Protocol of the Session on June 20, 2012

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 19. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die vorläufige Tagesordnung der 19., 20. und 21. Sitzung liegt Ihnen vor. Wird der vorläufigen Tagesordnung widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 19., 20. und 21. Sitzung gemäß Paragraf 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich unserem Kollegen Professor Dr. Fritz Tack ganz herzlich noch einmal nachträglich zu seinem 70. Geburtstag gratulieren.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Gratulationen)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Zustand des Grund- und Trinkwassers in Mecklenburg-Vorpommern und Konsequenzen für die Landnutzung“ beantragt.

Aktuelle Stunde Zustand des Grund- und Trinkwassers in Mecklenburg-Vorpommern und Konsequenzen für die Landnutzung

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Abgeordnete Frau Dr. Karlowski. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Auf Wasser können wir nicht verzichten und seine Qualität ist von entscheidender Bedeutung für unsere Gesundheit.

In Mecklenburg-Vorpommern wird 85 Prozent des Trinkwassers aus Grundwasser gewonnen. Noch gelingt es hier, Schadstoffe aus dem Grundwasser so zu entfernen, dass in der Regel keine Gefährdung für die Bevölkerung besteht. Der Aufwand, der betrieben werden muss, um der Bevölkerung unbedenkliches Trinkwasser zur Verfügung stellen zu können, ist jedoch beträchtlich.

In Mecklenburg-Vorpommern ist die Belastung des Grundwassers mit Nährstoffen das Hauptproblem. Über 60 Prozent dieses Nährstoffeintrags stammt dabei aus der Landwirtschaft. Daneben finden sich Belastungen mit Pflanzenschutzmitteln und Arzneimitteln, insbesondere auch Stoffe, die als Umwelthormone bezeichnet werden. Das sind Chemikalien, die das Hormonsystem von Tieren und möglicherweise auch von Menschen beeinflussen können und damit Auswirkungen auf die Fortpflanzungsfähigkeit haben. Viele von ihnen sind auch schwer abbaubar und reichern sich in der Nahrungskette an. Es geht dabei um Arzneimittelrückstände aus der Veterinärmedizin, auch um Polychlorierte Biphenyle, Dioxine und andere Stoffe. Dazu kommen noch die Belastungen mit Schwermetallen, die als Beimengungen in vielen mineralischen Düngern enthalten sind und sich im Laufe der Zeit in der Umwelt anreichern.

Ich kenne die Einstellung vieler Verantwortlicher, die die Überschreitung von Grenzwerten so ein bisschen verharmlosen und die sich dann darauf berufen, dass es bei einzelnen Stoffen keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Gefahren gibt, oder aber die meinen, allein das Einrichten einer Arbeitsgruppe löse das Problem. Es gilt jedoch das Vorsorgeprinzip, das bereits 1992 bei der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio als wesentlicher Bestandteil der Umwelt- und Gesundheitspolitik formuliert wurde. Dieses Vorsorgeprinzip zielt darauf ab, trotz fehlender Gewissheit bezüglich Art, Ausmaß oder Eintrittswahrscheinlichkeit von möglichen Schadensfällen vorbeugend zu handeln, um diese Schäden von vornherein zu vermeiden.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Angesichts der Komplexität der Wirkungen und Wechselwirkungen von anthropogenen Einträgen in unsere Gewässer dürfen wir nicht warten, bis der letzte wissenschaftliche Beweis für einen irreversiblen Schaden gefunden wurde, da es dann schon zu spät zum Handeln sein kann.

Im Jahr 2000 wurde mit der EU-Wasserrahmenrichtlinie ein umfassender, EU-weit einheitlicher Ordnungsrahmen für den Schutz der Oberflächengewässer des Grundwassers und des Grundwassers geschaffen. Das mit dieser Richtlinie vorgegebene Ziel lautet, dass bis 2015 in den EU-Staaten der gute ökologische und chemische Zustand unserer Gewässer erreicht sein muss.

Das Landwirtschaftsministerium hat hierzu 2010, also zehn Jahre nach Formulierung der EU-Wasserrahmenrichtlinie, ein Konzept erarbeitet, das die Minderung der diffusen Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft in die Oberflächengewässer und das Grundwasser von Mecklenburg-Vorpommern bis zum Jahr 2020 zum Ziel hat.

Mal davon abgesehen, dass das dann ja fünf Jahre nach dem EU-weit vorgegebenen Zieljahr 2015 ist, kritisieren wir Bündnisgrünen, dass dieses Konzept viel zu sehr auf Grundlagenforschung und Forschung im Allgemeinen setzt. Wir sind der Meinung, dass die meisten Ursachen für die Belastung schon lange bekannt sind und dass hier wertvolle Zeit, finanzielle und personelle Ressourcen vergeudet werden, statt endlich konkrete Maßnahmen zu ergreifen.

Kommen wir zu den Ursachen des Nährstoffeintrags. Zum einen ist es der zunehmende Anbau von Agrarenergiepflanzen wie Mais, der häufig ohne Fruchtwechsel auf immer denselben Schlägen angebaut wird.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Diese Praxis führt zu einem Humusabbau im Boden, was dazu führt, dass der Stickstoff in Richtung Grundwasser freigesetzt wird. Zum anderen ist es die künstliche Entwässerung, die eine Haupteintragsquelle für Stickstoff und Phosphor in unsere Gewässersysteme darstellt. Künstliche Entwässerung verstärkt die Belastung der Gewässer durch Freisetzung der Nährstoffe aus der Humussubstanz der Böden und den schnellen Abtransport der Nährstoffe aus der für Stoffumsetzungsprozesse hochwirksamen Bodenzone.

Schauen wir mal einen anderen Aspekt an. Wie unsensibel in unserem Land mit dem Thema Trinkwasserschutz umgegangen wird, beleuchtet die Tatsache, dass bei

Aufgabe eines Brunnens auch automatisch das diesen Brunnen umgebende Schutzgebiet aufgehoben wird. Dieser Automatismus ist aus unserer Sicht leichtfertig und kurzsichtig. Der Auswahl und Erschließung von Trinkwassererfassungen gingen und gehen umfangreiche hydrologische und geologische Untersuchungen voraus. Es handelt sich bei einer Trinkwassererfassung also immer um ein entsprechend geeignetes Gebiet. Eine solche Eignung basiert auf den örtlichen geologischen Gegebenheiten, beginnt und endet also nicht mit der konkreten Nutzung eines Brunnens.

Ein Beispiel: Im Amtsbereich Demmin-Land gab es 1998 noch 25 Trinkwasserschutzgebiete. Im März dieses Jahres sind Aufhebungen bekannt gemacht worden, sodass wir in diesem Bereich nur noch 6 Trinkwasserschutzgebiete haben werden. Aus 25 wurden 6. Davon sind 16 Gemeinden und 62 verstreut liegende Ortsteile betroffen. Das ist ein Verlust von 75 Prozent der Schutzgebiete innerhalb von weniger als 14 Jahren.

Da die aktuelle Grundwasserqualität des Landes aus den bereits beschriebenen Gründen sehr kritisch zu beurteilen ist, fordern wir, dass bestehende Trinkwasserschutzgebiete aufrechtzuerhalten sind, und der praktizierte Automatismus, Trinkwasserschutzgebiete aufzuheben, sobald der Brunnen nicht mehr genutzt wird, soll beendet werden.

Grundwasserschutz bedeutet nun in erster Linie, bei der Landnutzung umzusteuern. Wir fordern, dass vielfältige Fruchtfolgen, der Anbau von Eiweißpflanzen und Verfahren des ökologischen Landbaus stattfinden müssen. Damit haben wir positive Klimawirkung und wir tun etwas für unser Grundwasser.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Wir fordern, dass ein Zehntel des Ackerlandes als ökologische Vorrangfläche der biologischen Vielfalt gewidmet wird. Das können zum Beispiel Hecken, Saumstrukturen, Sölle oder Ackerrandstreifen sein.

(Stefan Köster, NPD: Licht im Schacht.)

Des Weiteren sind Ansatzpunkte im Bereich Erosionsschutz und Moorschutz, wo wir die Nutzung …

Frau Abgeordnete, ich habe Ihnen schon mehr Zeit eingeräumt. Also Sie müssen jetzt wirklich zum Ende kommen.

… vollständig in Grünlandbewirtschaftung oder eine Außernutzung überführen wollen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Dr. Karlowski.

Das Wort hat jetzt der Minister für Landwirtschaft und Umwelt Herr Dr. Till Backhaus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich

(Udo Pastörs, NPD: Quak, quak, quak.)

zur Kenntnis genommen habe, dass heute das Thema „Grundwasser und Trinkwasser“ auf der Tagesordnung stehen soll, habe ich zunächst erst mal überlegt, ist das im Zusammenhang mit einem aktuellen Anlass zu sehen oder gibt es die Querverbindung tatsächlich

(Vincent Kokert, CDU: Ja, es regnet draußen heute. Die GRÜNEN wussten das schon.)

zur Weltumweltkonferenz. Wenn das so der Fall gewesen wäre, hätte ich noch gesagt, das ist ‘ne tolle Idee. Und auf der anderen Seite, wenn man sich überlegt, jawohl, 20 Jahre Rio, vor welchen Herausforderungen wir weltweit stehen, dann ist eines klar: Wasser ist Leben. Wasser ist das wichtigste Lebensmittel dieser Erde.

Und, Frau Dr. Karlowski, ich sage es ganz ausdrücklich, auch die Ausführungen, die von Ihnen ja vorgenommen worden sind, waren ja interessant, aber eines gilt für dieses Land Mecklenburg-Vorpommern, nämlich der Grundwasserschutz gilt flächendeckend in MecklenburgVorpommern, meine sehr geehrten Damen und Herren. Flächendeckend.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Wenn man sich des Themas Wasser nähert, dann ist eines klar: Wir haben in diesem Land MecklenburgVorpommern ein flächendeckendes Netz der Kontrolle und Überwachung. Und, Herr Suhr, Sie haben ja der Öffentlichkeit zur Kenntnis gegeben, dass Sie die Zahlen aus dem Jahr 2008 herangezogen haben. Ich will hier nur der Korrektheit halber anmerken, selbstverständlich gibt es neuere Zahlen. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Geologie veröffentlicht laufend aktuelle Zahlen und Fakten und auch darauf werde ich näher eingehen.

Für mich gilt ganz einfach, um das auch noch mal auf den Punkt zu bringen: Ohne Wasser gibt es kein Leben auf dieser Erde. Daher muss Wasser auch für die zukünftigen Generationen so sauber wie möglich gehalten werden, um damit überhaupt das Leben auf dieser Erde zu ermöglichen. Und gerade wenn man bedenkt, dass weltweit, meine sehr geehrten Damen und Herren, mehr als 1 Milliarde Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, oder wenn man überlegt, dass über 2,4 Milliarden Menschen ohne sanitäre Anlagen auskommen müssen auf dieser Erde, oder wenn Sie bedenken, über 5.000 Menschen sterben täglich auf dieser Erde aufgrund von Durchfallkrankheiten im Zusammenhang mit nicht sauberem Wasser, wird die Dimension deutlich.

Und auf der anderen Seite, Frau Dr. Karlowski, zeigt es sich, unter welchen Bedingungen wir hier leben dürfen, nämlich sauberes, ausreichendes Trinkwasser in höchster und streng kontrollierter Form zur Verfügung zu haben. Ich glaube, Sie können daran erkennen, Mecklenburg-Vorpommern geht es, was das Trinkwasser, was das Grundwasser, was die Oberflächengewässer anbetrifft, seit Jahren deutlich besser als noch vor 1989. Da fühle ich mich natürlich auch in diesem Zusammenhang der Nachhaltigkeitsstrategie verpflichtet – und das seit vielen, vielen Jahren.

Für mich gilt eines auch ganz klar, nämlich, dass Grund- und Trinkwasserschutz eine Daueraufgabe ist und bleiben wird. Unser Grundwasser ist die wichtigste Quelle für die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser, aber

auch für die Bereitstellung von Brauchwasser für die Industrie. Deshalb ist der Schutz dieser Ressource hinsichtlich ihrer Menge und ihrer Beschaffenheit in Mecklenburg-Vorpommern von allerhöchster Bedeutung. Insofern ist das immer aktuell, dieses Thema. Das akzeptiere ich auch und bin insofern dankbar, dass Sie dieses Thema aufgeworfen haben.

Die Gesamtgrundwasserangebotsstrategie des Landes Mecklenburg-Vorpommern kann man beziffern auf exakt 7,71 Millionen Kubikmeter täglich, was wir an Trinkwasser in Mecklenburg-Vorpommern und Grundwasser zur Verfügung haben. Täglich werden in Mecklenburg-Vorpommern circa 0,7 oder 700.000 Kubikmeter, und das sind insgesamt 9 Prozent des Gesamtgrundwasserangebotes überhaupt, in Anspruch genommen. Auch daran wird deutlich, welche wertvolle Ressource, welchen Schatz wir tatsächlich im Grundwasser in MecklenburgVorpommern haben. Und auch dieses habe ich in den letzten Jahren immer wieder auch bearbeiten lassen und überwachen lassen.

Der Trinkwasserbedarf in diesem Land, in MecklenburgVorpommern, wird zu 85 Prozent, das ist angedeutet worden, aus dem Grundwasser gezogen. Wir haben eine Sondersituation mit Rostock, wo wir das Trinkwasser aus der Warnow gewinnen. Und das macht auch deutlich im Übrigen, dass unsere Oberflächengewässer in den letzten Jahren nach der Wende durch erhebliche Investitionen in der Gesundung gut vorangekommen sind. Ja, jeder verbraucht, jeder von uns verbraucht täglich um die 100 Liter tatsächlich wertvollsten Trinkwassers in Mecklenburg-Vorpommern. In den ländlichen Gebieten liegt es etwas darunter, da liegen wir bei 90 Liter pro Einwohner. Das können und dürfen wir auch nicht kaputtreden. Unser Trinkwasser ist in höchster Qualität in MecklenburgVorpommern vorhanden. Andere beneiden uns darum.

Für mich kommt es auch darauf an, dass es gelingt, auch zukünftigen Generationen diese wichtige Ressource Grundwasser für die Trinkwasserversorgung zu sichern. Deshalb sind allein in die Trinkwasserversorgung, und die Zahlen sind, glaube ich, ganz ansprechend, in die Trinkwasserversorgung von 1991 bis 2006 280, Frau Dr. Karlowski, 280 Millionen Euro allein nur in die Trinkwasseraufbereitung und in die Systeme hineininvestiert worden.

(Udo Pastörs, NPD: Die Zahlen sagen nichts aus.)

Wir haben 27 Wasserwerke neu gebaut. Wir haben 51 Wasserwerke in Mecklenburg-Vorpommern erweitert und wir haben 1.270 Kilometer Leitungen neu gebaut. Und insgesamt sind zusätzlich dann noch immerhin 29.000 Einwohner in Mecklenburg-Vorpommern an das zentrale Trinkwasser, ich betone, an das Trinkwassernetz angeschlossen worden.

Der Ausbau der Trinkwasserversorgung ist landesweit abgeschlossen, meine Damen und Herren. Abgeschlossen, das heißt, wir versorgen die Bevölkerung insgesamt auf allerhöchstem Niveau in Mecklenburg-Vorpommern. Und damit haben wir einen der höchsten Standards, die es weltweit und europaweit überhaupt gibt.

Unsere oberste Fachbehörde, insbesondere das Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie in Güstrow, betreibt ein umfassendes Messnetz. Auch das ist mir