Protocol of the Session on July 4, 2014

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 73. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor.

Seitens der Fraktion der SPD ist beantragt worden, beim Tagesordnungspunkt 27 den Redeblock V umzuwandeln in Redeblock I. Ich lasse darüber jetzt im Plenum abstimmen. Wer mit dieser Änderung des Redeblocks einverstanden ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen.

(Stefan Köster, NPD: Mein Gott, habt ihr Angst!)

Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist bei Zustimmung der Fraktion der SPD, der CDU, der LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und zwei Gegenstimmen aus der Fraktion der NPD diese Änderung so beschlossen. Wir setzen also unsere Beratung fort.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 26: Beratung des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD – Medienkompetenz ausbauen – E-Learning in Schulen fördern, auf Drucksache 6/3071.

Antrag der Fraktionen der CDU und SPD Medienkompetenz ausbauen – E-Learning in Schulen fördern – Drucksache 6/3071 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Renz für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Immer, wenn Parteien Wahlprogramme aufstellen, dann geht es ja um das Setzen von großen Themen. Meistens funktioniert das so: Die Schwerpunkte „Wirtschaft“, „Finanzen“, „Familie“, „Bildung“ sind die großen Bausteine, die platziert werden. Meistens ist es auch wichtig, in welcher Reihenfolge diese Themen aufgemacht werden. Aber wenn wir in diese einzelnen Bausteine gehen, insbesondere in den Bildungsbaustein, über den wir heute debattieren wollen, dann glaube ich, dass das nicht nur ein besonders wichtiges Thema ist, sondern dass es auch besonders kompliziert ist, sich nicht nur dieser Materie zuzuwenden, sondern sie auch erfolgreich zu meistern.

Wenn wir nämlich sehen, wie rasant die technische Entwicklung abläuft, allein hier im Landtag: Wer schon ein paar Legislaturperioden dabei ist, der wird wissen, dass ein Thema wie iPad oder Tablet vor fünf bis zehn Jahren undenkbar war. Vor ein paar Jahren haben wir noch diskutiert,

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ob es überhaupt zulässig ist, diese Geräte auch im Landtag zu benutzen. Oder wenn wir jetzt die Handys et cetera nehmen – also das ist schon eine rasante Entwicklung, die in diesem Bereich stattfindet.

Dann stellen sich natürlich die Fragen: Wie können wir im Bildungsbereich darauf reagieren? Wie können wir, aus meiner persönlichen Sicht, dieses Zukunftsthema in der Schule, in der Bildung meistern? Da gibt es viele Dinge, die zu besprechen sind, allein, wenn es um den Ausstattungsgrad an Schulen oder auch um die Lehrkräfte geht: Sind sie aufgrund dieser rasanten Entwicklung überhaupt ausreichend vorbereitet auf ihre Tätigkeit, um dieses Thema zu vermitteln?

Wenn man ganz nüchtern feststellt, dann glaube ich, ist es auch das erste Mal – zumindest ist es mir in dieser Form nur so bewusst –, dass wir uns im Landtag mit diesem Zukunftsthema „Medienkompetenz ausbauen – E-Learning in Schulen fördern“ so intensiv befassen.

(Zuruf von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin froh, dass wir von der CDU-SPD-Koalition dieses Thema hier anstoßen, weil es nicht mehr die Frage sein wird, ob wir uns mit diesem Thema auseinandersetzen, sondern wie wir dieses Thema meistern wollen und wie die Politik die Rahmenbedingungen setzen sollte, um dieses Thema erfolgreich umzusetzen.

Es ist schon, glaube ich, etwas schwierig, wenn man das rückblickend betrachtet, wie es früher mit der Schule war. Früher hat die Schule im fachlichen Bereich – den möchte ich jetzt mal nur ansprechen – auf das Leben, auf die Arbeitswelt vorbereitet. Es stellt sich heute die Frage: Ist die Schule aufgrund dieser rasanten Entwicklung in diesem technischen Bereich – so, wie ich sie dargestellt habe – überhaupt in der Lage, hier eine Vorreiterrolle einzunehmen, oder ist es so, dass die Schule aufgrund dieser besonderen Rahmenbedingungen im Prinzip nur noch diesen Prozess begleiten kann?

Daraus ergibt sich dann natürlich auch die Schwierigkeit für die Politik, diesen Prozess zeitnah anzugehen und erfolgreich umzusetzen. Wir könnten jetzt stundenlang über diese fachliche Grundlage diskutieren, was Medienkompetenz et cetera ist. Ich glaube schon, dass wir alle sozusagen vom gleichen Stand ausgehen und uns den Lösungen zuwenden sollten.

Es ist nur immer wieder interessant – vielleicht das noch als kurze Nebenbemerkung –, dass man, wenn man unsere Kinder, unsere Jugendlichen begleitet, in welcher Form auch immer, entweder als Elternteil oder auch als Politiker bei Schulbesuchen, im täglichen Leben feststellt, was die Kinder alles können, was sie beherrschen, dass sie im Prinzip mit diesen Themen aufwachsen, ob das solche Dienste wie Facebook oder Twitter sind – das sind ja schon fast die kleinsten Dinge, die im Leben Normalität geworden sind.

Man traut sich gar nicht so richtig – zumindest geht es mir so –, sich zurückzuerinnern, wie das überhaupt war, als man selbst zur Schule gegangen ist. Also ich gehörte tatsächlich noch zu der Generation, die mit Rechenschiebern aufgewachsen ist.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ja.)

Andere haben nachher – ich weiß jetzt nicht, ob Herr Albrecht dazugehörte, ich glaube nicht, er gehörte auch zu der Generation der Rechenschieber –,

(Heiterkeit bei Rainer Albrecht, SPD: Jawohl. – Heiterkeit bei Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Mitte der 80er-Jahre, den SR1 bekommen. Der wurde dann eingeführt.

Wenn man sich vorstellt, was unsere Kinder heute im täglichen Leben schon erleben, dann ist es ein spannendes Thema und wir glauben, es ist richtig, das Thema platziert zu haben. Dann nützt es auch nichts, diese modernen Medien, Internet et cetera, zu verteufeln, sondern es muss klar definiert werden. Wir sollten in der Politik unseren Beitrag leisten, dass wir die Zielstellung umsetzen, nämlich dass unsere Kinder und Jugendlichen in die Lage versetzt werden, aufgrund von Rahmenbedingungen diese Medien sachgerecht, kommunikativ, sozialverantwortlich zu nutzen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: So, nun kommen wir mal zum Thema des Antrages.)

Das ist die Aufgabe von Schule und deswegen müssen wir uns diesem Prozess stellen.

Ich will auch, das geht ja aus unserem Antrag hervor, das Thema Landesdatenschutzbeauftragter und das geschaffene Angebot der Medienscouts herausstellen. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich bei diesem Thema nicht so auf dem aktuellen Stand war, bevor wir diesen Antrag auf den Weg gebracht haben, aber es war für mich eine Art Genugtuung, dass wir als Politiker, insbesondere der Datenschutzbeauftragte, dieses Thema dann doch schon besetzt haben. Deswegen möchte ich hier ganz kurz nicht nur den Landtag, sondern auch die Öffentlichkeit darüber informieren, dass es dieses Angebot bereits gibt, dass Schüler/-innen der 8. bis 10. Klasse kostenfrei an komplett organisierten Wochenenden zu Medienscouts ausgebildet werden,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist aber neu.)

dass ihnen auch Chancen und Risiken des Internets vermittelt werden und wie sie damit umgehen sollen, dass sie das Ganze meistern. Das Interessante an diesem Projekt ist, dass Gleichaltrige ihr Wissen weiter- geben. Das ist vielleicht auch bei der Kommunikation gegenüber den Schülern etwas ganz Besonderes, dass es möglicherweise sogar besser angenommen wird. Ich glaube, das ist eine tolle Sache.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Glauben oder wissen?)

Deswegen bitte ich auch in diesem Punkt um Unterstützung, weil es eine Evaluation dieses Programmes der Medienscouts in M-V bis jetzt noch nicht gegeben hat. Wir hoffen, dass wir das Ganze durch unseren Antrag anstoßen können, dass die positiven Aspekte dieser Programme auch noch mal deutlich herausgearbeitet werden – ganz klar mit der Zielstellung, politische Rahmenbedingungen, Unterstützungen zu leisten, dass dieses Angebot verstetigt wird.

Ein weiterer wesentlicher Schwerpunkt unseres Antrages ist es zu ermitteln, wie überhaupt der Istzustand ist. Ich hatte es schon gesagt, viele von uns besuchen Schulen und können sich davon überzeugen, dass es durchaus die eine oder andere Schule gibt, wo dieses digitale Zeitalter auch umgesetzt wird – Stichworte „Digitaler Klas

senraum“, „Digitale Tafeln“, „Tablets“ und so weiter, dass die entsprechend zur Anwendung kommen und dass es viele Lehrer gibt, die in diesem Thema zu Hause sind und dieses Thema begleiten.

Fakt ist aber für uns in der Landespolitik: Uns fehlt der Überblick über den entsprechenden Istzustand. Deswegen fordern wir die Landesregierung auf, in Zusammenarbeit mit den Schulträgern hier zu recherchieren, eine Bestandsaufnahme zu machen und dies dem Bildungsausschuss des Landtages in einem entsprechenden Zeitrahmen vorzulegen, sodass wir einen Istzustand bekommen, wo wir dann als Politiker wieder sagen können, wir müssen möglicherweise dieses oder jenes tun, Maßnahmen ergreifen oder Programme auflegen, um einen zeitgemäßen Stand in unseren Schulen zu erreichen.

Ein letzter wesentlicher Punkt ist eine sogenannte, nicht nur eine sogenannte, sondern eine digitale Plattform. Ich weiß nicht, inwieweit der Einzelne dort auf dem neuesten Stand ist. Ich habe dazu auch noch mal aktuelle Zeitungsberichterstattungen vor mir liegen: „Berliner Zeitung“. Die Überschrift am 14.05. lautete: „Digitale Plattform revolutioniert das Lernen.“ Der Artikel steigt dann ein: „Die Tage des herkömmlichen Schulbuches scheinen gezählt.“ Da habe ich mir zumindest erst mal ein Fragezeichen gemacht, ob das so ist. Gut, Presse muss auch entsprechend Zeitungen verkaufen.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das stimmt.)

Fakt ist aber, wir haben dieses Zeitalter, das ich zu Beginn beschrieben habe. Wir wollen den Lehrkräften über so eine digitale Plattform auch Unterrichtsmaterialien zur Verfügung stellen, über das Internet, dass das genutzt werden kann. Berlin ist, wie gesagt, hier federführend. Wir glauben, auch in Mecklenburg-Vorpommern muss diese Notwendigkeit geschaffen werden. Inwieweit und in welcher Form man über einzelne Unterrichtsfächer, die man vielleicht herausgreift, einsteigt, darüber muss weiter diskutiert werden. Es muss die Möglichkeit geschaffen werden, dass die Lehrkräfte entsprechende Zugriffsmöglichkeiten haben, um eben diesen Stand der Technik in unsere Schulen einfließen zu lassen.

Das sind Dinge, die wir heute zur Diskussion stellen wollen. Wir glauben, es ist, wie gesagt, im Bereich der Bildung das Zukunftsthema schlechthin und aus diesem Grunde bitte ich alle Fraktionen in diesem Hohen Hause um Zustimmung zu unserem Antrag. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Vincent Kokert, CDU: Sehr gut.)

Vielen Dank, Herr Renz.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst die Abgeordnete Frau Oldenburg von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! „Verloren im Netz?“ ist ein Beitrag im Schulmagazin „klasse!“, das der Bildungsmi

nister in den vergangenen Tagen an alle Eltern, jede Schülerin und jeden Schüler verteilen ließ. Auf Seite 55 des Schulmagazins wird über das wirklich gelungene Projekt der Medienscouts berichtet. Es läuft in Mecklenburg-Vorpommern seit Ende 2012 und bis heute wurden bereits einhundert Jugendliche ausgebildet, die ihre Kenntnisse über jegliche Formen der Medien an ihre Klassenkameraden weitergeben können. Ich zitiere aus dem Schulmagazin: „Das Projekt Medienscouts MV will Jugendliche auf bundesweit einzigartige Weise über die dunkleren Seiten des Internets informieren und aufklären.“

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dark Side of the Moon.)

Einige Zeilen weiter wird über die Projektkoordinatorin berichtet, die, ich zitiere nochmals, „eine der Initiatoren des vor anderthalb Jahren gestarteten, bundesweit einmaligen Projektes“ ist. Ende des Zitats. Seit Ende 2012 in Mecklenburg-Vorpommern bundesweit einmalig – „In Mecklenburg-Vorpommern bundesweit einmalig“ bedeutet, dass es bereits seit 2004 Vorläufer mit dem gleichen Titel in Berlin, Augsburg und Darmstadt gibt. „In Mecklenburg-Vorpommern auf bundesweit einzigartige Weise“ bedeutet, dass am 1. Mai 2008 das Projekt in RheinlandPfalz gestartet ist und dort jährlich 20 Schulen neu in die erfolgreiche Umsetzung einbezogen werden.

(Zuruf aus dem Plenum: Yeah!)

Das erste Medienscoutprojekt, so, wie es einmalig in Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt wird, gab es 2009 am Georg-Büchner-Gymnasium in Winnenden nach dem unvergesslichen Amoklauf. Aus diesem Anlass begründete Dr. Bojan Godina das Konzept für den heutigen Medienscout. „In Mecklenburg-Vorpommern auf bundesweit einzigartige Weise“ bedeutet, dass diese Medienscouts in Hamburg seit 2011 ausgebildet werden. Dort wurde das Projekt bereits evaluiert. In Nordrhein-Westfalen wurde das in Mecklenburg-Vorpommern bundesweit einmalige Medienscoutprojekt von 2011 bis 2012 als Pilotphase um- gesetzt und seit 2012 flächendeckend. Ja, dieses Projekt ist einzigartig in der Bundesrepublik, und MecklenburgVorpommern nimmt seit 2012 auch daran teil.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihre Darstellung, Herr Minister, suggeriert, dass Mecklenburg-Vorpommern hier eine Vorreiterrolle einnimmt. Wie sollen die Eltern, die Schülerinnen sowie die Schüler mit diesen irritierenden Informationen umgehen?

(Zuruf von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)