Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir wollen mit der Sitzung beginnen, auch wenn der Gong etwas leise war. Ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 71. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die vorläufige Tagesordnung der 71., 72. und 73. Sitzung liegt Ihnen vor. Wird der vorläufigen Tagesordnung widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 71., 72. und 73. Sitzung gemäß Paragraf 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.
Gemäß Paragraf 4 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung benenne ich für die 71., 72. und 73. Sitzung die Abgeordneten Dr. Ursula Karlowski, Johann-Georg Jaeger und Dr. Hikmat Al-Sabty zu Schriftführern.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich ganz herzlich unserer Kollegin Maika Friemann-Jennert zu ihrem runden Geburtstag und unserem Kollegen Dr. Hikmat Al-Sabty ebenfalls zu seinem runden Geburtstag ganz herzlich gratulieren.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Gratulationen)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach eingehender Überprüfung der Redebeiträge zu Tagesordnungspunkt 29 am 16. Mai 2014 habe ich im Benehmen mit dem Ältestenrat die Entscheidung getroffen, dass der Abgeordnete Pastörs wegen gröblicher Verletzung der Ordnung für den heutigen Sitzungstag von der Landtagssitzung ausgeschlossen wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich mache darauf aufmerksam, dass Sie die Entscheidung des Präsidiums nicht zu kommentieren und zu bewerten haben, auch nicht durch entsprechende Geräusche.
Der Abgeordnete Pastörs hat die amtierende Präsidentin fortwährend an der Ausübung der ihr vom Landtag übertragenen Sitzungs- und Disziplinargewalt gehindert sowie den ordnungsgemäßen Ablauf der Landtagssitzung gestört. Ich stelle fest, dass der Abgeordnete Pastörs den Saal erst gar nicht betreten hat. Deshalb muss ich ihn jetzt nicht auffordern, ihn zu verlassen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde. Die Fraktion der CDU hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Ein Theaterkonzept für das ganze Land – Entwicklungsperspektiven für die Theater in Mecklenburg und Vorpommern“ beantragt.
Aktuelle Stunde Ein Theaterkonzept für das ganze Land – Entwicklungsperspektiven für die Theater in Mecklenburg und Vorpommern
Das Wort hat der Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion Herr Vincent Kokert. Bitte schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Warum hat die CDU-Fraktion heute diese Aktuelle Stunde beantragt? Darüber hätte man nicht einen ganzen Artikel schreiben müssen, die Antwort ist ganz einfach: Weil es neben den freien Schulen eines der aktuellsten Themen ist, was derzeit landespolitisch bewegt wird. Es wäre doch ein blanker Hohn gewesen, wir hätten uns irgendein bundespolitisches Thema ausgesucht und hätten die Große Koalition in Berlin gelobt. Ich finde, dieses Thema ist es durchaus wert, es in der Aktuellen Stunde zu diskutieren.
Im Übrigen habe ich das, wie sich das gehört unter den Koalitionspartnern, auch sehr offen der SPD-Fraktion mitgeteilt. Das machen wir übrigens immer so. Auch Norbert Nieszery ruft mich an, bevor er die Aktuelle Stunde endgültig benennt, und sagt, ich melde das und das Thema an, darauf könnt ihr euch schon mal vorbereiten. Das finde ich unter Koalitionären ganz normal und das ist auch in diesem Fall passiert. Ebenso habe ich den Fraktionsvorsitzenden der LINKEN angerufen – Herr Koslik, da waren Sie sehr gut informiert – und habe gesagt, wir melden das Thema sowieso zur Aktuellen Stunde an und es steht natürlich der LINKEN frei, das nach Geschäftsordnung dann noch mal zu thematisieren oder nicht. Aber ich will es wenigstens unter fairen Kollegen sagen, dass wir es trotzdem anmelden, weil es auch für uns ein wichtiges Thema ist.
Das ist das ganze Zauberzeug gewesen. Selbst das funktioniert, man kann sogar zwischen der Regierung und der Opposition einfach mal einen Telefonhörer in die Hand nehmen, anrufen und sagen, übrigens, wir melden das gleiche Thema an. Mehr war da nicht dran.
dafür kennen wir beide uns zu lange. Sie würden sich von mir auch gar nicht unter Druck setzen lassen.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Das weltberühmte „rote Telefon“ war doch schon immer da. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, selbst wenn DIE LINKE das Thema morgen noch mal debattiert, finde ich das für dieses Haus überhaupt nicht schlimm, das wäre ein Beitrag zur Debattenkultur. Das Thema kann man hier auch so vollumfänglich debattieren in diesem Landtag. Da gibt es noch zwei, drei, vier andere Tagesordnungspunkte, die mir dazu auch einfallen könnten. Aber, ich glaube, es ist wichtig, dass wir darüber sprechen.
Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir über die Theaterstruktur in diesem Land reden, dann reden wir über keine Struktur, die irgendwie vom Himmel gefallen ist, sondern diese Struktur hat sich zum Teil sogar über mehrere Jahrhunderte so entwickelt in der wechselvollen Geschichte in Mecklenburg und in Vorpommern. Da hat das Land Mecklenburg-Vorpommern erst mal wenig Anteile, sondern das sind tatsächlich zum Teil Traditionshäuser, um die es da geht, nicht nur im Osten, im Westen gilt das genauso.
Es gab 1997 einen Grundsatzbeschluss in der damaligen Großen Koalition, und der hieß: Wir frieren den Theaterzuschuss bei rund 36,4 Millionen ein. Und derjenige, der das weiß, der weiß auch, dass der Zuschuss in absoluten Zahlen seit dieser Zeit gleichgeblieben ist. Wenn man das hochrechnen würde, die Inflationsrate dazunimmt und Preise und Lohnsteigerungen mit einkalkuliert, dann weiß man, dass dies mittlerweile einer Kürzung von fast 50 Prozent entspricht. Das sind erst mal die nackten Zahlen und das ist die Wahrheit.
Wahrscheinlich war es so, dass damals die politische Zielsetzung gewesen ist, dass man gesagt hat, damit wollen wir bei den Eigentümern einen gewissen Handlungsdruck erzeugen. Das ist dann durch alle Koalitionen durchgetragen worden, da kann sich auch DIE LINKE gar nicht aus der Verantwortung stehlen – weil ich eine gewisse Freude bei Ihrem kulturpolitischen Sprecher Torsten Koplin sehe, wenn ich sage, dass man mittlerweile von 50 Prozent Kürzung sprechen kann –, sondern es ist durch alle Koalitionen durchgetragen worden, 1998 in der rot-roten Koalition und auch 2006 wieder von der Großen Koalition. Und deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, stelle ich heute fest, dass es 20 Jahre lang zwar Veränderungen an den Standorten gegeben hat, bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger, aber es hat unterm Strich – das ist die Sicht meiner Fraktion und auch meine eigene –, es hat unterm Strich nicht zu einer leistungsfähigen Theaterlandschaft geführt.
Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Theater, wenn ich das hier so sagen darf, ohne dass ich die Leistungen dort abwerten will, aber man hat sich halt – und ich komme selbst aus einer Theater tragenden Kommune –, man hat sich halt ein Stück weit durchgewurschtelt und hat sich immer dann, wenn das Geld nicht gereicht hat, Maßnahmen überlegt. Entweder ist man zu seinem kommunalen Gesellschafter gegangen und hat gesagt, kannst du jetzt mal nachschießen – wir haben selber als Stadt Neustrelitz zigmal Darlehen in die Theater GmbH gegeben, damit sie nicht insolvent wird –, oder man hat weiter Stellen gekürzt, man hat Veranstaltungen gestrichen, man hat sich andere Kompensationsmöglichkeiten überlegt, aber ein richtig vernünftiges Wirtschaften in den Theaterhäusern war es im Prinzip in den letzten zehn Jahren wenigstens nicht, und das, obwohl das Land Mecklenburg-Vorpommern mit rund 20 Euro pro Einwohner für die Kultur- und Theaterlandschaft im Bundesdurchschnitt gar nicht so schlecht aufgestellt ist. Nichtsdestotrotz müssen wir uns die Frage beantworten: Brauchen wir eine Theaterreform oder brauchen wir keine?
Das, was ich kurz – und ich habe ja leider heute auch nur zehn Minuten Zeit –, was ich eben kurz skizziert habe, führt ganz klar bei mir und meiner Fraktion zu der Ansicht, natürlich brauchen wir eine Theaterreform, obwohl ich Ihnen gleich dazusagen muss, es wäre vieles für die Koalition wesentlich leichter, wenn wir uns einfach zurückgezo
gen hätten und gesagt hätten, wir haben so viele Baustellen in dieser Legislaturperiode, wir lehnen uns einfach zu- rück, und immer dann, wenn irgendwo was brennt, geben wir mal hier 100.000, geben wir mal da 50.000, dann haben wir mit der Opposition in diesem Landtag Ruhe, fassen die Theater einfach nicht an und bedienen die anderen Themen, die wir auch noch zu bedienen haben.
Und wer in diesem Hohen Hause würde eigentlich sagen, dass wir keine Theaterreform brauchen? Gibt es jemanden, der das sagt? Gibt es jemanden in diesem Haus, der sagt, es braucht keine Theaterreform? – Sollte das …
Ich würde Ihnen dann empfehlen, mal zu überlegen, unter welchen Bedingungen auch die Schauspielerinnen und Schauspieler, die Musiker in den Häusern heute arbeiten müssen. Die arbeiten nämlich schon längst in Haustarifverträgen, die haben diverse Nullrunden hinter sich und so weiter und so weiter.
Jeder, der sagt, wir brauchen keine Theaterreform, der stellt sich auch dahinter. Und da sage ich Ihnen ganz klar, das gilt für meine Fraktion nicht. Wir möchten zukünftig Flächentarifverträge. Die Leute sollen für das, was sie tun, auch vernünftig bezahlt werden. Und wer das will, der muss sich auch einer Theaterreform stellen und sich nicht einfach klammheimlich aus der Verantwortung stehlen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, für unsere Fraktion steht fest – und das ist ernst gemeint –, dass wir jetzt am Beginn eines Diskussionsprozesses stehen. Warum sage ich das so deutlich? Weil wir zwar als Land viele Vorgaben machen können, aber unterm Strich bleiben die Eigentümer der Theater und Orchester in diesem Land die Kommunen. Und keine Stadtvertretung, kein Kreistag und keine Bürgerschaft werden sich weder von der CDU noch von der SPD, noch von der LINKEN und noch von den GRÜNEN vorschreiben lassen,
was sie mit ihrem Eigentum zu tun und zu lassen haben. Deswegen wird es eine Reform nur im Konsens mit den Kommunen geben.
Als Erstes steht für meine Fraktion fest, alle Theaterstandorte müssen erhalten bleiben. Das ist für uns der oberste Anspruch.
Und zweitens, meine sehr geehrten Damen und Herren, am Ende dieses Diskussionsprozesses steht eine Dynamisierung der Landeszuschüsse.
Drittens. Für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter muss es zukünftig einen Flächentarifvertrag geben und keine Haustarifverträge mehr.
Viertens. Das Land hat angeboten – und da stehe ich dahinter –, das Land muss auch zukünftig darüber nachdenken, ob es sich vorstellen kann, in verschiedenen Institutionen auch in die Landesträgerschaft einzusteigen.
Und fünftens. Der CDU-Fraktion ist Artikel 16 – das wird Sie nicht verwundern – der Landesverfassung besonders wichtig. Demnach müssen bei der Förderung von Kunst und Kultur die besonderen Belange beider Landesteile, also Mecklenburg und Vorpommern, berücksichtigt werden.