Protocol of the Session on December 16, 2015

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 108. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die vorläufige Tagesordnung der 108., 109. und 110. Sitzung liegt Ihnen vor.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/4638 während der Landtagssitzung verzichtet. Damit entfällt die Beratung des Tagesordnungspunktes 27. Des Weiteren hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN darum gebeten, den Antrag „Wiederbelebung von Mooren nicht durch Waldausgleich erschweren“, auf Drucksache 6/4856, nicht während dieser Landtagssitzung zu beraten. Damit entfällt die Beratung des Tagesordnungspunktes 32. Zudem haben sich die Fraktionen darauf verständigt, zur Beratung der Unterrichtung durch die Landesregierung „Bericht zur Metropolregion Hamburg 2014“, Drucksache 6/3215, zum Tagesordnungspunkt 23 keine Aussprache vorzusehen. Wird der so geänderten Tagesordnung widersprochen? – Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist die Tagesordnung so geändert. Damit gilt die Tagesordnung der 108., 109. und 110. Sitzung gemäß Paragraf 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.

Gemäß Paragraf 4 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung benenne ich für die 108., 109. und 110. Sitzung die Abgeordneten Dr. Hikmat Al-Sabty, Torsten Koplin, Heino Schütt, Dietmar Eifler und Dr. Ursula Karlowski zu Schriftführern.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat einen Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 6/4986(neu) zum Thema „Rote Linie bei Abschiebungen nicht überschreiten“ vorgelegt, der in Kürze verteilt wird. Wir werden diese Vorlage, um die die Tagesordnung erweitert werden soll, nach angemessener Zeit für eine Verständigung innerhalb und zwischen den Fraktionen nach dem Tagesordnungspunkt 2 aufrufen. Ich werde das Wort zur Begründung dieses Dringlichkeitsantrages erteilen sowie die Abstimmung über dessen Aufsetzung durchführen. Ich sehe und höre dazu auch keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde. Die Fraktion der SPD hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Neuordnung des Länderfinanzausgleichs und dessen Bedeutung für Mecklenburg-Vorpommern“ beantragt.

Aktuelle Stunde Neuordnung des Länderfinanzausgleichs und dessen Bedeutung für Mecklenburg-Vorpommern

Das Wort für die Fraktion der SPD hat der Abgeordnete Herr Tilo Gundlack.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach etwa zwei Jahren zähen Ringens und Verhandelns haben sich die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 3. Dezember 2015 in Berlin auf einen gemeinsamen Beschluss für die zukünftigen Bund-Länder-Finanz- beziehungen ab dem Jahr 2020 geeinigt. Ich sage im Namen der SPD-Fraktion herzlichen Glückwunsch an Erwin Sellering und vielen Dank an Heike Polzin.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU: Das ist eine wichtige Aussage.)

Beide haben natürlich mit Unterstützung ihrer Mitstreiterinnen und Mitstreiter unendliche Geduld, gute Argumentationsfähigkeit und Beharrungsvermögen bewiesen, um letztlich zu einem guten Ergebnis für unser Land zu kommen.

Gerade bei uns im Finanzausschuss hat Finanzministerin Heike Polzin regelmäßig vorgetragen, wie schwierig es war, die einzelnen Länderinteressen beisammenzuhalten. Der jetzt gefundene Kompromiss ist nach meiner Auffassung nicht das schlechteste Ergebnis, das wir erwarten durften. Aufgrund unserer vorsorgenden und sparsamen Haushaltsführung in den letzten zehn Jahren werden wir mit dem guten Ergebnis klarkommen.

Nun bedarf es noch der Zustimmung des Bundes und die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern ab 2020 stehen fest. Durch den vorliegenden Kompromiss wird kein Bundesland schlechter dastehen als ohne die Neuordnung. Ganz neu ist, dass es keine Geber- und keine Nehmerländer mehr geben wird. Im Grunde erhalten alle Länder mehr Geld vom Bund, dem auch noch das gesamte Aufkommen aus Solidarpaktmitteln zufließt. Das sind etwa 19 Milliarden Euro jährlich.

Der Solidarpakt II, das heißt die Sonderbedarfs-Bundes- ergänzungszuweisungen – SoBEZ – für die neuen Bundesländer, endet, wie wir alle wissen, 2019. Allerdings sollen die weiteren bisherigen Instrumente zum Ausgleich regionaler Ungleichgewichte, nämlich die SoBEZ für Kosten der politischen Führung, die SoBEZ für strukturelle Arbeitslosigkeit und die Finanzhilfen zur Abgeltung der Hafenlasten, fortgeführt werden. Brandenburg erhält zusätzlich 11 Milliarden Euro SoBEZ für Kosten der politischen Führung. Es wird eine neue zusätzliche SoBEZ für die Forschungsförderung eingeführt, die den leistungsschwachen Ländern zufließen soll. Diese SoBEZ werden zusätzlich zu den bisherigen Forschungsausgaben des Bundes geleistet und gehen nicht zulasten der Forschungsförderung der Länder. Insgesamt erwarten die Länder, dass sich der Bund mit einem finanziellen Beitrag von jährlich 9,6 Milliarden Euro zugunsten der Länder an der Neugestaltung der Bund-Länder-Finanz- beziehungen beteiligt, davon rund 4 Milliarden Euro über Umsatzsteuerpunkte. Die größten Gewinner sind dabei Bayern und Nordrhein-Westfalen wegen ihrer hohen Einwohnerzahlen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Länderfinanzausgleich wird einfacher und transparenter. Die ostdeutschen Flächenländer erhalten weiterhin Zuweisungen in Höhe von mehr als 2 Milliarden Euro. Die Länder Saarland und Bremen werden durch die ergänzende Finanzhilfe in Höhe von insgesamt 400 Millionen Euro unterstützt. Die bisherigen Geberländer werden im Ausgleichssystem in einer Größenordnung von 2 Milliarden Euro entlastet. Die westdeutschen Flächenländer erhalten erhebliche Leistungen durch zusätzliche Umsatzsteueranteile, durch die Begrenzung der Förderabgabe bei der Berechnung der Finanzkraft und durch gesonderte Zuweisungen des Bundes. Insgesamt kann man sagen, der Bund-LänderFinanzausgleich ab 2020 ist gerechter geworden oder wird gerechter.

Der Umsatzsteuervorausausgleich wird abgeschafft.

Damit entfällt eine komplizierte Stufe des bisherigen Finanzausgleichs ganz. Zukünftig soll der Länderanteil an der Umsatzsteuer grundsätzlich nach Maßgabe der Einwohnerzahl verteilt werden. Jedoch wird es Zu- und Abschläge entsprechend der Finanzkraft der einzelnen Länder geben. Damit erfolgt ein Ausgleich der Finanzkraft zukünftig im Wesentlichen bereits im Rahmen der Verteilung des Länderanteils an der Umsatzsteuer. Dieser Systemwechsel war einigen Ländern vor allem aus optischen Gründen wichtig.

Eine Forderung der Ländergesamtheit ist, dass der Bund zusätzliche Umsatzsteuerpunkte im Gegenwert von 4,02 Milliarden Euro für die Länder bereitstellt. Ich denke, das ist für Mecklenburg-Vorpommern ein Vorteil, weil wir dann automatisch von steigenden Steuereinnahmen profitieren werden. Die Einwohnerwertungen für die Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen bleiben unverändert, ebenfalls die von Mecklenburg-Vorpom- mern, Brandenburg und Sachsen.

Ein ganz wesentlicher Punkt, um den unsere Finanzministerin und unser Ministerpräsident hartnäckig gekämpft haben, ist die stärkere Einbeziehung der kommunalen Finanzschwäche in das Ausgleichssystem. So konnte erreicht werden, dass künftig die kommunale Finanzkraft zur Berechnung der Finanzkraft eines Landes zu 75 Prozent einbezogen wird.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Bisher werden nur 64 Prozent der kommunalen Finanzkraft eingerechnet – also für Mecklenburg-Vorpommern eine positive Entwicklung, um die von unserer Seite auch heftig gekämpft wurde.

Eine weitere sehr wichtige Forderung, mit der wir uns durchsetzen konnten, ist die ergänzende Einführung von SoBEZ zum Ausgleich der kommunalen Finanzschwäche. Diese Zuweisungen des Bundes werden zum Ausgleich der Finanzkraftunterschiede auf Gemeindeebene in verfassungsrechtlich abgesicherter Form in Höhe von 1,54 Milliarden Euro gewährt. Dazu muss zwar das Grundgesetz geändert werden, gleichzeitig kann so aber sichergestellt werden, dass die Leistungen, von denen M-V besonders profitiert, nicht degressiv ausgestaltet werden und somit langfristig nicht weiter verloren gehen.

Die Kommunen haben mit steigenden Sozialkosten zu kämpfen, ganz besonders sind die Oberzentren in Mecklenburg-Vorpommern betroffen. Im Rahmen der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen soll auch über eine weitere Entlastung der Kommunen in Höhe von 5 Milliarden Euro pro Jahr ab 2018 entschieden werden. Es soll eine zielgenaue Entlastung der Kommunen erreicht werden, um die Voraussetzungen für eine sachgerechte Fortentwicklung der Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung im Sozialbereich zu schaffen.

In diesem Zusammenhang ist noch zu prüfen, ob und wie die Länder bei der Eingliederungshilfe, bei den Hilfen zur Erziehung und bei anderen Sozialleistungen, die in der Finanzierungsverantwortung der Länder liegen, begrenzte Gesetzgebungskompetenzen erhalten können und damit die Finanzierungsverantwortung für die Eingliederungshilfe vollständig dezentral bei diesen Ländern und

Kommunen verbleiben kann. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, wie sich das auf Mecklenburg-Vorpommern auswirken wird. Ich habe nämlich bisher noch kein einziges Rechenmodell dafür gesehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Länder haben sich darauf verständigt, dass der bundesstaatliche Finanzausgleich unbefristet gelten soll, jedoch sollen die Auswirkungen des neuen Ausgleichssystems 2030 überprüft werden. Ein Kündigungsrecht soll für eine Länderminderheit von mindestens drei Ländern ab 2030 eingeräumt werden. Bund und Länder wollen das Gesetzgebungsverfahren zur Neuordnung der Bund-LänderFinanzbeziehungen Anfang 2016 einleiten.

Die Eckpunkte der Länder liegen nun auf dem Tisch. Sicher werden noch Einzelheiten konkretisiert werden müssen. Aber im Grundsatz lässt sich für MecklenburgVorpommern feststellen, M-V kann ab 2020 durch den Finanzausgleich vom Bund mit einem Finanzvolumen von 358 Millionen Euro pro Jahr rechnen. Beachten wir den rechnerischen Verlust von 81 Millionen Euro Entflechtungsmittel pro Jahr und den Verlust der letzten Stufe des Solidarpaktes II von 221 Millionen Euro, stehen wir ab 2020 mit einem positiven Ergebnis von 56 Millionen Euro pro Jahr da.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der von uns im nächsten Tagesordnungspunkt zu beschließende Doppelhaushalt 2016/17 wird ein ausgeglichener Haushalt sein. Dann haben wir noch einen Doppelhaushalt 2018/2019, den wir aufgrund unserer soliden Haushaltsführung und vorsorglichen Rücklagenbildung hoffentlich auch gut hinbekommen werden. Danach, ab 2020, so sehe ich es, sind wir mit dem neuen Bund-Länder-Finanzausgleich in der Lage, unser Land weiter positiv zu gestalten und die Schuldenbremse einzuhalten. Warten wir ab, ob der Bund die Ländervereinbarung auch eins zu eins akzeptiert und übernimmt. Die Einhaltung der Schuldenbremse wird vom Stabilitätsrat überwacht. Das kennen wir aber schon in M-V, denn wir mussten wegen der Solidarpaktmittel bereits jährlich einen Stabilitätsbericht vorlegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich finde, Mecklenburg-Vorpommern hat mit seiner sozialdemokratischen Finanzpolitik bis jetzt im Großen und Ganzen alles richtig gemacht. Das Jahr 2020 kann kommen, wir sind bereit. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr gut.)

Das Wort hat jetzt der Ministerpräsident des Landes Herr Sellering.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! 2015 – das war für uns in Mecklenburg-Vorpommern ein besonderes Jahr. Wir haben das 25-jährige Bestehen unseres Bundeslandes gefeiert und wir haben dabei eine insgesamt positive Bilanz der Entwicklung unseres Landes ziehen können. Bei allen Schwierigkeiten, die es immer noch gibt, können wir sagen, unser Land ist in den letzten 25 Jahren wirklich gut vorangekommen, wir haben uns gut entwickelt. Darauf können wir in Mecklenburg-Vorpommern stolz sein, meine Damen und Herren.

Diese positive Entwicklung ist vor allem eine Leistung der Menschen in unserem Land. Sie haben sich 1990 auf die neuen Zeiten umgestellt, sie haben angepackt, Neues aufgebaut, sie haben sich durch Schwierigkeiten nicht von ihrem Weg abbringen lassen. Das war eine großartige Leistung, die Anerkennung verdient.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Wir verdanken diese positive Entwicklung aber auch der Unterstützung und der Solidarität des Bundes und der finanzstarken westdeutschen Länder. Es ist eine große nationale Kraftanstrengung vollbracht worden, für die wir in Mecklenburg-Vorpommern sehr dankbar sind. Wir alle wissen, dass diese besondere Förderung der ostdeutschen Länder Ende 2019 ausläuft. Das ist auch richtig so. 30 Jahre nach der deutschen Einheit müssen die Sonderregelungen zwischen Ost und West endlich der Vergangenheit angehören. Darauf stellen wir uns seit vielen Jahren ein.

Zeitgleich läuft aber auch der heutige Länderfinanzausgleich aus, der schon seit 1950 für einen Ausgleich unter den westdeutschen Ländern sorgte und an dem jetzt natürlich auch die ostdeutschen Länder teilnehmen. Wir brauchen also ein neues Ausgleichssystem für die Zeit nach 2020. Natürlich muss es auch in Zukunft einen fairen Ausgleich zwischen den finanzstarken und den finanzschwachen Bundesländern geben, und zwar mit einem ganz klaren Ziel, das vom Grundgesetz vorgegeben ist: die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Deutschland. Darum geht es bei dem Länderfinanzausgleich.

Zu diesem neuen Ausgleichssystem zwischen Bund und Ländern hat es in den letzten zwei Jahren schwierige Verhandlungen gegeben. Ich habe darüber hier schon verschiedentlich berichtet, zuletzt bei der Einbringung des Haushaltes im September. Die Verhandlungen sind natürlich deshalb so schwierig, weil die Interessen der verschiedenen Länder in ganz unterschiedliche Richtungen gehen. Den finanzstarken westdeutschen Ländern, sozusagen den Gebern im Länderfinanzausgleich, ging es vor allem darum, künftig weniger einzuzahlen. Sie sind deswegen sogar vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. Dann gibt es Bremen und das Saarland, die sogenannten Notlageländer, die befinden sich strukturell bedingt in einer besonders schwierigen Haushaltslage. Berlin hat die Lasten einer Bundeshauptstadt zu tragen.

Für uns ostdeutsche Länder war entscheidend, dass beim neuen Finanzausgleichssystem berücksichtigt wird, dass die ostdeutschen Länder in den letzten 25 Jahren zwar deutlich vorangekommen sind, aber eben immer noch erheblichen Rückstand bei der Wirtschafts- und Finanzkraft aufweisen. Das Steueraufkommen erreicht im Osten gerade mal die Hälfte des Westens. Das Bruttoinlandsprodukt liegt pro Kopf bei 66 Prozent, der Bruttoarbeitslohn bei 71 Prozent des Westniveaus.

Dieser Rückstand – das war unsere Forderung – muss beim neuen Finanzausgleichssystem angemessen berücksichtigt werden. Das waren für die ostdeutschen Länder keine einfachen Verhandlungen. Inzwischen gibt es bei einigen, vielleicht sogar bei allen westdeutschen Ländern die Stimmung, die man am besten mit dem Satz „Jetzt ist endlich mal der Westen dran“ zusammen

fasst. Wir erleben das momentan in vielen schwierigen Verhandlungen, unter anderem bei den Regionalisierungsmitteln. Man muss schon sagen, da weht ein rauer Wind gen Osten.

Am Ende ist es den ostdeutschen Ländern bei den BundLänder-Finanzbeziehungen aber mit vereinten Kräften gelungen, alle Vorschläge abzuwehren, die zu einer massiven Benachteiligung des Ostens geführt hätten. Ich freue mich, dass wir jetzt einen Kompromiss gefunden haben, dem alle Länder in Ost und West zustimmen. Ich finde, das beweist am Ende die Handlungsfähigkeit des Föderalismus, das beweist die Bereitschaft der Länder, auch in schwierigsten Fragen gemeinsam zu Lösungen zu kommen.

Was wir da vorschlagen, was die Regierungschefs der Länder am 3. Dezember dem Bund vorgelegt haben, das ist ein wirklicher Meilenstein. Das alte, sehr komplizierte System des Finanzausgleichs soll abgeschafft werden. An seine Stelle tritt ein Mechanismus, der im Wesentlichen nur zwei Stufen hat. In einer ersten Stufe wird ein erhöhter Länderanteil an der Umsatzsteuer mit Zu- und Abschlägen entsprechend der Finanzkraft verteilt. Dann gibt es in der zweiten Stufe Sonderbedarfszuweisungen, die die regionalen Unterschiede unter den Ländern austarieren sollen, wo also diejenigen mit hoher Arbeitslosigkeit Gelder kriegen sollen.

Für uns ist von ganz großer Bedeutung die kommunale Finanzkraft, also das, was die Kommunen von sich aus an Finanzkraft haben, was bei uns besonders niedrig ist. Es ist deshalb besonders niedrig, weil die großen Unternehmen alle in Westdeutschland sitzen. Die Unternehmen hier sind häufig nicht der Mutterkonzern und die Steuern fließen nicht hierhin. Deshalb haben wir eben nur die halbe Finanzkraft in den Kommunen. Das wird jetzt stärker berücksichtigt, und zwar verfassungsrechtlich abgesichert. Im Ergebnis steht jetzt kein Land finanziell schlechter da als bisher. Geberländer und Nehmerländer profitieren. Der Finanzausgleich wird transparenter und einfacher. Das ist eine wichtige Einigung. Man muss sagen, viele haben schon nicht mehr damit gerechnet.

Für uns bedeutet das, Mecklenburg-Vorpommern bekommt ab 2020 nach heutiger Berechnung rund 358 Millionen Euro mehr als aus dem bisherigen System des Länderfinanzausgleichs. Pro Einwohner ist das die höchste Ausgleichssumme, die einem Land zufließt. Deshalb ist Mecklenburg-Vorpommern von manchen als der Gewinner dieses Kompromisses bezeichnet worden. Ganz so positiv würde ich das nicht sehen, denn wenn es um die Finanzausstattung ab 2020 geht, dann dürfen wir natürlich nicht vergessen, was wir um diese Zeit mit dem Rückgang an Solidarpaktmitteln zu verkraften haben und dass hier auch die Entflechtungsmittel auslaufen. Der Aufholprozess des Ostens wird aber 2020 noch lange nicht abgeschlossen sein. Das ist mehr als klar, wenn wir uns die Daten anschauen, die ich eben genannt habe: Steueraufkommen, Bruttoinlandsprodukt, Bruttoarbeitslohn. Aber insgesamt kann man sicherlich sagen, das ist ein guter, ein annehmbarer Kompromiss für den Osten.

Zwischendrin sah das in diesem lange dauernden Verhandlungsprozess mal völlig anders aus. Da lag ein Vorschlag auf dem Tisch, zu dem alle anderen Länder gesagt haben, das ist es jetzt, damit müssen sich die Ostländer abfinden, es reicht jetzt mit der andauernden besonderen Unterstützung des Ostens, seid endlich

zufrieden. Das war aber ein Vorschlag, der für uns unannehmbar war. Wir hätten nicht einmal die letzte Kürzungsstufe des auslaufenden Solidarpakts ausgleichen können, das wäre das Ende des Aufholprozesses im Osten gewesen. Das haben wir abwenden können. Wir haben für Mecklenburg-Vorpommern das Ergebnis fast verdoppelt. Und ich meine, unter den extrem schwierigen Bedingungen, bei dem starken Gegenwind, den wir als Ostländer hatten, ist das ein wirklich gutes Verhandlungsergebnis, ein guter Kompromiss für unser Land.

Übrigens ist das ein Verhandlungserfolg, den wir nur deshalb erreicht haben, weil alle Ostländer sehr eng zusammengestanden haben, weil wir über die Parteigrenzen hinweg gemeinsam gegen die Benachteiligung des Ostens gekämpft haben, manchmal auch mit harten Bandagen, wenn das nötig war. Dafür noch einmal herzlichen Dank an meine Kollegen aus den anderen ostdeutschen Ländern!

Ich möchte mich aber auch sehr herzlich für die Unterstützung hier aus dem Landtag bedanken, nicht nur bei den Regierungsfraktionen, auch bei der Linksfraktion. Es ist wirklich gut, dass wir im Osten in dieser Frage parteiübergreifend zusammengearbeitet haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Meine Damen und Herren, der jetzt vorliegende Kompromissvorschlag gibt uns in Mecklenburg-Vorpommern also genügend Luft für eine Zukunft aus eigener Kraft, auch nach 2019. Voraussetzung dafür ist aber, dass wir die solide Finanzpolitik der letzten Jahre konsequent fortsetzen und auch künftig in die Bereiche investieren, die für die Zukunft unseres Landes besonders wichtig sind: Wirtschaft und Arbeit, Familien und Kinder, gute Schulen.

Und, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe sehr darauf, dass es dieses Jahr aufgrund der guten Konjunktur noch einmal einen guten Haushaltsabschluss gibt, der es uns ermöglicht, für die bis 2020 im System des Solidarpakts eintretenden Finanzlücken weiter Vorsorge zu treffen. Das wird dringend notwendig sein, denn wir müssen in den Jahren 2018 und 2019 eine Delle bei den Einnahmen ausgleichen, erst unten, jetzt wieder hoch. Die wird nicht anders zu decken sein als aus einer vernünftigen Rücklage.

Meine Damen und Herren, mit dem Vorschlag vom 3. De- zember liegt jetzt ein vernünftiger Vorschlag auf dem Tisch, um die Bund-Länder-Finanzbeziehungen dauerhaft neu zu ordnen, ein Kompromiss, der vor allem eines erreicht hat, etwas, das zuletzt unmöglich schien, an das viele nicht mehr geglaubt haben: ein Ausgleich der sehr unterschiedlichen Länderinteressen. Damit sind wir einen ganz wichtigen Schritt vorangekommen. Aber wir sind noch nicht am Ziel, denn die Bundesregierung muss das auch wollen, die muss dem jetzt zustimmen. Sie hat eine Prüfung zugesagt, das ist verständlich. Auch dass sie noch prüfen muss, ist verständlich, denn wir haben ein bisschen mehr Geld unter den Ländern verteilt, als uns der Bund vorher zugesagt hatte. Also da wird sich der Bund noch bewegen müssen, aber ich bin zuversichtlich, dass wir am Ende zu einer gemeinsamen Lösung finden.