Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 12. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die vorläufige Tagesordnung der 12., 13. und 14. Sitzung liegt Ihnen vor. Wird der vorläufigen Tagesordnung widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 12., 13. und 14. Sitzung gemäß Paragraf 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde. Die Fraktion der SPD hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Solarkürzungen gefährden Energiewende und Arbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern“ beantragt.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 23. Februar 2012 gaben die Bundesminister für Umwelt und Wirtschaft, Herr Röttgen und Herr Rösler, ihre Kürzungspläne zur Solarförderung bekannt und am 29. Februar 2012 beschloss das Bundeskabinett das EEG-Änderungsgesetz. Ich mache es mal in Kurzform.
Beschlossen wurden unter anderem Vergütungskürzungen von 20 Prozent für Anlagen bis 10 KW auf 19,5 Cent pro Kilowattstunde, von 25 Prozent für Anlagen bis 1 MW auf 16,5 Cent pro Kilowattstunde, von 30 Prozent für Anlagen bis 10 MW abgesenkt auf 13,5 Cent pro Kilowattstunde. Bei Freiflächenanlagen sind Kürzungen um 30 Prozent bis 10 MW geplant und bei Anlagen über 10 MW soll zukünftig nur noch der Leistungsanteil bis 10 MW vergütet werden. Die geförderte Strommenge soll bei Anlagen bis 10 KW auf 85 Prozent und bei größeren Anlagen auf 90 Prozent der in einem Kalenderjahr erzeugten Strommenge begrenzt werden.
Diese Kürzungen sollten rückwirkend zum 9. März 2012 in Kraft treten. Inzwischen sind ja Kürzungen zum 1. April angekündigt und außerdem sollen ab Mai für alle Anlagen die Vergütungen monatlich um weitere 15 Cent pro Kilowattstunde abgesenkt werden. Übergangsregelungen sind bisher im Gesetzentwurf nicht vorgesehen. Dies ist ein eklatanter Verstoß gegen notwendigen Vertrauensschutz für bereits geplante und genehmigte Projekte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die geplanten Förderkürzungen und deren kurzfristige Umsetzung gefährden aus Sicht der SPD die Umsetzung vieler Solarprojekte sowie zahlreiche Arbeitsplätze bei Herstellern, Händlern und Installateuren. Die Bundesregierung, meine Damen und Herren, verbreitet mit ihren Kürzungsplänen Chaos
und Unsicherheit in der Solarbranche. Anstelle mit Bedacht und Augenmaß die Vergütungen schrittweise an die Kostenentwicklungen anzupassen und die Systemin
tegration der Fotovoltaik voranzutreiben, vollzieht die Bundesregierung eine systematische und gewollte
Kehrtwende. Die Kürzungen untergraben die Glaubwürdigkeit und die politische Verlässlichkeit der schwarzgelben Koalition beim Ausbau erneuerbarer Energien. Insofern geht es hier nicht nur um Solarkürzungen.
Auch Mecklenburg-Vorpommern ist massiv betroffen. Beim Modulproduzenten Centrosolar in Wismar bangen mehrere Hundert Beschäftigte um ihre Arbeit. Landes- weit sind viele Investoren verunsichert, Hersteller und Handwerker sind in ihrer Existenz gefährdet, weil sie im Vertrauen in Politik Verträge geschlossen haben, in Vorleistung gegangen sind und jetzt nicht wissen, wie es weitergehen soll. Meine Damen und Herren, das ist wirtschaftsfeindlich und setzt Zukunftsarbeitsplätze aufs Spiel.
Meine Damen und Herren, in unserem Land gibt es bereits jetzt über 7.200 PV-Anlagen, die mit einer Leistung von fast 400 MW schon jetzt einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. Wir brauchen natürlich auch in Zukunft die Solarenergie, meine Damen und Herren, auf dem Weg zu einer hundertprozentigen Stromversorgung aus erneuerbaren Energien und für das Gelingen der Energiewende in Mecklenburg-Vorpommern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, welche Position vertritt nun die SPD-Fraktion hier im Landtag in Schwerin zum EEG-Änderungsgesetz und zur weiteren Entwicklung der Solarenergie?
Zum einen: Wir brauchen auch weiterhin einen dynamischen Ausbau der Fotovoltaik, meine Damen und Herren,
und auch in Mecklenburg-Vorpommern ist die Solarenergie ein unverzichtbarer Teil der Energiewende. Sie schafft Arbeitsplätze und regionale Wertschöpfung, sie bietet Beteiligungsmodelle und sie dämpft jetzt schon auch in der Mittagsspitze vor allen Dingen den Strompreis.
Zweitens. Meine Damen und Herren, wir brauchen vierteljährliche Vergütungsabsenkungen bei der Solarförderung, die sich der Marktentwicklung anpassen, Kontinuität in den Markt bringen und der Branche ein gesundes Wachstum ermöglichen. So wollen wir verlässliche und stabile Rahmenbedingungen für Investoren, Hersteller und Handwerker schaffen.
Meine Damen und Herren, Überförderungen lehnen wir ebenfalls ab. Überförderungen ermöglichen nämlich nicht nur ungerechtfertigte Rendite, sondern sind auch kontraproduktiv für die Weiterentwicklung der Solarindustrie.
Aber durch regelmäßige Degressionsschritte sollen Kostensenkungen angereizt werden. Demzufolge lehnen wir Vergütungsabsenkungen ohne Übergangsregelungen
zum 1. April 2012 ab und betrachten das als viel zu kurzfristig und bestehen nach wie vor auf dem angekündigten Datum 1. Juli.
Wir brauchen, meine Damen und Herren, keine Verordnungsermächtigung, die dem Bundesumweltministerium und dem Bundeswirtschaftsministerium das Recht gibt, Vergütungssätze und Degressionen ohne Zustimmung des Bundestages und ohne Beteiligung des Bundesrates zu ändern. Den Versuch, dem Bundestag und dem Bundesrat, meine Damen und Herren, ihr Mitspracherecht zu beschneiden und sie zu entmachten, betrachten wir als SPD als Angriff auf den Kern des Energieeinspeisungsgesetzes und er wird von uns konsequent abgelehnt.
Meine Damen und Herren, wir brauchen bei den Freiflächenanlagen eine Stärkung der kommunalen Planungshoheit.
Starke Abstandsregelungen für neu errichtete Freilandanlagen und Freiflächenanlagen, die laut Gesetzentwurf vier Kilometer auseinanderliegen sollen, lehnen wir ebenfalls konsequent ab.
Meine Damen und Herren, wir brauchen eine bessere Netzinnovation von Fotovoltaikstrom und einen Zubau von Fotovoltaikanlagen zu möglichst geringen Kosten, um die Stromverbraucher nicht unnötig zu belasten. Die geplante beschleunigte Einbeziehung von PV-Anlagen unter 100 KW ab 1. Juli in das Einspeisungsnetz wird deshalb begrüßt, denn damit wird die Netzstabilität insbesondere in Regionen mit viel Fotovoltaik auch beim weiteren Zubau gewährleistet. Genauso unterstützen wir auch die Absicht, die Kosten aus der Nachrüstung von PV-Anlagen zu einer Hälfte über die EG-Umlage und zur anderen Hälfte auf die Netzentgelte umzulegen.
Meine Damen und Herren, vor allen Dingen brauchen wir aber massive Anreize für Investitionen in Forschung und Entwicklung. Nur wenn die deutsche Solarindustrie technologisch führend ist, hoch innovativ und spezialisiert ist,
können wir die deutsche Solarbranche für die Zukunft rüsten und so Arbeitsplätze sichern und auch gegen die Billigkonkurrenz aus China bestehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch gibt es ja Hoffnung, die berechtigte Hoffnung, im parlamentarischen Verfahren das Schlimmste zu verhindern. Nach der Ersten Lesung im Bundestag am 9. März gibt es im Umweltausschuss am 23. März eine Expertenanhörung zur Frage: Welche Spielräume gibt es für Vergütungskürzungen? Wir setzen gewisse Hoffnungen in diese Expertenanhörung und hoffen, dass danach mehr Sachlichkeit und mehr Sachkenntnis einzieht in die weitere politische Debatte.
Meine Damen und Herren, der bundesweite Protest, der Widerstand von SPD, GRÜNEN, LINKEN, Piraten vielleicht auch, die Demonstrationen in Wismar und ins- besondere die Großdemo der Solarwirtschaft am 5. März in Berlin zeigen erste Wirkungen. Mehrere unionsgeführte Länder drängen auf Korrekturen an den vom Bundeskabinett beschlossenen Kürzungen der Solarförderung. So zum Beispiel bezeichnete Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner die abrupte Absenkung der Einspeisevergütung als großen Fehler. Er äußerte sich skeptisch, ob zukünftig noch ein ausreichender Neubau von Solaranlagen möglich ist, und sagte dazu, ich zitiere: „Den brauchen wir, wenn wir die Energiewende mit einem ausgewogenen Mix erneuerbarer Energieträger schaffen wollen“. Recht hat er.
Als „,falsches Signal‘“ bezeichnet die „saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) … die besonders starke Kappung der Einspeisevergütung für Photovoltaik-Anlagen, die auf Freiflächen installiert werden“. Sie sieht die in ihrem Bundesland geplanten besonders großen Solaranlagen als gefährdet an.
„Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) hatte der Bundesregierung bereits mit einem Veto des Bundesrats gegen die Kappung gedroht. ,Das wird definitiv gestoppt werden‘, sagte sie und warf SchwarzGelb im Bund einen Alleingang vor. ,Und da es inzwischen auf jede Stimme ankommt im Vermittlungsausschuss, kann ich nur sagen:‘“ – ich zitiere Frau Lieberknecht – „,Diese Gesetzgebung wird definitiv so nicht stattfinden.‘“
„Widerstand hat jüngst auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) angekündigt: ,Wenn wir jetzt das Augenmaß verlieren, machen wir eine ganze Zukunftsbranche in den neuen Ländern kaputt.‘“ Recht hat er.
Herr Kokert, Sie können sicher sein, dass die in diesen Regierungen mitregierenden SPD-Fraktions- und -Re- gierungsmitglieder das genauso sehen und selbstverständlich die SPD in NRW ebenso. Allerdings stelle ich fest, dass bisher im Gegensatz zur CDU in anderen Bundesländern hier in Mecklenburg-Vorpommern einiges an Botschaften bei der CDU noch nicht angekommen ist. Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden,
denn wenn man Zeitung liest, kann man zumindest aus den kommunalen Bereichen durchaus CDU-Politiker zitieren, die ebenfalls inzwischen ihre Position angepasst