Protocol of the Session on April 13, 2016

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie namens des Präsidiums. Wir wünschen Ihnen einen guten Morgen.

(Zurufe: Guten Morgen, Herr Präsident!)

Tagesordnungspunkt 1: Mitteilungen des Präsidenten

Ich darf Sie aus gegebenem Anlass darum bitten, sich von den Plätzen zu erheben.

Meine Damen und Herren, am 7. April 2016 verstarb die ehemalige Abgeordnete Luise Schapp im Alter von 103 Jahren. Luise Schapp gehörte dem Niedersächsischen Landtag als Mitglied der CDUFraktion von 1970 bis 1978 an. Während dieser Zeit gehörte sie sowohl dem Ausschuss für Sozial- und Gesundheitswesen als auch dem Präsidium dieses Hauses an. Luise Schapp wurde mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Wir werden die Kollegin in guter Erinnerung behalten und widmen ihr ein stilles Gedenken. - Ich danke Ihnen.

Meine Damen und Herren, das Plenum ist gut besetzt. Ich darf die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen.

Geburtstag hat heute die Abgeordnete Mechthild Ross-Luttmann. Ich übermittle Ihnen im Namen des ganzen Hauses herzliche Glückwünsche, liebe Frau Ross-Luttmann: Gesundheit und Wohlergehen und alles Beste für das vor Ihnen liegende neue Lebensjahr!

(Beifall)

Meine Damen und Herren, zur Tagesordnung: Die Einladung für diesen Tagungsabschnitt sowie die Tagesordnung einschließlich des Nachtrages und der Informationen zu den von den Fraktionen umverteilten Redezeiten liegen Ihnen vor. - Ich stelle das Einverständnis des Hauses mit den geänderten Redezeiten fest.

Der Herr Ministerpräsident hat angekündigt, vor Tagesordnungspunkt 2 über die aktuellen Entwicklungen bei der Volkswagen AG unterrichten zu

wollen. Ich gehe davon aus, dass der Wunsch besteht, darüber anschließend eine Aussprache zu führen.

Die heutige Sitzung könnte demnach gegen 20.20 Uhr enden. Aber wir haben es ja selbst in der Hand, bei der einen oder anderen Gelegenheit im Laufe des Nachmittags zeitlich aufzuholen.

Für die Initiative „Schulen in Niedersachsen online“ werden in den kommenden Tagen Schülerinnen und Schüler der Johann-Peter-Eckermann-Realschule aus Winsen (Luhe) mit einer Onlineredaktion live aus dem Landtag berichten. Die Patenschaft dafür haben die Abgeordneten Miriam Staudte und André Bock übernommen.

(Beifall)

Die Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten der Multi-Media Berufsbildenden Schule werden im Laufe der kommenden Tage wieder Sendungen im Rahmen des Projektes „Landtagsfernsehen“ erstellen. Sie halten sich während der Plenarsitzungstage im Vorraum zum Raum der Landespressekonferenz sowie im Raum der Landespressekonferenz auf und führen dort auch Interviews durch. Die einzelnen Sendungen stehen im Internet auf der Homepage der Schule - www.mmbbs.de - bereit und sollen über den Regionalsender LeineHertz 106.5 und den Fernsehsender h1 ausgestrahlt werden.

Der Landesverband Theaterpädagogik in Niedersachsen möchte Sie, meine Damen und Herren, heute ab 11 Uhr für die Mitwirkung an einer theaterpädagogischen Aktion gewinnen. Akteurinnen und Akteure des Landesverbandes werden Sie vor dem Eingang zum Interimsplenarsaal empfangen und Sie nach Ihrem Motto zu dem Thema „Niedersachsen ist für mich …“ befragen. Anschließend wird Ihr Slogan von Theatergruppen aus verschiedenen Teilen Niedersachsens in kleine Szenen und Standbilder umgesetzt. Der Landesverband Theaterpädagogik würde sich über Ihre Beteiligung sehr freuen.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr die Schriftführerin Frau Twesten mit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für heute haben sich entschuldigt: von der Fraktion der CDU Frau Annette Schwarz und Herr Ansgar-Bernhard Focke sowie von der Fraktion der Grünen Herr Heinrich Scholing.

Vielen Dank, Frau Twesten.

(Unruhe)

- Meine Damen und Herren, ich darf noch einmal etwas Ruhe einfordern.

Ich hatte es schon angekündigt:

Außerhalb der Tagesordnung: Unterrichtung des Ministerpräsidenten über die aktuellen Entwicklungen bei der Volkswagen AG

Zunächst, Herr Ministerpräsident Weil, möchte ich Sie bitten, die Unterrichtung gegenüber dem Parlament vorzunehmen. Wir werden danach die Redezeiten für die Aussprache festlegen. Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! In diesen Tagen und Wochen ist Volkswagen einmal mehr in aller Munde. Entwicklungen bei dem mit Abstand wichtigsten niedersächsischen Unternehmen sind seit jeher Gegenstand des öffentlichen Interesses. Seit Bekanntwerden der jahrelangen Manipulationen von Abgaswerten im September 2015 ist dies allerdings noch einmal in einem erheblich größeren Maße der Fall.

Die FDP-Fraktion im Niedersächsischen Landtag hat nun im Vorfeld unserer heutigen Beratungen um eine weitere Unterrichtung zu diesem Komplex gebeten. Ich komme dieser Bitte gerne nach, nicht zuletzt auch deswegen, weil sie mir Gelegenheit gibt, Möglichkeiten und Grenzen von öffentlichen Stellungnahmen der Landesregierung deutlich zu machen. Mit anderen Worten: Die Landesregierung kann nicht über alles berichten, wozu sie sich vielleicht durchaus gerne äußern würde.

Lassen Sie mich kurz den Hintergrund erläutern. Derzeit erleben wir eine wahre Flut von Meldungen im Zusammenhang mit Volkswagen. Dabei handelt es sich um eine Mischung von bloßen Spekulationen, Indiskretionen, Wahrheiten und Halbwahrheiten. Das Unternehmen steht in diesen Wochen, wie ich Ihnen noch erläutern werde, vor wichtigen Entscheidungen. Im Vorfeld dazu gibt es zahlreiche Diskussionen.

Die Landesregierung übt sich demgegenüber in einer bewussten Zurückhaltung. Für uns ist die Verantwortung gegenüber dem Unternehmen absolut vorrangig. Dem Unternehmenswohl und insbesondere auch den Arbeitsplätzen ist die derzeit spürbare Verunsicherung ganz sicher nicht zuträglich. Wirtschaftsminister Olaf Lies und ich arbeiten in den Gremien von Volkswagen engagiert daran, dass die anstehenden Entscheidungen gut für Volkswagen und gut für seine Beschäftigten sein werden. Diese Aufgabe hat für uns absolute Priorität!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nun gibt es selbstverständlich einen Unterschied zwischen allgemeinen öffentlichen Diskussionen und einer Unterrichtung des Niedersächsischen Landtages. Auch in dieser Hinsicht sind die Möglichkeiten unserer Berichterstattung allerdings eingeschränkt. Es geht um die Wahrung von Geschäftsgeheimnissen, und es geht um die Wahrung von Persönlichkeitsrechten. Beides unterliegt in besonderer Weise der Verschwiegenheitspflicht des Aktienrechts. Die Landesregierung muss dies bei der Abwägung berücksichtigen und prüfen, in welchem Umfang sie gegenüber dem Landtag Bericht erstatten darf. Sie muss dabei auch berücksichtigen, dass derzeit medial jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird und Missinterpretationen zu nachhaltigen wirtschaftlichen Schäden führen können. Schließlich und endlich ist zu bedenken, dass es sich um laufende Verfahren handelt, die noch nicht abgeschlossen sind. In diesem Rahmen will ich Ihnen gern den Sachstand zu den unterschiedlichen Themen erläutern, die sich derzeit in der Diskussion befinden.

Erstens. Die Aufklärung der jahrelangen Manipulationen von Abgaswerten - inzwischen zusammenfassend als Dieselgate bezeichnet - ist weit fortgeschritten, aber noch nicht abgeschlossen. Wie Sie wissen, ist damit seitens des Unternehmens Volkswagen die Anwaltsfirma Jones Day beauftragt worden. Der Umfang dieser Ermittlungen ist beträchtlich. Hunderte von Personen sind interviewt worden, mehr als 100 Terrabyte an Datenbeständen werden überprüft.

Unabhängig von den Ermittlungen, die Justizbehörden in den Vereinigten Staaten und in der Bundesrepublik führen, ist für die Sitzung des Volkswagen-Aufsichtsrats am 22. April eine qualifizierte Berichterstattung vorgesehen. In diesem Zusammenhang wird dann auch über die Art und Weise

der Unterrichtung der Öffentlichkeit zu befinden sein.

Zweitens. Zur Aufarbeitung von Dieselgate gehören auch die weltweit erforderlichen Rückrufaktionen, die quantitativ und qualitativ höchste Ansprüche stellen.

Wie Sie wissen, ist ein Start dieser Rückrufaktionen erfolgt. Zuletzt ist bekannt geworden, dass das Kraftfahrtbundesamt noch keine Freigabe für den Passat erteilen konnte. Das ist vor allem für die Kunden sehr bedauerlich. Alle Beteiligten arbeiten mit Hochdruck daran, die Freigabebedingungen herzustellen. Deswegen werden inzwischen die Modelle Audi A 4 und A 6 vorgezogen. Die Rückrufaktionen insgesamt werden sich erwartungsgemäß über das gesamte Jahr 2016 hinweg erstrecken.

Drittens. In den Vereinigten Staaten befindet sich Volkswagen derzeit in intensiven Verhandlungen mit den Behörden über die Konsequenzen aus Dieselgate. In San Francisco ist ein gerichtliches Verfahren anhängig, in dem der Richter den Parteien Gelegenheit gegeben hat, bis zum 21. April einen gemeinsamen Vorschlag zu unterbreiten. Insoweit bleibt der weitere Verlauf in den nächsten Tagen abzuwarten.

Viertens. Erwartungsgemäß dürfte der Verlauf dieser Verhandlungen auch für den Jahresabschluss 2015 des VW-Konzerns relevant sein. Deswegen ist die insoweit maßgebliche Sitzung des Aufsichtsrats am 22. April vorgesehen. Der Vorstand wird in diesem Zusammenhang auch über einen Vorschlag im Hinblick auf die Dividende berichten und diesen Vorschlag unterbreiten. Über den Inhalt des Jahresabschlusses einschließlich dieser Frage soll in einer Bilanzpressekonferenz am 28. April - also ebenfalls noch in diesem Monat - berichtet werden.

Fünftens. Im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss ist wegen des hierzu vorzulegenden Vergütungsberichts auch über die anteilige variable Vergütung von Vorstandsmitgliedern für das Jahr 2015 zu entscheiden. Auch dieses Thema ist für die Sitzung des Aufsichtsrats am 22. April vorgesehen. Verständlicherweise ist diese Fragestellung derzeit Gegenstand von besonderem öffentlichen Interesse.

Für die Entscheidung des Aufsichtsrats werden die vertraglichen Grundlagen der einzelnen Vorstandsmitglieder mit der Lage und den Interessen der Gesellschaft abzuwägen sein. Dabei spielen

selbstverständlich auch die Erwartungen und Reaktionen in der Öffentlichkeit eine Rolle.

Bereits im November des vergangenen Jahres hat der Vorsitzende des Vorstandes, Matthias Müller, seiner Erwartung Ausdruck gegeben, dass auch in dieser Hinsicht der Gürtel enger geschnallt werden müsse. Das entspricht der Auffassung der Landesregierung. Wir halten in dieser Frage ein deutliches Signal für notwendig, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Darüber besteht innerhalb des Unternehmens auch Einvernehmen, wie in einer Verlautbarung aus Wolfsburg von gestern Abend zum Ausdruck kommt.

Wörtlich heißt es darin:

„Aufsichtsrat und Vorstand sind sich einig, dass angesichts der aktuellen Lage des Unternehmens ein Zeichen auch beim Thema Vorstandsvergütung gesetzt werden muss.“

Derzeit werden verschiedene Modelle diskutiert und abgestimmt, die für alle Beteiligten eine angemessene und faire Lösung darstellen. In der Konsequenz würde dies zu einer deutlichen Absenkung der variablen Vergütung führen.

Die Abwägungsentscheidung, meine Damen und Herren, im Einzelnen wird innerhalb der Gremien noch intensiv erörtert werden. Ich bitte um Verständnis dafür, diesen Beratungen hier und jetzt nicht vorgreifen zu können.

(Jens Nacke [CDU]: Ach, natürlich!)

Bezogen auf den Aufsichtsratsvorsitzenden, heißt es weiter in der gestrigen Verlautbarung, dies „würde auf eigenen Wunsch nachträglich auch für Herrn Pötsch gelten“. Diesen Schritt von Herrn Pötsch begrüße ich sehr.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch auf eines hinweisen: Ende September/Anfang Oktober 2015 waren sowohl die Position des Vorstandsvorsitzenden bei Volkswagen als auch die des gewählten Aufsichtsratsvorsitzenden vakant. In dieser kritischen Phase - Sie erinnern sich! - musste die Handlungsfähigkeit des Konzerns sehr schnell wiederhergestellt werden. Herr Pötsch ist deswegen auf Wunsch der Anteilseigner aus dem Vorstand in den Aufsichtsrat gewechselt.

Vor diesem Hintergrund ist der Aufhebungsvertrag zu bewerten, den der damalige Aufsichtsratsvorsit