Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie namens des Präsidiums. Sie haben bereits Ihre Plätze eingenommen. Gemeinsam mit dem Präsidium wünsche ich Ihnen einen guten Tag!
Das Plenum ist hervorragend besetzt, sodass wir bereits die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen können.
Zur Tagesordnung: Die Einladung für diesen Tagungsabschnitt sowie die Tagesordnung einschließlich des Nachtrages und der Informationen zu den von den Fraktionen umverteilten Redezeiten liegen Ihnen vor. Ich stelle das Einverständnis des Hauses mit diesen geänderten Redezeiten fest.
Es haben sich entschuldigt von der CDU-Fraktion Frau Heidemarie Mundlos und Herr Ulf Thiele - Herr Thiele wird allerdings im Laufe des Nachmittags eintreffen -, von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Heiner Scholing und von der FDPFraktion Frau Gabriela König.
Für diesen Tagesordnungspunkt sind mir vier Themen benannt worden, deren Einzelheiten Sie der Tagesordnung entnehmen können.
Die in unserer Geschäftsordnung für den Ablauf der Aktuellen Stunde geregelten Bestimmungen setze ich bei allen Beteiligten, auch bei der Landesregierung, als bekannt voraus.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit Ende April gibt es einen Referentenentwurf der Bundesministerin Nahles, der sich auf Bundesebene in der Ressortabstimmung befindet, dessen Kernelement darin besteht, eine angemessene Reaktion auf das Urteil des Bundessozialgerichts aus dem vergangenen Jahr zu zeigen, nach dem allen EU-Bürgern nach sechs Monaten Sozialhilfe gewährt werden muss. Hartz IV kann sehr wohl verweigert werden; nach dem Gerichtsurteil kann aber Sozialhilfe nicht verweigert werden.
Der Städte- und Gemeindebund und andere kommunale Institutionen, die diese Last zu tragen haben, gehen davon aus, dass diese zusätzlichen Leistungen zukünftig 600 Millionen bis 1 Milliarde Euro kosten werden. Daher ist es zwingend erforderlich, auf diese Rechtsprechung zu reagieren und einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen.
Das hat Frau Nahles getan. Das betrifft auch unser Land und zahlreiche Kommunen in unserem Land. Dazu hat es in Niedersachsen entsprechende Stimmen auch von der kommunalen Seite gegeben. Deshalb sollten wir alle auch hier in diesem Hause die Politik, die dieser Gesetzentwurf in sich trägt, unterstützen und grundsätzlich befürworten. Er sieht vor, dass erst nach fünf Jahren die sogenannte Verfestigung eintritt, d. h. nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland für EU-Bürger Sozialhilfe gezahlt werden kann. Gleichzeitig soll das mit einer Nothilfe ausgestattet werden, die dann greift, wenn jemand überbrückungsweise das Notwendige zum Lebensunterhalt braucht, um sich dann
Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetz wird auf der einen Seite die Freizügigkeit gewährleistet, auf die wir auch als Christdemokraten großen Wert legen. Die Freizügigkeit in der Europäischen Union ist ein Kernelement europäischer Politik. Dies soll auch gewahrt bleiben. Auf der anderen Seite muss verhindert werden, dass es Integration und Immigration in Sozialsysteme gibt; denn unsere Sozialsysteme sind so ausgerichtet, dass sie subsidiär wirken. Deswegen müssen immer Fördern und Fordern im Mittelpunkt stehen. Daher muss es immer so sein, dass diejenigen, die zu uns kommen, nicht deshalb kommen, weil wir das vermeintlich bessere Sozialsystem haben, als es vielleicht in einigen anderen europäischen Staaten ausgeprägt ist.
Dies ist auch ein Kernelement dafür, dass wir weiter Akzeptanz für die Freizügigkeit, weiter Akzeptanz für ein durchlässiges Europa und weiter große Akzeptanz für ein Europa der offenen Grenzen und des offenen Miteinanders haben. Wenn wir diese Grundsätze verletzen und die Menschen den Eindruck haben, dass es sich mehr lohne, nicht zu arbeiten, statt etwas zu verrichten, dann werden sie die Sorge haben, ob dieses Europa noch auf dem richtigen Weg unterwegs ist.
Insofern kann ich es nicht verstehen - deswegen sprechen wir das heute an, weil uns das große Sorgen macht -, dass dieser Gesetzentwurf seitens der Opposition im Bundestag, ganz vornan durch die Fraktion der Grünen, kritisiert wird. Wir hoffen nicht, dass Niedersachsen in dieser Frage blockiert ist und deswegen diese Politik nicht unterstützt. Daher appellieren wir hier und heute an die Niedersächsische Landesregierung, sich nicht der Argumentation der Grünen hinzugeben, meine Damen und Herren.
Es kommt jetzt darauf an, dass Frau Nahles frühzeitig den notwendigen Rückhalt und die notwendige Unterstützung für diese Politik bekommt und dass die Große Koalition unter Führung von Angela Merkel dafür auch entsprechende Rückmeldungen aus den Ländern bekommt. Das können Sie hier und heute tun, meine Damen und Herren. Eine solche Erklärung kann auch die Regierung hier und heute abgeben, dass sie sich eben nicht auf die Seite der Grünen schlägt, die das für ver
Der Vorschlag der Grünen im Deutschen Bundestag ist geradezu absurd, meine Damen und Herren, wie man mit der Kritik der kommunalen Seite umgeht. Da wird gesagt: Dann sollen das nicht die Kommunen bezahlen, sondern dann soll der Bund das bezahlen! - Meine Damen und Herren, dann zahlt es wieder der Steuerzahler! Das Problem, dass in Sozialsysteme immigriert wird, wird damit nicht behoben. Das ist Augenwischerei, meine Damen und Herren.
Deswegen werbe ich hier dafür und appelliere ich an Sie: Geben Sie heute hier in diesem Hause ein deutliches Bekenntnis dafür ab, dass Frau Nahles und Frau Merkel für diese Politik die Unterstützung dieses Hauses haben, dass wir an ihrer Seite stehen, damit dieser Gesetzentwurf Wirklichkeit wird, und dass nicht wieder wenige Linke unter den Grünen hier in Niedersachsen eine sinnvolle Politik verhindern, meine Damen und Herren!
Vielen Dank, Herr Kollege Hilbers. - Für die Fraktion der SPD hat sich der Kollege Holger Ansmann gemeldet. Herr Ansmann, ich erteile Ihnen das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie Kollege Hilbers bereits angesprochen hat, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in der letzten Woche bekannt gegeben, die Sozialhilfeansprüche für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger in Deutschland gesetzlich klar zu regeln. Hintergrund hierfür sind die genannten, gegenüber der bisher geltenden Praxis abweichenden Urteile des Bundessozialgerichts.
Seit Anfang 2014 ist es im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit fast allen EU-Bürgerinnen und -Bürgern freigestellt, in welchem Land der Union sie leben und arbeiten wollen. Es ist ein Fortschritt des europäischen Gedankens, dass seit diesem Zeitpunkt jeder Arbeitnehmer ohne eine explizite Arbeitsgenehmigung in jedem Land der Union eine Beschäftigung suchen und aufnehmen kann.
Nach Daten der zur Arbeitsagentur gehörenden Forschungseinrichtung IAB kommen jährlich über eine Millionen Menschen vorrangig aus Ost- und Südeuropa, oftmals aufgrund der zugespitzten Arbeitsmarktsituation in ihren Heimatländern, nach Deutschland. Die Gesamtbilanz ist dabei eindeutig: Arbeitsmarkt und Sozialstaat profitieren aufgrund der günstigen Altersstruktur der zugewanderten Menschen von der Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU.
Vor den Urteilen des Bundessozialgerichts war Folgendes gängige Praxis: EU-Bürgerinnen und -Bürger sind von Leistungen für Arbeitssuchende und der Sozialhilfe grundsätzlich ausgeschlossen. Grundlage hierfür ist die Verantwortlichkeit der jeweiligen Heimatländer für Sozialleistungen zur Existenzsicherung nach der Europäischen Sozialcharta.
Angesichts weiterhin hoher unterschiedlicher Wohlstands- und Lohnniveaus in den einzelnen Mitgliedstaaten soll diese Regelung die sozialen Sicherungssysteme schützen. Denn die Sicherungssysteme sind davon abhängig, dass Leistungen nur erhält, wer auch zu ihrer Finanzierung beiträgt. Im Bereich der Sozialhilfe bekämen ohne den nun vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorgelegten Gesetzentwurf die bereits von der Integration der Flüchtlinge stark geforderten Kommunen erhebliche zusätzliche Belastungen.
Aufgrund des höchstrichterlichen Urteils ist es daher notwendig und folgerichtig, die Leistungsausschlüsse im SGB II und im SGB XII für Unionsbürgerinnen und -bürger gesetzlich klar zu regeln. Der Gesetzentwurf sieht dabei zur Sicherung des Existenzminimums der von Leistungen ausgeschlossenen Personengruppe einen Anspruch auf eine einmalige Überbrückungsleistung der Sozialhilfe und ein Darlehen für die Kosten der Rückreise in das Heimatland vor.
Für nichterwerbstätige Unionsbürgerinnen und -bürger, die sich dennoch auch ohne staatliche Unterstützung dauerhaft in Deutschland aufhalten, wird erst nach einem Zeitraum von fünf Jahren von einer Verfestigung des Aufenthalts ausgegangen und ein neuer Leistungsanspruch eingeführt. Erwerbsfähige Personen und ihre Familienmitglieder erhalten unter diesen Voraussetzungen bei Hilfebedürftigkeit Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II.
Für die Zukunft wünschen wir uns natürlich eine Angleichung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse innerhalb der Europäischen Union. Dann wären solche Regelungen entbehrlich. Aber bis dahin ist es noch ein beschwerlicher Weg.
Wir freuen uns auch zukünftig auf die vielen EUBürgerinnen und EU-Bürger, die nach Niedersachsen kommen, um hier zu arbeiten. Sie bereichern mit ihrer kulturellen Vielfalt das gesellschaftliche Leben in unserem Land. Wir werden weiter daran arbeiten, dass gerade auch für diesen Personenkreis die Prinzipien guter Arbeit verwirklicht werden.
Vorerst warten wir gespannt auf den Verlauf der Gesetzesberatung in den zuständigen Gremien der Bundesrepublik - ich hoffe, Herr Kollege Hilbers, die Aussagen von mir zur Unterstützung dessen, was Frau Nahles vorhat, sind deutlich angekommen -, und dabei sollte eine zeitnahe und rechtssichere Entscheidung das Ziel sein.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN Präsident Bernd Busemann: Vielen Dank auch Ihnen, Herr Kollege Ansmann. - Es folgt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Thomas Schremmer. Bitte! Thomas Schremmer (GRÜNE):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer heute Morgen die Zeitung aufgeschlagen hat und das von der CDU zur Aktuellen Stunde angemeldete Thema sieht, fragt sich doch: Was diskutieren wir hier eigentlich angesichts der erneuten groß angelegten Steuerhinterziehung u. a. der Commerzbank? - Herr Hilbers, dadurch entsteht ein viel größerer Schaden für die Kommunen und für den Steuerzahler als durch das, was Sie hier thematisiert haben. Das ist kaum auszuhalten, meine Damen und Herren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, so viele nach Deutschland einreisende arbeitssuchende EU-Bürger kann es doch gar nicht geben, dass auch nur ein annähernd so großer Schaden oder eine annähernd so hohe Belastung entsteht, wie durch den aktuell vermeintlichen Steuerbetrug der Bank