Ich darf feststellen, dass das Plenum bereits sehr gut besucht ist, und stelle damit auch die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.
Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 11, Dringliche Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.
Einen schönen guten Morgen auch von meiner Seite! Es haben sich für heute entschuldigt: von der Landesregierung Herr Ministerpräsident Stephan Weil von 9.30 Uhr bis 11.30 Uhr und Herr Finanzminister Peter-Jürgen Schneider, von der Fraktion der CDU Herr Heinz Rolfes und von der SPD-Fraktion Herr Hans-Dieter Haase sowie von der FDP-Fraktion Frau Almuth von Below-Neufeldt.
Es liegen zwei Dringliche Anfragen vor. Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich eigentlich als allgemein bekannt voraus. Da aber über die
Jede Fraktion kann bis zu fünf Zusatzfragen stellen. Zusatzfragen dürfen nicht verlesen werden. Sie müssen zur Sache gehören und dürfen die ursprüngliche Frage nicht auf andere Gegenstände ausdehnen. Die Zusatzfragen müssen knapp und sachlich sagen, worüber Auskunft gewünscht wird. Anfragen, durch deren Inhalt der Tatbestand einer strafbaren Handlung begründet wird oder die Werturteile oder parlamentarisch unzulässige
Wendungen enthalten, sind unzulässig. Kurzinterventionen sind ebenfalls nicht zulässig. Im Übrigen weise ich darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen ebenfalls nicht zulässig sind.
Um dem Präsidium jeweils den Überblick zu erleichtern, bitte ich darum, dass Sie sich schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verstößt das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz gegen die Dienstleistungsfreiheit?
In der Drucksache 17/1849 vertritt die Landesregierung die Auffassung, dass das Niedersächsische Gesetz zur Sicherung von Tariftreue und Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge weltweite Gültigkeit besitzt, also „unabhängig davon, wo die Leistung (In- oder Ausland) erbracht wird, Anwendung“ findet.
C-549/13), nach dem deutsche Mindestlöhne nicht auf Subunternehmer angewendet werden dürfen, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässig sind.
rangigem Recht wurde im Rahmen der Gesetzesberatungen eingehend erörtert. Siehe Drucksache 17/847. In dieser Drucksache erklärten die Fraktionen von FDP und CDU, dass die Mindestlohnregelung aus ihrer Sicht nicht europarechtskonform sei. Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hat Ähnliches in der Vorlage 24 zum Entwurf des NTVergG zum Ausdruck gebracht. Es liegen somit Hinweise vor, dass der § 5 Abs. 1 NTVergG in ähnlicher Weise gegen die Dienstleistungsfreiheit verstößt wie das vor dem EuGH beklagte TVgG NRW.
C-549/13 mit Bezug auf das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz, insbesondere auf die weltweite Gültigkeit des Mindestentgelts des § 5 Abs. 1?
2. Erkennt die Landesregierung aufgrund der Rechtsprechung des EuGH einen Korrekturbedarf sowohl bei den bisherigen Antworten der Landesregierung zum NTVergG als auch am Gesetz selbst?
3. Entspricht die Auftragsvergabe des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr „Vorbereitung von wirtschaftsbezogenen Programmteilen der Delegationsreise unter Leitung von Herrn Ministerpräsidenten Weil in die Türkei“ (Drucksache 17/1849) sowohl sämtlichen gesetzlichen Verpflichtungen des NTVergG für öffentliche Auftraggeber als auch den europarechtlichen Bestimmungen zur Dienstleistungsfreiheit?
Vielen Dank, Herr Bode. - Die Antwort der Landesregierung wird vom Wirtschaftsminister erteilt. Herr Lies, bitte sehr!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich eine Vorbemerkung machen. Ich bin davon überzeugt, dass das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz ein Erfolgsmodell dieser rot-grünen Landesregierung ist und auch bleiben wird. Das will ich hier noch einmal deutlich sagen.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Ge- setzwidrige Gesetze bleiben weiterhin ein Erfolg, oder was? Das verstehe ich nicht! Was ist der Erfolg? - Gegen- ruf von der SPD: Die Antwort wollen Sie gar nicht hören! - Gegenruf von Christian Dürr [FDP]: Doch! Ich bin sehr interessiert!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Parlament hat am 30. Oktober 2013 das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz beschlossen. Zum 1. Januar 2014 ist es in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist es ausweislich des § 1, u. a. Verzerrungen im Wettbewerb um öffentliche Aufträge entgegenzuwirken, die durch den Einsatz von Niedriglohnkräften entstehen, und Belastungen für die sozialen Sicherungssysteme zu mildern.
Dass hiermit nicht die sozialen Sicherungssysteme im europäischen und außereuropäischen Ausland gemeint waren, liegt auf der Hand. Richtig ist aber, dass das aktuelle Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz, übrigens - das muss man dazu sagen - ebenso wie das Vergabegesetz der Vorgängerregierung, keine Einschränkungen hinsichtlich seines räumlichen Anwendungsbereichs macht, sodass die öffentlichen Auftraggeber ausweislich des eindeutigen Gesetzeswortlauts allen Auftragnehmern und den eingesetzten Nachunternehmern eine Mindestentgelterklärung abverlangen müssen.
Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 18. September dieses Jahres festgestellt, dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge an ein Unternehmen, das ausschließlich außerhalb Deutschlands tätig ist, die Verpflichtung zur Zahlung eines Mindestentgelts, das keinen Bezug zu den Lebensunterhaltskosten in diesem anderen Mitgliedstaat hat, gegen die Dienstleistungsfreiheit verstößt. Der EuGH hält es für einen ungerechtfertigten Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit, wenn einem Nachunternehmer, der seine Leistung ausschließlich außerhalb Deutschlands erbringt - im konkreten Fall war es Polen -, die Einhaltung eines deutschen Mindestlohns auferlegt wird; denn die Verpflichtung zur Zahlung eines Mindestentgelts
an Bieter und deren Nachunternehmer, die in einem anderen Mitgliedstaat mit niedrigeren Mindestlöhnen ansässig seien, stelle eine zusätzliche wirtschaftliche Belastung dar, die geeignet sei, die Erbringung von Dienstleistungen in diesem anderen Mitgliedstaat zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen.
Eine solche vergaberechtliche Mindestlohnregelung berücksichtige zur Beurteilung der angemessenen Entlohnung nur die Lebensunterhaltskosten in Deutschland, nicht aber die des Landes, in dem die Leistung erbracht werde. Damit werde den in diesem Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen die Möglichkeit genommen, aus den zwischen den jeweiligen Lohnniveaus bestehenden Unterschieden einen Wettbewerbsvorteil zu ziehen. Somit gehe die Regelung über das hinaus, was zum Arbeitnehmerschutz erforderlich sei.
Zu 1: Die Entscheidung ist grundsätzlich auf das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz übertragbar; denn auch hier unterliegt die Verpflichtung der Auftragnehmer zur Zahlung eines Mindestentgelts nach §§ 4 und 5 keinen räumlichen Einschränkungen. Aufgrund der Entscheidung des EuGH dürfen öffentliche Auftraggeber von Auftragnehmern und deren Nachunternehmern, welche die Leistung im europäischen Ausland erbringen, die Einhaltung eines nach deutschen Maßstäben festgelegten Mindestentgelts nicht fordern.
Dies gilt auch für Unternehmen, die ihre Leistungen für inländische öffentliche Auftraggeber im europäischen Ausland erbringen; das ist der Kern des Urteils.
Zu 2: Adressat des Urteils ist zunächst NordrheinWestfalen mit seinem Tariftreue- und Vergabegesetz. Selbstverständlich wird auch die Niedersächsische Landesregierung detailliert und sorgfältig prüfen, welche Auswirkungen sich im Einzelnen auf das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz ergeben, insbesondere hinsichtlich der mit dem nordrhein-westfälischen Gesetz vergleichbaren Regelungen.
Wie allgemein bekannt, braucht die Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung in Landesrecht seine Zeit, wie auch die seinerzeitige EuGH-Entscheidung in Sachen Rüffert zeigt. Die Prüfung und Umsetzung des erst wenige Tage alten Urteils wird daher einige Zeit in Anspruch nehmen. Für die Vergabepra
Zu 3: Bei der Auftragsvergabe wurde zwar versäumt, von den eingesetzten Nachunternehmern eine Mindestentgelterklärung abzufordern. Die vom Auftragnehmer abgegebene Mindestentgelterklärung gilt damit nur für im Inland erbrachte Dienstleistungen. Damit liegt jedoch kein Widerspruch zu den europarechtlichen Bestimmungen über die Dienstleistungsfreiheit vor.
Vielen Dank, Herr Minister Lies. - Die erste Zusatzfrage stellt für die CDU-Fraktion der Kollege Bley. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Unternehmensberatung INFORA hat am 22. September auf ihrem Vergabeticker festgehalten, dass hier eine zulässige Inländerdiskriminierung vorliegt. Dadurch sind dann natürlich Unternehmen in Teilen aus - - -