Der Bus wird am Ende auch nicht an der Haltestelle halten. Unsere Kinder werden uns fragen, warum es früher Haltestellen gab. Die Logik erschließt sich einem nur, wenn man so aufgewachsen ist. Der Bus muss natürlich dort halten, wo ich bin. Wir werden intelligente Systeme - wie das EcoBus-System in Göttingen -
haben müssen, wo Routen immer neu generiert werden, je nach Bedarf, je nach Zustieg, Umstieg oder Ausstieg. Das sind alles digitale Lösungen.
Deshalb bin ich davon überzeugt: Digitalisierung wird helfen, die ländlichen Räume in unserem Land besser zu entwickeln. Digitalisierung wird dazu beitragen, dass es keine Landflucht gibt und dass wir ein Flächenland wie Niedersachsen in Gänze entwickeln können.
Ich glaube, dass wir an diesen Beispielen sehr gut zeigen können, auf wie vielen Feldern wir unterwegs sind. Aber wichtig ist dabei - ich komme auf meine Eingangsbemerkungen zurück -, dass sich diese Punkte, die wir definieren, unter einer Leitlinie wiederfinden: Wohin wollen wir in Niedersachsen? Welche Aufgaben und Herausforderungen bestehen bei der Digitalisierung? Welche Chancen bietet sie?
Ich habe versucht, das anhand einiger Beispiele, die wir in den Ressorts voranbringen, deutlich zu machen. Ich bin mir sicher: Wir haben gemeinsam noch ganz viel zu tun. Wir sind auch beim Ausbau der Digitalisierung noch lange nicht da, wohin wir wollen. Aber Niedersachsen ist gut gerüstet. Wenn man Werbung für ein Investitionsland machen will, gerade wenn Unternehmen einen Standort suchen, dann sollte man es für Niedersachsen machen. Niedersachsen ist gut aufgestellt, und wir werden Niedersachsen weiter gut aufstellen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Bemerkung vorweg: Warum ist die Situation in den letzten Jahren gefühlt dramatischer geworden, als sie war? Das hat viel mit dem Zustand von Straßeninfrastruktur und Brücken zu tun. Wir sind seit wenigen Jahren in einer Phase, in der wir auch den Erhalt unserer Infrastruktur in den Mittelpunkt stellen. Die Folge von Erhalt von Infrastruktur sind nun einmal Baustellen.
Insofern kann ich jedem ganz offen sagen: Jede Baustelle ist Gold wert, weil sie dafür sorgt, dass die Infrastruktur wieder auf Vordermann gebracht wird. Sonst werden wir vor der großen Herausforderung stehen, dass wir mit der maroden Infrastruktur nicht mehr lange zurechtkommen werden. Es nützt also nichts. Die Baustellen sind eine Folge der Vernachlässigung in der Vergangenheit. Das muss man ganz ehrlich so sagen.
Diese Feststellung ist keiner politischen Vergangenheit zugeordnet, sondern der Vergangenheit generell, weil zu wenig für den Erhalt von Infrastruktur ausgegeben wurde.
Frau König, lassen Sie mich noch kurz auf folgenden Punkt eingehen: Wir sind natürlich ein bisschen aktueller. Keiner hört mehr Verkehrsfunk ab und überlegt, wo er von der Autobahn abfahren muss. Jede Baustelle ist in den Systemen von TomTom und INRIX längst enthalten. Damit fließen sie auch in unsere Verkehrsdateninformationen und in jedes Navigationsgerät ein. Gott sei Dank sind wir also viel moderner.
Und jetzt kommt genau der Punkt: Das muss noch mit in die Koordinierung einfließen. Das ist der Ansatz. Da haben Sie völlig recht. Dass die Daten vorliegen und allen zur Verfügung stehen, wissen wir aber.
Das muss man vorweg sagen, glaube ich, und ansonsten noch einmal deutlich machen, worum es eigentlich geht. Ja, wir haben eine besondere Belastungssituation. Ja, um Hamburg herum ist sie besonders dramatisch. Herr Schönecke hat es beschrieben. Wir erinnern uns noch gut an die Situation im Alten Land, als die Hamburger auf ihrer Seite kurz die Freigabe für eine Ortsumfahrung erteilt haben und wir im Alten Land im Verkehr erstickt sind.
So kann das nicht gehen. Daraus ist ja auch - und das ist eben nicht hinausgeworfenes Landesgeld, sondern sinnvolle Investition - die Verkehrskoordinierung für das Alte Land entstanden. Dort versuchen wir, nicht auf Niedersachsen begrenzt Lösungen zu finden, sondern mit Einbindung der Hamburger Seite, die dort dabei ist. Damit lösen wir heute nicht alle Probleme. Aber genau der Ansatz, der auch Ihnen vorschwebt, ist darin enthalten. Es geht darum, sich bezogen auf die Probleme länderübergreifend zusammenzusetzen und Lösungen zu finden. Genau das machen wir da. Das ist auch völlig richtig.
Erstens haben wir jetzt also das Dialogforum zum Gesamtverkehrskonzept für das Alte Land.
Zweitens hat natürlich schon immer - jetzt schaue ich alle Beteiligten einmal ernsthaft an; natürlich möchte ich jetzt nicht Jörg Bode bitten, etwas dazu zu sagen - eine Verkehrskoordinierung zwischen unseren Landesbehörden Hamburg und Niedersachsen stattgefunden. Das muss man fairerweise auch sagen. Ich will ihn jetzt nicht zum Kronzeugen machen.
- Aber doch; genau. - Sie hat natürlich schon immer stattgefunden. Was für eine Vorstellung, dass unsere Verkehrsbehörde sich nicht darum kümmert, was in Hamburg stattfindet!
Tatsache ist aber, dass die technischen Möglichkeiten, die wir haben, um das besser miteinander zu verzahnen, noch nicht optimal sind. Das muss man wirklich sagen.
Ansonsten hat in diesem Koordinierungskreis, den es seit jeher gibt, aber natürlich schon immer die länderübergreifende Baustellenkoordinierung Hamburg/Niedersachsen stattgefunden. Das ist also nichts Neues. Dazu existiert auch die Facharbeitsgruppe Verkehr der Metropolregion Hamburg.
Allerdings verfolgen die Hamburger diesen übergreifenden Ansatz gar nicht mehr. Vielmehr haben sie eine Stabsstelle bei sich geschaffen. Ich brauche hingegen keine Stabsstelle, weil ich eine starke Landesbehörde habe und sich zusätzlich im Ministerium eine ganze Abteilung darum kümmert.
Insofern haben wir einen Verkehrs-Koordinierungskreis geschaffen - wie es heißt, ist wirklich egal; da haben Sie recht -, und zwar mit der Idee, sich auf der Spitzenebene politisch abzustimmen, um nicht den Verantwortlichen in den Behörden die Suche nach Lösungen zu überlassen, sondern zu sagen: Nichts da; da müssen sich auch Herr Horch und Herr Lies in die Augen gucken; es kann nur funktionieren, wenn wir alle damit leben können, und nicht, wenn nur wir in Niedersachsen die Last zu tragen haben.
Genau das ist doch die Idee dabei. Das muss funktionieren. Genau diese Idee verfolgen wir übrigens zusammen mit den Landträten, die davon am meisten betroffen sind, weil sie von der Belastung direkt betroffen sind. Sie müssen dort mit hinein. Bisher waren sie nicht dabei. Da hilft eben kein Koordinator in Person, der zwischen unseren Landesbehörden herumschwirrt, ohne eine Funktion zu haben und ohne irgendetwas entscheiden zu können, sondern nur eine vernünftige, koordinierte Abstimmung, die wir auf den Weg bringen müssen.
Meine Damen und Herren, dass das entsprechend gesehen wird, sieht man auch in einer Antwort des BMVI auf eine Anfrage des NDR. Ich zitiere: Aus unserer Sicht funktioniert die Zusammenarbeit mit Niedersachsen äußerst konstruktiv. Die Akteure beider Länder wissen, wie entscheidend eine mög
lichst große Koordination der Baustellentätigkeit für die Pendler und Nutzer im Großraum Hamburg ist. Die für 2017 geplanten und Hamburg betreffenden Baustellen im nördlichen Niedersachsen sind besprochen und mit den Bautätigkeiten im Hamburger Raum bestmöglich koordiniert.
So hat sich das BMVI in diesem Frühjahr geäußert. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.
Jetzt müssen wir das Ganze weiterentwickeln. Ich will gerne zugestehen - lassen Sie mich das an dieser Stelle bitte noch kurz sagen -, dass man es noch besser abstimmen muss.
Dazu dient auch ein System. Ich habe mir das System „ROADS“ in Hamburg angesehen. Es bietet eine wirklich gute Möglichkeit, Baustellen anhand der vorliegenden Verkehrsdaten, die auch uhrzeitbezogen und tageszeitbezogen unterschiedlich sind, zu platzieren, um zu sehen: Wie optimiere ich diese Baustellen - völlig egal, ob sie in Hamburg, Bremen oder Niedersachsen sind - und sorge dafür, dass die geringstmögliche Belastung auftritt? Ohne wird es nicht gehen. Machen wir uns nichts vor! Eine Baustelle wird immer eine Belastung sein. Ohne Baustellen können wir aber keine Sanierung vornehmen.
Das ist ein gutes System. Nun muss man auch dazu sagen, lieber Herr Schönecke, dass diese neuentwickelte Software im ersten Quartal 2017 installiert wurde. Wenn man das weiß, muss man berücksichtigen, dass man jetzt bei der Weiterentwicklung der Software ist; denn die Software bietet zahlreiche Funktionen. Künftig können wir mit ROADS in der Weiterentwicklung eine bessere übergreifende Koordinierung der jeweiligen Baumaßnahmen vornehmen. Die Weiterentwicklung der Software, die jetzt kommt, wird es den benachbarten Bundesländern ermöglichen, ebenfalls an dieser Koordinierung über ROADS teilzunehmen. Das muss unser gemeinsamer Ansatz sein: Digitalisierung auch dann zu nutzen, wenn man klug plant, sich besser zu koordinieren, um über Digitalisierung und bessere Abstimmung besser zu werden. Denn im Ziel eint uns eines: Wir brauchen die Baustellen; aber wir brauchen sie so, dass die Verkehrsbenachteiligung und -beeinträchtigung möglichst gering ist. Insofern sollten wir uns darauf verständigen.
Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Wandel zu unterstützen und den Einzelhandel in den Städten und Gemeinden zu sichern, ist für uns alle ein unheimlich wichtiger An
satz, weil wir alle täglich erleben, dass es - nicht in den ganz großen Städten, wo es funktioniert, aber in den kleineren und mittelgroßen Städten - zu erheblichen Problemen kommt, die wir wirklich angehen müssen. Darüber sind wir uns einig, glaube ich.
Weil ich das Nennen der Beispiele von praktischen Ansätzen für einen guten Weg halte, greife ich diesen Punkt gerne auf. Das Projekt „Ab in die Mitte“ war ein gutes Projekt und hat am Anfang auch relativ viel Resonanz ausgelöst. Am Ende gab es 2014 bei 1 000 Antragsberechtigten aber nur noch 14 Bewerber. Ehrlicherweise muss man auch feststellen, dass immer die Gleichen dabei waren. Wir haben also unser Ziel nicht erreicht, wirklich neue praktische Ideen umzusetzen.
Deswegen haben wir einen neuen Wettbewerb ins Leben gerufen. Man hätte ihn in der Tat auch mit „Ab in die Mitte 4.0“ bezeichnen können. Allerdings muss man sicherlich mit der Begrifflichkeit aufpassen. Wir haben diesen Wettbewerb „Gemeinsam aktiv – Handel(n) vor Ort“ genannt. Am 20. Juni 2017, also nächste Woche, werden wir in Bad Zwischenahn die Auftaktveranstaltung durchführen. Damit verfolgen wir genau dieses Ziel. Es geht darum, den Fokus auf Kreativität und Vielseitigkeit zu legen. Dazu gehört natürlich auch die Verzahnung von On- und Offline, die wir stärker in den Blick nehmen müssen.
Es gilt hier, vor allem Gemeinschaftsinitiativen und Genossenschaftsprojekte zu initiieren, aber auch einzelne Händler zu motivieren. Wir machen das gemeinsam mit allen beteiligten Akteuren, nämlich der Oldenburgischen IHK und der IHK Stade im Elbe-Weser-Raum, dem Genossenschaftsverband Weser-Ems und dem Praxispartner Stadtmarketing Nordenham, die da sehr viele Erfahrungen gesammelt haben, mit den entsprechenden Eckpunkten.
Was brauchen wir? Gute Beratung, enge Kundenbindung, guten Service und ein besonderes Einkaufserlebnis. Da liegt tatsächlich die Schwierigkeit. Die Kommunen sind natürlich auch selbst gefordert, das auf den Weg zu bringen und vor allen Dingen den Vorteil dieses Einkaufserlebnisses aufzuzeigen - sie nennen sich ja gar nicht mehr Onlinehandel, sondern Offlinehandel; das ist quasi die Dramatik dabei -, also den Vorteil des stationären Handels deutlich zu machen.
Die große Schwierigkeit im Vergleich zu allen anderen Wirtschaftszweigen ist, dass wir dies nur begrenzt unterstützen können. Es gibt von öffentli
cher Seite keine Fördermöglichkeiten. Denn zu dem Zeitpunkt, als das bei Förderprogrammen, auch auf europäischer Ebene, ausgeschlossen wurde, war die Bedeutung dessen, was im Rahmen des Wandels von stationärem Handel zu Onlinehandel passiert, sodass man eigentlich etwas machen muss, nicht ausreichend bewusst. Das darf man nicht unterschätzen. So stehen wir vor der Herausforderung, mit begrenzten Möglichkeiten möglichst viel zu erreichen.
Wir müssen auch mit den Fehlern der Vergangenheit leben. Schauen Sie sich die grüne Wiese an, die überall kommunal entwickelt worden ist. Die großen Discounter sind dort hingewandert, haben viele andere mitgezogen und die Innenstädte ein Stück weit leer gezogen. Jetzt versuchen wir, das zurückzudrehen, finden aber nicht die Möglichkeit, entsprechende Räumlichkeiten im innerstädtischen Bereich zur Verfügung zu stellen.
Insofern stehen wir schon vor einer großen Herausforderung - immer noch als Problembeschreibung, aber mit dem Ansatz, daraus Lösungen zu entwickeln.
Ein Stichwort ist die Raumordnung. Wir brauchen eine Raumordnung mit Programmen und Aktivitäten zur Vitalisierung der zentralen Versorgungsbereiche, um Stadtteilzentren und Ortskerne tatsächlich entsprechend weiterzuentwickeln. Hierfür sind Ansiedlungsflächen gerade in zentralen Lagen und eben nicht in den Randbereichen notwendig.
Leistungsfähiger ÖPNV: Wir müssen darauf achten, dass man nicht nur mit dem Individualverkehr in die Stadt kommt, was ebenfalls schwierig ist, sondern auch mit dem öffentlichen Personennahverkehr.
Erforderlich sind außerdem vor allem kooperative Ansätze in Einzelhandelskonzepten, City-Marketing, Immobilien- und Standortgemeinschaften oder auch Business Improvement Districts, also die Dinge, die gerade von den Kammern gefordert wurden, um Handlungsfelder zu eröffnen und Spielräume zu geben.
Das sind immer Einzelfalllösungen, weil es auch davon abhängt, ob man wirklich vor Ort zusammenarbeitet. Denn das ist die Hauptbedingung, die erfüllt sein muss, um erfolgreich zu sein.
Das fängt übrigens bei den gemeinsamen Ladenöffnungszeiten an. Es wäre sicher nicht gut, wenn jeder so öffnen würde, wie er will. Besser wäre es, alle würden zur gleichen Zeit öffnen, damit auch eine Verlässlichkeit für den Kunden besteht und er
dann, wenn er in die Stadt geht, weiß, dass die Geschäfte geöffnet sind. Daran mangelt es nämlich an vielen Stellen auch noch.
Die Niedersächsische Landesregierung hat vor Kurzem das Gesetz zur Stärkung der Quartiere durch private Initiativen, das Niedersächsische Quartiersgesetz, auf den Weg gebracht. Die Öffnungsklausel im Baugesetzbuch soll genutzt werden und es den Ländern ermöglichen, Regelungen für private Initiativen zur Stadtentwicklung zu formulieren. Das werden Sie sicherlich alles im Detail im Ausschuss diskutieren. Dort werden wir es auch noch einmal vorstellen. Hier geht es also um die jüngst im Rahmen der Baurechtsnovelle eingeführten Baugebiete; urbane Gebiete geben auch planungsrechtliche Handhabe für innerstädtische Gebiete - Wohnen, Gewerbe und Versorgungseinrichtungen. Das halte ich auch für einen ganz entscheidenden Punkt.
Sie haben das Thema Sonntagsöffnung angesprochen. Ja, es geht darum, die Regelung gerichtsfest zu machen. Wir sollten uns auf einen ersten Schritt verständigen. Das sagt auch der Handel. Es hilft nicht, noch mehr offene Sonntage vorzusehen als die vier und die acht.
- Genau.
Es ist wichtig, dass wir uns schon darauf verständigen. Das macht Sinn.
- Genau.
Der verkaufsoffene Sonntag kann nur ein Element sein, um die Attraktivität von gerade mittelgroßen Städten und Gemeinden weiter zu stärken. Er wird nicht die alleinige Lösung sein. Die acht und vier Sonntage müssen aber natürlich fest sein.
Wir haben - lassen Sie mich das abschließend sagen - eigentlich ein Kernthema, nämlich die Digitalisierung. Wir fordern zu Recht den flächendeckenden Breitbandausbau, der auf der einen Seite jeden optimal anbindet, aber auf der anderen Seite durch den Onlinehandel natürlich auch dazu führt,
dass die Möglichkeiten, außerhalb des stationären Handels einzukaufen, deutlich besser werden.
Deswegen brauchen wir dringend auch eine deutlich bessere Versorgung in den Innenstädten mit WLAN. Da sind wir uns einig. Inzwischen haben wir auch eine Reihe von Fördermöglichkeiten - einschließlich der EU-Initiativen, die das zukünftig fördern werden. Wir werden die Kommunen informieren, sobald dies vorliegt. Wir haben aber auch unser Förderprogramm in Höhe von 100 000 Euro pro Jahr für die Freifunkinitiativen, die ebenfalls dazu beitragen können - übrigens sind auch die Planungskosten förderfähig -, genau diesen WLAN-Ausbau voranzutreiben.
Das Schwierige ist sicherlich der Kunde. Laut der Studie „Trends im Handel 2025“ sagen heute 75 % der Kunden, dass sie den stationären Handel auch zukünftig für wichtig halten. Diese 75 % der Kunden gehen aber nicht regelmäßig dort hin, um dort einzukaufen.