Helmut Holter

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Last Statements

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Herr Waldmüller, bevor ich im Einzelnen auf den Inhalt eingehe, möchte ich gern etwas Grundsätzliches voranstellen, ich habe das bei Ihren Anträgen hier schon mehrfach gesagt: Natürlich ist es legitim, dass Parteitagsanträge, Initiativen anderer CDU-Fraktionen in Deutschland oder, wie im Fall des vorliegenden Antrages, eine Erklärung der CDU- und CSU-Fraktionen hier zum Inhalt eines Antrages gemacht werden. Das machen alle, das hatte ich auch schon mehrfach gesagt, dass man irgendwo Futter saugt und das in einen Antrag gießt. Das ist alles in Ordnung, aber – ja, es kommt ein Aber – es geht immer um das Wie, und das habe ich schon mehrfach gesagt, Sie haben es sich zu einfach gemacht. Sie machen Copy-and-paste, formatieren das ein bisschen um und dann sind Sie damit fertig. Wenn es Ihnen gelungen wäre, diesen Antrag – das, was Sie dort besprochen haben, ist vollkommen in Ordnung –, was Sie da besprochen haben, auf die konkreten Bedingungen Mecklen
burg-Vorpommerns herunterzubrechen und zu sagen, was Sie ganz konkret in Mecklenburg-Vorpommern machen wollen, dann sähe der Antrag erst mal anders aus und dann würden wir auch eine andere Debatte führen.
Ja eben, weil es Arbeit macht.
Aber Sie lassen das einfach so stehen, fertig ist der Lack, und ich will das mal an zwei, drei Beispielen deutlich machen.
Ich darf zitieren: „Im GRW-Instrument selbst sind zeitnah die Obergrenzen für einzelbetriebliche FuE-Vorhaben als auch für Verbundforschungsvorhaben Wirtschaft-Wissenschaft zu erhöhen.“ Soweit das Zitat. Jetzt müssen Sie mir mal erklären: Was heißt denn nun „zeitnah“? Für den einen sind das drei Wochen, für den anderen ist es ein Jahr, für den nächsten sind das vielleicht fünf Jahre oder sogar erst 2019/2020, keine Ahnung. Das bleibt offen in Ihrem Antrag und auch in Ihrer bisherigen Rede.
Auf welche Höhe sollen die Obergrenzen erhöht werden? Warum steht da nichts von einer Höhe? In einem Papier à la CDU-Fraktion ist das dann klar, wenn man das studiert hat, weil es eben in den Ländern Unterschiede gibt. Deswegen konnten Sie hier keine Höhen reinschreiben oder Sie hätten sich für Mecklenburg-Vorpommern klar positioniert. Wo sind denn Ihre Forderungen, die Sie hier deutlich machen wollen, und die Erwartungen auch an die Regierung? Wir können hier gern konkret werden.
Ein nächstes Zitat: „Der GRW-Koordinierungsrahmen muss im Infrastrukturteil erweitert werden.“ Ende des Zitats. Klasse, da weiß doch jeder sofort Bescheid, was Sie genau wollen!
Ich erspare mir das jetzt, alle Einzelheiten aus dem Koordinierungsrahmen vorzutragen, aber es geht im Moment bei Infrastrukturmaßnahmen alles rund um Industrie- und Gewerbegelände – Sie selbst haben es angedeutet in Ihrer Einbringungsrede –, Baufreimachungskosten, Kosten für die Errichtung von Straßen und Schienen und so weiter. Förderfähig ist die Anbindung von Gewerbebetrieben, auch Maßnahmen im Bereich Tourismus sind förderfähig, Gewerbezentren, Bildungseinrichtungen, all das kann gefördert werden. Kommunikationsverbindungen, die Errichtung von Abwasser- und Abfallanlagen und auch Häfen können gefördert werden.
Und jetzt kommen Sie. Worum muss dieser Teil erweitert werden? Sie können vorn am Pult natürlich viel erzählen, aber am Ende wird der Antragstext beschlossen und da sehe ich weit und breit keinen konkreten Inhalt, der uns in Mecklenburg-Vorpommern nützlich sein könnte. Ich bitte Sie um Entschuldigung, aber es ist wirklich Blabla und allgemeines Gewäsch. Werden Sie konkret, dann kann man sich auch dazu verhalten!
Wenn wir den Antrag gestellt hätten in der Form,
Sie auch, wenn wir den Antrag...
Ja, das ist auch klar, dass es Unterschiede gibt.
Aber wenn wir jetzt – ich bleibe mal bei uns –, wenn wir den Antrag so gestellt hätten, hätte es aus Ihrer Sicht zwei Reaktionen gegeben:
Erstens. Zu allgemein, werden Sie jetzt konkret, Herr Holter!
Zweitens. Nach der Rede vom Wirtschaftsminister hätten Sie gesagt, den Antrag brauchen wir nicht, das haben wir schon alles im Griff. Wir sind da schon auf dem Weg, genau das, was Sie erreichen wollen. So machen Sie Politik in Mecklenburg-Vorpommern!
Doch, doch, doch, doch!
Doch, doch, sehr geehrter Herr PGF der CDU-Fraktion, lieber Wolf-Dieter, so ist das.
Aber ich will mich noch mal ein Stück weiter mit dem Antragstext beschäftigen. Da fordern Sie noch die Ausweitung auf Investitionen, auf wirtschaftsnahe gemeinnützige Forschungseinrichtungen.
Gut, da gehe ich mit, denn es ist Aufgabe der Landesregierung, weil das ja prinzipiell heute auch schon möglich ist. Die Verantwortung der Landesregierung insgesamt kommt in dem Antrag ohnehin viel zu kurz, denn viele neue Aspekte, die 2015 in den neuen Koordinierungsrahmen der GRW aufgenommen wurden, finden sich in der GRW-Richtlinie von Mecklenburg-Vorpommern nicht wieder. Wie auch?! Unsere Richtlinie wurde bereits ein Jahr davor geändert. Da muss die Landesregierung jetzt ran und es gibt deutlich mehr Aspekte, die aufgenommen werden können.
Nach der Rede vom Wirtschaftsminister ist mir auch klar geworden, dass es richtig war, dass wir als LINKE fünf Jahre lang auf die Frage von Forschung, Entwicklung und Innovation aufmerksam gemacht haben. Ob in der Öffentlichkeit, im Wirtschaftsausschuss oder auch hier, es war einer unserer Schwerpunkte.
Selbstverständlich.
Sie machen, ja, Sie machen! Wann machen Sie?
Im Sommer 2016, am Ende der Legislaturperiode. Sie haben fünf Jahre verschlafen, Herr Glawe!
Fünf Jahre und sich jetzt hinstellen, Harry macht das schon – das Konzept geht nicht auf.
Zum Beispiel auf die Clusterförderung sind Sie, Herr Minister, gar nicht eingegangen.
Es gibt ja den Freiraum über eine Experimentierklausel. Der Koordinierungsrahmen gibt das ganz konkret her. Danach könnten wir bis zu zehn Prozent jährlich nutzen beziehungsweise maximal 10 Millionen frei einsetzen,
also frei im Unterschied zu dem, was im Koordinierungsrahmen vereinbart ist. Damit würden sich einige Ihrer Forderungen bereits umsetzen lassen, denke ich zumindest, weil ich im Detail ja nicht weiß, was Sie hier konkret fordern.
Zum ersten Teil, also zur GRW, habe ich jetzt etwas gesagt, zu Punkt 1 Ihres Antrages, meine Damen und Herren. Zu einem zweiten Teil, zu Punkt 2, möchte ich auch etwas sagen. Das sehe ich weniger kritisch, die Forderung ist in Ordnung, aber hier möchte ich auf ein Problem hinweisen:
Schauen wir uns doch einmal an, wie Mecklenburg-Vorpommern das Programm INNO-KOM-Ost nutzt. Über das Instrument wurden bisher 234 Unternehmen mit 823 Projekten in Deutschland gefördert. Davon waren 14 Unternehmen – 14 Unternehmen! – mit 26 Projekten aus Meck- lenburg-Vorpommern. Also sechs Prozent der geförderten Unternehmen und drei Prozent der Projekte kamen aus Mecklenburg-Vorpommern. Das zeigt doch, dass wir eher über die bestmögliche Nutzung der bestehenden Instrumente reden sollten. Da liegt doch der Hase im Pfeffer. Und dieses Programm ist nicht das einzige. Wenn ich in Richtung Nutzung der Programme bei der Energieeffizienz denke, sieht es da noch schlimmer aus. Auch hier sehe ich die Landesregierung in der Pflicht, die kleinen und mittelständischen Unternehmen in unserem Land durch den Förderdschungel zu führen und die Möglichkeiten bekannter zu machen. Auch an dieser Stelle hat die Landesregierung nachweislich versagt.
Meine Damen und Herren, wir verlassen den Punkt 2 des Antrages, mehr ist nicht dazu zu sagen.
Kommen wir zum Punkt 3. Das ist eines meiner Lieblingsthemen, das wissen Sie, das ist die Digitalisierung.
Und wie so oft zeigt die CDU-Fraktion mit dem Finger auf den Bund oder hat die Landesregierung wieder mal alles in ihrer Kraft Stehende gemacht.
Alles, was ich vernommen habe, ist, dass die Landesregierung mal wieder Studien in Auftrag gegeben hat. Genau das, Minister Glawe, haben Sie gerade wieder erzählt. Das scheint das Allheilmittel von SPD und CDU zu sein. Ich glaube, in 25 Jahren Geschichte MecklenburgVorpommern wurden noch nie so viele Studien und Gutachten erstellt wie in den zehn Jahren Große Koalition.
Und damit ist das, was Sie gemacht haben in zehn Jahren, ein Konjunkturprogramm für Wirtschaftsberatungsgesellschaften.
Aber eine politische Zielstellung, konkrete Überlegungen in Richtung 4.0 gibt es bei Ihnen offenbar nicht.
Wir haben in diesem Landtag, Herr Minister Glawe und meine Damen und Herren der CDU und SPD, sehr oft über die Frage von Innovation der Digitalisierung, der Chancen, die mit „Industrie 4.0“ verbunden sind, gesprochen. Aber wo ist Ihr Konzept? Auch hier haben Sie fünf Jahre verschlafen, wir hätten es längst schon haben können.
Die Studie ist noch nicht fertig, das weiß ich. Ich habe sehr wohl zugehört. Die Studie ist noch nicht fertig, die Chancen …
Ich habe Ihnen …
Lieber Herr Minister, eins mache ich: Ich höre Ihnen aufmerksam zu und habe das auch mit großem Interesse zur Kenntnis genommen, was Sie berichtet haben. Ich will Ihnen bloß sagen, wir sind am Ende der Legislaturperiode, faktisch, zumindest mit der parlamentarischen Befassung,
und wir hätten in Bezug auf Digitalisierung in Wirtschaft und Mittelstand, „Industrie 4.0“, viel weiter sein können,
wenn Sie konkrete Angebote gemacht hätten gegenüber der Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern. Und das ist das Manko,
was wir Ihnen in Ihr Hausaufgabenheft hineinschreiben. Das können Sie ja dann zu Hause oder auf dem nächsten CDU-Parteitag vorzeigen.
Aber Sie waren sich selbst nicht darüber im Klaren in Ihrer eigenen Fraktion, was 4.0 eigentlich bedeutet. Wir reden hier über Breitbandausbau, das haben wir mehrfach gesagt, das ist die infrastrukturelle Voraussetzung, dass das überhaupt funktioniert. Und wenn Sie jetzt sagen, es reicht nicht aus, dass die Bundesinstitute, die wir beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern haben, die Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern unterstützen, Sie wollen mehr dieser Bundesinstitute, Sie wollen Kompetenz nach Mecklenburg-Vorpommern, unterstütze ich Sie vollkommen,
aber diese Forderung hätte schon vor fünf Jahren kommen müssen.
Sie hätten schon längst die Forderung aufmachen müssen.
2012 hat DIE LINKE – ich in Person, mit anderen zusammen – die Forderung aufgemacht,
was nach 2019, nach dem Auslaufen des Solidarpaktes passieren soll.
Da ging es um Innovation, da ging es darum, die infrastrukturellen Voraussetzungen zu schaffen. Da haben Sie doch geschlafen.
Ja, so ist das, Herr Glawe. Sie merken, der Antrag...
Ja, schön, wir haben ja nun versucht, ihn schon mal ein paar Tage vorher zu diskutieren, damit wir das nicht Freitagnachmittag machen müssen. Das ist nun leider nicht gelungen. Der Antrag selbst ruft bei mir keine Begeisterung hervor.
Er hat aber einen Vorteil: Er ist so allgemein gehalten
und so unschädlich, dass wir ihm zustimmen werden, denn im Gegensatz,
im Gegensatz...
Ja, ja, ja, Harry!
Im Gegensatz,
im Gegensatz zur Koalition haben wir nämlich Größe
und wir bewerten die Anträge nach Inhalt und nicht nach dem, was von Ihnen,
von Ihnen,
von Ihnen,
von Ihnen kommt. Wir bewerten den Inhalt und danach stimmen wir ab. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Fast vier Jahre ist es her, dass wir an dieser Stelle die Einsetzung des Untersuchungsausschusses beschlossen haben. Wenn es nach dem Willen der Koalitionsfraktionen SPD und CDU gegangen wäre, hätte es diesen Ausschuss gar nicht gegeben, der Sachverhalt, Hintergründe und Verantwortlichkeiten wären nicht auf Herz und Nieren geprüft worden, wichtige Erkenntnisse wären nie gewonnen und Schlussfolgerungen nie gezogen worden.
Wie Herr Schulte und Herr Minister Glawe gerade deutlich gemacht haben, hat der Sachstandsbericht mehrere Teile: einerseits den Mehrheitsbeschluss der Koalition im Untersuchungsausschuss zu dem, was im Einzelnen untersucht wurde – aus unserer Sicht tendenziös, um die Landesregierung von ihrer Verantwortung reinzuwaschen –, zweitens die Sondervoten, die die Opposition abgegeben hat, und drittens Schlussfolgerungen, auf die der Minister eingegangen ist, die wir als Linksfraktion da mitgetragen haben, weil uns natürlich die Zukunft der Werftindustrie auch am Herzen liegt.
Die Landesregierung und auch Sie, meine Damen und Herren von SPD und CDU, haben gebetsmühlenartig behauptet, Sie hätten alles rechtlich Mögliche und wirtschaftlich Sinnvolle getan, um die P+S Werften zu retten. Für uns als Linksfraktion steht nach vier Jahren fest, dem ist nicht so. Die Aufklärungsergebnisse haben eindrucksvoll bestätigt, dass es richtig und wichtig war, diesen Untersuchungsausschuss einzusetzen.
Für meine Fraktion war wichtig
aufzuklären, welche Rolle die Landesregierung bei dem gescheiterten Sanierungs- und Rettungsversuch der Werften gespielt hat.
Herr Dachner, das haben wir von Anfang an immer betont.
Weil es darum geht, solche Dinge in Zukunft zu vermeiden.
Eine zentrale Erkenntnis, Herr Dachner, und da wird Ihre Frage gleich beantwortet, ist, die Landesregierung hat auf ganzer Linie versagt.
Sie hat Fehleinschätzungen getroffen, hat leichtfertig und blind externen Gutachtern vertraut, ohne die Unterlagen selbst gewissenhaft zu prüfen.
Eine eigene Expertise gab es überhaupt nicht und das Controlling war eine Katastrophe.
Ich kann mich nicht erinnern, dass Sie irgendwann mal am Untersuchungsausschuss teilgenommen haben, Herr Dachner.
Für meine Fraktion steht daher fest, die Landesregierung ist mitverantwortlich für die Insolvenz der P+S Werften und hat dem Image der maritimen Industrie in unserem Land großen Schaden zugefügt. Da kann der Minister über die Zukunft reden, und was Genting hier macht, das ist das eine, aber was damals 2012 passiert ist, ist etwas anderes.
Meine Damen und Herren, es war ja nicht die erste Werftenkrise, die unser Land erschüttert hat. Wir haben sehr oft auch hier im Parlament darüber gesprochen. Schon oft haben wir uns auch mit Problemen der maritimen Wirtschaft beschäftigt, aber Schlussfolgerungen haben Sie, meine Damen und Herren der Regierung und auch der Koalition, für die Rettungsversuche bei den P+S Werften nicht gezogen. Sie – und allen voran der Ministerpräsident – hatten doch nur ein Ziel: Sie wollten den Klotz, den Klotz der maritimen Industrie in Mecklenburg-Vorpommern, endlich loswerden.
Das pfiffen auch die Spatzen vom Dach.
Selbstverständlich.
Das pfiffen die Spatzen von den Dächern.
Nur so, Herr Waldmüller, lassen sich die Entscheidungen und das Handeln der Landesregierung erklären. Nur so lässt sich erklären, dass die Landesregierung stets nur das unmittelbar Notwendige getan und entschieden hat.
Sie hat in Folge versäumt, mutig kalkulierbare Risiken einzugehen.
Wir haben immer gefordert, dass die Werften – und gerade, wenn sie in der Krise waren – Chefsache werden müssen. Aber wenn eine Sache zur Chefsache gemacht wird, muss das Engagement ganz anders aussehen, meine Damen und Herren. Hinzu kam, dass warnende Stimmen nicht gehört oder bewusst ausgeblendet wurden, und dies, obwohl die Landesregierung bei wirklich wichtigen Sachverhalten schlicht überfordert war.
Meine Damen und Herren, das Sanierungskonzept für die P+S Werften war fehlerhaft, das hat die Landesregierung nicht erkannt. Wir sind überzeugt, dass auch ein Laie Fehler im Konzept hätte erkennen können und müssen.
Nun sind wir, …
Nun hören Sie doch mal zu Ende zu, Herr Dachner!
… so sind wir, meine Kollegin Frau Rösler und ich, keine Wirtschaftsprüfer – wir sind bestimmt kluge Leute, aber keine Wirtschaftsprüfer, und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenso –,
aber als wir die Unterlagen studiert haben, ist uns schon beim ersten Lesen aufgefallen, dass es Ungereimtheiten gibt. Diese Ungereimtheiten hätten auch Ihnen auffallen müssen in der Regierung, und zwar solche, die auf jeden Fall erklärungsbedürftig waren. Aber vonseiten der Landesregierung ist da nichts gekommen. Sie wollten sogar wichtige Unterlagen gar nicht gekannt haben, so waren ja die Aussagen im Untersuchungsausschuss. Nein, entschuldigen Sie, die Vertreter der Landesregierung haben in den Anhörungen ausgesagt, sie könnten sich nicht erinnern, ob sie die Dokumente gekannt haben. Ich spreche hier von der Fortschreibung des Sanierungsgutachtens aus dem Januar 2010.
In diesem stand, dass die Werften eben nicht sanierungsfähig sind, wenn die Scandlines-Fähren ohne zusätzliche Finanzierung in die Auftragsbücher genommen werden.
Apropos Scandlines-Fähren: Sie, meine Damen und Herren von SPD und CDU, geben der Geschäftsführung Schuld daran, dass diese Scandlines-Aufträge abge
schlossen wurden. Aber Sie haben wohl vergessen, dass die Landesregierung bei den Vertragsanbahnungen eine maßgebliche Rolle gespielt hat. So gab es beispielsweise in der Staatskanzlei Gespräche zwischen dem damaligen Chef der Staatskanzlei Reinhard Meyer und dem Vertreter von Scandlines, die ausschließlich das eine Ziel hatten, die Aufträge für die P+S Werften zu sichern.
Sie, Herr Sellering – nun leider nicht da –, haben in Ihrer Anhörung gesagt, Sie wüssten nichts von derartigen Gesprächen. Das ist doch einfach lächerlich. Ich kann doch nicht ausblenden, was in meinem eigenen Haus passiert ist. Der Wirtschaftsminister selbst ist nach Dänemark gefahren zu Scandlines, um diese entsprechenden Verträge mit auf den Weg zu bringen.
Dann waren die Aufträge gesichert, dann hat die Landesregierung die Werften im Regen stehen lassen.
Sie hat sich feige hinter den Banken versteckt,
wenn es darum ging, die besten Bedingungen für den Bau zu schaffen, nämlich eine zusätzliche Finanzierungslinie zu finden. Und nun soll allein die Werftenleitung schuld sein? Die Landesregierung wäscht ihre Hände in Unschuld. Das ist unredlich, meine Damen und Herren!
Dann war Ihr Staatssekretär da. Es war ein Vertreter des Wirtschaftsministeriums –
wenn ich mich da nicht geirrt habe, Ihr Staatssekretär – in Dänemark und hat mit Scandlines gesprochen.
Welche Rolle – apropos Staatssekretär –, welche Rolle spielte denn für Sie Staatssekretär Möller im Beirat der Treuhand?
Sie hatten sich dazu entschieden, einen Vertreter in den Beirat der Treuhand zu schicken. Ich kann das jetzt im Einzelnen nicht erklären für die Zuschauerinnen und Zuschauer. Es wurde also im Zusammenhang mit der Sanierung eine doppelnützige Treuhand gebildet. Diese hatte einen Beirat. In diesem Beirat war auch ein Vertreter der Landesregierung, besagter Staatssekretär. Diese Treuhand kam den P+S Werften teuer zu stehen. Sie wurde faktisch zum Selbstbedienungsladen für Dritte. Aber zu den unerträglich hohen Kosten, die die Sanierung mit sich brachte, wird meine Kollegin Jeannine Rösler noch etwas sagen.
Sie haben also Herrn Rüdiger Möller in diesen Beirat geschickt. Welche Aufgabe hatte er dann dort?
Nach Ihrer Auffassung, nach Auffassung des Ministerpräsidenten, sollte er für die Landesregierung Informationen sammeln. Ich darf zitieren: „Schaden kann das nicht, wenn man ein bisschen mehr an Informationen hat“, hat der Ministerpräsident bei seiner Anhörung im Untersuchungsausschuss ausgesagt. Ähnliche Aussagen kommen von anderen Regierungsvertretern. Das schlägt doch dem Fass den Boden aus! Es wird doch damit deutlich, dass Sie die Rolle des Beirates völlig verkannt haben. Klar gab es neben dem Beirat der Treuhand auch noch einen Aufsichtsrat des Unternehmens. Welche Fehler dort gemacht wurden, das zu untersuchen, war nicht Aufgabe des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses.
Der Beirat hatte tatsächlich weitreichende Einflussmöglichkeiten, vor allem auf die Entscheidungen der Geschäftsführung. Jeder Schiffbauauftrag, der in die Bücher genommen wurde, jede Bauzeitfinanzierung, jede Abberufung oder Neubestellung von Organmitgliedern, Geschäftsführern, anderen Verantwortlichen auf der Werft wurde hier entschieden. Jede Fortschreibung oder Änderung des Sanierungsplanes musste im Beirat diskutiert und abgesegnet werden. Herr Möller hatte als Vertreter der Landesregierung alle Möglichkeiten, zuzustimmen oder abzulehnen, aber er sollte ja nur Informationen sammeln. All das geht aus den Vertragsunterlagen zu dieser Treuhand hervor. Offenbar hat die Landesregierung diese nicht gelesen. Anders ist es nicht zu erklären, warum dieses Instrument nicht im Interesse des Landes und seiner Werften genutzt wurde. Bei so vielen Steuergeldern, die auf dem Spiel standen, ist das in der Tat ein Skandal.
Alle Unterlagen, die im Sanierungsprozess eine Rolle spielten – monatliche Reportings, Gutachten et cetera –, sind an den Beirat gegangen und damit auch an die Landesregierung. Die Frage ist, ob Herr Möller diese Unterlagen tatsächlich weitergereicht hat. Die Erkenntnisse, die der Beirat hatte, hätten bei der Landesregierung sämtliche Alarmglocken schrillen lassen müssen, und das bereits zu einem frühen Zeitpunkt. Aber nichts, gar nichts ist passiert. Herr Möller hätte den Alarmknopf drücken müssen. Wenn er es nicht getan hätte, dann eben der Mann der Tat, für die Landesregierung PwC.
Und dann kommt der Sommer 2012, das Wasser steht den Werften bis zum Hals und die Landesregierung bemüht sich um eine Rettungsbeihilfe. Da verlässt Rüdiger Möller, der Beauftragte der Landesregierung im Beirat, unmittelbar den Beirat. Warum eigentlich?
Der war damals schon nicht mehr im Wirtschaftsministerium, der war schon in der Landesvertretung in Berlin tätig. Das ist aber auch ein Extrathema.
Die Frage ist doch,
warum hat die Landesregierung in einer schwierigen Phase, wo es faktisch um das Aus oder die Zukunft der
Werft ging, auf die Mitarbeit im Beirat verzichtet, denn sie hat nicht mal einen neuen Vertreter in diesen Beirat entsandt. Da stellt sich die Frage, warum. Rette sich, wer kann! Wieso haben Sie denn keinen neuen Vertreter in den Bei- rat entsandt? Diese Frage konnte im Untersuchungsausschuss nicht zufriedenstellend beantwortet werden.
Als Sie Herrn Brammertz, dem Geschäftsführer bis zum August 2012, das Vertrauen entzogen hatten, musste ein neuer Geschäftsführer her, und dies zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Dieser wurde schließlich bekannt: Rüdiger Fuchs. Sollte dieser wirklich einen Weg aus dem Schlamassel finden? Mitnichten, der Wechsel des Geschäftsführers sollte nach unserer Auffassung die Insolvenz einleiten. Es gab Krisengespräche in der Staatskanzlei. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Zeit, die damals abgelaufen ist. Herr Fuchs hatte vom Herrn Ministerpräsidenten, von Erwin Sellering, sage und schreibe drei Tage Zeit bekommen, ein Rettungskonzept, eine Einschätzung über die Zukunft der Werften vorzunehmen, ein solches Konzept zu erarbeiten und vorzulegen, über ein Wochenende. Wochenende ist egal, aber drei Tage sind zu wenig. Allerdings wurde die Auszahlung der Rettungsbeihilfe bereits vor diesem Wochenende gestoppt. Sie wollten die Werften endlich loswerden.
Die Vertreter der Landesregierung waren nicht in der Lage, vor dem Ausschuss ausreichend zu erläutern, warum die Zeit derart knapp bemessen war und warum der Geldfluss gestoppt wurde. Wir mussten feststellen, dass die Regierungsmitglieder ohnehin sehr große Erinnerungslücken hatten und haben. So konnten sich Herr Minister Glawe und Herr Minister Caffier auch nicht an ein Telefonat erinnern, in dem diese Herrn Fuchs mitgeteilt haben, dass sie kein Vertrauen mehr in den Mandatar des Landes, PwC, hatten. Das war schon sehr bemerkenswert.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch etwas zu den Auszahlungsmodalitäten der Rettungsbeihilfe sagen. Herr Minister Glawe ist darauf eingegangen, wir haben da eine andere Position und die Dokumente, die uns vorliegen, geben auch andere Auskunft. Die Landesregierung hat immer wieder behauptet, sie könne das Geld nur in Teilbeträgen auszahlen, in Tranchen, so wie das Herr Glawe gerade geschildert hat, EU-Vorschriften würden nichts anderes erlauben. Dem ist eben nicht so. Es gibt keine EU-Richtlinie, die einer Auszahlung in einer Summe widerspräche. Einige Zeugen haben die Auszahlung in Teilbeträgen sogar als Kardinalfehler angesehen.
Die Werften haben keinen größeren finanziellen Spielraum gehabt, obwohl die Rettungsbeihilfe bewilligt war. Sie konnten das Vertrauen bei den Zulieferfirmen nicht wiederherstellen, weil nicht klar war, ob und wann die nächste Tranche, der nächste Teilbetrag, ausgezahlt wird. Dies verschärfte die Lage auf den Werften zusätzlich. Dies spricht dafür: Sie wollten die Werften gar nicht retten, sondern Sie wollten die Werften loswerden.
Lassen Sie mich an dieser Stelle ganz deutlich sagen, meine Fraktion ist davon überzeugt, dass die Rettung
und die Sanierung der ehemaligen Volkswerften und der Peene-Werft notwendig waren. Wir sind auch davon überzeugt, dass eine Sanierung, beginnend 2009/2010, möglich gewesen wäre, allerdings unter ganz anderen Voraussetzungen. Meine Kollegin Frau Rösler wird im Einzelnen darauf noch eingehen und Ihnen Einblick in die Arbeit des Untersuchungsausschusses geben.
Unter dem Strich lässt sich festhalten: Die Landesregierung hat nicht „alles rechtlich Mögliche und wirtschaftlich Sinnvolle“ getan, um die Werften zu retten. Sie haben aus politischen Erwägungen heraus auf viele helfende Möglichkeiten verzichtet. Die Große Koalition ist ein wirtschaftlicher und finanzpolitischer Geisterfahrer, dem die Fahrerlaubnis entzogen werden muss. Und der Ministerpräsident Erwin Sellering trägt die politische Verantwortung für die im August 2012 eingetretene Insolvenz.
Danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der März-Landtagssitzung haben wir Sie aufgefordert, den Bericht über die Entwicklung der Medienlandschaft jährlich vorzulegen, weil die Regierung einem Beschluss des Landtages nicht nachgekommen ist. Damals hieß es in unserem Antrag, zukünftig solle in jedem Jahr ein qualitativ aussagefähiger Bericht über die Entwicklung der Medienlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern vorgelegt werden.
Jetzt sind Sie, meine Damen und Herren, und in persona der Ministerpräsident dieser Aufforderung nachgekommen. Das ist auch gut so, der Bericht liegt vor. Und ich darf auch hier feststellen, dass es eine qualitative Steigerung zu den davor erschienenen Berichten gibt. Das ist auch gut so. Wir sind noch nicht ganz zufrieden – das ist auch gut so –, aber wir erkennen an, dass wir gehört wurden. Das finden wir in Ordnung, denn, Herr Kokert: Links wirkt!
Ich bin gespannt, ob der Ministerpräsident heute das Wort ergreift, weil es ja ein Bericht aus seinem Hause ist, sprich aus der Staatskanzlei. Das wäre nicht unwichtig,
es wäre nicht unwichtig, seine Position zu diesen Fragen zu erfahren.
Wir haben, also einige von uns, unter anderem Herr Kokert, im März – darüber hatten wir hier auch schon geredet – in einer Podiumsdiskussion beim Deutschen Journalisten-Verband schon genau über diese Fragen debattiert, auch danach noch bei verschiedenen anderen Veranstaltungen. Entscheidend ist, dass die Journalistinnen und Journalisten uns ins Stammbuch geschrieben haben, dass der Medienbericht nicht einfach geschrieben ist – also so einfach ist er ja nicht geschrieben –, dass er also erscheint, veröffentlicht wird und wir ihn dann zur Kenntnis nehmen, sondern in der Tat, dass wir ihn heute hier im Landtag behandeln. Das haben wir gerne aufgenommen und damit beantragt, dass wir diesen Bericht über die Entwicklung der Medienlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern heute debattieren.
Spannend und teilweise nicht neu, aber ich finde es trotzdem sehr erhellend und spannend, ist, was in diesem Bericht zum Ausdruck kommt. Auf der einen Seite sagt eben der Bericht, dass es eine sehr unterschiedliche Nutzung der Medien in der Gesellschaft gibt. Die Generationen haben da ein sehr unterschiedliches Medienverhalten und wir haben vom Grunde her eine zweigleisige Nutzung zu verzeichnen. Die Älteren nutzen mehr das Fernsehen und die Zeitungen. Jetzt könnten wir alle darüber philosophieren, was denn nun die Älteren sind, denn auch einige von diesen gehören zu denen, die ganz aktiv im Internet unterwegs sind. Da brauche ich mich ja bloß während der Landtagssitzung hier umzuschauen, wer denn wie seine Informationen bezieht. Auf der anderen Seite sagt der Bericht eben auch, dass die Jüngeren das Internet als erste Informationsquelle suchen. Das ist,
wie gesagt, nun kein absolut neuer Fakt, das wissen wir, das ist aber eben noch mal durch die Untersuchung eindeutig bestätigt worden und sollte auch in der Landespolitik mehr Beachtung finden.
Wir haben es, meine Damen und Herren, mit einem schnellen und grundlegenden Medienwandel zu tun. Ich kann mich noch gut erinnern, früher, auch zu DDRZeiten, aber auch noch nach der Wende, hieß es doch – und das kennen, glaube ich, Politikerinnen und Politiker aller Parteien –: Stand doch in der Zeitung, und damit ist es wahr. Heute …
Ja, ja. Nein, ich will bloß darauf aufmerksam machen, das kennt doch jeder von uns. Und ich als jemand, der die „Prawda“ gelesen hat –
und „Prawda“ ist russisch und heißt
auf Deutsch „die Wahrheit“ –, …
Genau, Herr Schulte.
… bin auch nicht davon ausgegangen, dass alles wahr ist, was in dieser Zeitung steht.
Heute hört man immer wieder: „Das steht doch im Netz.“ Das soll auch heißen: Na das ist doch wahr.
Weder Zeitungen noch Internet haben die Wahrheit gepachtet. Ich glaube auch nicht, dass es der Anspruch der Journalistinnen und Journalisten ist, die Zeitungen machen oder andere Medien machen, dass die den Anspruch auf die absolute Wahrheit haben. Das wäre ja auch absurd. Also so kenne ich das zumindest.
Die Gefahr, die damit verbunden ist, ist doch, dass diejenigen, die nicht die entsprechende Kompetenz dafür haben, das – wie ich es eben illustriert habe – als eine wahre Aussage hinnehmen und diese Aussage weitertragen in den verschiedensten Formen. Das kann ja mündlich passieren, kann aber auch – ich komme gleich darauf zurück – in den technischen Medien, den sozialen Medien sein. Das heißt mit anderen Worten, das Internet ist ein riesiger Sammelplatz von Fakten, Wahrheiten, Theorien, von Lügen, Propaganda und vielen anderen Dingen mehr.
Diese Inhalte werden geteilt, gelikt, retweetet oder mit einem Hashtag versehen. Und so ist also eine Verbrei
tung in einer – Herr Dahlemann, wir haben auch schon darüber gemeinsam auf Podien diskutiert – Wahnsinnsgeschwindigkeit einfach möglich. Machen wir uns nichts vor, wir alle nutzen das doch auch. Und das ist auch gut so, dass wir das nutzen. Das Problem dabei besteht nur darin, dass die Realität und die Symbole des Netzes so miteinander verschwimmen und für den aufmerksamen Nutzer und die aufmerksame Nutzerin dann nicht mehr möglich ist, das zu unterscheiden, wo bleibt denn die Nachricht, wo denn die Wahrheit, wo ist denn nun der tatsächliche Fakt oder der Vorgang, auf den sich die Nachricht, die dann – wie auch immer – verbreitet wird, bezieht.
Journalistinnen und Journalisten haben die Aufgabe, einen Fakt, einen Vorgang zu recherchieren, Meinungen und Gegenmeinungen einzuholen und diese in einen politischen, historischen und/oder gesellschaftlichen
Kontext einzuordnen, damit die Leserin und der Leser sich ihre eigene Meinung bilden können. Aber nicht in allen Medienprodukten wird das genau so eingehalten und am wenigsten im Internet, und in den angeblich sozialen Medien erst recht nicht.
Ja, und auch Sie, Herr Pastörs von der NPD, auch Sie sind Onlineredakteure.
Da braucht man bloß mal auf Ihre Seiten zu gehen
und da wird man schon nicht nur den Kopf schütteln, sondern einfach das Grausen bekommen, was da an Nachrichten verbreitet wird.
Das ist aber Fakt. Dass Sie diese Möglichkeiten nutzen, werfe ich Ihnen ja gar nicht vor. Ich werfe Ihnen bloß vor, was Sie da verbreiten.
Und deswegen ist es eine Frage, deswegen ist es eine Frage, wie sind Menschen,
wie sind Menschen in unserem Land, generell Menschen vorbereitet auf das, was sie über das Internet beziehungsweise in den anderen Medien aufnehmen können,
wie sie dann tatsächlich informiert werden. Heute ist es ja inzwischen so, dass man sich nicht nur informiert, selbst informiert,
indem ich die Zeitung aufschlage oder in das Smartphone schaue, sondern das Smartphone – der Absender – teilt mir ja mit, halt mal, stopp, ich habe da eine neue Nachricht für dich. Ich vermute mal, viele von uns haben das auch entsprechend abonniert, dass man eben von „Tagesschau“ oder von bestimmten Zeitungen oder anderen Apps/Diensten entsprechende Nachrichten bekommt. Das ist ja auch eine Dienstleistung. Es wäre ja absurd, das nicht zu nutzen. Warum denn? Es spart uns die Zeit, ständig zu recherchieren. Man wird darauf hingewiesen, halt, stopp, da ist was passiert, oder im Fußball gibt es dieses oder jenes Ergebnis, auch nicht unwichtig.
Also das funktioniert ja so. Es geht dabei – worauf ich hinaus will –, es geht dabei sowohl um die individuelle Medienkompetenz, es geht aber auch um eine gesellschaftliche Medienkompetenz.
Wenn Sie, Herr Pastörs, jetzt dazwischenrufen „Lügenpresse“, dann ist das genau die Frage, ob das, was Einzelne im Netz treiben, nicht dazu beiträgt, dass Lügen verbreitet werden. Und dazu zählen Sie, meine Damen und Herren der NPD.
Wir müssen in diesem Zusammenhang, wenn es um die Medienkompetenz geht, das Rad ja nicht neu erfinden. Diejenigen, die medienpolitisch sozusagen von der Sprecherfunktion unterwegs sind, aber auch andere, die Jugendpolitik betreiben, wissen eben, dass es ein Netzwerk „Medienaktiv M-V“ gibt. Dort werden genau die Defizite der Medienkompetenzförderung in unserem Land beschrieben. Wir haben aber in diesem Mediennetzwerk, in diesem „Medienaktiv“, verabredet: kleine, nachhaltige Schritte. Ich bin der Überzeugung, mit diesen Schritten können wir auch viel erreichen,
und das ist auch gut so.
Mir ist wichtig – damit Sie mich nicht falsch verstehen –, dass das Verständnis für digitale Medien und ihre Inhalte eine Grundvoraussetzung ist, um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und demokratische Teilhabe zu ermöglichen. Dabei ist es aber wichtig, dass die Inhalte kritisch bewertet werden können und dass die vielfältigen Kontexte auch kommuniziert werden können. Das hat eben auch was damit zu tun, wie Kinder und Jugendliche vorbereitet werden. Deswegen ist der Kinder- und Jugendmedienpädagogik ein großer Stellenwert zuzuordnen. Das haben wir, Frau Bernhardt, in verschiedenen Zusammenhängen ja diskutiert, auch mit dem Landesjugendring, aber auch in anderen Zusammenhängen und auf anderen Veranstaltungen. Deswegen halten wir es für richtig – und das wollen wir eben prüfen –, dass entsprechende Konzepte der Kinder- und Jugendmedienpädagogik in die Schullehrpläne aufgenommen werden können.
DIE LINKE spricht sich für Medienbildungsangebote aus, die allen Bevölkerungsgruppen unabhängig von Alter, sozialer Lage und Region zur Verfügung stehen. Sie sollen Kompetenz im Umgang mit dem Internet und den digitalen Medien vermitteln. Das schließt den Zugang zum Netz und die dazu nötige Hardware für Hartz-IVBezieherinnen und -Bezieher ebenso ein. Das heißt, dieser Bedarf muss anerkannt werden und muss sich dann auch im Regelsatz widerspiegeln. Medienkompetenz ist bereits heute eine wichtige Voraussetzung für den gesellschaftlichen Diskurs – darüber habe ich kurz gesprochen –, aber auch für die zukünftige Entwicklung unseres Landes.
Ich darf dazu Professor Manuela Pietraß von der Bundeswehruniversität München kurz zitieren, die meint, dass nur eine medienkompetente Gesellschaft eine entwicklungsfähige Gesellschaft ist. Dem ist nichts hinzuzufügen. Deswegen meinerseits ein starkes Plädoyer für die Entwicklung der Medienkompetenz in der Gesellschaft, insbesondere unter Kindern und Jugendlichen.
Meine Damen und Herren, in den eingangs erwähnten Diskussionen beim DJV, also beim Journalistenverband, und bei anderen Veranstaltungen ging es immer wieder um die Zukunft der Zeitungen in Mecklenburg-Vorpommern. Wir alle wissen, dass die Zeitungen in unserem Land die Zeichen der Zeit erkannt haben und selbst ein Onlineangebot parallel zur klassischen Zeitung aufgebaut haben. Die Arbeit am Desk und an der Ausgabe von morgen läuft parallel. Die Journalistinnen und Journalisten sind gezwungen, in kürzerer Zeit und mit immer weniger Personal neben der Zeitung für den folgenden Tag eben auch die Onlineportale, die Netzwerkaccounts, auch die verschiedenen Nachrichtendienste – über WhatsApp kann man ja auch entsprechende Mitteilungen der Zeitungen inzwischen beziehen, auch der Regionalzeitung hier in Mecklenburg-Vorpommern – mit Fakten, Bildern und Neuigkeiten zu füllen. Der Wettbewerb – man spürt ihn ja – ist da und die Meldungen müssen immer schneller raus. Das heißt, der Druck auf die Journalistinnen und Journalisten, auf die Redakteure wächst unwahrscheinlich. Und weil das Personal zusammengeschrumpft ist, abgebaut wurde, werden oftmals viele Agenturmeldungen übernommen. Durch diese Zentralisierung werden Inhalte allgemeiner und zunehmend gleich.
Wir haben schon an dieser Stelle darüber gesprochen, wie sich die Medienlandschaft, die Zeitungslandschaft in Mecklenburg-Vorpommern verändert hat. Vom Grunde her ist es doch so, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, dass es drei Regionen in Mecklenburg-Vorpommern gibt, die von jeweils einer Zeitung bedient werden. Wettbewerb, Vielfalt – nicht für uns, die alles lesen, sondern für den, der in Neustrelitz zu Hause ist, der in Schwerin oder in Greifswald zu Hause ist – ist in dem Maße gar nicht gegeben, aber das Internet kann ja Abhilfe schaffen. Aber ich bin der Überzeugung, es trägt eben etwas zur demokratischen Kultur bei. Ein Beitrag zur demokratischen Kultur ist auch, dass es ein entsprechend vielfältiges Angebot gibt, wo man sich unterschiedlich informieren kann.
Hinzu kommt, dass die Verdichtung der Tätigkeiten in den Redaktionen und bei den Zeitungen, der Druck auf die Zeitungen selbst dazu führt, dass Mantelredaktionen eingeführt werden, Redaktionsnetzwerke geschaffen werden. Und mit dieser Zentralisierung droht eben die Gleichheit in die Medienlandschaft einzuziehen.
Ich bin der Überzeugung, dass Journalistinnen und Journalisten frei sein sollen von wirtschaftlichen Zwängen und Vorgaben für ihre Arbeit.
Sie sollen eben ihrer Arbeit frei nachgehen können. Und die Initiative „Unser Land braucht seine Zeitung“ fordert zu Recht eine verbindliche Stärkung der inneren Pressefreiheit. Das haben wir – ich will da Herrn Kokert und Herrn Suhr bewusst mit einbeziehen – zu Beginn der Legislaturperiode gemeinsam auch beredet.
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss.
Leider ist da nicht viel passiert. Ich kann nur hoffen, dass in der nächsten Legislaturperiode endlich Redaktionsstatute in das Landespressegesetz Einzug finden werden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Ja, Herr Liskow, genau da will ich anknüpfen. Sie verweisen auf den bevorstehenden Doppelhaushalt 2018/2019, dass man dort Geld bereitstellen kann. Wir sind aber der Überzeugung, wir hätten das alles schon mit dem Doppelhaushalt 2016/2017 machen können. Damals habe ich bereits darauf verwiesen, dass das Geld für den Breitbandausbau in Mecklenburg-Vorpommern nicht reichen wird.
Wir hatten damals die Frage gestellt, ob der Existenzgründer in der Mitte des Landes mit dem derzeit vorliegenden Doppelhaushalt einen schnellen Internetanschluss bekommen wird. Herr Kokert rief damals dazwischen: „Natürlich.“ Das stimmt einfach nicht.
Als ich im Namen meiner Fraktion Anfang des Jahres beantragte und eingefordert habe, dass die Kofinanzierung für den Breitbandausbau sichergestellt werden muss, weil die Mittel im Haushalt nicht reichen, hat beispielsweise Herr Eifler für die CDU damals gesagt, dass der Breitbandausbau auf einem sehr guten Weg sei und es gar nicht zu beziffern sei, wie viel Geld man brauche.
Der Antrag wurde in gewohnter Manier abgelehnt.
Ja, meine Damen und Herren …
Warten Sie mal, Herr Kokert! Ich komme im Einzelnen gleich darauf zurück.
Ja, meine Damen und Herren, wie viel Geld wir für den Ausbau ganz konkret benötigen, wissen wir heute immer noch nicht, aber offenbar hat sich die Landesregierung von den Aussagen der CDU-Fraktion distanziert und den Handlungsbedarf endlich erkannt. Ich habe eben dazwischengerufen bei der Rede der Ministerin, dass Mecklenburg-Vorpommern …
Es geht gar nicht um Brautwerbung, wir kommen gleich …
Also wissen Sie, Herr Kokert, da können wir jetzt mal einen kleinen Break machen. Ich werbe um keine Braut,
sondern ich werbe für eine starke LINKE. Darauf komme ich in meiner Rede gleich zurück.
Alle anderen Fragen …
Ich werbe nicht um eine Braut, habe ich gesagt, Herr Renz.
Kommen wir mal zum Thema zurück: Ich habe dazwischengerufen, dass Sie den Breitbandausbau verschlafen haben,
und diese Aussage ist richtig.
Wie lange diskutieren wir schon über die Frage, wie der Breitbandausbau in Mecklenburg-Vorpommern vorangetrieben werden kann? Mit dem Doppelhaushalt 2016/17 haben wir genau die Frage aufgeworfen.
Und, Herr Liskow, Sie haben auf die kluge Haushaltspolitik Ihrer Koalition hingewiesen, aber es war doch DIE
LINKE, es war Rot-Rot, die die Haushaltskonsolidierung tatsächlich eingeführt haben.
Sie sagen, ich darf das zitieren: „Dass ein Rückgriff auf Rücklagen überhaupt möglich ist, um den Breitbandausbau im Land zu finanzieren, ist Resultat einer solchen vorausschauenden und verantwortungsbewussten Haushaltspolitik.“ Ja richtig,
aber, Herr Liskow, die Zeitrechnung beginnt nicht erst 2006, sie beginnt schon 2005, und Rot-Rot hat die Haushaltskonsolidierung auf den Weg gebracht,
nachdem die CDU einen Riesenschuldenberg angehäuft hat,
selbstverständlich. Ohne diese enormen Kraftanstrengungen wäre ein solcher Nachtragshaushalt überhaupt nicht möglich. Deswegen herzlichen Dank für die Anerkennung der Erfolge unter Rot-Rot, unter der Regierungsbeteiligung der LINKEN! Das will ich hier feststellen.
Natürlich Sie, ich habe doch zitiert aus Dokumenten, die Sie vertreten.
Aber, meine Damen und Herren der Koalition und der Regierung, wenn wir uns das genau anschauen,
dann hätten wir diesen Nachtragshaushalt, Frau Ministerin, überhaupt nicht gebraucht,
denn Sie hätten auf uns hören sollen. Sie hätten auf DIE LINKE hören sollen, genauso ist es.
Ja, den Freifahrtschein für den Zugriff auf die Rücklage wollten wir Ihnen mit dem Doppelhaushalt bereits geben. Damals standen und es stehen immer noch 62,7 Millionen im Haushalt. Wir haben damals die Zahl angezweifelt und Sie alle, die sich damit beschäftigt haben, wissen, dass die 62,7 Millionen nie gereicht hätten, um die Bundesprogramme zu finanzieren, nie gereicht hätten, um das Versprechen des Ministerpräsidenten Anfang des Jahres – es war beim Arbeitsmarktfrühstück bei der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit –, dass alle Bundesprogramme kofinanziert werden, einzuhalten.
Toll, da war ich dafür, dazu stehe ich auch und habe gesagt, da müssen wir die haushaltsmäßigen Voraussetzungen schaffen, deswegen auch unsere Anträge, die Sie abgelehnt haben. Sie haben Ihren vollmundigen Ankündigungen damals nicht die entsprechenden Taten folgen lassen. Darum geht es.
Und ich war ja wohl damals nicht verrückt, als ich die 62,7 Millionen angezweifelt habe. Nein, heute bestätigen Sie mit dem Nachtragshaushalt, dass wir recht hatten. Aber mir geht es nicht um das Rechthaben, mir geht es darum, dass Sie keine vorausschauende Politik machen,
lange Zeit den zuständigen Minister – der hat damals immer genickt, ich habe das sehr wohl beobachtet – und die Kommunen im Regen stehen gelassen haben. Sie waren unsicher, ob die Finanzierung erfolgen wird, und jetzt, kurz vor der Sommerpause, kommen Sie damit.
Wir hatten recht, wir hatten einen durchdachten Zukunftsplan, und dass Sie das nun endlich begriffen haben, dafür steht nun mal der Nachtragshaushalt. Das bedeutet mehr Arbeit für alle, aber besser später als nie, wie schon die alten Römer sagten.
Wieder einmal müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass Sie ohne DIE LINKE im Landtag dieses Zukunftsthema tatsächlich verpennt hätten. Es würde immer noch …
Ja, selbstverständlich. Es würde immer noch ein Gerangel geben, welches Ministerium denn zuständig sei und wer wie viel Mittel bekommt.
(Vincent Kokert, CDU: Uns war das immer klar. Ich weiß nicht, mit wem Sie gerangelt haben, Herr Holter.)
Meine Damen und Herren, ich bin nicht in der Regierung, ich habe mit niemandem gerangelt.
Ich wollte, dass klare Strukturen herrschen.
Wie lange hat es denn gedauert, bis der Energieminister zuständig war für den Breitbandausbau?
Wie lange hat es denn gedauert, dass er entsprechende Mittel in seinem Haushalt hatte, um das überhaupt um
zusetzen? Das haben Sie wohl alles vergessen. Das gehört doch zu Ihrer Habenseite dieser Koalition.
Wenn jetzt klar ist, dass der Breitbandausbau wichtig ist und eine hohe Priorität hat und für die digitale Revolution, um die es ja letztendlich geht, eine infrastrukturelle Voraussetzung ist – darüber haben wir mehrfach hier gesprochen –, dann muss man eine entsprechende Stange Geld in die Hand nehmen.
Aber eins fehlt mir: Mit dem Nachtragshaushalt geben Sie ein Bekenntnis ab. Das ist ja richtig,
aber es fehlen mir zwei Bekenntnisse, und die will ich hier ansprechen.
Erstens. Der Breitbandausbau muss flächendeckend erfolgen. Ja, es gibt diese – Sie nennen das Durchläufe – verschiedenen Calls, die die Bundesregierung auf den Weg gebracht hat. Daran beteiligen sich die Kommunen, das ist vollkommen in Ordnung, dazu stehen wir und die Kofinanzierung sollte auch stehen. Was ist aber mit den Kommunen in den Gebieten von Mecklenburg-Vorpom- mern, die nicht partizipieren von dem, was der Bund jetzt vorschlägt? Darauf bleiben Sie eine Antwort schuldig. Deswegen sind wir der Überzeugung, die digitale Spaltung in Mecklenburg-Vorpommern muss so schnell wie möglich und komplett aufgehoben werden.
Zweitens. Darüber haben wir in verschiedenen Landtagssitzungen und auch in den Ausschüssen geredet und ich weiß auch, dass Vertreterinnen und Vertreter der demokratischen Fraktionen mit Anbietern, insbesondere mit der Telekom, gesprochen haben. Wir sind der Überzeugung, wir sollten nicht über Super-Vectoring sprechen, wir sollten über Glasfaser reden, Glasfaser, und das bis in jedes Haus.
Das bedeutet digitale Revolution in Mecklenburg-Vor- pommern, das bedeutet Tempo, das schaffen Sie mit dem, was Sie heute mit dem Nachtragshaushalt anbieten, überhaupt nicht, denn mit Super-Vectoring schaffen Sie maximal 250 Megabit pro Sekunde. Und damit verschlafen Sie die Zukunft.