Protocol of the Session on May 18, 2017

Gemeinsam mit den Schriftführern wünsche ich Ihnen einen guten Morgen.

(Zurufe: Guten Morgen, Herr Präsident!)

Wir dürfen bereits jetzt - das Haus ist gut besetzt - die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen.

Tagesordnungspunkt 18: Mitteilungen des Präsidenten

Wir haben heute Besuch im Landtag: Ich darf ganz herzlich willkommen heißen von unserem Partnerparlament aus dem Schweizer Kanton Bern, dem Grossen Rat, den Grossratspräsidenten Herrn Carlos Reinhard und den Generalsekretär des Grossen Rates Patrick Trees. Meine Herren, herzlich willkommen!

(Beifall)

Wir haben noch weitere Gäste: Im Rahmen einer jährlich stattfindenden politischen Weiterbildung besucht uns heute eine 16 Personen umfassende Delegation der Bundeswehr aus Wilhelmshaven. Einige der 16 Gäste haben in der Ehrenloge Platz gefunden; die übrigen verfolgen unsere Plenarsitzung in einem der Sitzungsräume über den Livestream.

Da das Land Niedersachsen Pate des Marinestandortes Wilhelmshaven ist, heiße ich diese Delegation besonders herzlich willkommen.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, auch Ihnen wünschen wir einen angenehmen und informativen Aufenthalt in unserer Volksvertretung, im Landtag.

Dann will ich einen Vorgang aus der Debatte zum Ladenschlussgesetz von gestern Morgen aufgreifen. Herr Kollege Dürr, ich hatte Sie an einer bestimmten Stelle gebeten, die Emotionen etwas zurückzufahren. Das Protokoll belegt, dass Sie an einer bestimmten Stelle in Richtung des Kollegen Schwarz geäußert haben: „Blicken Sie noch etwas, Herr Schwarz? Sie sind doch blind!“ - Liebe Kolleginnen und Kollegen, ob dieser Ausspruch nun

vom Index erfasst ist oder nicht, sei dahingestellt. Wir sind uns einig, dass Bemerkungen in Richtung Aussehen, körperliche Gebrechen usw. sehr schnell missverständlich sein und entsprechende Auswirkungen haben können.

(Christian Dürr [FDP]: Das war schon politisch gemeint!)

Zumindest sind sie nicht sehr glücklich. Ich sage mal: Eine einfache Entschuldigung unter Parlamentariern, und dann könnte die Sache erledigt sein.

(Christian Dürr [FDP]: Ich werde das gleich persönlich machen!)

- Das wird, Her Kollege Schwarz, Herr Kollege Dürr, unter gestandenen Parlamentariern geregelt. Ich darf mich bedanken.

(Zustimmung bei der FDP)

Meine Damen und Herren, bevor ich gleich in die Tagesordnung einsteige - wir beginnen mit Tagesordnungspunkt 19, Dringliche Anfragen -, erteile ich Herrn Wirtschaftsminister Lies das Wort, der darum gebeten hat, hier eine Erklärung abzugeben. Bitte sehr, Herr Minister!

Außerhalb der Tagesordnung: Unterrichtung durch den Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr über die Entbindung von Staatssekretärin Behrens von ihren Aufgaben und über Fehler bei Ausschreibungsverfahren im Wirtschaftsministerium

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es fällt mir nicht leicht, jetzt hier zu stehen. Gestern am späten Abend hat Frau Staatssekretärin Behrens mich gebeten, sie von ihrem Amt zu entbinden. Diesem Wunsch habe ich entsprochen; das Kabinett wird den Beschluss über die Entlassung herbeiführen.

Ich gebe ganz ehrlich zu: Das ist der schwierigste Moment in meiner inzwischen über vierjähren Amtszeit. Daniela Behrens und ich haben in den vergangenen gut vier Jahren hervorragend zusammengearbeitet. Sie war meine engste Mitarbeiterin und auch eine sehr gute Freundin. Deshalb ist es mir schwergefallen, ihrem Wunsch zu entsprechen.

Die Erfolge in der Wirtschafts-, Arbeits- und Verkehrspolitik in den letzten über vier Jahren sind eng mit Daniela Behrens verbunden.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es ist gar nicht so einfach, dazu jetzt die richtigen Worte zu finden. Ich wünsche Daniela Behrens für die Zukunft alles erdenklich Gute und bedanke mich ganz herzlich für ihre sehr gute und immer sachorientierte Arbeit. Mich persönlich - das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen - macht es außerordentlich traurig, ihrem Wunsch entsprochen zu haben.

Meine Damen und Herren, mit ihrer Entscheidung hat Frau Behrens die Konsequenz aus Fehlern im Zusammenhang mit der Vergabe des Relaunches der Standortmarketingseite www.nds.de sowie mit Vergaben im Kontext der Sieben-Städte-Tour gezogen. Gestern sind dazu Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen sie und den Pressesprecher Stefan Wittke eingeleitet worden.

Ausdrücklich, meine Damen und Herren, weise ich darauf hin, dass Frau Behrens keinerlei persönliche Vorteile aus den Vergabeergebnissen gezogen hat. Im Gegenteil: Sie war immer bestrebt, ein hervorragendes Produkt zu erhalten, was mit dem Erfolg von „nds“ eindeutig belegt ist. Es war immer unser gemeinsames Bestreben, unser Land voranzubringen und Positives zu schaffen.

Die Entscheidung von Frau Behrens ist nach intensiven Gesprächen am späten gestrigen Abend gefallen. Dieser Entscheidung lag Folgendes zugrunde:

Nach meiner gestrigen Unterrichtung hier im Landtag zu Fehlern im Vergabeverfahren im Zusammenhang mit der Sieben-Städte-Tour sind im Wirtschaftsministerium weitere Akten und E-Mails geprüft sowie Gespräche mit den am Vergabeverfahren beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geführt worden. Dabei sind insbesondere zwei Dinge zutage getreten, über die ich Sie hier informieren möchte.

Zum einen haben Mitarbeiter meines Hauses auf Hinweis einer großen Zeitung eine problematische E-Mail gefunden. Der Pressesprecher des Wirtschaftsministeriums hatte acht Wochen vor der offiziellen Ausschreibung für das Projektmanagement für die Sieben-Städte-Tour den Entwurf des Ausschreibungstextes an denjenigen gemailt, der später die Ausschreibung für sich hat entscheiden können.

Dieser Anbieter war entsprechend frühzeitig informiert und hatte deutlich mehr Zeit, sich darauf vorzubereiten. Außerdem kann nicht ausgeschlossen werden, dass er davor oder danach Einfluss auf den endgültigen Ausschreibungstext genommen hat. Vor diesem Hintergrund wird ein Disziplinarverfahren gegen den bisherigen Pressesprecher Stefan Wittke eingeleitet.

Außerdem wurde ein Mailwechsel vom 26./27. Februar 2015 zwischen dem Pressesprecher und dem Projektmanager der Sieben-Städte-Tour gefunden. In der Mail vom 26. Februar schreibt der Pressesprecher an den Projektmanager neben vielen anderen Punkten das Folgende - ich zitiere -:

„Ich habe das Okay von der Hausspitze für die weiteren Verhandlungen mit ffn. Was hast du für Vorschläge, was wir von ffn wollen sollten?“

(Zuruf von der CDU: Oh!)

Von mir persönlich hat der Pressesprecher nie solch ein Okay bekommen.

Die Staatssekretärin hat gestern eingeräumt, dass sie es, auch wenn sie sich nicht daran erinnern kann, nicht ausschließen kann, ein solches Okay gegeben zu haben.

Dieser Mailwechsel lag zeitlich knapp zwei Monate vor der Ausschreibung.

Lassen Sie mich jetzt noch einige Sätze zum Vergabeverfahren Neoskop sagen. Wie gestern Morgen bereits ausgeführt, wurde die Ausschreibung für einen Relaunch der Seite www.nds.de am 15. Februar 2016 veröffentlicht. Die Angebotseröffnung erfolgte am 10. März 2016. Es gab ein Wertungsgremium, das sich je aus vier Personen aus dem Fachreferat und aus der Pressestelle zusammensetzte.

Im Laufe des gestrigen Tages wurde im Rahmen der Vorbereitung der Aktenvorlage für den Landtag festgestellt, dass das Auswahlgremium erst am 16. März 2016 eine sogenannte Bewertungsmatrix erstellt hat. Diese Matrix war dann Grundlage für den am gleichen Tag gefertigten Vergabevermerk.

Davor hat bereits am 14. März 2016 ein Gespräch des Auswahlgremiums mit der Staatssekretärin stattgefunden. Dieses Gespräch hatte die Staatssekretärin bereits im Rahmen ihrer Ausschussunterrichtung am 12. Mai erwähnt. Sie hat dazu ausgeführt, dass das Fachreferat sein Votum vorgestellt habe. So sei das dann auch in den Vergabe

vermerk eingeflossen, abgezeichnet von verschiedenen Stellen. Damit sei das vom Verfahren her in dieser Phase völlig in Ordnung gewesen.

Zu den Inhalten dieses Gesprächs am 14. März bei der Staatssekretärin wurde gestern mit den Beteiligten gesprochen. Es kann danach nicht ausgeschlossen werden, dass die Staatssekretärin nicht doch auf das Votum des Auswahlgremiums Einfluss genommen hat. Dies war der maßgebliche Grund, weshalb mich Frau Behrens gestern gebeten hat, sie von ihrem Amt zu entheben.

Wie Sie den Medien entnehmen konnten, hat die Staatsanwaltschaft Hannover Ermittlungsverfahren gegen die Staatssekretärin und den Pressesprecher wegen des Anfangsverdachts im Hinblick auf wettbewerbsbeschränkende Absprachen eingeleitet.

Für morgen Vormittag haben sich die Vertreter des Landesrechnungshofs im Wirtschaftsministerium angemeldet, um sich die Akten des Neoskop-Verfahrens anzusehen und mit den beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu sprechen. Ich hatte gestern bereits gesagt, dass das Verfahren auch auf die Vorgänge um die Sieben-Städte-Tour ausgeweitet werden soll.

Ich will hier ganz offen sagen: Das ist absolut richtig und konsequent. Und ich will auch betonen, es ist mir persönlich sehr wichtig, dass wir genau diese Aufklärungsarbeit betreiben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir werden auch mit der Staatsanwaltschaft und dem Landesrechnungshof klären, wie daneben noch die Einschaltung einer unabhängigen externen Prüfungsgesellschaft möglich ist. Ich halte auch das für notwendig und richtig, um zügig entsprechende Auswertungen und Ergebnisse vorlegen zu können.

(Zuruf von Ulf Thiele [CDU])

Damit könnte der Aufklärungsprozess beschleunigt werden und könnten auch entsprechende Verbesserungen für Abläufe bei den Vergaben aufgezeigt werden. Ich werde - davon können Sie überzeugt sein - die Aufklärung so zügig wie möglich aktiv vorantreiben.

Wie ich gestern schon ausführte, werden wir aus den Vorgängen auch für die Zukunft lernen. Bereits heute Morgen habe ich veranlasst, mir innerhalb der nächsten zwei Wochen einen Entscheidungsvorschlag dafür vorzulegen, wie innerhalb

meines Hauses eine zentrale Vergabestelle für sämtliche Ausschreibungen im Wirtschaftsministerium eingerichtet werden kann.

Meine Damen und Herren, das ist heute kein leichter Tag, und die Aufarbeitung wird sicherlich noch längere Zeit in Anspruch nehmen. Aber Sie können sich darauf verlassen: Es muss alles auf den Tisch, es muss alles aufgeklärt werden, und wir werden aus den Fehlern lernen.