Protocol of the Session on September 26, 2014

(Zurufe: Guten Morgen, Herr Präsident!)

Das Plenum ist sehr gut besucht. Ich darf die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen.

Es gibt heute einen freudigen Anlass: Geburtstag hat der Abgeordnete Thomas Schremmer. Herzlichen Glückwunsch, Herr Kollege!

(Beifall)

Der Applaus hat es bereits unterlegt: Wir übermitteln Ihnen im Namen des ganzen Hauses beste Glückwünsche. Gesundheit und Wohlergehen für das vor Ihnen liegende neue Lebensjahr!

(Johanne Modder [SPD] überreicht Thomas Schremmer [GRÜNE] ein Präsent)

- Ich sehe, Sie bekommen gerade die Wegzehrung für das Wochenende. Das lässt doch das Allerbeste erwarten.

(Thomas Schremmer [GRÜNE]: Soll ich die Flasche schon aufmachen oder noch nicht?)

- Für so viele wird es nicht reichen. Lassen Sie es! - Da ist im Übrigen Literatur drin: sehr viel Geist. Das kann man von hier sehen.

Tagesordnungspunkt 26: Mitteilungen des Präsidenten

Meine Damen und Herren, zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 27, Mündliche Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratung in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.

Die heutige Sitzung soll gegen 14.15 Uhr enden.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr die Schriftführerin, Frau Twesten, mit.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich heute entschuldigt: von der Fraktion der CDU Herr Heinz Rolfes, von der Fraktion der SPD Herr Hans-Dieter Haase sowie von der Fraktion der FDP Frau Almuth von Below-Neufeldt.

Danke schön, Frau Twesten. - Meine Damen und Herren, ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 27: Mündliche Anfragen - Drs. 17/1940

Die für die Fragestunde geltenden Regelungen unserer Geschäftsordnung sind Ihnen sicherlich bekannt. Gleichwohl und angesichts der zwischenzeitlichen Sommerpause noch ein Wort zu den Regularien:

Die Fragestellerin oder der Fragesteller und andere Mitglieder des Landtages können bis zu zwei Zusatzfragen stellen. Die Zusatzfragen dürfen nicht verlesen werden. Sie müssen zur Sache gehören und dürfen die Frage nicht auf andere Gegenstände ausdehnen. Sie müssen knapp und sachlich sagen, worüber Auskunft gewünscht wird. Anfragen, durch deren Inhalt der Tatbestand einer strafbaren Handlung begründet wird oder die Werturteile oder parlamentarisch unzulässige Wendungen enthalten, sind unzulässig. Einleitende Bemerkungen sind ebenfalls nicht erlaubt.

Meine Damen und Herren, ich möchte auch darum bitten, dass Sie sich, um uns die Arbeit ein wenig zu erleichtern, schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten. Ich denke, die Anregung, auch die Saalmikrofone in Anspruch zu nehmen, die überall platziert sind und die bislang gut funktioniert haben, ist ebenfalls erlaubt.

Meine Damen und Herren, ich stelle fest: Es ist jetzt 9.07 Uhr.

In der Reihenfolge der Anmeldungen und in der Reihenfolge unserer Festlegungen beginnen wir mit

Frage 1: Verfestigen sich die Strukturen der Hells Angels in Südniedersachsen? Was tut die Landesregierung, um die Bürgerinnen und Bürger zu schützen?

Dies ist eine Anfrage der Abgeordneten Meta Janssen-Kucz und des Kollegen Helge Limburg. Ich darf Frau Janssen-Kucz bitten, die Frage vorzutragen. Bitte sehr! Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verfestigen sich die Strukturen der Hells Angels in Südniedersachsen? Was tut die Landesregierung, um die Bürgerinnen und Bürger zu schützen?

In den vergangenen Wochen hat es mehrere Vorfälle in der Region um Göttingen gegeben, die die Aufmerksamkeit der Medien und der Zivilgesellschaft hinsichtlich der Aktivitäten der Hells Angels in den Blickpunkt gerückt haben.

In dem Ort Güntersen bei Göttingen fand am 30. August 2014 zum vierten Mal in Folge ein bundesweites Treffen von mehr als 100 Hells-AngelsFührern in einem angemieteten Landgasthof statt. Anwesend war auch ein Bundesvorstandsmitglied der rechtsextremen Partei Die Rechte, Mario M. Das Göttinger Tageblatt berichtete von Bedrohungen der Bürgerinnen und Bürger durch die Hells Angels, widerrechtlicher Nutzung von Privatgrundstücken und von den Protesten der Zivilgesellschaft vor Ort. Die Bewohnerinnen und Bewohner des Ortes haben ihre große Ablehnung gegen die Treffen der Outlaw Motorcycle Gang (OMCG) gezeigt. Sie organisierten spontan nebenan eine „Renovierungsparty“ im alten Spritzenhaus, um „mit lautem Kettensägeneinsatz couragiert Flagge zu zeigen“. Polizeipräsident Kruse zeigte sich über die Bedrohungen laut Göttinger Tageblatt „überrascht“. Er wolle „prüfen“, ob „dies Aktivitäten der Polizei gerechtfertigt hätte“.

Wie der NDR am 12. September 2014 berichtetet, sind die Menschen in der Gemeinde in großer Sorge, weil nun auch noch die Partei Die Rechte für Februar eine Kundgebung zum Gedenken an Horst Wessel angemeldet hat und am Ehrenmal auf dem Friedhof in Güntersen einen Kranz niederlegen will. Die Polizei hat inzwischen reagiert. So erklärte Göttingens Polizeipräsident Kruse, er wolle Machtdemonstrationen der Hells Angels unbedingt verhindern und dass die Polizei konsequent Straftaten verfolgen werde. Das Göttinger Tageblatt berichtete am 13. September 2014 dazu, dass die Polizei mit Einlasskontrollen, gezielten Tempomessungen auf den Zufahrtsstraßen und einem Einsatz der Bereitschaftspolizei wegen Ruhestörung ab Freitag Präsenz wegen einer privaten

Feier des Hells Angels Charters Göttingen in dessen Boxklub in Adelebsen gezeigt habe.

Bereits mit Wirkung vom 1. September 2014 hat das Land Niedersachsen das öffentliche Tragen oder Zeigen der Symbole von insgesamt 26 Rockervereinigungen wie z. B. des Hells Angels MC, Chicanos MC, Mongols MC oder Gremium MC verboten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Seitdem kann die Polizei in Niedersachsen nach dem Vereinsgesetz Zuwiderhandlungen strafrechtlich verfolgen.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über eine mögliche Zusammenarbeit und Kooperation der Hells Angels und anderer Rockergruppen mit rechtsextremen Parteien und Gruppierungen?

2. Welche Straftaten sind der Polizei im Zusammenhang mit der Durchführung des Treffens der Hells Angels am 30. August 2014 in Güntersen konkret bekannt bzw. angezeigt worden?

3. Welche Maßnahmen hat und wird die Landesregierung einleiten, um die Bürgerinnen und Bürger in betroffenen Ortschaften, wie z. B. Güntersen oder Adelebsen, zu unterstützen und sie vor Bedrohungen bzw. Straftaten zu schützen?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Die Antwort der Landesregierung trägt Herr Innenminister Pistorius vor. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich vorab ein paar Worte zu dem Phänomen der Rockerkriminalität sagen. Die Rockergruppierungen, die als Outlaw Motorcycle Gangs - kurz: OMCGs - bezeichnet werden, verfolgen das Ziel, durch Expansionen die Vorherrschaft in einzelnen Regionen für sich zu beanspruchen, um insbesondere wirtschaftliche Interessen wie beispielsweise im Rotlichtmilieu - Türsteherdienste, Wirtschaftertätigkeiten und anderes -

durchzusetzen.

Hierbei kommt es immer wieder zur Anwendung von Gewalt und anderer zur Einschüchterung ge

eigneter Mittel. In den letzten Jahren ist die Rockerkriminalität immer mehr in den Blickpunkt der Bekämpfung der organisierten Kriminalität gerückt. Die polizeilichen Zentralstellen sind sich länderübergreifend in der Bewertung einig, dass verschiedene Rockergruppierungen eindeutig Züge organisierter Kriminalität aufweisen.

Durch Mitglieder von Rockergruppierungen begangene Straftaten sind dabei sehr oft den typischen Deliktsfeldern der organisierten Kriminalität zuzuordnen. Dabei spielt auch der illegale Handel mit Betäubungsmitteln eine wesentliche Rolle. Weitere typische Deliktsfelder sind Waffenhandel und -schmuggel sowie Straftaten im Zusammenhang mit dem Nachtleben.

Organisierte Kriminalität bedroht die wirtschaftlichen, bedroht die rechtsstaatlichen und bedroht die gesellschaftlichen Wurzeln unserer freiheitlichdemokratischen Grundordnung. Sie lebt von finanziellen Werten, die sie mit kriminellen Methoden aus dem Wirtschaftskreislauf schöpft. Ihrer Natur nach ist organisierte Kriminalität nicht aufsehenerregend, sondern entfaltet sich im Verborgenen und ist deshalb besonders gefährlich.

Verfestigte Strukturen der organisierten Kriminalität verfolgen das Ziel, illegale Gewinne in den legalen Wirtschaftskreislauf einzubringen. Dadurch droht die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen sowie der Korrumpierung wirtschaftlicher und auch politischer Entscheidungsträger.

Wirtschaft globalisiert sich, Märkte werden offener, größer und internationaler. Das Gleiche gilt leider auch für die organisierte Kriminalität. Zudem trägt auch der technische Wandel - natürlich vor allem auch die Nutzung des Internets - zur weiteren Internationalisierung der organisierten Kriminalität bei.

In Niedersachsen sind sieben OMCGs bekannt, die mit organisierter Kriminalität oder anderen schweren Verbrechen in Verbindung gebracht werden. Außerdem kommen die jeweiligen Unterstützerclubs hinzu. Im Einzelnen handelt es sich dabei um den Bandidos MC, den Gremium MC, den Hells Angels MC, den Mongols MC, den Outlaws MC, den Satudarah MC und den No Surrender MC.

Die Rockergruppierungen bemühen sich seit Langem, auch in legalen oder scheinlegalen Geschäftsbereichen tätig zu werden und Fuß zu fassen. Die Schwerpunkte ihrer Aktivitäten sind dabei das Rotlichtmilieu, die Event-Gastronomie, Tattoo-

und Fitnessstudios sowie das Sicherheitsgewerbe im weitesten Sinne.

Auch die Geschäftsbereiche Fahrzeugreparaturen sowie Vermittlung von Versicherungen und Immobilien haben sie mittlerweile für sich entdeckt. Der Gründung eigener Unternehmen kommt eine besondere Bedeutung zu. Diese Entwicklung führt zu einer weiteren Abschottung der Rockergruppierungen, da eine Vielzahl alltäglicher Dienstleistungen inzwischen innerhalb der Gruppierungen angeboten wird.

Wie geht die Landesregierung nun mit diesem Phänomen um? - Die Landesregierung geht entschlossen und konsequent gegen die kriminellen Rockergruppierungen vor und duldet keine rechtsfreien Räume, meine Damen und Herren.