Dietmar Woidke
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Last Statements
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir, dass ich einen alten Kollegen begrüße: Lieber Eckhard Uhlenberg, herzlich willkommen im Brandenburger Landtag. Wir waren Kollegen als Landwirtschaftsminister. Ich freue mich sehr, dass du heute hier bist. Natürlich auch an Frau Präsidentin ein herzliches Willkommen von meiner Seite!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird Sie nicht überraschen, dass ein Ministerpräsident einige Wochen vor einer anstehenden Wahl sagt: Die Bilanz für dieses Land und seine Regierung ist eine gute. - Das ist doch relativ überraschungsfrei.
Es wird Sie auch nicht überraschen, dass ein Ministerpräsident, der Regierungschef, sagt: Die Redebeiträge der Koalitionsfraktionen haben das Thema auf den Punkt getroffen, und die Opposition muss man doch deutlich kritischer betrachten.
Soweit sind wir hier überraschungsfrei.
Ich habe mich heute gefragt: Wie könnte man das Ganze vielleicht ein bisschen interessanter gestalten? Ich habe darüber nachgedacht: Was war denn die Vorgeschichte dieser Koalition, die heute Brandenburg regiert? Die Vorgeschichte war, dass wir in den 2000er-Jahren angefangen haben, einen wirtschaftlichen Aufholprozess einzuleiten - damals mit Ihnen gemeinsam, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion. Als es trotzdem oder gerade deshalb im Land immer stärker zu sozialen Verwerfungen gekommen ist, sich immer mehr Leute abgehängt und chancenlos gefühlt haben und sich in diesem Land Milieus verdichtet haben, die für sich, ihre Kinder und teilweise ihre Enkel keinerlei Chance mehr auf Aufstieg gesehen haben - das war der Punkt, an dem wir als SPD gesagt haben: Wir müssen versuchen, in unserer Regierungsarbeit wirtschaftlichen Erfolg des Landes mit sozialen Aufstiegschancen für alle zu verbinden. - Das haben wir gemacht.
Es war uns mit Sicherheit nicht in die Wiege gelegt, dass das Land Brandenburg heute - auch wenn Sie ein wenig flapsig sagen, das sei alles nicht so wichtig; der wirtschaftliche Erfolg und die geringe Arbeitslosigkeit wären ja ohnehin gekommen; wenn es andersherum gelaufen wäre, hätten Sie etwas anderes gesagt, das weiß auch jeder - eine Arbeitslosigkeit von deutlich unter 10 % hat. Schon jetzt lässt sich sagen, dass dies von Dauer sein wird. Die Arbeitslosigkeit ist in den vergangenen Jahren nicht nur aus demografischen Gründen gesunken - das könnte man ja sagen; viele Menschen sind im Rentenalter, und das beeinflusst die demografische Entwicklung usw. -, sondern wir haben in den letzten fünf Jahren ein deutliches Plus an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung in diesem Land geschaffen. Das ist ein wichtiger und realer Beitrag zur Entwicklung dieses Landes.
Natürlich gibt es keinen Grund, sich zurückzulehnen und in Selbstzufriedenheit zu versinken. Herr Büttner, das ist falsch! Die Menschen sind mit dieser Regierung zufrieden. Übrigens hat sich die Zufriedenheit der Menschen mit der Regierung diametral zu ihrer Zufriedenheit mit der FDP entwickelt. Das ist schade für Sie, aber schön für uns.
Wir stehen vor großen Herausforderungen, aber wir haben auch begonnen, diesen Herausforderungen zu begegnen. Und da vorhin gesagt wurde - das war, glaube ich, auch Herr Büttner -, das mit dem Abbau der Polizei sei alles ganz schrecklich: Ich weiß nicht, ob Sie am letzten Sonntag die Sendung von Peter Hahne gesehen haben, bei der Herr Wendt von der Deutschen Polizeigewerkschaft zu Gast war. Nun können Sie Herrn Wendt mit Sicherheit nicht unterstellen, dass er in irgendeiner Art und Weise parteipolitisch gebunden wäre oder einer ideologischen Raison unterliegen könnte. Herr Wendt hat Brandenburg ausdrücklich gelobt, weil erst wir - übrigens auch im Vergleich zu den anderen Ostländern; Sie sind doch in Sachsen an der Regierung beteiligt; schauen Sie einmal auf deren Vorhaben im Polizeibereich - umgesteuert und mehr junge Leute an den Polizeischulen haben. So viele hatten wir seit 1993 nicht mehr, und das ist ein riesengroßer Erfolg dieser rot-roten Koalition!
Was die wirtschaftlichen Herausforderungen betrifft, so haben wir reagiert. Wir hatten uns vorgenommen, 1 000 neue Lehrerinnen und Lehrer in dieser Legislaturperiode einzustellen; heute sind es 2 800. Das ist ein toller Erfolg. Es hilft auch der Wirtschaft. Wir brauchen in Zukunft gut ausgebildete Fachkräfte für unser Land. Es beginnt bei der Kitaausstattung; wir wollen und werden den Betreuungsschlüssel weiter verbessern. Die Zahl, die Sie vorhin genannt haben, stimmt übrigens nicht.
Wir werden weiterhin neue Lehrerinnen und Lehrer einstellen müssen, um jedem Kind die Chance auf eine gute Ausbildung an der Schule, aber auch danach zu geben. Das braucht die Brandenburger Wirtschaft. Der wichtigste Punkt für die Brandenburger Wirtschaft wird in Zukunft sein: Sind entsprechend viele Fachkräfte in den Regionen vorhanden oder nicht? - Wir müssen alles dafür tun, dass sie vorhanden sind, damit sich die Wirtschaft weiter gut entwickeln kann.
Übrigens: Wer da der Meinung ist - weil es einige entsprechende Wirtschaftsvertreter gibt, das gebe ich zu -, dass wir als Brandenburger einen Billiglohn Ost, einen Brandenburger Mindestlohn fordern sollten, der deutlich unter dem westdeutschen Mindestlohn liegt, der schadet nicht nur den zukünftigen Billiglöhnern, die mit dem Geld, das sie da verdienen, irgendwie ihr Leben bestreiten müssen, sondern er schadet der Brandenburger Wirtschaft und damit dem gesamten Land Brandenburg, und das hätte ich von der CDU des Landes nicht erwartet!
Damit setzen Sie nämlich Anreize, dass junge, gut ausgebildete Menschen weiterhin, wie in den 90er-Jahren, unser Land verlassen und damit den Fachkräftemangel für die Wirtschaft deutlich verschärfen.
Ein weiterer Punkt ist in meinen Augen besonders wichtig, und deswegen bin ich sehr gespannt auf die Diskussion zur Koalitionsfähigkeit der AfD. Ich denke, die Leute interessiert es schon, und auch mich interessiert, ob die CDU-Fraktion darü
ber nachdenkt, gegebenenfalls eine rechtskonservative Regierung zu bilden, wo die Übereinstimmungen liegen und was die wichtigsten Ziele sind. Im Übrigen kann ich es auch aus einem anderen Grund nicht nachvollziehen: Noch zur Europawahl habe ich von vielen Menschen gehört, dass die CDU eine Partei ist, die ganz stark für die Europäische Union und die Europäische Gemeinschaft steht; auch vor diesem Hintergrund gibt es großen Erklärungsbedarf. Was hier in Kreistagen passiert - man kann ja sagen: unter dem Horizont, unter dem Radar hat man da gehofft bzw. man hat es nicht gehofft, keine Ahnung -, zeigt aus meiner Sicht eigentlich nur eine deutliche Führungsschwäche in der Brandenburger CDU. Aber das ist etwas, zu dem Sie sich hoffentlich noch äußern.
Wichtig ist für uns, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir weiterhin ganz klar zeigen: Rechtsextremismus hat in diesem Land keinen Platz, an keiner Stelle.
Ich bin allen Menschen im Land, die sich Rechtsextremisten entgegenstellen, sehr dankbar. Die Zivilgesellschaft in Brandenburg hat in den letzten Jahren gezeigt: Rechtsextremisten sind hier im Land nicht erwünscht.
Wie die AfD da einzustufen ist - Sie wollen es ja abwarten. Ich denke, hinsichtlich dessen hat Herr Ness Ihnen schon einige dezente Hinweise gegeben, aber vielleicht nehmen Sie dazu noch Stellung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich auch im Namen meines Amtsvorgängers, der den Mut hatte, in diese Koalition zu gehen - Mut gehörte damals für alle Beteiligten, auch für die Kolleginnen und Kollegen der Linkspartei, sicherlich dazu -, ganz herzlich bei allen Mitgliedern der Koalitionsfraktionen. Es war eine anstrengende, eine interessante, aber für unser Land auch erfolgreiche Zeit. Ich bedanke mich bei den Regierungsmitgliedern, die jeweils mit ihren Ressorts Fortschritte für unser Land, für die Bürgerinnen und Bürger erreicht haben. Und ich bedanke mich bei Ihnen als Landtagsabgeordnete insgesamt, auch wenn wir naturgemäß nicht immer einer Meinung waren, sondern hier diskutiert haben. Für den besten politischen Weg, für die besten Lösungen im Interesse unseres Landes war es, denke ich, auch in dieser Legislaturperiode eine interessante Diskussion.
Ich denke, die Jahre von 2009 bis 2014 waren sehr gute Jahre für unser Land, weil die Brandenburger Bürgerinnen und Bür
ger es vorangebracht und wir die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen haben. - Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! Brandenburg liegt heute im Herzen einer friedlichen, freien, vereinten und solidarischen Europäischen Union. Es ist ein riesiger Erfolg, wenn man sich die vergangenen 100 Jahre europäischer, ja gerade auch brandenburgischer Geschichte vor Augen hält. Vor fast 100 Jahren brach der Erste Weltkrieg aus. Er legte Europa in großen Teilen in Schutt und Asche, er kostete viele Millionen Menschen das Leben. Er warf unseren gesamten Kontinent politisch, wirtschaftlich und kulturell um Jahrzehnte zurück und bereitete den Boden für das später kommende noch größere Grauen: den Zweiten Weltkrieg. Es waren die Alliierten, die dieses Grauen schließlich beendeten. Durch die europäische Integration wurde das Fundament für Frieden in Europa gelegt. Die Europäische Union ist deshalb vor allem eine Friedensordnung. Als solche ist sie die Grundlage kultureller Vielfalt, von Demokratie, persönlicher Freiheit und Wohlstand in Europa.
Mit der friedlichen Revolution vor 25 Jahren haben wir Ostdeutschen die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass auch
Brandenburg an diesem Europa des Friedens und der Solidarität teilhaben kann. Dieses gemeinsame Europa hat in den vergangenen Jahren eine schwere ökonomische Krise durchlebt. Wir Europäer haben glücklicherweise nicht auf diejenigen gehört, die uns aufgefordert haben, den Weg des solidarischen Zusammenhalts zu verlassen.
Doch heute, meine sehr verehrten Damen und Herren, stehen wir vor einer neuen großen Herausforderung. Wir sehen uns in Europa mit einer der schwersten außenpolitischen Krisen seit dem Ende des Kalten Krieges konfrontiert. Die Krim wurde von Russland widerrechtlich annektiert. In der Ost-Ukraine wird scharf geschossen. Das Friedensprojekt Europa wird in einem Maße auf die Probe gestellt, wie wir es uns alle bis vor kurzem kaum hätten vorstellen können. Jetzt muss sich erweisen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ob wir Europäer wirklich die richtigen Lehren aus unserer Geschichte des 20. Jahrhunderts gezogen haben.
Die Europäische Union hat in der Finanz- und Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre ihre Wetterfestigkeit bewiesen. Sie muss und sie wird sich auch in der gegenwärtigen Krise als stabiler Anker für Freiheit und Frieden behaupten. Allen Deutschen muss dabei immer eines ganz besonders am Herzen liegen: die enge Freundschaft zu unseren direkten Nachbarn.
Für Brandenburg ist es insbesondere die zwischen Deutschland und Polen entstandene Freundschaft, die im vitalen Interesse unseres Landes liegt. Sie darf nie wieder in Gefahr geraten.
Daher ist es auch wichtig, dass die Politik gegenüber Russland eben keinen Keil zwischen Warschau und Berlin treibt. In diesem Sinne sollte der besonnene Dialog beider Hauptstädte die Einigkeit und den Zusammenhalt einer gesamteuropäischen Strategie fördern. Doch nicht nur der Blick nach Polen macht unsere europäische Zusammenarbeit aus. Unsere zweijährigen Präsentationen im europäischen Ausland, in Warschau, London, Zagreb und Den Haag sowie unsere guten Kontakte nach Paris, Wien, in den skandinavischen Raum und nicht zuletzt nach Brüssel haben unsere Beziehungen zu den Mitgliedsstaaten gestärkt und Vertrauen aufgebaut. Sowohl die EU-Mitgliedschaft als auch die Osterweiterung der EU vor 10 Jahren bedeuteten für Brandenburg eine wahre Erfolgsgeschichte, die ausnahmslos allen Brandenburgerinnen und Brandenburgern zugutekommt. Wir alle profitieren vom kulturellen und wirtschaftlichen Austausch, von persönlichen Freiheiten und einem gemeinsamen Werteverständnis. Wir alle profitieren davon, dass es innereuropäisch keine Grenzen mehr gibt und innerhalb der Eurozone der lästige Devisenumtausch weitestgehend weggefallen ist. Wir alle profitieren von den konkreten Projekten, die die EU bei uns in Brandenburg gefördert hat und weiterhin ermöglicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das alles lassen wir uns von niemandem kleinreden oder kaputtmachen.
Schon gar nicht von Demagogen, die zurückwollen zu Kleinstaaterei, die das Nationale predigen und die gemeinsame Währung verteufeln. Diese Ansichten sind rückwärtsgewandt, perspektivlos und gefährlich. Da wird mit Feuer gespielt, an
dem man sich ganz schnell verbrennen kann. Diese Gefahr ist sehr real. Überall in Europa verbreiten Demagogen in diesen Tagen Vorurteile und Ressentiments, zum Teil geradezu hasserfüllte Plattitüden über die Europäische Union. Genau da sehe ich meine Aufgabe als Ministerpräsident des Landes Brandenburg, und genau da sehe ich die Aufgabe aller Demokraten: diesen Vorurteilen Fakten entgegenzustellen.
Seit der Neugründung unseres Landes haben wir Brandenburgerinnen und Brandenburger viel geschafft. Wir haben eine effiziente Verwaltung aufgebaut, eine neue Wirtschaftsstruktur etabliert, wir haben Unternehmen gestützt, Unternehmergeist gefördert und neue Investitionen in unser Land geholt. Wir haben Hochschulen gegründet und unser Schulsystem neu ausgerichtet. Wir haben eine völlig neue Infrastruktur geschaffen, Gebäude und ganze Städte saniert. Wir haben Erinnerungsstätten errichtet, eine Kultur des bürgerschaftlichen Engagements entwickelt und vieles andere mehr. Wir haben das alles mit großem Engagement getan - mit unserer märkischen Art des Zupackens. Schon deshalb geht die pauschale Verdammung der EU vollständig an der Wirklichkeit vorbei. Niemand kann mir erklären, welche wesentlichen Herausforderungen unserer Zeit wir mit nationalstaatlicher Eigenbrötelei besser lösen könnten als gemeinschaftlich, kooperativ und im europäischen Miteinander.
Damit kein Missverständnis aufkommt: Wer heute pro-europäisch argumentiert, der behauptet deswegen noch lange nicht, dass alle wesentlichen Probleme in Europa gelöst wären. Natürlich brauchen wir mehr soziale Gerechtigkeit und bessere Lebenschancen in Europa. Natürlich müssen wir unsere Ökonomie so organisieren, dass sie den Vielen zugutekommt und nicht den Wenigen. Natürlich müssen wir die großen ökologischen Bedrohungen unserer Zeit gemeinsam in den Griff bekommen. Nur mit Blick auf jede einzelne dieser Herausforderungen ist die so gern beschworene Idee der nationalen Souveränität heute doch eine reine Fiktion. Die Wahrheit ist: Wir Europäer werden diese Probleme entweder gemeinsam lösen oder wir werden sie überhaupt nicht lösen können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Genau deshalb brauchen wir Europa. Genau deshalb müssen wir Europa gemeinsam besser, gerechter und ökologischer machen; das ist wahr. Aber genau deshalb wäre es doch völlig falsch, die EU zur Wurzel allen Übels unserer Zeit zu erklären. Nur miteinander kommen wir voran.
Sehen wir uns doch nur einmal an, was die EU konkret für Brandenburg leistet und geleistet hat. Ohne Europa wäre Brandenburg heute nicht das, was es ist: ein Aufsteigerland, ein Land im Vorwärtsgang, mit guten Perspektiven für alle Menschen - gleich welcher Herkunft, gleich welchen Alters. Denken wir nur an die Nachwendejahre. Damals fehlte es oftmals an persönlicher Perspektive. Es war die Zeit, in der vieles weggebrochen ist. Es war die Zeit der Massenarbeitslosigkeit und die Zeit, als die Biografie und die Lebensleistung vieler Menschen entwertet schienen. Viele Qualifikationen aus Ostzeiten waren plötzlich nicht mehr gefragt. Ich sage an dieser Stelle
klipp und klar: Europa hat viel dazu beigetragen, dass aus dem Umbruch und oftmals auch dem Einbruch nach 1990 schließlich ein wirklicher Aufbruch zum Besseren in unserem Land werden konnte.
Ganz ähnlich übrigens wie der Wendegeneration in Brandenburg und Ostdeutschland insgesamt ergeht es heute vielen jungen Süd- und Osteuropäern. Auch ihnen steht ohne eigenes Verschulden eine schwierige Zukunft bevor. Ihnen zu helfen, sie zu unterstützen, auch das ist ein Gebot der europäischen Solidarität. Genau diese Solidarität blenden die Rechtspopulisten aus. Sie ist aber ein Grundprinzip unseres gemeinsamen europäischen Erfolgsprojekts.
In Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung kooperiert unser Land mit vielen Staaten der Europäischen Union; besonders der EUBeitritt Polens vor zehn Jahren hat einen gewaltigen Schub für die Entwicklung unseres Landes gebracht. Wir profitieren wie wohl kein anderes Bundesland von der enormen Wachstumsdynamik Polens, und wir profitieren von der gewachsenen Kaufkraft unserer polnischen Nachbarn. Das alles, meine verehrten Damen und Herren, schafft mehr Wertschöpfung und führt zu mehr Arbeit und mehr Wohlstand auch und gerade hier bei uns in Brandenburg.
Aber selbstverständlich ist Wirtschaftswachstum nicht alles. Europäisches Miteinander lebt eben auch davon, dass man gemeinsame Herausforderungen gemeinsam angeht. Eine große Herausforderung ist dabei die Bekämpfung der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität. Die von mir geführte Landesregierung hat sich in den vergangenen Monaten intensiv für eine noch bessere Zusammenarbeit auf diesem Gebiet eingesetzt. Genau deshalb hat der Justizminister die Zusammenarbeit der deutschen und polnischen Staatsanwaltschaften in sogenannten JITs auf den Weg gebracht. Genau deshalb werden wir am morgigen Tag mit der Unterzeichnung eines neuen deutsch-polnischen Polizeikooperationsabkommens einen weiteren wichtigen Meilenstein setzen. Diese wegweisenden Schritte sind klare Signale an die gesamte Grenzregion. Wir nehmen das Sicherheitsbedürfnis der Menschen sehr ernst. Wir arbeiten über Grenzen hinweg zusammen, um mehr Sicherheit zu gewährleisten.
Aber nicht nur politisch, auch gesellschaftlich rücken Polen und Brandenburg immer enger zusammen. Es wurden gemeinsame Projekte ins Leben gerufen, Kooperationen von Hochschulen, Kooperationen von Vereinen, Städtepartnerschaften und vieles mehr. Eines sollten wir bei alldem niemals vergessen: Auch das deutsch-polnische Miteinander wird von der EU finanziell gefördert. Seit 2004 haben in unserer Grenzregion über 400 Projekte vom sogenannten INTERREG-Programm profitiert - von der Uckermark bis in die Lausitz. Umfangreich unterstützt werden derzeit zum Beispiel der Bau des deutschpolnischen Zentrums Wolfratshausen in Frankfurt und auch der Bau des Kleistturms in Slubice.
Aber nicht immer ist die Förderung der EU so offensichtlich wie bei diesen beiden Projekten. Auch der Zoo in Eberswalde, die Uckermärkischen Bühnen in Schwedt oder das neue Raumflugplanetarium in Cottbus haben von europäischen Mitteln
profitiert. Wir alle können uns über das freuen, was dort mit europäischen Mitteln aufgebaut werden konnte. Was ich daran besonders schön finde: Für unsere Jugendlichen ist der enge Bezug zu Polen schon völlig normal. Über 100 000 junge Menschen nehmen allein an den Begegnungen teil, die das DeutschPolnische Jugendwerk fördert. Brandenburg, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist bei den Teilnehmerzahlen Spitzenreiter.
Ich habe bereits deutlich gemacht, welchen Wert die EU-Förderung für Brandenburg nach 1990 hatte. Die Europäische Union hat viele Millionen Mark, später viele Millionen Euro bereitgestellt, um Menschen auch gerade hier bei uns in Arbeit zu bringen. Gerade Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung hat Europa massiv gefördert - davon hat eine ganze Generation von Brandenburgerinnen und Brandenburgern entscheidend profitiert. Doch auch in jüngster Zeit haben wir mit den Geldern des Europäischen Sozialfonds viel Gutes erreichen können. Allein zwischen 2007 und 2013 haben mehr als eine halbe Million Brandenburgerinnen und Brandenburger ESF-Maßnahmen in Anspruch genommen - häufig wussten sie nicht einmal, dass es sich um europäische Mittel handelt, mit denen die Maßnahme finanziert worden ist. Sie wurden bei der Suche nach Arbeit, der Qualifizierung oder beim Übergang von der Ausbildung in den Beruf unterstützt. Kurz gesagt: Wir in Brandenburg haben Europa und auch und gerade der europäischen Solidarität seit 1990 und bis zum heutigen Tag sehr viel zu verdanken.
Ähnliches gilt beim Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums, dem sogenannten ELER. Hier nur ein Beispiel: Allein im Förderzeitraum 2007 bis 2013 verdanken wir dem ELER etwa 3 000 Kilometer neue Rad- und Wanderwege in Brandenburg und über 2 000 neue Gästebetten. Deshalb hat der ELER einen entscheidenden Anteil an der Erfolgsgeschichte des Tourismus in Brandenburg.
- Das ist auch schwierig mit den Abkürzungen. Mit Herrn Ehler arbeitet die Landesregierung auch ganz hervorragend zusammen.
Wir nutzen die EU-Mittel sowohl beim Hochwasserschutz für Generalsanierungen als auch für die Unterhaltung von Gewässern. Das hat uns beispielsweise die Grundlage für die erfolgreiche Arbeit der Katastrophenschützer bei den Elbhochwassern in 2011 und 2013 geliefert. Wir konnten auf dieser Grundlage mit sanierten Deichen die Menschen in den Regionen vor den Wassermassen schützen. Beim Strukturfonds EFRE - ich hoffe, es gibt keine Namensverwandten -,
dem Europäischen Fonds für regionale Wettbewerbsfähigkeit, wiederum steht die Wettbewerbsfähigkeit im Mittelpunkt. Dieser Fonds hat in der Vergangenheit erheblich zur Modernisie
rung unserer Straßen und Städte, unserer Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen beigetragen. Kurzum: Mithilfe des EFRE konnten Investitionen in zukunftsweisende Infrastruktur getätigt werden. Ein aktuelles Beispiel ist hier das neue Innovationszentrum der BTU in Cottbus.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir gehören heute nicht mehr zu den strukturschwachen europäischen Regionen. Das war kein Selbstlauf, sondern wurde hier in Brandenburg hart erarbeitet. Unser Land bietet Lebensqualität, unser Land bietet Perspektiven, es ist strukturell gefestigt. Mir ist wichtig, Folgendes zu unterstreichen: Unser Land kann mittlerweile auch wirtschaftlich in Europa mithalten. Deshalb ist es einsehbar, dass wir künftig nicht mehr so umfangreich wie bisher von der Europäischen Union gefördert werden, wie wir es vielleicht in den vergangenen Jahren gewohnt waren. Um es im „FörderSprech“ der Europäischen Union auszudrücken: Wir haben uns von einer strukturschwachen Region in Europa zu einer sogenannten Übergangsregion entwickelt.
Im Zeitraum 2014 bis 2020 können wir mit 2,2 Milliarden Euro europäischer Strukturmittel rechnen - das ist viel Geld. Vor wenigen Tagen hat die Landesregierung die Operationellen Programme für die zukünftige Strukturperiode beschlossen. Unser Ziel ist, die weniger werdenden Mittel optimal einzusetzen. Konkret heißt das: Wir werden den Einsatz von Fördergeldern künftig noch stärker auf unsere landespolitischen Prioritäten konzentrieren.
Mit unserem Schwerpunkt auf Bildung und Fachkräftesicherung investieren wir in die Fähigkeiten der Brandenburgerinnen und Brandenburger und auch in den Bedarf an Fachkräften unserer Wirtschaft. Mit unserem Schwerpunkt auf erneuerbare Energien und verbesserte Ressourcennutzung setzen wir den Weg in eine ökologische, aber gleichzeitig auch finanzierbare Zukunft der Energieversorgung fort. Mit unserer Speicherinitiative packen wir damit ein zentrales Thema für den Erfolg der Energiewende direkt bei den Hörnern. Mit unserem Schwerpunkt auf Innovationsförderung wollen wir vor allem kleinen und mittleren Unternehmen zu noch mehr internationaler Wettbewerbsfähigkeit verhelfen. Wir setzen also auf die Triebfeder erfolgreicher Entwicklung im 21. Jahrhundert, aber wir tragen auch der besonderen Situation unseres Landes weiter Rechnung.
Der demografische Wandel und die Entwicklung der ländlichen Räume - das beschäftigt uns hier in Brandenburg ganz besonders. Deshalb brauchen wir innovative Lösungen für die Sicherung der Daseinsvorsorge. Dazu gehören medizinische Versorgung, Pflege, Mobilität, Einkaufsmöglichkeiten und vieles andere mehr. Mit einem fondsübergreifenden Wettbewerb werden wir für die Zukunft auch die Stadt-Umland-Kooperation stärken. Die vielen kleinen und mittelgroßen Städte in der Fläche unseres Landes müssen als Anker ihrer Region, als Motoren der wirtschaftlichen Entwicklung gestärkt werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! In wenigen Tagen können wir alle die Mitglieder des nächsten Europäischen Parlaments mitbestimmen. Wir - gerade wir Ostdeutsche - haben hart um ein demokratisches Mitbestimmungsrecht gekämpft. Nehmen wir es wahr! Wir alle müssen jede Möglichkeit bis zur
Schließung der Wahllokale nutzen, um auf die Bedeutung dieser Wahl für unser Land Brandenburg hinzuweisen. Es geht um viel - sagen wir es also laut und deutlich: Jede einzelne Stimme für Europa am 25. Mai muss eine Stimme für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit sein!
Brandenburg ist eine selbstbewusste und starke europäische Region geworden. Wir sind das aufgrund der Leistungen der Brandenburgerinnen und Brandenburger. Wir sind es auch aufgrund der Politik, die in diesem Lande gemacht wurde und gemacht wird. Wir sind es aber auch, weil Europa es uns ermöglicht hat. Deshalb appelliere ich heute ausdrücklich an alle Mitbürgerinnen und Mitbürger: Überlassen Sie Europa nicht den Populisten und Extremisten!
Machen Sie Europa zu Ihrer Sache. Wählen Sie demokratische Parteien. Stärken Sie unser gemeinsames Europa - stärken Sie damit den Frieden, und stärken Sie damit Brandenburg! - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Abgeordneter Bischoff, es ist eine Binsenweisheit: Ohne wettbewerbsfähige Wirtschaft gibt es keine vernünftig bezahlte Arbeit - um auf das Thema der Aktuellen Stunde zurückzukommen -, es gibt keine Wertschöpfung, keinen Wohlstand und keine Perspektiven für unsere Kinder und Enkel. Es gibt aber noch eine zweite elementare Grundregel, und die lautet: keine Ökonomie ohne Energie. Energiepolitik ist daher immer Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik zugleich. Wie sich unser Land in Zukunft entwickelt, hängt entscheidend davon ab, welchen energiepolitischen Kurs wir heute einschlagen. Der Energiewende kommt also eine absolute Schlüsselstellung zu. Werden hier die Weichen für unser Land und Deutschland insgesamt richtig gestellt, dann werden wir auf lange Zeit die Grundlagen unseres Gemeinwesens sichern. Stellen wir die Weichen aber grundlegend falsch, werden wir an den Folgen unserer Irrtümer noch Jahrzehnte zu leiden haben. Deshalb ist die aktuelle Diskussion über die Novelle des ErneuerbarenEnergien-Gesetzes weit mehr als eine Debatte unter Fachleuten. Sie betrifft uns alle, sie betrifft im Kern die Zukunft unseres Landes.
Vorgestern haben die Ministerpräsidenten der Länder die anstehenden Fragen mit dem Bundeswirtschaftsminister und der Bundeskanzlerin diskutiert. In der kommenden Woche wird die Bundesregierung ihren Entwurf zur EEG-Novelle vorlegen. Für mich war und ist in dieser Diskussion zunächst vor allem eines wichtig: Die Energiewende muss weiter vorangebracht und zum Erfolg geführt werden. Der Ausstieg aus der Kernenergie muss unumkehrbar sein.
Den erneuerbaren Energien, meine sehr verehrten Damen und Herren, gehört die Zukunft. Zugleich müssen wir aber beachten, dass die Kosten für die Energiewende mittlerweile immens hoch sind. Allein in der EEG-Umlage betragen sie mittlerweile pro Jahr über 20 Milliarden Euro. Da die bundesgesetzlich garantierten Zahlungen für 20 Jahre gelten, kann man sich leicht das ungefähre Gesamtvolumen ausrechnen. Deshalb war und ist es mir wichtig, die Dynamik des Kostenanstiegs zu brechen. Denn steigende Kosten lassen am Ende auch die Akzeptanz der Energiewende sinken. Ohne breite Akzeptanz wird es aber wiederum kaum möglich sein, die uns bevorstehenden Aufgaben zu bewältigen.
Die Landesregierung war und ist für verbindliche Ausbaupfade bei den erneuerbaren Energien. Die Landesregierung ist für die Degression der Einspeisevergütung und die Einführung des Ausschreibungsmodells. In den vergangenen Wochen gab es aus mehreren Bundesländern - Sie werden es gelesen haben von Nord nach Süd auch andere Stimmen. Daher bin ich am Dienstag vor dem Hintergrund dieser öffentlichen Diskussion nicht mit allzu großem Optimismus nach Berlin gefahren. Ich will aber ausdrücklich eines dazu sagen: Schon in den Vorgesprächen wurde deutlich, dass vonseiten der Länder der klare Wille bestand, sich mit der Bundesregierung gemeinsam auf eine einvernehmliche Lösung zu einigen.
Ich will klar die Rolle der Bundeskanzlerin und des Bundeswirtschaftsministers würdigen. Angela Merkel und Sigmar Gabriel haben klug verhandelt. Am Ende dieser wirklich sehr komplexen und schwierigen Debatte konnte eine gemeinsame Lösung mit den Ministerpräsidenten gefunden werden.
Ich bin überzeugt, dass der Zeitplan - man kann sagen: der anspruchsvolle Zeitplan - für die Novellierung des ErneuerbarenEnergien-Gesetzes eingehalten werden kann. Wir werden mit dem neuen Erneuerbare-Energien-Gesetz den Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich besser steuern können. Genau dafür habe ich mich eingesetzt.
In den Gesprächen haben wir besonders auf drei Punkte hingewiesen:
Erstens brauchen wir diese schnelle Einigung, um im Bereich der erneuerbaren Energien wieder Investitionssicherheit zu haben. Auch vor dem Hintergrund der laufenden Debatten gab es große Verunsicherung.
Zweitens sind klar geregelte und verbindliche Ausbaupfade wichtig. Es ergibt schlicht keinen Sinn, Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien ungebremst auszubauen und sich daran zu berauschen, dass inzwischen knapp 40 % der installierten Leistung zur Stromerzeugung auf Wind- und Solaranlagen entfallen, der Anteil dieser Anlagen an der tatsächlichen Stromerzeugung allerdings lediglich 14 % beträgt. Bei diesen rechnerischen - 14 % muss man wiederum berücksichtigen, dass Solaranlagen keinen Strom liefern, wenn die Sonne nicht scheint - das ist insbesondere nachts der Fall -, und Windkraftanlagen keinen Strom liefern, wenn der Wind nicht weht. Deswegen bin ich sehr froh darüber, dass es gestern klare Verabredungen zu den Ausbaupfaden gegeben hat. Wir haben hinsichtlich der Stromerzeugung durch Windkraft auf See und an Land sowie durch Biogas die Pfade nachjustiert; im Kern aber sind die Vorschläge des Bundeswirtschaftsministers bestätigt worden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, weil häufig vom „Bremsen“, „Ausbremsen“ oder „Totmachen“ der Energiewende die Rede ist, stelle man sich einmal vor, dass die vereinbarten Pfade zum Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland höher sind als die in den vergangenen Jahren erreichten Ausbauziele, von einem einzigen Jahr abgesehen. Wir haben Pfade von 2,5 Gigawatt allein für Windkraft an Land vereinbart. In den vergangenen Jahren ist diese Richtlinie nur einmal überschritten worden.
Ein weiterer Punkt ist mir wichtig: Wir müssen in Deutschland zu einer besseren Systemintegration der erneuerbaren Energien kommen. Das Anreizsystem darf nicht mehr allein auf Zubau ausgerichtet sein, sondern es muss dahin steuern, dass die Erneuerbaren mit höherer Verlässlichkeit Strom liefern. Was bedeutet das? Wenn die Erneuerbaren stärker in die Energiewende integriert werden sollen, müssen sie zuverlässig, das heißt rund um die Uhr, Strom liefern können. Dafür brauchen wir zum Ersten gut ausgebaute, klug geplante Netze und zum Zweiten Technologien, mit denen die Speicherung von Windoder Solarenergie möglich ist. Wenn es mit der Zuverlässigkeit von Wind- oder Solarenergie nicht klappt, werden wir auf alle Zeiten zwei parallele Energieerzeugungssysteme in Deutschland vorhalten müssen: ein System, das rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr funktioniert und gegebenenfalls einspringen
kann, und ein anderes System, das Energie liefert, wenn die Sonne scheint oder der Wind weht. Von entsprechenden technischen Möglichkeiten sind wir noch meilenweit entfernt. Das ist übrigens der zentrale Grund, weshalb die konventionellen Energieträger Gas und Kohle bis auf Weiteres unverzichtbar bleiben.
Aus aktuellem Anlass füge ich hinzu: Unter diesen Energieträgern ist die Braunkohle der einzige Energieträger, den wir in Deutschland in großen Reserven besitzen. Hier - und nur hier sind wir unabhängig: nicht nur von Weltmarktpreisen, sondern auch - das sage ich vor dem Hintergrund der Ereignisse in den letzten Wochen - von geopolitischen Entwicklungen. Was Systemintegration und Speicherfähigkeit der Erneuerbaren angeht, hat die Bundesregierung darauf verwiesen, dass es demnächst eine Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes und eine Fortschreibung der Bundesnetzplanung geben werde. Wir werden uns auch in die Beratungen über diese Gesetzesnovellen unter Berücksichtigung der genannten Zielstellungen einbringen.
Abschließend komme ich auf einen Punkt zu sprechen, der für unser Bundesland wie für alle Bundesländer in Deutschland immens wichtig ist, der aber wegen der noch laufenden Gespräche mit der Europäischen Kommission nicht detailliert besprochen werden konnte: die besondere Ausgleichsregelung für energieintensive Industrien und die Eigenstromversorgung. Seit ich das Amt des Ministerpräsidenten übernommen habe, habe ich eine Vielzahl Brandenburger Unternehmen besucht. Überall war die Sorge um die Entwicklung der Energiepreise zentrales Thema. Wenn die Kosten der Energiewende weiter steigen, verhindern sie kurzfristig Investitionen und stellen langfristig die Wettbewerbsfähigkeit einer ganzen Reihe von Industriebetrieben in Frage. Im Klartext: Gefährdet sind dann nicht nur Standorte und Arbeitsplätze, sondern auch der soziale Frieden in unserem Land - ich füge hinzu: auch der Fortgang der Energiewende.
Das dürfen wir nicht zulassen. Deshalb bestehe ich darauf, dass die in dem Koalitionsvertrag auf Bundesebene niedergelegten Vereinbarungen eins zu eins umgesetzt werden. Es bedarf europarechtskonformer Lösungen hinsichtlich der besonderen Ausgleichsregelung sowie des Vertrauensschutzes bei der Eigenstromerzeugung. Die sich abzeichnenden Lösungsvorschläge scheinen in die richtige Richtung zu weisen. Sobald sie schriftlich vorliegen, schauen wir sie uns genau an.
Ich betone: Unsere Messlatte ist der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Brandenburger Betriebe.
Diese Wettbewerbsfähigkeit wird dadurch im Wesentlichen mitentschieden.
(Beifall des Abgeordneten Bischoff [SPD] - Zuruf von der CDU: Reicht euch das schon? - Jungclaus [B90/ GRÜNE]: Ist das eine Regierungserklärung oder eine Fragestunde?)
Ich fasse zusammen: Die Landesregierung steht zur Energiewende. Die Landesregierung will den Erfolg der Energiewende. Dazu gehört der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien genauso wie eine bessere Steuerung und eine verstärkte Betonung von Systemintegration und Speicherfähigkeit. Auf jeden Fall muss die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer In
dustrie gewahrt werden. Darum weist der Entwurf der EEGReform in die richtige Richtung. Weitere Kostensteigerungen müssen so weit wie möglich vermieden werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Erfolg der Energiewende werden wir erleben, wenn wir sie mit Vernunft, Augenmaß und Verantwortung vorantreiben, wenn wir kleinteilige Länderinteressen zurückstellen und Energiepolitik - damit bin ich beim vorherigen Tagesordnungspunkt - auch europäisch denken. Dafür stehe ich, dafür steht die Brandenburger Landesregierung. - Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank für die Frage. Es gibt keine Einigung zwischen den Bundesländern, was diese Frage betrifft. Das ist übrigens keine ganz neue Erfahrung. Das ist wohl schon seit zehn oder zwölf Jahren so; so lange setzt sich die Brandenburger Landesregierung schon für eine Vereinheitlichung der Netzentgelte ein. Wir setzen unsere Bemühungen fort, weil es absolut ungerecht ist, dass Länder wie Brandenburg, die mit dem Ausbau erneuerbarer Energien am weitesten gekommen sind, ihre Stromkunden mit den höchsten Netzentgelten belasten müssen, weil sie auch den größten Netzausbau brauchen.
Wir wollen auch nicht nur die neu entstehenden Kosten in die Berechnung einbezogen wissen - jetzt geht es auch in einigen westdeutschen Flächenländern, zum Beispiel in Baden-Württemberg, mit dem stärkeren Ausbau der erneuerbaren Energien los -, sondern es müssen alle - auch die bereits getätigten - Investitionen in die Berechnung der bundesweiten Umlage einfließen. Das ist unser Ziel, für dessen Erreichung wir uns weiter einsetzen werden.
Wir haben dieses Thema angesprochen, und es gibt hier ein Grundproblem, Herr Vogel, das will ich ganz offen ansprechen: Wir haben mit der EEG-Umlage ein System geschaffen, in dem sämtliche Fortschritte, die wir bei den erneuerbaren Energien in Deutschland erzielen, vom Endverbraucher bezahlt werden. Das kann man gut finden. Man kann dieses System aber auch schlecht finden, weil Oma Frieda in Eisenhüttenstadt und Opa Paul in Wittenberge mit kleinen Renten denselben Beitrag bezogen auf ihren Stromverbrauch - zur Energiewende leisten müssen wie Einkommensmillionäre. Auch ein Handwerksbetrieb, der wenig Gewinn macht, bezahlt genauso viel wie ein Betrieb, der hohe Gewinne macht.
- Frau Nonnemacher, lassen Sie mich erst einmal die Frage Ihres Kollegen beantworten, danke schön. - Das ist erst einmal das Grundsystem.
Jetzt ist die Frage: Stecken Sie die Förderung dieser Speichertechnologien noch einmal in dieses Grundsystem hinein und sagen „Die Speichertechnologien sollen auch noch von den Endkunden bezahlt werden“ oder - und da bin ich jetzt bei der Bundesregierung - überlegen wir, wie wir die Speichertechnologien auf andere Art und Weise fördern? Die Diskussion läuft, und wir als Brandenburg werden uns weiter dafür einsetzen. Ich bin dafür, dass diese Speichertechnologien dringend besser gefördert werden als in der Vergangenheit, aber auch dafür, dass wir dafür Steuermittel des Bundes einsetzen und
die Speichertechnologien aus Steuermitteln bezahlen. - Danke schön.
Was die Belastung der Brandenburger Unternehmen betrifft, habe ich schon auf die Frage von Herrn Bretz geantwortet; das muss ich nicht noch einmal ausführen.
Was die Aktivitäten betrifft, wird man, wie gesagt, sehr genau abwägen müssen. Es gibt mittlerweile Bewegung, auch in westlichen Bundesländern. Die sagen: „Es kann nicht sein, dass jetzt bei uns die Netzentgelte steigen.“ Wobei man sagen muss: Es sind Länder, die in den vergangenen Jahren deutlich geringere Netzentgelte als wir hatten und damit einen industriepolitischen Vorteil im Wettbewerb. Das muss man eindeutig so sagen: Brandenburger Unternehmen haben mehr bezahlt als viele Unternehmen in westlichen Bundesländern. Da jetzt ein System zu finden, wie man allen entgegenkommen kann, aber nicht ein System - das sage ich hier ganz klar, das ist eine Diskussion, die läuft -, das nur Neuinvestitionen für die kommenden Jahre in den Fokus stellt, sondern ein System, das auch die Leistung, die bisher schon von den Netzbetreibern erbracht wurde, berücksichtigt, das ist unser Ziel.
Welche Mittel wir dafür einsetzen und welche Wege wir gehen, wird davon abhängen, wie die Diskussion in den kommenden Monaten läuft. Ich schließe eine Bundesratsinitiative nicht aus. Allerdings sollte man so etwas nur machen, wenn man eine gewisse Aussicht auf Erfolg hat. - Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor einem Jahr hat dieses Hohe Haus das Volksbegehren für mehr Nachtruhe angenommen. Der Erfolg dieses Volksbegehrens hat eines deutlich gemacht: Wir haben in Brandenburg eine lebendige und eine streitbare Demokratie.
Mit der Annahme des Volksbegehrens und einer ergänzenden Entschließung hat der Landtag am 27. Februar des letzten Jahres im Wesentlichen drei Erwartungen an die Landesregierung formuliert.
Erstens: Die Landesregierung soll in Verhandlungen mit Berlin über eine Änderung des Landesentwicklungsprogramms eintreten.
Zweitens: Die Landesregierung soll mit den Gesellschaftern der Flughafengesellschaft über eine Änderung der Betriebsgenehmigung für mehr Nachtruhe verhandeln.
Drittens: Es sollen weitere betriebliche Maßnahmen für mehr Nachtruhe am BER erörtert und geprüft werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung ist dann unmittelbar mit den beiden Gesellschaftern in Ver
handlungen eingetreten - engagiert und ernsthaft. Es war dabei von Anfang an klar - auch daran hat die Landesregierung nie einen Zweifel gelassen -, dass wir einen sehr schwierigen Auftrag erhalten haben, und zwar aus mindestens drei Gründen.
Erstens: Die rechtlichen Handlungsspielräume - das stellt schon der Landtagsbeschluss vom 27. Februar 2013 klar fest - sind eng begrenzt.
Zweitens: Unsere Verhandlungspartner - auch daran haben sie in den letzten Monaten und Jahren kaum einen Zweifel gelassen - sehen überhaupt keinen Bedarf, den vor dem Bundesverwaltungsgericht erreichten Kompromiss der Nachtflugregelung zu ändern. Damit gibt es für sie keine Notwendigkeit, mit uns zu verhandeln. Das haben sie von Anfang an sehr deutlich gemacht.
Drittens: Unsere Verhandlungspartner befürchten auch, dass der Wirtschaftlichkeit des Flughafens schwerer Schaden zugefügt werden könnte. Der Bund sieht sogar den Flughafenstandort Deutschland in Summe in Gefahr.
Ich sage ganz deutlich: Die Interessen der Brandenburgerinnen und Brandenburger haben für die Landesregierung oberste Priorität. Dafür haben wir in den letzten Monaten gekämpft.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung nimmt die Sorgen und Befürchtungen der Anwohnerinnen und Anwohner des Flughafens Berlin-Brandenburg sehr ernst. Der politische Handlungsauftrag des Landtages war und ist Leitschnur und Grundlage unseres Handelns. Deshalb haben die zuständigen Minister, der Chef der Staatskanzlei, der Flughafenkoordinator und natürlich auch ich selbst in den vergangenen Monaten eine Vielzahl von Gesprächen geführt - mit dem Land Berlin, mit dem Bund, mit Fluggesellschaften, der Deutschen Flugsicherung, mit Vertretern von Verbänden der Luftverkehrswirtschaft und Vertretern der Wirtschaft aus der Region Berlin-Brandenburg.
Auch mit den Bürgerinitiativen und Anrainerkommunen haben wir in den letzten Monaten ganz bewusst das Gespräch gesucht; denn wir nehmen das Anliegen dieses Volksbegehrens sehr ernst. Wir wollen mehr Nachtruhe und somit eine Verringerung des Fluglärms für die Anwohnerinnen und Anwohner erreichen.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, welche Möglichkeiten stehen uns nun zur Verfügung? - Das vom Landtag angenommene Volksbegehren fordert die Landesregierung zu Verhandlungen mit Berlin und zur Änderung der Landesentwicklungsplanung auf. Wir haben diesen Vorschlag nochmals gründlich analysiert, obwohl die Rechtsauffassung der Landesregierung schon vorher hier bekannt gemacht wurde. Dabei hat sich unsere Auffassung aus dem vergangenen Jahr bestätigt: Dieser Weg kann schon aus rechtlichen Gründen nicht zu einem erweiterten Nachtflugverbot und somit zu mehr Nachtruhe für die Anwohner des BER führen.
Gleichwohl haben wir mit den Vorbereitungen einer gemeinsamen Landesplanungskonferenz der Länder Berlin und Brandenburg begonnen, die voraussichtlich Anfang Mai stattfinden wird und dann eine Empfehlung aussprechen soll.
Nach allem, was ich im Moment absehen kann, bleibt es aber dabei, was bereits der Landtag in seiner Entschließung am 27. Februar des Jahres 2013 formuliert hat: Eine Änderung der Landesplanung ist beim besten Willen kein gangbarer Weg, um die Intention des Volksbegehrens umzusetzen und mehr Nachtruhe für die Anwohner zu erreichen.
Auch die Forderung nach einem Brandenburger Alleingang bei der Durchsetzung eines verschärften Nachtflugverbotes führt uns keinen Schritt weiter; denn ein solcher Alleingang ist eben rechtlich nicht möglich. Das ist die vielfach bestätigte und überwiegende Rechtsauffassung.
Ein geeigneter Weg ist es hingegen, wenn die Gesellschafterversammlung der Flughafengesellschaft die Geschäftsführung beauftragt, eine entsprechende Änderung der Betriebsgenehmigung zu beantragen. Der Inhalt, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist klar: Ausweitung des Flugverbotes auf 22 bis 6 Uhr. Deshalb haben wir im Februar 2014 die sofortige Einberufung einer Gesellschafterversammlung gefordert und einen entsprechenden Antrag für ein solches Mandat vorbereitet.
Meine Damen und Herren, dieser Antrag - Ausweitung des Flugverbotes auf 22 bis 6 Uhr - wird am 7. April in der Gesellschafterversammlung zur Abstimmung stehen. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse und der bereits verkündeten Meinung will ich auch nicht um den heißen Brei herumreden: Eine einvernehmliche Lösung mit dem Bund und mit Berlin im Sinne einer Ausweitung des Nachtflugverbotes auf 22 bis 6 Uhr ist nicht erreichbar. Die Gesellschafter Bund und Berlin haben uns in den zurückliegenden Verhandlungen unmissverständlich wissen lassen, dass sie einer Änderung des höchstrichterlich bestätigten Planfeststellungsbeschlusses nicht zustimmen werden.
Diese klare Ansage hat mich veranlasst, einen Kompromissvorschlag zu unterbreiten, der den Planfeststellungsbeschluss unberührt lässt. Mein Vorschlag lautet: Die Flughafengesellschaft verzichtet freiwillig - mit Zustimmung der Luftfahrtbehörden in der Zeit zwischen 5 und 6 Uhr morgens auf den Gebrauch ihrer Betriebsgenehmigung,
und zwar zunächst in einem Modellversuch von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Flughafens.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das heißt im Klartext gesprochen: eine Stunde mehr Nachtruhe für die Anwohner des BER.
Dieser Vorschlag kommt dem Ruhebedürfnis der Menschen im Flughafenumfeld entgegen. Mit diesem Kompromiss kommen wir aber auch den anderen beiden Gesellschaftern weit entgegen. Zum einen müsste hierfür die Betriebsgenehmigung nicht angefasst werden, zum anderen - das ist aus meiner Sicht das gewichtigere Argument - kann niemand mehr ernsthaft behaupten, dass durch eine Aussetzung des Betriebs zwischen 5 und 6 Uhr die Wirtschaftlichkeit dieses Flughafens gefährdet würde.
Wir wissen genau, was jetzt vom BER fliegen würde, und wir
wissen auch ziemlich genau, was bis zum Jahr 2025 dort fliegen soll.
Vielmehr sind es ja die Abendstunden, die für die Fluggesellschaften, den Flughafen und die Region wichtig sind - sowohl hinsichtlich der Flugbewegungen als auch hinsichtlich der Wartung der Flugzeuge.
Dass die Wartung von Flugzeugen am BER nachts stattfinden kann, liegt auch in unserem ureigensten Interesse; denn wir wollen, dass die Maschinen möglichst hier ihren Standort haben und somit auch hier Arbeitsplätze schaffen und nicht woanders.
Zu guter Letzt würde die Befristung des Modellversuchs auf fünf Jahre dem Betreiber ausreichend Zeit verschaffen, betriebliche Anpassungen vorzunehmen und die Auswirkungen einer solchen Aussetzung auf das Geschäftsergebnis zu prüfen. Aber natürlich bräuchten wir auch hierfür die Zustimmung der Verhandlungspartner.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Land Brandenburg wird diesen Vorschlag in der anstehenden Gesellschafterversammlung offiziell einbringen. Wir werden diesen Vorschlag auch abstimmen lassen, falls unser Ursprungsantrag - ich erinnere daran: Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr - abgelehnt werden sollte.
Mir ist klar: Mit diesem Vorschlag liegt ein neuer Gedanke auf dem Tisch. Ich habe nicht die Erwartung, dass er alle Seiten zu 100 % zufriedenstellen wird. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hoffe auch auf Einsicht; denn Einsicht ist Voraussetzung für ein gedeihliches, gut nachbarschaftliches Miteinander am BER.
Kurzum: Aus meiner Sicht ist dieser Kompromissvorschlag sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich vernünftig und machbar. Er ist für mich auch kein Zurückrudern oder Einknicken - im Gegenteil. Die von mir geführte Landesregierung will mehr Nachtruhe für die Brandenburgerinnen und Brandenburger und nicht mit einer nicht durchsetzbaren Maximalforderung in Schönheit sterben.
Am Ende muss es für die Bürger spürbare Erfolge und spürbare Entlastungen geben. Dieser Kompromiss, meine sehr verehrten Damen und Herren
- ich finde es schön, wenn Sie es lustig finden, Herr Senftleben -, ist ein klares Entgegenkommen gegenüber unseren Partnern. Ich füge hinzu, es ist nicht das erste Mal, dass wir unseren Partnern die ausgestreckte Hand reichen. Möglicherweise müssen wir in der Öffentlichkeit öfter deutlich machen, wer sich für mehr Nachtruhe bewegt und wer mehr Nachtruhe blockiert, auch wenn ich mir persönlich wünsche, dass es nicht so weit kommt.
Lassen Sie mich zum Abschluss noch eines festhalten: Der Flughafen ist und bleibt das zentrale Infrastrukturprojekt der Hauptstadtregion. Das sollte bei allen aktuellen Debatten nicht in Vergessenheit geraten.
Wenn der Metropolenraum Berlin-Brandenburg seine wirtschaftliche Attraktivität und Leistungsfähigkeit erhalten will, dann braucht er einen modernen Großflughafen. Nicht zuletzt geht es um Tausende Arbeitsplätze, die direkt und indirekt durch den BER entstehen werden.
Dieser Flughafen ist für unser Land eine riesige Chance. Dies sollten wir bei allen Herausforderungen, die dieses Projekt mit sich bringt, nicht vergessen. Ich sage aber auch klipp und klar: Wirtschaftlicher Erfolg, Lärmschutz und Nachtruhe für die Anwohnerinnen und Anwohner müssen miteinander vereinbar sein. Als Brandenburger Ministerpräsident fordere ich, dass wir beim Lärmschutz endlich richtig vorankommen.
Das Urteil des OVG zum Schallschutz muss ohne Wenn und Aber umgesetzt werden. Ich erwarte, dass die Flughafengesellschaft endlich Taten folgen lässt. Ich sage auch unmissverständlich: Bis zur Eröffnung des BER muss das Schallschutzprogramm entsprechend den rechtlichen Vorgaben umgesetzt sein.
Ich erwarte ebenso, dass alle betrieblichen Maßnahmen für mehr Lärmschutz - Routenoptimierung, Anflugwinkel, wechselnde Nutzung von Start- und Landebahn - auch jenseits der Flugzeitenreduzierung verwirklicht werden. Dafür werde ich mich mit aller Entschiedenheit einsetzen; denn ein erfolgreicher Flughafen braucht den Frieden mit dem Umland, wie jedes andere Großprojekt auch. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin Herrn Vogel sehr dankbar, dass er in seinem Vortrag den Brandenburger Weg so ausdrücklich herausgestellt
hat; allerdings hat er das etwas reduziert getan. Ich glaube, dass der Brandenburger Weg für das Land Brandenburg in den 90erJahren immens wichtig war, denn der Brandenburger Weg war die Übertragung der Arbeit der Runden Tische im Jahre 1989, der Erkenntnisse aus der friedlichen Revolution, auch der Zusammenarbeit in dieser Zeit, hierher in den Brandenburger Landtag - und das in einer äußerst schwierigen Zeit. Der Brandenburger Weg für den Landtag, für die Landespolitik bedeutete vor allen Dingen, dass man ohne Vorurteile, ohne vorgefasste Meinungen und gemeinsam an der Lösung von Problemen dieses Landes arbeitet. Das war Sinn und Hintergrund des Brandenburger Wegs.
Ich weiß - das ist auch im Abschlussbericht nachzulesen -, dass über diesen Brandenburger Weg intensiv gestritten wird, aber ich sage hier auch ganz deutlich: Es war der Brandenburger Weg, der zu unserem Land gepasst hat und - was die Konsensfähigkeit und die Suche nach Lösungen für schwierige Probleme betrifft - weiterhin passt.
Wir sind diesen Weg seit 1990 gegangen. Es ist sicherlich so auch das ist im Abschlussbericht nachzulesen -, dass es Versäumnisse und auch Fehler gegeben hat. Unser Land hat sich aber nicht trotz, sondern auch wegen dieser Unverwechselbarkeit hervorragend entwickelt, auch weil es in entscheidenden Fragen auch hier im Hohen Haus, solange ich es kenne, immer einen Geist der Gemeinsamkeit für unser Land Brandenburg, für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes gab.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, man könnte sogar so weit gehen, auch wenn es einigen Kommissionsmitgliedern nicht gefallen wird, zu sagen: Die Arbeit der Enquetekommission 5/1 zur Aufarbeitung der Geschichte und Bewältigung von Folgen der SED-Diktatur und des Übergangs in einen demokratischen Rechtsstaat im Land Brandenburg ist ein weiteres Beispiel für diesen gemeinsamen, konsensorientierten, eigenen Weg.
Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, um allen Kommissionsmitgliedern - in erster Linie natürlich den beiden engagierten Vorsitzenden Frau Geywitz und Frau Melior herzlich zu danken. Ich danke Ihnen für Ihr Engagement. Ich danke Ihnen für die viele Arbeit, die Sie hineingesteckt haben, für Ihre Fragen, für die Antworten, für Ihre Kritik, aber auch für die vielen Denkanstöße, die es gab.
Ich danke ausdrücklich auch den Abgeordneten aus der Kommission, und ich danke den zahlreichen Expertinnen und Experten - viele sind heute hier im Landtag zu Gast -, die mit ihrem Sachverstand und ihrer Kenntnis die Arbeit der Kommission unterstützt haben. Gerade Ihre Arbeit, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat einen großen Fundus an wissenschaftlichen Erkenntnissen hervorgebracht, auf dem wir weiter aufbauen können - und ich füge hinzu: auch aufbauen werden.
Die Enquetekommission hat im besten Sinne Menschen mit sehr unterschiedlichen Biografien und auch sehr unterschiedlichen Sichtweisen zusammengebracht. Sie haben dabei heftig gestritten; das Schöne ist aber auch, dass man sagen kann: Sie haben dennoch konstruktiv miteinander gearbeitet. Sie haben dies parteiübergreifend getan, ohne politische Scheuklappen. Und sie haben sich immer an ihrem Arbeitsauftrag, der kein einfacher war, orientiert.
Es ist richtig - Frau Teuteberg hat es vorhin angeführt -: Ich persönlich war zu Beginn dieser Enquetekommission skeptisch, ob es gelingen kann, mit einem politischen Gremium des Landtages Geschichte aufzuarbeiten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin sehr froh, dass ich heute hier stehen und sagen kann: Es ist gelungen, meine Skepsis damals war nicht berechtigt. Dafür bin ich Ihnen allen äußerst dankbar.
Die anfangs benannte Unverwechselbarkeit unseres Landes und des Brandenburger Weges finden wir auch an verschiedenen Stellen des Abschlussberichts der Enquetekommission wieder. Aber zum Brandenburger Weg darf ich noch eines sagen, was häufig vergessen wird: Letztlich haben über den Weg dieses Landes, nämlich den Brandenburger Weg, nicht Abgeordnete oder irgendwelche Politiker in Hinterzimmern entschieden, sondern die Brandenburgerinnen und Brandenburger, die in Wahlen dieses Parlament gewählt und damit den Weg bestimmt haben, den dieses Land geht. Das gehört auch zur Wahrheit. Und sie haben - im Unterschied zu anderen Bundesländern 1990 beispielsweise so gewählt, dass wir ein Parlament mit fünf demokratischen Parteien hatten. Das hatten andere ostdeutsche Bundesländer in dieser Art und Weise nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, heute können wir sagen, dass sich unsere parlamentarische Demokratie über 25 Jahre entwickelt und gefestigt hat. Dabei sind wir, glaube ich, alle, wie wir hier im Raum versammelt sind, sehr froh darüber, dass die Anwesenheit Rechtsextremer in diesem Parlament nur eine Episode war und - das füge ich hinzu - hoffentlich auch bleibt.
Sie hat diesem Land nicht nur nichts genützt, sie hat diesem Land in der Außendarstellung geschadet.
Noch etwas kommt hinzu: Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes haben mit überwältigender Mehrheit eine Landesverfassung angenommen, die etwas ganz Besonderes darstellt. Hier darf ich aus dem Abschlussbericht Seite 133 zitieren:
„Im Ergebnis entstand, so die Einschätzung der Gutachter, die ‚eigenwilligste Landesverfassung‘ der neuen Länder mit dem stärksten Bezug auf das Erbe des Runden Tisches und die verfassungspolitischen Ziele der friedlichen Revolution.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, darauf können wir und die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes nach wie vor sehr stolz sein.
Ebenfalls unverwechselbar und ebenfalls in dieser Landesverfassung für Brandenburg festgeschrieben ist unser Verhältnis zu unseren polnischen Nachbarinnen und Nachbarn. Das sage ich jetzt als Ministerpräsident, aber natürlich genauso als Beauftragter der Bundesregierung. Die Grenze zwischen Brandenburg und Polen haben wir, Polen und Deutsche, zu einer wirklichen Friedensgrenze gemacht, gerade auch wir Brandenburger. Was an der deutsch-französischen Grenze schon gelungen ist, gelingt nun auch an der deutschen Ostgrenze. Daran, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat Brandenburg ganz entscheidenden Anteil, und darauf können wir stolz sein. Das ist besonders, das ist unverwechselbar, und das ist typisch brandenburgisch.
Noch etwas, was im Bericht der Enquetekommission eher zwischen den Zeilen auftaucht, was aber dennoch gesagt werden muss, ist, dass die Lebensleistung der Brandenburgerinnen und Brandenburger im zurückliegenden - fast - Vierteljahrhundert bemerkenswert und unverwechselbar ist. Wenn Sie sich vor Augen führen, dass 80 % aller Arbeitnehmer seit dem Jahre 1989 mindestens einen neuen Beruf, viele zwei oder drei neue Berufe ergreifen mussten, dann können Sie sich an dieser Zahl schon vorstellen, wie umfassend dieser strukturelle Wandel war und wie groß auch die Belastungen für die Einzelnen - für den einzelnen Arbeitnehmer, aber auch für Familien, Freunde und Anverwandte - und unser gesamtes soziales System waren. Deswegen hier noch einmal einen riesengroßen Respekt vor den Menschen, die dieses geleistet haben.
Ich freue mich aber genauso, dass es mittlerweile seit fast 25 Jahren normal ist, dass Menschen aus anderen Bundesländern in unserem Bundesland wohnen. Ich freue mich, dass Herr Ness hier wohnt - das werden Sie alle nachvollziehen können.
Ich freue mich aber genauso, Frau Teuteberg, dass Herr Beyer hier wohnt. Ich freue mich auch, dass Herr Büttner hier wohnt und dass Herr Vogel hier wohnt. Herzlich willkommen! Wir freuen uns nach wie vor, dass Sie alle da sind.
Ich sage hier noch mal: Diese Unterscheidung bringt uns alle nicht weiter, und diese Gräben zu ziehen ist falsch.
Heute sind Sie alle Brandenburgerinnen und Brandenburger, ohne Wenn und Aber. Sie haben Ihren Beitrag für unser Gemeinwesen geleistet, und wir werden gemeinsam weiterhin dieses Gemeinwesen gestalten. Ich denke, auch darauf können wir stolz sein, und das funktioniert gut.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Enquetekommission hat uns aber nicht nur vor Augen geführt, was in unserem Land seit 1990 gut gelaufen ist; sie hat uns auch noch einmal ins Stammbuch geschrieben, was versäumt worden ist - und das ist richtig so. Ich halte es für unverzichtbar, dass wir diese Versäumnisse weiterhin so gut, aber auch so schnell wie möglich aufarbeiten. Ich warne aber auch davor, die Arbeit der Enquetekommission, ihren Abschlussbericht, die Handlungsempfehlungen, letztlich die Aufarbeitung von Geschichte nur als Aufarbeitung von Fehlern, Versäumnissen oder Leerstellen zu verstehen oder zu interpretieren. Das wird der Arbeit der Kommission nicht gerecht, und erst recht wird es den Brandenburgerinnen und Brandenburgern nicht gerecht.
Ich weigere mich, unsere Landesgeschichte der zurückliegenden 25 Jahre auf Defizite und kollektives Schweigen zu reduzieren.
Kritik ist berechtigt - das ist wahr -, aber unser Leben besteht nicht allein und in erster Linie aus der Aufarbeitung von Zeitgeschichte, und schon gar nicht allein aus der Aufarbeitung von Aktivitäten der Staatssicherheit und der SED auf Brandenburger Boden. Wir waren und sind ein Land, in dem die Zeit nicht stehengeblieben ist. Parlament, Landesregierung, Justiz, Kommunalpolitik und öffentlicher Dienst sind der Demokratie und dem Rechtsstaat verpflichtet - ohne Wenn und Aber. Die Enquetekommission hat intensiv gearbeitet, der Abschlussbericht liegt auf dem Tisch des Hohen Hauses, und die Frage an uns alle lautet nun: Wie gehen wir mit den Ergebnissen um?
Wir finden im Abschlussbericht einen umfangreichen Teil mit Handlungsempfehlungen. Damit hat sich die Landesregierung bereits beschäftigt und wird es weiter tun. Ich denke dabei insbesondere an ein besonders wichtiges Themenfeld, und das firmiert im Bericht unter Themenfeld II: Wiedergutmachung und nachhaltige Würdigung der Opfer des SED-Regimes. Das ist deshalb von so großer Bedeutung und es besteht deshalb ein so großer Handlungsdruck, weil die Betroffenen überwiegend lebensältere Menschen sind. Die Zeit drängt, zum Beispiel in Bezug auf die geforderte Einrichtung eines Härtefallfonds für ehemals politisch Verfolgte und bezüglich der empfohlenen Förderung von Opferverbänden. Wir haben in diesem Bereich Defizite, wir können mit dem Bundesrecht nicht jedes geschehene Unrecht wiedergutmachen, aber wir müssen versuchen, besser zu werden - das ist der gemeinsame Konsens, den ich auch aus dem Abschlussbericht lesen kann.
Für mich persönlich ist es als damaliger Innenminister eine schwere Belastung gewesen, 80-jährigen Menschen gegenüberzusitzen und von ihnen zu fordern, diese und jene Unterlagen aus dem alten Betrieb aus dem Jahr 1958 oder 1959 beizubringen, weil wir sonst keine rechtliche Grundlage haben, das geschehene Unrecht in Form einer Opferrente zumindest zum Teil wiedergutzumachen. Von einer Wiedergutmachung kann man eigentlich gar nicht reden. Diese Regelung brauchen wir äußerst dringend, denn die Betroffenen warten darauf.
Wir werden natürlich auch die Handlungsempfehlungen in anderen Themenfeldern prüfen. Manches wurde schon in die Tat umgesetzt. Wir werden uns in Summe damit auseinandersetzen und weitere Schlussfolgerungen für die künftige Politik der Landesregierung ziehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Arbeit der Enquetekommission hat in den Medien, in der Politik und nicht zuletzt in der Brandenburger Bevölkerung große Beachtung gefunden. Das Thema hat in unserem Land offenbar einen Nerv getroffen. Die Auseinandersetzung in dieser Form war richtig und wichtig für unser Land. Wir alle können und sollten daraus lernen, und zwar unabhängig davon, ob wir die Entscheidungen der frühen 90er-Jahre heute wieder so treffen würden oder ob wir ihnen aus heutiger Sicht kritisch gegenüberstehen.
Wer die Arbeit der Kommission verfolgt hat, dem bleibt auch die Erkenntnis, dass gerade in der ersten Legislaturperiode in den frühen 90er-Jahren in Brandenburg der politische Handlungs- und Entscheidungsdruck außerordentlich hoch war - höher, als wir es uns heute wahrscheinlich vorstellen können. Der Transformationsprozess war in vollem Gange. Die Menschen hatten Angst um ihre soziale Stellung, und es gab viele weitere Faktoren, die auf die Brandenburgerinnen und Brandenburger
eingewirkt haben, die nicht direkt vom Land beeinflusst werden konnten. Dennoch waren die damaligen Erwartungen gerade an dieses neu gewählte Landesparlament immens hoch. Wenn wir dann sehen, dass sich unser Land seither sehr gut entwickelt hat und die Brandenburgerinnen und Brandenburger mehrheitlich zu diesem unserem Land stehen, dass sie gern hier leben, dass sie sich für Brandenburg aussprechen und einsetzen, bleibt festzustellen: Es wurde in Brandenburg wie in ganz Ostdeutschland damals vieles, wenn nicht sogar das meiste richtig gemacht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Enquetekommission 5/1 hat für unser Land eine wichtige Arbeit geleistet. Dafür noch einmal herzlichen Dank von meiner Seite an alle Beteiligten. - Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei einigen Vorrednern ist es angeklungen: Natürlich waren die letzten Tage von den Ereignissen in der Ukraine, ich will nicht sagen überschattet, aber auf alle Fälle beeinflusst.
Ich habe bei meinem Besuch Anfang der Woche in Warschau gemerkt, dass es natürlich bei dem direkten Nachbarn der Ukraine viel größere Sorge gab, als wir sie vielleicht hier wahrgenommen haben. In Teilen Polens wurden Turnhallen leergeräumt und für Flüchtlinge vorbereitet. Krankenhäuser haben sich auf Verletzte und Verwundete vorbereitet. Kurz gesagt: Man ist davon ausgegangen, dass in der Ukraine ein Bürgerkrieg unmittelbar bevorstand. Deswegen ist auch in Polen der Respekt vor der Leistung der drei Außenminister, der gemeinsamen Initiative des polnischen Außenministers Sikorski, des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier und des französischen Außenministers Fabius, sehr groß. Dass das Ganze hier in diesem Hause etwas ins Lächerliche gezogen wurde, halte ich - auch vor dem Hintergrund der Ängste und Sorgen - für ziemlich respektlos.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man die Gespräche führt und diese Sorgen und Ängste, die übrigens bis zum heutigen Tag nicht ganz verschwunden sind, spürt, dann ist man sehr dankbar, dass an dieser Stelle das Weimarer Dreieck - die deutsch-französisch-polnische Zusammenarbeit hervorragend funktioniert hat. Die europäische Idee hat hier in einer Art und Weise gewirkt, die man wohl auch in der Ukraine, wohl auch bei den Leuten, die auf dem Maidan waren, nicht mehr für möglich gehalten hat. Sie wussten, dass es im Vorfeld auch viel Kritik an der Rolle Europas gab.
Nein. - Deswegen ist es, glaube ich, sehr wichtig, dass wir auch und gerade diese europäische Idee weiter leben, dass wir die europäische Idee pflegen. Und wenn die „Frankfurter Allgemeine“ geschrieben hat: „Vielleicht war das deutsch-polnische Verhältnis nie enger“, dann ist das eine zutreffende Beschreibung, die wir in ihrer Normalität - Deutsche und Polen sorgen gemeinsam in einem Nachbarland Polens mit dafür oder sind ein Mosaikstein in der Entwicklung, einen Bürgerkrieg zu verhindern; das ist schon eine innereuropäische Normalität -, die wir vor einigen Jahren noch für unmöglich gehalten hätten.
Natürlich ist es so, dass man, wenn man die Situation in der Ukraine in den letzten Wochen - man konnte ja nicht anders, sondern musste sie verfolgen - mit dem Herzen verfolgt hat, sich an die Situation in Polen Ende der 70er- und in den 80erJahren und an die Situation in der DDR 1989 erinnert gefühlt hat. Wir haben großen Respekt vor der Leistung, die das polnische Volk im Jahre 1989, aber auch schon in den Jahren zuvor mit seinem Mut, seiner Standhaftigkeit vollbracht hat. Es war nämlich schon im Februar 1989 zur ersten, in Teilen freien
Wahl - ich will das nicht genauer ausführen, die meisten wissen es - in Polen gekommen, und dies war natürlich auch ein wichtiges Element für den Fall der Mauer hier bei uns in Deutschland.
Summa summarum: Wenn diese Entwicklung in Polen in den 80er-Jahren nicht so gelaufen wäre, würden wir alle wahrscheinlich nicht hier - in einem frei gewählten Parlament - sitzen.
Deswegen sind wir dem polnischen Volk großen Respekt schuldig.
Ich habe, als ich in Warschau war, davon gesprochen, dass ich dieses hohe Amt, das mir der Bundesaußenminister antrug und in dem mich das Bundeskabinett bestätigt hat, mit großem Respekt und Demut antrete. Ich habe zwei Dinge nicht vergessen: Ich habe nicht vergessen, was vor 75 Jahren im Zweiten Weltkrieg Deutsche dem polnischen Volk angetan haben. Und ich habe nicht vergessen, was hätte passieren können, als ich im Jahre 1981 in der Nationalen Volksarmee in Cottbus mit erhöhter Gefechtsbereitschaft de facto darauf gewartet habe, den Marschbefehl nach Polen zu bekommen. Ich bin dankbar, dass es 1981 - auch durch mutige Entscheidungen - nicht dazu gekommen ist. Auch deswegen gibt es von meiner Seite große Demut und großen Respekt vor dem, was das polnische Volk geleistet hat.
Für mich war das Jahr 1981, in dem ich als Soldat im Grundwehrdienst der Nationalen Volksarmee war, das Jahr, in dem ich mich von der DDR endgültig verabschiedet habe, weil ich mit einem Staat, der in Kauf nimmt, dass junge Leute in ein anderes Land einmarschieren, nichts zu tun haben wollte, besonders aus meiner persönlichen Geschichte heraus. Mein Großvater war als Wehrmachtssoldat in Polen und in Russland und ist über die Ereignisse niemals hinweggekommen. Dass ich in die Situation hätte kommen können, der nächste aus meiner Familie zu sein, der in ein fremdes Land, in unser Nachbarland Polen einmarschiert, habe ich der DDR nie verziehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, heute reden wir häufig von Normalität. Normalität darf aber niemals bedeuten, dass wir das Leid, das Deutsche dem polnischen Volk angetan haben, vergessen. Diese deutsch-polnische Geschichte und das, was wir dem polnischen Volk dadurch zu verdanken haben, dass sie die Geschichte nach dem, was vor 75 Jahren passiert ist, mit uns gemeinsam gestalten wollen - nicht zu vergessen: auch in der Zeit der Umwälzungen in Osteuropa hat das polnische Volk eine äußerst wichtige Rolle gespielt -, sind für uns Verpflichtungen für die Zukunft, Verpflichtungen, die wir jeden Tag mit unserer Arbeit einlösen müssen.
Und natürlich - das habe ich bei allen Rednern herausgehört, dafür bin ich sehr dankbar - ist die Jugendarbeit eine ganz besondere Herausforderung für uns. Wir müssen - auch da sind wir uns einig - das Deutsch-Polnische Jugendwerk weiterentwickeln und Augenhöhe mit dem Deutsch-Französischen Jugendwerk erreichen. Das werde ich als erste und wichtigste Maßnahme zu erreichen versuchen; denn gerade vor dem Hintergrund der deutsch-polnischen Geschichte kann man,
glaube ich, Jugendlichen nicht nur die Kultur und damit auch das Interesse an einer Sprache nahebringen, sondern man kann ihnen gerade anhand dieser Geschichte auch den Wert von Freiheit und Demokratie hervorragend erklären.
Weitere Themen werden die Fragen der Infrastruktur sein. Da haben wir - und das sage ich nicht gerne - auf deutscher Seite mittlerweile ein gerüttelt Maß an Nachholbedarf. Das betrifft die Bundesverkehrswegeplanung und andere Dinge mehr; ich möchte jetzt nicht im Einzelnen darauf eingehen, vielleicht sagt Ralf Christoffers dazu noch etwas.
Wir müssen die wissenschaftlichen Netzwerke noch enger ziehen. Da hat sich in den vergangenen Jahren viel entwickelt. Unser Leuchtturm ist hier die Viadrina in Frankfurt (Oder) ein Leuchtturm, der europaweit für Zusammenarbeit zwischen europäischen Staaten steht und der für uns auch weiterhin ein Leuchtturm der deutsch-polnischen wissenschaftlichen Zusammenarbeit sein wird.
Dazu gehört natürlich auch die Frage der inneren Sicherheit. Ich bin in der letzten Woche beim Bundesinnenminister gewesen. Auch und besonders unter Mitwirkung des Landes Brandenburg wird es demnächst zu einem Abschluss der Verhandlungen über das deutsch-polnische Polizeikooperationsabkommen kommen.
Das hat einen wichtigen Hintergrund: Polizei arbeitet immer auf einer sicheren Rechtsgrundlage. Ohne sichere Rechtsgrundlage kann Polizei nicht vernünftig arbeiten. Deswegen ist dieses Abkommen für die Zusammenarbeit immens wichtig. Wir werden gemeinsam mit dem polnischen Nachbarn unsere Anstrengungen verstärken, um die innere Sicherheit in den Grenzregionen zu erhöhen. Wir haben es hier mit einem europäischen, mit einem internationalen Problem zu tun - auch das muss man klar im Fokus haben -, und wir werden dieses Problem so, wie wir es bisher getan haben, weiter ernst nehmen.
Was die vorhin aufgeworfene Frage betrifft, was denn wäre, wenn der Ministerpräsident so viel zusätzliche Zeit brauche, um die Beziehung zu Polen zu pflegen: Ein Blick in die Verfassung des Landes Brandenburg spricht da Bände. Die Zusammenarbeit, die guten Beziehungen zu unserem Nachbarland Polen haben für uns Verfassungsrang.
Deswegen ist das eine Aufgabe, die ich erstens ohnehin zu leisten habe. Zweitens bin ich der festen Überzeugung, und das gilt nicht nur für den östlichen Teil des Landes Brandenburg, dass die Beziehungen zur Republik Polen für die Entwicklung unseres Landes eine essentielle Grundlage darstellen. Sie sind eine wichtige Voraussetzung, um unser Land Brandenburg weiterzuentwickeln. Deswegen ist jeder Ministerpräsident gut beraten, sich um diese wichtigen Punkte besonders intensiv zu kümmern. Das werde ich auch tun.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Willy Brandt hat einmal gesagt: „Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten.“ Willy Brandt hat mit seiner Ostpolitik bewiesen, wie richtig dieser Satz war und wie richtig er immer noch ist. Die katastrophale Eskalation in der gar nicht so fernen Ukraine vor ca. einer Woche zeigt uns: Alles kann auch ganz anders kommen. Auch bei uns und in Polen hätte 1989 manches anders kommen können. Darum können wir stolz sein auf das, was wir alle zusammen hier an unserer Grenze, die uns mittlerweile mehr verbindet als trennt, geschaffen haben. Dazu braucht es weiterhin Kompetenz, und es braucht auch guten Willen. Beides habe ich bei meiner Reise nach Polen wie auch hier in Brandenburg an vielen Stellen angetroffen. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist für die Beziehungen zu unserem Nachbarn nach 25 Jahren eine sehr gute Bilanz. Ich wünsche uns dafür weiter viel Erfolg. Alles Gute! - Danke.
Herr Dombrowski, es ist nicht Aufgabe der Landesregierung und schon gar nicht des Ministerpräsidenten, die Reden von Abgeordneten in diesem Hohen Haus zu beurteilen oder zu bewerten. - Danke.
Wie viel Zeit habe ich?
Herr Präsident, in einer Viertelstunde werde ich das wohl schaffen. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin etwas enttäuscht, weil ich nach der doch sehr hochtrabenden Überschrift über der heutigen Sondersitzung - immerhin eines der schärfsten Mittel der Demokratie im Land Brandenburg - etwas mehr Substanz in der Begründung, die ja mit dem Antrag nicht mitgeliefert worden ist, von der antragstellenden Fraktion erwartet hätte.
In einem Punkt stimme ich mit dieser Fraktion allerdings überein: Die Menschen leben gern in unserem Land. Dieser Eindruck täuscht nicht, dies ist der richtige Eindruck.
Meine sehr verehrten Damen und Herren aus der Opposition, diese Koalition wird alles dafür tun, dass sich dieser Wert auch in Zukunft auf sehr hohem Niveau bewegt - übrigens auf einem sehr hohen Niveau auch im Vergleich mit den anderen Bundesländern.
In der Überschrift ist auch von „Wortbruch“ die Rede. Ja, wir haben nicht alle Zusagen aus dem Koalitionsvertrag eingehalten. Man könnte es auch anders sagen, Frau von Halem: Wir haben Wortbruch begangen. Wir haben mehr Lehrerinnen und Lehrer eingestellt, als wir im Koalitionsvertrag zugesagt hatten!
Wir haben die Vertretungsreserve erhöht; auch das war im Koalitionsvertrag nicht vereinbart. Wir haben mehr Polizistinnen und Polizisten eingestellt. Das war ebenfalls nicht vereinbart.
Und noch etwas: Wir hatten auch nicht vereinbart, dass wir in diesem Jahr erstmals in der Geschichte unseres Landes in die Situation kommen - darüber freue ich mich besonders -, in einem dreistelligen Millionenbetrag Schulden zurückzuzahlen. Auf Schuldenbergen kann man keine Kinderspielplätze bauen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich wünsche mir, dass dieses Hohe Haus zu einer Arbeitsweise zurückkehrt, die den Brandenburger Landtag …
- Vielleicht hören Sie jetzt mal zu, Herr Burkardt, und dann ganz, ganz ruhig!
Ich wünsche mir, dass dieses Hohe Haus - und zwar auch die Opposition - das tut, was den Landtag Brandenburg über viele Jahre hinweg ausgezeichnet hat, nämlich gemeinsam an den Problemen der Menschen dieses Landes zu arbeiten und dazu Vorschläge zu machen. - Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Der Titel der heutigen Aktuellen Stunde hat leider in einem Teil der Reden überhaupt keine Rolle gespielt: Vertrauen der Polizei in die Politik wiederherstellen. - Was heißt denn das? - Da oben sitzen Polizisten, herzlich willkommen auch hier im Saal! Das heißt, dass die Zusagen, die Versprechungen, die gemacht worden sind, einzuhalten sind.
Als die rot-rote Landesregierung ihre Arbeit in diesem Land aufgenommen hat, gab es einen riesengroßen Vertrauensbruch innerhalb der Polizei gegenüber der Politik. Der hing mit
gebrochenen Versprechen im Beförderungsbereich zusammen, mit Nichtübernahme von Besoldungsvereinbarungen auf Bundesebene - von anderen Ländern -, der hing mit einem zunehmenden Abstand zur Besoldung in anderen Bundesländern zusammen und auch damit, dass es ganze Jahre gab, in denen nicht ein einziger Polizeianwärter eingestellt worden ist.
Das ist die Bilanz nach Innenminister Schönbohm gewesen!
Seitdem Rot-Rot dieses Land regiert, gab es in jedem Jahr Beförderungen.
Wir haben jedes Jahr Polizisten eingestellt und haben heute die höchste Einstellungsrate, die höchste Anwärterzahl, die das Land Brandenburg seit 1993 - unter Alwin Ziel damals noch hatte. Das ist die Realität!
Ich danke jedem einzelnen Polizisten, der in diesem Land Arbeit für unsere Bürger, für unser Land unter teilweise sehr, sehr schwierigen Bedingungen leistet. Aber auch die Polizeireform so gerne Sie das immer anders darstellen - ist nicht in der Besenkammer im Innenministerium geschrieben worden. Sie
wurde im Wesentlichen von Führungskräften und Vertretern der Gewerkschaft der Polizei so gestaltet, und sie wird von diesen auch weitergestaltet werden. Wir werden auch weiterhin eine funktionsfähige Polizei im gesamten Land haben, auch mit der nötigen Personalstärke. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Büttner, eine Frage hätte ich allerdings: Wird der Flughafen schneller eröffnet, wenn wir den Nachtragshaushalt heute nicht verabschieden?
Sie haben den Zusammenhang hergestellt und über vieles geredet, und Sie haben auch über Verlässlichkeit der SPD-Fraktion im Landtag geredet, und zwar haben Sie behauptet, dass die Dinge, die wir jetzt für die nächste Legislaturperiode planen, und die Dinge, die wir hoffentlich auf dem Landesparteitag am Samstag beschließen werden, Rosstäuscherei, Wählertäuschung - und was weiß ich noch alles - seien. Offensichtlich sprechen Sie da zu stark aus eigener Erfahrung, denn wenn Sie sich ein bisschen mit den letzten Legislaturperioden und den Wahlaussagen vor allen Dingen der SPD vor den Wahlen beschäftigt hätten und diese Wahlaussagen aus dem Jahr 2009 auf den Prüfstand stellen und fragen würden, was heute davon abgearbeitet ist, dann kämen Sie ganz klar zu einem anderen Ergebnis. Das Ergebnis, das Sie meinen, ist wahrscheinlich, wie Sie Ihren Koalitionsvertrag in Schwarz-Gelb auf Bundesebene umsetzen konnten, denn da ist in der Tat von Ihren Vorhaben, die postuliert worden sind, nicht allzu viel übrig geblieben.
Die SPD ist verlässlich, und wir setzen mit diesem Nachtragshaushalt die richtigen Schwerpunkte, indem wir nämlich weiter in Bildung investieren. Wir haben schon mehr in Bildung investiert, als wir es noch 2009 im Wahlprogramm gesagt haben. Es wurden deutlich mehr Lehrer eingestellt, als wir angekündigt hatten.
Ein weiterer Punkt - ich bin schon ein bisschen erstaunt, dass dieser Punkt vonseiten der Opposition überhaupt nicht aufgegriffen worden ist, gerade nach dem heutigen Morgen, wo ich hier im Raum eine klare Einigkeit zu erkennen geglaubt habe, ich bin da vorsichtig, dass wir bei der Frage der steigenden Asylbewerberzahlen auch die Kommunen stärker unterstützen müssen -: Vorhin ist - auf der CDU-Seite war es, glaube ich der Nebensatz gefallen, es sei die gesetzliche Verpflichtung. Nein, wir gehen hier freiwillig stärker ins Obligo, um die kommunale Ebene bei der Lösung, bei dieser gemeinsamen Herausforderung der steigenden Asylbewerberzahlen stärker zu unterstützen. Ich denke, auch das ist genau das richtige Signal.
Offensichtlich - Herr Dombrowski, Sie kommen auch noch dran; schön, dass Sie sich schon melden - gibt es in der CDUFraktion keinen, der aktiv die Jagd betreibt oder jemals versucht hat, einen Jagdschein zu machen, sonst könnte es nicht dazu kommen, dass man das Schießen auf einen laufenden Keiler von einem Schießstand mit der jagdlichen Praxis verwechselt.
Den Unterschied können Sie sich von Herrn Beyer einmal erklären lassen, und da gibt es große Unterschiede. Aber eines kann ich Ihnen sagen, Herr Dombrowski - um noch einmal darauf zurückzukommen -: Ich musste beim laufenden Keiler eine Weile üben - das gebe ich gern zu; das ging mir wie vielen anderen Jagdeleven in diesem Lande -, mittlerweile treffe ich Schwarzwild beim ersten Schuss. - Danke schön.
Herr Dombrowski, da mir von Ihnen alles Mögliche in den Mund gelegt wurde, gestatten Sie mir noch einige Sätze. Sie wissen sehr genau, dass dieses Geld nicht für die Zentrale Aufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt bestimmt ist. Über diese haben wir hier Konsens erzielt. Das Land hat seine Hausaufgaben gemacht und ist dabei, die investive Situation an diesem Standort zu verbessern. Wir sind uns einig: Das ist überfällig.