Protocol of the Session on October 14, 2015

(Zurufe: Guten Morgen, Herr Präsident!)

Tagesordnungspunkt 11:

Mitteilungen des Präsidenten

Ich darf bereits jetzt die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen.

Meine Damen und Herren, wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 12, den Dringlichen Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.

Die heutige Sitzung soll gegen 18.35 Uhr enden.

Die Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten der Multi-Media Berufsbildende Schule werden im Laufe der kommenden Tage, also noch heute und morgen, wieder Sendungen im Rahmen des Projekts „Landtagsfernsehen“ erstellen. Sie halten sich während der Plenarsitzungstage im Vorraum zum Raum der Landespressekonferenz sowie im Raum der Landespressekonferenz auf und führen dort auch Interviews durch. Die einzelnen Sendungen stehen im Internet auf der Homepage der Schule - www.mmbbs.de - bereit und sollen über den Regionalsender LeineHertz 106.5 und den Fernsehsender h1 ausgestrahlt werden.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr Herr Onay als Schriftführer mit.

Es haben sich für heute entschuldigt: von der Landesregierung Ministerpräsident Stephan Weil ab 14 Uhr und von der Fraktion der CDU Herr Otto Deppmeyer bis zur Mittagspause.

Danke schön. - Meine Damen und Herren, ich möchte vielleicht aus gegebenem Anlass insbesondere die Damen und Herren Journalistinnen und Journalisten darum bitten, bei aller Notwendigkeit ihrer Tätigkeit die Privatsphäre der hier

anwesenden und tätigen Abgeordneten zu achten. Ich glaube, wir haben gerade unter den Gegebenheiten dieser Räumlichkeit vor über einem Jahr gewisse Vereinbarungen dazu getroffen, wo man sich bewegen kann, wie man filmen kann und wie man fotografieren kann. Ich denke, das hat bislang eigentlich ganz gut funktioniert. Wir sollten uns auf Gegenseitigkeit daran halten. Es geht einfach nicht, in private Unterlagen - ob der Parlamentarier oder der Regierungsmitglieder, von wem auch immer - hineinzufotografieren oder hineinzufilmen. Das mag keine böse Absicht sein, aber es kann einfach auch Entwicklungen - - -

(Heiterkeit und Beifall)

- Ich glaube einfach immer an das Gute im Menschen.

(Heiterkeit)

Aber es gibt manchmal Entwicklungen, die von keiner Seite gewollt sind - wie auch immer.

Meine Damen und Herren, wir gehen zu den Dringlichen Anfragen über. Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 12: Dringliche Anfragen

Es liegen drei Dringliche Anfragen vor. Wir kommen zu

a) Mehr Geld für den Nahverkehr - gute Planungsgrundlage für Niedersachsen - Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 17/4388

Diese Anfrage wird von dem Abgeordneten Gerd Ludwig Will eingebracht. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Mehr Geld für den Nahverkehr - gute Planungsgrundlage für Niedersachsen.

Der Bund und die Länder haben sich am 24. September nicht nur zu Fragen der Asyl- und Flüchtlingspolitik geeinigt, sondern auch zur Zukunft der Nahverkehrsfinanzierung.

Die Regionalisierungsmittel werden ab dem Jahr 2016 auf 8 Milliarden Euro erhöht und in den Folgejahren jährlich mit einer Rate von 1,8 % dynamisiert.

Gleichzeitig haben Bund und Länder vereinbart, die Mittel des sogenannten Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes im Rahmen der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ungekürzt über 2019 hinaus fortzuführen. Die Regionalisierungsmittel werden entsprechend dem Vorschlag der Länder zeitlich verlängert und nach ihrem Vorschlag (Kieler Schlüssel) auf die Länder verteilt. Gleichzeitig werden Bund und Länder die Dynamik des Anstiegs der Trassenpreise begrenzen. Damit haben Bund und Länder langfristige Finanzierungslösungen für den Nahverkehr in Deutschland gefunden. Die Aufstockung der Regionalisierungsmittel gibt den Verkehrsverbünden, den Verkehrsunternehmen und den Aufgabenträgern finanzielle Planungssicherheit bis ins nächste Jahrzehnt. Damit ist eine wichtige Grundlage für eine mögliche Weiterentwicklung des regionalen Eisenbahnverkehrs und des allgemeinen ÖPNV gegeben.

In den weiteren Verhandlungen zum Bund-LänderFinanzausgleich sollen nach Angaben beteiligter Bundesländer die Entflechtungsmittel bedarfsgerecht erhöht werden und über 2019 zweckgebunden weiterlaufen, um den Sanierungsstau bei den kommunalen ÖPNV-Strukturen aufzulösen.

1. Wie bewertet die Landesregierung diese kürzlich erfolgte Einigung, und welche zusätzlichen Möglichkeiten sieht sie für die Fortentwicklung einer nachhaltigen Mobilitätspolitik für Niedersachsen?

2. Wie können mögliche Abschöpfeffekte durch ausufernde Trassengebühren gemeinsam mit dem Bund verhindert werden?

3. Welchen Stellenwert haben aus Sicht der Landesregierung die Entflechtungsmittel des Bundes für die zukünftige Verkehrspolitik des Landes?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Will. - Für die Landesregierung antwortet der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. Herr Lies, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal darf ich für die Landesregierung sagen: Wir begrüßen außerordentlich, dass eine Einigung zwischen Bund und Ländern über die Frage der Höhe der Regionalisierungsmit

tel erzielt worden ist. Ich will vorweg sagen, das war ein sehr langer Prozess über zwei Jahre mit intensiven Diskussionen, natürlich auch der Verkehrsminister untereinander.

Man muss vorweg immer sagen: Die Frage, wie das Geld verteilt wird, und die Frage, wie viel es mehr wird, standen in einem sehr engen Zusammenhang. Die Frage, wie das Geld verteilt wird, ist natürlich eng mit der historischen Frage verbunden, wie damals die Schlüssel entstanden sind.

Angesichts der Zahlen heute gehört zur Wahrheit natürlich auch, dass damals, als es darum ging, dass der Nahverkehr bei den Ländern organisiert wird, eine Entscheidung gefallen ist, die für die neuen Bundesländer erhebliche Vorteile hatte - das muss man sagen - und in den alten Bundesländern zum Teil gravierende Nachteile mit sich gebracht hat.

Sie können sich vorstellen, dass eine Diskussion, die dann unter den Verkehrsministern geführt wird, nicht ganz leicht ist. Deswegen haben wir sehr intensiv diskutiert, und deswegen bin ich auch dankbar, dass wir nach dieser langen Runde jetzt ein Ergebnis erzielt haben. Ich will den Dank noch einmal an die Ministerpräsidenten richten, die an der Stelle den Knoten durchgeschlagen haben, damit wir nicht noch länger in der Debatte um die Höhe sind, sondern wir in die Umsetzung gehen können.

Die Erhöhung der Regionalisierungsmittel - das haben wir in der Anfrage gerade gehört - bedeutet eine langfristige Planungssicherheit für alle am Schienennahverkehr beteiligten Akteure. Das Land, die Aufgabenträger, aber auch die Verbünde und Verkehrsunternehmen brauchen an dieser Stelle Verlässlichkeit.

Die Höhe mit 8 Milliarden Euro und eine Dynamisierung von 1,8 % sind nicht 1 : 1 die Forderung der Länder. Die Forderung der Länder, die nicht willkürlich, sondern aufgrund von Gutachten begründbar war, waren 8,5 Milliarden Euro und eine Dynamisierung von 2 % - von heute 7,4 Milliarden Euro; damit man einmal weiß, an welcher Stelle man ist. Das ist das Ergebnis eines wirklich fundierten Gutachtens über die zukünftige Höhe.

Dazu ist auch der Zusammenhang zu sehen, der im Moment eine Diskussion bei den Vertretern der neuen Bundesländer auslöst. Die Höhe, nämlich die 8,5 Milliarden Euro, und die Frage des Schlüssels waren für einige der Beteiligten ein Stück weit als Junktim zu sehen. Aber die Entscheidung der

Ministerpräsidenten, die jetzt getroffen wurde, ist bindend und sollte am Ende auf Bundesebene gesetzlich so umgesetzt werden.

Ich will die Euphorie über den Erhöhungsbetrag zwar nicht schmälern. Aber man darf jetzt nicht den Eindruck erwecken, dass der Betrag, der dem Land zusätzlich zur Verfügung steht, in vollem Umfang für das Land zur freien Verfügung steht; das ist mitnichten so. Schon in den ersten Tagen nach dem Beschluss zur Erhöhung der Regionalisierungsmittel gab es eine Vielzahl von Vorschlägen über mögliche Verwendungsmöglichkeiten: Ausgleichszahlungen im Ausbildungsverkehr, Finanzierung von Schülerbeförderung im Sek-II-Bereich, weitere Zuweisungen der Aufgabenträger. Es mangelt wahrscheinlich nicht an Vorschlägen.

Aber man muss doch einmal den Blick in das Niedersächsische Nahverkehrsgesetz werfen. Dort ist die prozentuale Verteilung der Regionalisierungsmittel auf die Aufgabenträger vorgesehen. Insofern ist das Ziel, dass der schienengebundene Personennahverkehr und damit die Aufgabenträger sowie die kommunalen Aufgabenträger davon profitieren. Die Aufteilung ist so: Rund 77 % der Regionalisierungsmittel kommen den Aufgabenträgern direkt zugute. Für das Land verbleibt dann ein Restteil für die zusätzliche Mittelverteilung.

Ich sage das bewusst, weil ich der Meinung bin, dass man in der Frage des Erhöhungsbetrags - nicht der Dynamisierung mit 1,8 %, sondern der Frage des absoluten Erhöhungsbetrags! - die Möglichkeit eröffnen sollte, zu fragen: Wo, an welcher Stelle im Land gibt es vielleicht Ungleichheiten, die auszugleichen sind? Wo erkennen wir, dass das Ziel, flächendeckend in Niedersachsen im Rahmen der Möglichkeiten einen qualitativen schienengebundenen Personennahverkehr vorzuhalten, mit der Mittelausstattung erreichbar ist? Welche Bereiche kommen mit der Finanzierung, die sie haben, erkennbar nicht zurecht?

Ich glaube, dass wir als Land uns die Chance eröffnen sollten, darauf zu blicken, also die Dynamisierung logischerweise absolut fortzuschreiben, aber mit dem Zusatzbetrag, der gekommen ist, gemeinsam in die Diskussion über die Frage einzusteigen: Wie sorgen wir dafür, dass schienengebundener Personennahverkehr und öffentlicher Personennahverkehr in Gänze flächendeckend in unserem Land gewährleistet werden können?

Durch die Erhöhung der Regionalisierungsmittel sehen wir auch die Chance, den ÖPNV in der ländlichen Region weiter zu verbessern. Das muss

unser Ziel sein. Dies ist eine der ganz großen Anforderungen und in einem Flächenland nicht einfach zu verwirklichen. Aber das Ganze war unter der Voraussetzung, nicht zu wissen, ob die Dynamisierung überhaupt eingehalten wird, und nicht zu wissen, ob die 7,4 Milliarden Euro bleiben oder ob überhaupt etwas dazukommt, schwieriger als jetzt, da wir zumindest wissen, von welchen Summen wir ausgehen.

Hier muss auch analysiert werden, wie ich es gerade beschrieben habe: Wo im Land gibt es Nachholbedarf im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs? Welche Mittel stehen den Aufgabenträgern jeweils zur Verfügung? Welche Instrumente, Maßnahmen und Projekte kann man anwenden, um eine effektive Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs zu erreichen?

Man muss dazu sagen: Wir haben jetzt den Beschluss auf Bundesebene. Es findet aber noch eine Debatte darüber statt. Ein Vermittlungsausschuss ist eingerichtet worden, der sich genau mit der Frage der Höhe und der Dynamisierung der Regionalisierungsmittel beschäftigen sollte und der, bevor er getagt hat, ein Stück weit von dem positiven Beschluss quasi überrascht war, der von den Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Kanzlerin gefunden wurde. Trotzdem tagt dieser Vermittlungsausschuss noch hinsichtlich der Fragestellung: Bleibt es bei dem Kieler Schlüssel, den wir in nächtlichen Sitzungen gefunden haben, obwohl die Höhe der Regionalisierungsmittel eben nicht bei 8,5 Milliarden Euro liegt? - Ich will hier ganz klar sagen: Ich bin der festen Überzeugung, es muss dabei bleiben. Das Ganze neu aufzubrechen, noch einmal neu zu diskutieren, würde zu keinem Ergebnis führen, das uns helfen würde. Insofern ist es gut, dass da noch einmal getagt wird. Aber ich glaube, am Ende wird dies im Ergebnis nichts verändern.

Bei der Frage 2 ging es um die Trassenentgelte und Stationsgebühren; das ist ein ganz wesentlicher Effekt. Das Gutachten hat ja nicht nur die Erhöhung der Regionalisierungsmittel zum Ergebnis, sondern beinhaltet auch eine Aussage zu den Trassenentgelten und Stationspreisen, die in einer wesentlich stärkeren Dynamisierung angewachsen sind, als es auch mit den 1,8 %, die wir zukünftig bekommen sollen, abzubilden ist.

In der Vergangenheit lagen die jährlichen Erhöhungen der Tarife, die die DB AG den Nutzern der Schieneninfrastruktur in Rechnung stellte, immer über dem Dynamisierungsfaktor der Regionalisie

rungsmittel. Damit erfuhren die Regionalisierungsmittel ein reales Minus. Das ist das Problem der Qualität, die wir sicherstellen wollen. Um dies künftig zu verhindern, sollte der Bund den Ländern die Erhöhungsbeträge der Trassenentgelte und Stationspreise neben der Dynamisierung zusätzlich zur Verfügung stellen. Wir werden hier nicht in der Lage sein, sozusagen ein Einnahmelieferant für die Bahn und deren Trassen zu sein. Unser Ziel war vielmehr die Übernahme der Aufgabe durch die Länder, für den schienengebundenen Personennahverkehr die Qualität sicherzustellen, und nicht, die Finanzierung über Trassenentgelte und Stationspreise für die Bahn zu realisieren. Das muss man immer wieder deutlich machen.

Da geht der Beschluss noch nicht weit genug. Der Beschluss sagt lediglich, dass der Bund und die Länder die Dynamik des Anstiegs der Trassenpreise begrenzen wollen. Dabei sind wir uns am Anfang vielleicht schnell einig. Aber wie das in der Realität aussehen soll, ist noch nicht geklärt. Hierzu muss man wissen, dass die Länder keinen direkten Einfluss auf die Höhe der Infrastrukturbenutzungspreise nehmen können. Einzig die Aufgabenträger, also Verkehrsunternehmen, werden bei den Änderungen der Preise angehört; auch das muss man sagen. Mehr ist es an der Stelle nicht. Insofern ist dort dringender Handlungsbedarf vorhanden.