Protocol of the Session on December 10, 2014

Meine sehr geehrte Damen und Herren, ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen, wir wollen beginnen.

Ich begrüße Sie zur 83. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die vorläufige Tagesordnung der 83., 84. und 85. Sitzung liegt Ihnen vor. Wird der vorläufigen Tagesordnung widersprochen? – Das ist offensichtlich nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 83., 84. und 85. Sitzung gemäß Paragraf 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, habe ich noch eine angenehme Aufgabe und darf Frau Kollegin Dr. Schwenke ganz herzlich nachträglich zu ihrem run- den Geburtstag gratulieren.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Gratulationen – Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Ist doch schon fast verjährt.)

Gemäß Paragraf 4 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung benenne ich für die 83., 84. und 85. Sitzung die Abgeordneten Frau Dr. Ursula Karlowski, Herrn JohannGeorg Jaeger und Dr. Hikmat Al-Sabty zu Schriftführern.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat einen Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 6/3544 zum Thema „Winterabschiebungsstopp anordnen“ vorgelegt. Wir werden die Vorlage, um die die Tagesordnung erweitert werden soll, nach angemessener Zeit für eine Verständigung innerhalb und zwischen den Fraktionen nach dem Tagesordnungspunkt 2 aufrufen. Ich werde dann das Wort zur Begründung der Dringlichkeit erteilen sowie die Abstimmung über die Aufsetzung durchführen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch zu diesem Verfahrensvorschlag, dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „JVA Waldeck – Öffentlichkeit endlich umfassend informieren“ beantragt.

Aktuelle Stunde JVA Waldeck – Öffentlichkeit endlich umfassend informieren

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Saalfeld für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht um sehr viel Geld. Es geht um das teuerste Gefängnis in der Geschichte des Landes MecklenburgVorpommern.

(Julian Barlen, SPD: Aktuelle Stunde!)

Vermutlich wird die öffentliche Hand – die Staatskasse – 150 Millionen Euro, eher 175 Millionen Euro, vielleicht sogar 200 Millionen Euro zum Schluss für dieses Ge

fängnis bezahlt haben. Die Errichtung dieses Gefängnisses hat gerade einmal 55 Millionen Euro gekostet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Kalt- miete für den Rohbau in diesem Gefängnis liegt bei über 15 Euro pro Quadratmeter. Es wäre günstiger gewesen, sich in der KTV in Rostock einzumieten oder sogar im Seebad von Warnemünde. Ich betone: 15 Euro pro Quadratmeter für den Rohbau! Alle Einbauten und alle technischen Erfordernisse muss das Land noch zusätzlich bezahlen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben viel gehört über die Korruptionsvorwürfe und die wabern hier durch dieses Land bereits seit über einem Jahr. Ich bin enttäuscht von der Landesregierung,

(Heinz Müller, SPD: Oh! – Unruhe bei Dr. Norbert Nieszery, SPD)

dass sie regelrecht zum Jagen getragen werden musste. Noch im März 2014 hat Frau Polzin hier im Landtag gesagt, ich zitiere: „Ich glaube, ich habe alle Fragen beantwortet.“ Wir wissen heute, dem ist bei Weitem nicht so gewesen. Und wir können den Medien, aber auch der Opposition danken, dass wir nicht im März 2014 verharrten bei diesem Stand, sondern dass wir weiter nachgefragt haben.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Der bedankt sich jetzt bei sich selbst in der Aktuellen Stunde, das ist nicht schlecht.)

Im Juli 2014 kam dann die Erkenntnis: Oje, da wurde das Land wohl über den Tisch gezogen. Und jetzt vor zwei Tagen steht in der Kleinen Anfrage, die ich gestellt habe, als Antwort, ja, das Land will jetzt nachverhandeln mit den Investoren. Das ist ein weiter Weg, den die Landesregierung hier gegangen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landes- regierung hat im Sommer 2014 versprochen, eine Taskforce einzusetzen, die nun endlich Aufklärung bringen soll. Die Taskforce hat gearbeitet, die Taskforce hat ihren Abschlussbericht vorgelegt. Aber nicht etwa, dass jetzt die Öffentlichkeit informiert wird, nein, dieser Abschlussbericht wird ohne Ausnahme unter Verschluss gestellt. Ich finde, hier ist die Landesregierung ihrem Anspruch nicht nachgekommen, endlich rückhaltlos, wie es versprochen wurde, aufzuklären, denn dazu gehört auch, dass zum Schluss die Öffentlichkeit darüber informiert wird, was denn nun herausgefunden wurde.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist Ihre Auffassung.)

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, wer diesen Bericht im Finanzausschuss hören durfte, schriftlich gab es ihn ja nicht, es war ja nur mündlich vorgetragen, der ihn hören durfte, dem schlackerten die Ohren. Meiner Erkenntnis nach hat das Land bereits oder nochmals im Jahr 2011 einer Änderung der Vertragskonditionen den Segen gegeben, wodurch zusätzlich ein Schaden von 2 bis vielleicht sogar 10 Millionen Euro entstanden ist. Und das gehört aufgeklärt: Warum hat das Land 2011 noch mal zusätzlich schlechteren Konditionen den Segen erteilt?

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Die Geheimhaltung, meine sehr geehrten Damen und Herren, nützt nicht der weiteren staatsanwaltschaftlichen Ermittlung. Die Geheimhaltung nützt meines Erachtens einzig und allein der Gesichtswahrung der Landesregierung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, glauben Sie denn wirklich, wie es gestern auch der NDR gefragt hat, dass die Bürgerinnen und Bürger Ihnen das abnehmen, dass diese Geheimhaltung dem Steuerzahler nützt? Ich glaube nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, meine Forderung heute an Frau Polzin lautet: Sagen Sie endlich der Öffentlichkeit, wie teuer die JVA Waldeck für die Staatskasse wird! Sagen Sie, wie hoch der Schaden ist. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Finanzministerium muss dazu eine Antwort finden, denn in allen anderen Bereichen – Schulen, Hochschulen, Theatern – weiß man ja immer ganz genau vonseiten der Landesregierung, was das kosten wird in 20 Jahren. Aber hier schweigt die Landesregierung. Hier muss die Finanzministerin eine Antwort geben und dazu fordere ich Sie heute auf. Und die Koalition soll sagen, ob sie mit der Geheimhaltung einverstanden ist.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja.)

Tragen Sie vor, warum!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf zu erfahren, was die JVA den Steuerzahler kosten wird und welche schmutzigen Verträge die Landesregierung im Namen der Bevölkerung eingegangen ist. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Gundlack für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Lieber Herr Saalfeld – zu Beginn, man kann ja auch mal in der Weihnachtszeit „lieber Herr Saalfeld“ sagen,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von Beate Schlupp, CDU)

man muss ja nicht …

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Meine Damen und Herren, Sie haben gesagt, Herr Saalfeld, zum Schluss muss die Öffentlichkeit informiert werden. Das ist wohl richtig, aber es ist noch nicht Schluss. Schluss ist dann, wenn die Justiz gesagt hat, jetzt ist Schluss.

(Gelächter bei Udo Pastörs, NPD)

Dann ist wirklich Schluss und dann kann auch umfänglich informiert werden. Und das andere, was Sie gerade sagten, „schmutzige Verträge“, dann zeigen Sie doch mal, was „schmutzige Verträge“ sind! Was ich heute gelernt

habe, ist einfach, dass Sie, Herr Saalfeld, dieses Plenum zur Selbstdarstellung nutzen. Um das mal ganz konkret zu sagen: Sie haben sich ein bisschen anders gestylt als sonst – es ist mehr als eine Kamera hier.

(Heiterkeit bei Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Werden Sie mal nicht neidisch!)

Schlimm wäre das …

(Zurufe von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, und Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also, meine Damen und Herren, man könnte das schon vermuten, dass das dahintersteckt.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich weiß ja, dass Sie es nicht leiden mögen, ich kann das ja alles verstehen von den Fraktionen.

(Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, in der Aktuellen Stunde befassen wir uns heute mit einem Thema, dessen Beginn im Jahr 1992 liegt. Mecklenburg-Vorpommern brauchte innerhalb kurzer Zeit eine moderne und sichere Justizvollzugsanstalt, weil die alte JVA in Rostock-Warnemünde auf dem Werftgelände lag, das die Treuhandanstalt ohne Kenntnis des Landes privatisierte, und der Käufer der Werft eine zügige Räumung verlangte. Frau Ministerin Polzin hat schon mehrfach, mehrmals auch darauf hingewiesen, dass es zu Beginn der 1990er-Jahre nicht ungewöhnlich war, das Modell von Investorenbauten in Erwägung zu ziehen. Schließlich befand sich die Landesverwaltung in Mecklenburg-Vorpommern selbst noch im Aufbau und die damalige Bauverwaltung sah sich nicht in der Lage, innerhalb von zwei Jahren einen Gefängnisneubau als Ersatzneubau zu realisieren. Bitte denken Sie auch daran, dass zur damaligen Zeit in unserem Land ein immenser Nachholbedarf an Bauinvestitionen, vor allem in den Bereichen Justiz und Polizei herrschte.

(Heinz Müller, SPD: Richtig.)

In der Antwort auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Helmut Holter von der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/2708 sind alle 14 Investorenbaumodelle aufgeführt, die das Land umgesetzt hat. Nach Aussage der Landesregierung sind keine neuen Investorenbauten mehr geplant.

Inzwischen, meine sehr geehrten Damen und Herren, verfügt das Land mit dem BBL über eine gut aufgestellte Bauverwaltung, wie Sie sicher alle wissen. So weit, so gut – das ist die Basis der Aktuellen Stunde. Das Thema der Aktuellen Stunde lautet aber: „JVA Waldeck – Öffentlichkeit endlich umfassend informieren“. Allein in der Formulierung des Themas schwingt ein schwerer Vorwurf mit. Sie suggeriert, dass die Landesregierung nicht zur Aufklärung beiträgt.