Protocol of the Session on February 20, 2015

Das Haus ist gut besetzt, sodass ich die Beschlussfähigkeit feststellen darf. Das Präsidium und ich persönlich wünschen Ihnen einen guten Morgen.

(Zurufe: Guten Morgen, Herr Präsi- dent!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Geburtstag hat heute die Abgeordnete Luzia Moldenhauer.

(Beifall)

Liebe Frau Moldenhauer, ich übermittele Ihnen im Namen des ganzen Hauses herzliche Glückwünsche, Gesundheit und Wohlergehen für das vor Ihnen liegende neue Lebensjahr. Blumen haben Sie bekommen; es wird ein gutes Jahr.

Tagesordnungspunkt 25: Mitteilungen des Präsidenten

Meine Damen und Herren, zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit den angekündigten Erklärungen von Mitgliedern der Landesregierung außerhalb der Tagesordnung nach § 78 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung.

Zunächst kommen wir zu der von Herrn Ministerpräsidenten Weil angekündigten Erklärung zu der Explosion bei der Firma Organo-Fluid in Ritterhude. Das hatte seinen Ausgangspunkt in einer Dringlichen Anfrage und hat sich gestern über eine Geschäftsordnungsdebatte fortgesetzt. Das werde ich gleich aufrufen.

Anschließend erfolgt eine Erklärung der Justizministerin. Danach behandeln wir die Mündlichen Anfragen. Und anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.

Die heutige Sitzung soll gegen 13.15 Uhr enden.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr die Schriftführerin Frau Tippelt mit.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Entschuldigt haben sich für die heutige Sitzung: von der CDU-Fraktion Herr Ahlers, von der Fraktion der FDP Frau von Below-Neufeldt und Frau König.

Danke schön, Frau Tippelt. - Meine Damen und Herren, wir haben, wie gesagt, einige Punkte außerhalb der Tagesordnung.

Zusätzlicher Tagesordnungspunkt: Regierungserklärung zu der Explosion bei der Firma Organo-Fluid in Ritterhude - Unterrichtung durch die Landesregierung

Im Rahmen der gestrigen Behandlung der Dringlichen Anfrage der Fraktion der FDP - Drs. 17/2931, Explosion in Ritterhude und die „übliche Praxis“ der Verwaltung: Welche Rolle spielte das Handeln bzw. Nichthandeln des Landkreises in Bezug auf Baurecht und Bauleitplanung? - gab es Fragen zu der Explosion bei der Firma Organo-Fluid in Ritterhude. Das fand sich dann auch in einer Geschäftsordnungsdebatte entsprechend wieder.

Nach Ankündigung des Herrn Ministerpräsidenten und Beratung im Ältestenrat findet dieser Tagesordnungspunkt im Wege einer Regierungserklärung jetzt noch einmal statt. - Mir wurde bedeutet, Frau Ministerin Rundt, dass Sie für die Regierung das Wort nehmen. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Abgeordneten! Zunächst ist festzustellen, dass der Landtag gestern Morgen korrekt informiert wurde.

(Zurufe von der CDU: Nein! - Ulf Thie- le [CDU]: Der ist überhaupt nicht in- formiert worden!)

Auf die Frage von Herrn Bode lautete die Antwort, dass die Frage der gelagerten Flüssigkeiten genau die Frage ist, der wir intensiv nachgehen. Sie können zudem davon ausgehen, dass wir Sie vollständig und korrekt informieren wollen.

(Zurufe von der CDU: Wollen! - Chris- tian Grascha [FDP]: Aber nicht haben! - Jens Nacke [CDU]: Es ist gestern das Gegenteil bewiesen worden!)

Deshalb ist gestern darauf verwiesen worden, dass zu prüfen ist, was genehmigt war und was genehmigungsfrei ist, was nicht genehmigt und was möglicherweise dennoch gelagert wurde.

Es gibt - Stand heute - keine endgültig belastbaren Zahlen. Dies ist aber die Voraussetzung dafür,

sachgerecht aufzuklären. Das sind wir insbesondere auch dem tödlich verunglückten Mitarbeiter, seinen Angehörigen, den Verletzten und denen, die erheblichen Sachschaden davongetragen haben, schuldig.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Eine Liste des Anlagenbetreibers enthält eine Auflistung der Mengen, die am 9. September 2014 im Betrieb gewesen sein sollen.

(Jens Nacke [CDU]: Ach was!)

Die Addition aller genannten Mengen an Stoffen ergibt 342,509 m³. Nach dieser Liste sollen am 15. September 2014 noch 252,209 m³ an Stoffen in den Tanks gewesen sein. Schon das gilt es angesichts des zwischenzeitlich durchgeführten Löscheinsatzes aufzuklären.

Auf der Basis dieser Mengen wurde vom Gewerbeaufsichtsamt Cuxhaven eine Schätzung durchgeführt, welche dieser Stoffe als „leichtentzündlich“ oder „entzündlich“ einzustufen wären.

Herr Bode fragte nach brennbaren Flüssigkeiten. Mit dem Wechsel der formalen Vorschriften von der „Verordnung brennbare Flüssigkeiten“ zur Betriebssicherheitsverordnung im Jahr 2003 ging auch ein Wechsel der grundlegenden Definition einher. Seitdem geht es nicht mehr um brennbare Flüssigkeiten, sondern um hochentzündliche, leichtentzündliche und entzündliche Flüssigkeiten.

(Jens Nacke [CDU]: Das ist doch jetzt nicht wahr, Frau Ministerin! - Ulf Thie- le [CDU]: Reden Sie sich da gerade heraus?)

Aus dieser Betrachtung resultiert eine Gesamtmenge an entzündlichen Stoffen von 83 471 Liter und an leichtentzündlichen Stoffen von 121 021 Liter.

Bei dieser theoretischen Betrachtung ist zu beachten, dass die Klassifizierung vor dem Hintergrund, dass es sich auch um vielfältige Abfallarten handelt, die aus einer Vielzahl von Stoffen bestehen, nur orientierenden Charakter hat und nicht eindeutig sein kann. Dabei ist zu beachten, dass es sich um Flüssigkeiten und Abfallarten handelt, die aus einer Vielzahl von Stoffen bestehen und die Klassifizierung vor dem Hintergrund nicht eindeutig ist.

Allein schon hier wird deutlich, dass eine verbindliche Antwort bezüglich der Menge brennbarer Flüs

sigkeiten am Ort des Unglücks weiterer Nachforschungen bedarf.

Diese Liste enthält auch die Angaben zu Tankvolumina vom 9. September sowie vom 15. September 2014. Nach dieser Liste betrugen die Tankvolumina, also Lagerkapazität, insgesamt 610 m³.

Im Gegensatz dazu wird in einem Prüfbericht vom 30. April 2014 in einer Begutachtung der abfallwirtschaftlichen Tätigkeit „Lagern“ eine Anlagekapazität von „1 000 m³ Tanklager und IBC-Lager- und Bereitstellungsbereiche“ festgestellt.

Diese Beispiele machen deutlich, dass es erhebliche Widersprüche gibt, die aufgeklärt werden müssen.

(Jens Nacke [CDU]: Mitgeteilt werden müssen, vor allen Dingen!)

Insofern macht es sich Herr Bäumer in Anbetracht von unterschiedlichen Datenquellen, Schätzungen, Messgrößen, mit denen wir es bei der Aufklärung des Sachstandes zu tun haben, zu leicht. Es wird entscheidend auf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ankommen, Mengen und Zusammensetzung der gelagerten und verbrannten Flüssigkeiten genau zu bewerten.

Ich will kurz die Genese der Ermittlungen nach dem Unfall vermitteln: Es hieß zunächst, dass gerade eine Prüfung nach der IED-Richtlinie stattgefunden habe und dabei im Fazitbogen keine wesentlichen Mängel erkannt wurden. Trotzdem hat das Umweltministerium die Angelegenheit weiter geprüft und hat die Akten der Gewerbeaufsicht angefordert, die die Genehmigung nach BundesImmissionsschutzgesetz betrafen. Es wurde eine Plausibilitätsprüfung vorgenommen. Schließlich wurden die auffälligen Punkte einem Juristen zur Prüfung vorgelegt. Aufgrund der komplexen Genehmigung, Betreiberwechseln, Gesetzesänderungen, Zuständigkeitsänderungen im Verlauf von mehr als 25 Jahren hat das mehrere Monate in Anspruch genommen.

Als das Ergebnis vorlag, hat die Landesregierung unverzüglich den Landtag, den Umweltausschuss und den Sozialausschuss unterrichtet. In den Berichten wurde darauf verwiesen, dass nach der BImSchG-Genehmigung die Genehmigungen des Tanklagers näher unter die Lupe genommen werden sollten. Das betrifft auch den Arbeitsschutz und die baurechtlichen Fragen.

Zum letzten Punkt möchte ich auf eines hinweisen. Wenn ein Unternehmer - wie hier geschehen -

einer Behörde Mobbing vorwirft und ankündigt, dass er nie wieder im Landkreis investieren wird, spricht das schon dafür, dass der Unternehmer vom Landkreis nicht mit Samthandschuhen angepackt wurde.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Ach, du lieber Gott! Das ist doch wohl nicht Ihr Ernst! - Björn Thümler [CDU]: Das wird immer peinlicher!)

Meine ursprüngliche Antwort auf die Nachfrage des Abgeordneten Bode war nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand also korrekt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin Rundt. - Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass die Regierungserklärung aufgerundet sechs Minuten gedauert hat.

Nach unseren Gepflogenheiten erhalten in der nun folgenden Aussprache die beiden großen Fraktionen die gleiche Redezeit und die beiden kleinen Fraktionen die Hälfte dieser Redezeit.

Möchte jemand das Wort nehmen? - Herr Kollege Bode, Herr Kollege Bäumer. Ich weiß jetzt nicht, wer sich zuerst gemeldet hat. - Herr Kollege Bäumer. Sie haben sechs Minuten. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat die Pflicht zur Aufklärung, und zwar zu umfassender und vollständiger Aufklärung. Auch nach dem, was Frau Ministerin Rundt heute Morgen hier vorgetragen hat, stelle ich fest, dass die Landesregierung dieser Pflicht nicht nachgekommen ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)