Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 85. Sitzung des Landtages und stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratung vereinbarungsgemäß fort.
Jeder von Ihnen hat heute hier so einen kleinen Weihnachtsmann liegen. Das war der verspätete Nikolaus.
Gut, dann möchte ich in die Tagesordnung einsteigen und rufe auf den Tagesordnungspunkt 24: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Maritime Wirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns stärken – Maritimes Zukunftsforum Mecklenburg-Vorpommern initiieren, auf Drucksache 6/3494.
Antrag der Fraktion DIE LINKE Maritime Wirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns stärken – Maritimes Zukunftsforum Mecklenburg-Vorpommern initiieren – Drucksache 6/3494 –
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende Herr Holter von der Linksfraktion. Bitte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Einen wunderschönen guten Morgen! Mecklenburg-Vorpommern ist ein Land zum Leben, ein Land zur Entspannung, ein Land des Urlaubs, des Wassers, der Natur. Leider lesen wir in der Presse: „nicht modern, aber schön“.
Doch Mecklenburg-Vorpommern ist mehr. MecklenburgVorpommern ist mehr als Sommer, Sonne, Strand und Strandkorb. Ich möchte hier mit dem Antrag auch über Wirtschaft und Industriepolitik sprechen.
Dass Mecklenburg-Vorpommern mehr ist als das, was ich eben zu Beginn gesagt habe, das wissen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Land, das wissen wir, aber das weiß kaum jemand außerhalb der Landesgrenzen. Viel zu oft wissen es nicht einmal die Jugendlichen aus unserem Land selbst. Wie oft haben wir in den Schulen, in den Dörfern und Städten oder auch hier im Landtag mit Jugendlichen genau über diese Frage gesprochen.
Die Wirtschaft fordert zu Recht, dass jetzt der Fokus im Marketing des Landes auf Wirtschaftsthemen liegen muss unter dem Motto „Land zum Arbeiten“. Mecklenburg-Vorpommern als unternehmerfreundliches, modernes, dynamisches und innovatives Land – diese Schlagworte müssen mit Leben erfüllt werden, damit das Marke
ting nicht zur Mogelpackung wird. Dazu bedarf es der Ausrichtung auf Zukunftsbranchen im Land. Für diese gilt es Vorrausetzungen, sozusagen ein Klima für positive Entwicklungen zu schaffen, was zwangsläufig nur über Forschung und Entwicklung sowie über Innovationen möglich ist.
Die maritime Wirtschaft, meine Damen und Herren – das ist Allgemeingut, das sagen wir uns immer wieder –, ist eine Zukunftsbranche. Die Landesregierung sieht das in Teilen auch so, beispielsweise beim maritimen Tourismus, in der Kooperation im Ostseeraum oder beim Maschinenbau, zu dem die Landesregierung leider nur untergeordnet die maritime Industrie einordnet. Die Bedeutung des maritimen Wirtschaftszweiges bestätigen im Übrigen auch die Gewerkschaften, was auf ihrer Konferenz unter dem Titel „Struktureller Wandel und nachhaltige Modernisierung – Perspektiven der Industriepolitik in Norddeutschland“ deutlich wurde. Für diejenigen, die es nicht wissen, diese Konferenz fand am 30. Oktober in Hamburg statt.
Hier müsste ich eigentlich viel weiter ausholen und auch hinterfragen, warum denn Vertreterinnen und Vertreter der Koalition beziehungsweise der Landesregierung an dieser wichtigen Veranstaltung nicht teilgenommen haben. Ich kann hier eigentlich nur Inaktivität feststellen, weil die Gewerkschaften das Thema aufgerufen haben, denn Industriepolitik ist schon interessant, und das nicht nur unter dem Gesichtspunkt der guten Arbeit. Wir fanden, das Land Mecklenburg-Vorpommern fand nicht statt. Wir, also ich und Vertreter meiner Fraktion, haben an dieser Konferenz teilgenommen. Ich hatte schon erwartet, dass die Landesregierung zumindest neugierig ist, was denn die Gewerkschaften so über die Industriepolitik im Norden denken.
Und dann, Herr Glawe und Herr Sellering, nach wie vor fehlt in Mecklenburg-Vorpommern eine industriepolitische Konzeption. Die Studie, die auf der Konferenz vorgestellt wurde, beschreibt jedenfalls die maritime Industrie für die norddeutschen Länder, aber vor allem für MecklenburgVorpommern als Zukunftsbranche. Die maritime Industrie ist und bleibt die Kernindustrie des Landes. Davon will ich auch nicht abweichen. Das hat – an der haben auch Regierungsvertreter, namentlich der Ministerpräsident und der Wirtschaftsminister, teilgenommen – die maritime Zukunftskonferenz der Industrie- und Handelskammern hier in Mecklenburg-Vorpommern am 18. und 19. November erneut unterstrichen. Auch hier wurde über Zukunftsfragen gesprochen. Allein der Name der Konferenz hat es schon deutlich gemacht.
Was kommt auf die Schiffbauindustrie zu? Wie kann wissenschaftlicher Vorlauf geschaffen werden, um am Markt zu bestehen? Welche Kooperationen sind dazu notwendig, welches Personal? Welche Chancen bietet die Offshorewindenergie und welche Voraussetzungen müssen dazu infrastrukturell sowohl an Land als auch bei den Häfen erfüllt sein? Auf dieser Konferenz wurde auch über vernetzte Transportwege gesprochen. Es wurde da- rüber gesprochen, dass der Ostsee-Adria-Korridor eine Chance für Mecklenburg-Vorpommern bedeutet. Die Frage ist, welche Voraussetzungen müssen hier geschaffen werden, damit Mecklenburg-Vorpommern auch davon profitieren kann. Was bedeutet der Klima- und Umweltschutz für die Schifffahrt und welche Bedeutung hat das wiederum für die Ausstattung der Häfen? Wohin entwickelt sich die Meerestechnik für den Bergbau am Meeresgrund
und wie kann der Standort Mecklenburg-Vorpommern sich besser in den Forschungsprozess insgesamt einbringen?
Nun ist es ja nicht so, dass auf diesen Gebieten nichts getan wird. Es wird vieles und einiges getan, aber es fehlt an einer Gesamtstrategie und Gesamtkonzeption. Deswegen gibt es Fragen, die auf Antworten warten, Fragen, die eine Antwort verdient haben, Fragen, deren Antworten für die Zukunft der maritimen Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern überlebenswichtig sind. Und wer über die Zukunft redet, muss natürlich auch über aktuelle Fragen und damit über aktuelle Hemmnisse reden. Hier haben wir es mit Problemen zu tun, die wir seit Jahren diskutieren: Das ist das Thema Finanzierung, das ist das Thema Fachkräfte, das ist aber auch das Thema wissenschaftlicher Vorlauf beziehungsweise die Frage von Forschung und Entwicklung. Wenn ich mir anschaue, was die Landesregierung in den letzten Jahren hier gemacht hat, dann sieht es verdammt finster aus.
Meine Damen und Herren, der Anteil von Ingenieurinnen und Ingenieuren, von Technikerinnen und Technikern an der Gesamtbeschäftigung auf den Werften beträgt im Durchschnitt mittlerweile 19,1 Prozent. Bei Nordic Yards liegt dieser Anteil bei 34 Prozent, auf der Neptun Werft bei 23 Prozent. Das geht aus einer Betriebsräteumfrage der IG Metall Küste aus diesem Jahr 2014 hervor. Vor diesem Hintergrund stellt sich doch die Frage, wie in Zukunft die Fachkräfte gesichert werden. Bereits in den vergangenen zwölf Monaten hat die Hälfte der Werften in Norddeutschland ihre offenen Stellen nicht mit qualifizierten Fachkräften besetzen können. Das macht doch die fast schon dramatische Lage deutlich.
Die Frage der Fachkräfte für die maritime Industrie wird in diesem Bereich nur mit den Hochschulen und Fachhochschulen gemeinsam zu lösen sein. Dazu gehört, dass Absolventinnen und Absolventen also schon während des Studiums an den Hochschulen und Fachschulen, aber auch die Schülerinnen und Schüler um ihre Chancen wissen müssen. Aber auch das hat etwas mit Marketing zu tun.
Auf der Maritimen Konferenz, meine Damen und Herren, ging es wieder einmal um die Finanzierung in der maritimen Industrie. Was soll ich sagen?! Seit mehr als drei Jahren wird geredet und geredet und geredet, an der Situation hat sich indes nichts geändert. Deutliche Kritik kam von dem CDU-Bundestagsabgeordneten Eckhardt Rehberg. Er hat darauf hingewiesen, dass sich die Landesregierung mit dem Werftenförderungsgesetz die denkbar schlechteste Verhandlungsposition verschafft hat.
Das Kalkül wird nicht aufgehen, erst das eigene Engagement nahezu einzustellen und dann beim Bund um Hilfe zu rufen. Ich gehe mal davon aus, dass der Wirtschaftsminister uns nachher berichten wird, was die Wirtschaftsminister gestern in Stralsund beredet haben. Es war in der Presse schon zu lesen. Und da steht nun auch die Frage, ob der Bund dem Ruf der Wirtschaftsministerkonferenz folgen wird.
Ich erinnere noch einmal daran, dass die Landesregierung die Auffassung vertreten hat, dass mit der Deckelung der Bürgschaften der Bund unter Druck zu setzen sei. Ich sage es noch einmal in aller Deutlichkeit: Ich
halte das für absoluten Unsinn. Wenn der Bund mit an Bord soll, dann braucht es mehr als pauschale Rufe nach Unterstützung. Mecklenburg-Vorpommern wird aber kaum in der Lage sein, die eigenen Interessen durchgesetzt zu bekommen. Gerade deshalb ist die Kooperation mit den anderen norddeutschen Ländern besonders wichtig. Aber dazu müssen wir vor der eigenen Haustür erst einmal kehren und wissen, wohin die Reise gehen soll.
Wie stellt sich die maritime Wirtschaft, die maritime Industrie im Land strategisch auf und was brauchen wir dafür? Hier passt es, dass ich die Regierung noch einmal loben kann. Seit September ist Mecklenburg-Vorpom- mern Kooperationspartner im Maritimen Cluster Norddeutschland. Das ist gut so. Gleichzeitig erwachsen daraus aber neue Aufgaben. Nur Mitglied zu sein, reicht nicht aus, denn in den anderen Ländern SchleswigHolstein, Hamburg und Niedersachsen gibt es jeweils Geschäftsstellen des Maritimen Clusters, jeweils besetzt mit einer Leiterin beziehungsweise einem Leiter und einer Projektmanagerin. Die Geschäftsstellen sind für den Aufbau, den Erhalt und die Weiterentwicklung des Netzwerkes in den Ländern und über die Grenzen hinaus zuständig. Sie bringen maritime Unternehmen für gemeinsame Projekte zusammen. Sie werden möglicherweise mit MAO und MAZA argumentieren, aber ein Maritimes Cluster ist mehr als der Verbund der Zuliefererindustrie. Sie organisieren in den anderen Ländern nämlich den Kontakt zwischen Wirtschaft und Wissenschaft und die Politik spannt dazu den Rahmen.
Diese Strukturen sind in Mecklenburg-Vorpommern nicht vorhanden. Dabei ist es wichtig, ein enges Kooperationsnetzwerk zwischen den Unternehmen einerseits, den Unternehmen und der Wissenschaft andererseits herzustellen. Wir benötigen ein solches Maritimes Cluster Mecklenburg-Vorpommern. Das muss die Konsequenz aus den Entwicklungen, den Erkenntnissen der vergangenen Jahre sein. Aus heiterem Himmel, ohne Anstoß von außen wird sich kein Netzwerk bilden. Auch das haben die Erfahrungen der letzten Jahre gelehrt.
Damit Mecklenburg-Vorpommern als maritimer Standort im nationalen und internationalen Wettbewerb bestehen kann, müssen die Zukunftsfragen beantwortet werden. Dazu bedarf es endlich eines festen Bündnisses zwischen Vertreterinnen und Vertretern der Branche, der Gewerkschaften, der Wissenschaft und der Politik. Wie das Kind nun heißt, ob wir das nun „Maritimes Zukunftsforum“ nennen, wie wir vorgeschlagen haben, oder „Maritimer Initiativkreis“, wie es in Bremen heißt, darüber kann man ja reden. Aber ein solches Bündnis wird gebraucht und darf nicht zur Debatte stehen. Damit sich in Mecklenburg-Vorpommern ein Cluster, also ein hochkomplexes Netzwerk in diesem Wirtschaftszweig bildet, bedarf es einer Struktur, von der aus dieses Netzwerk erst einmal aufgebaut und gepflegt wird. Partner der Branche müssen zusammengebracht werden, um das Entstehen von Wissen und Innovationen zu befördern.
das zu tun, Zitat: „Ich habe die Hoffnung, dass es nach den Wahlen im Herbst dazu kommen wird, dass meine eigene Partei mit die Bundesregierung stellen wird, und dann, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, würde ich
mich darüber freuen, wenn wir alle zusammen in den demokratischen Fraktionen – auch in Richtung Bund – noch mal den Druck verschärfen würden, damit das, worüber wir uns ja inhaltlich einig sind, was gemacht werden muss, dann endlich passiert und nicht der Stillstand weiter gefestigt wird, der in den letzten Jahren durch die Bundesregierung im Bereich der maritimen Wirtschaft gemacht wird.“ Ende des Zitats.
Also, Herr Schulte, Ihre Hoffnung ist wahr geworden, die SPD regiert auf Bundesebene mit. Herr Gabriel, der Bundeswirtschaftsminister, ruft zum Bündnis Industrie auf. Lassen Sie uns jetzt die Zukunftsfragen in MecklenburgVorpommern anpacken und den Druck auf den Bund verschärfen! Wenn Ihre Worte ernst gemeint sind, dann wird Ihnen nichts anderes übrig bleiben, als unserem Antrag zuzustimmen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Herr Holter, Sie haben einige interessante Themen angesprochen. Ein Land zum Arbeiten, das ist Mecklenburg-Vorpommern mittlerweile. Ich will Sie daran erinnern, als Sie Arbeitsminister waren und 180.000 Leute arbeitslos waren
hier in Mecklenburg-Vorpommern. In den letzten acht Jahren hat die Landesregierung es geschafft, die Arbeitslosigkeit zu halbieren.
Ja, und die Wirtschaft hat natürlich in besonderer Weise dazu beigetragen. Aber der Rahmen wird nun mal durch die Landespolitik mitbestimmt. Wir haben deutlich mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse und es sind fast 40.000 mehr, seit Sie aus dem Amt gegangen sind.
Meine Damen und Herren, Seefahrt, Hafenwirtschaft, Schiffbau und seine Zulieferer und Dienstleister haben in