Protocol of the Session on January 23, 2014

Meine Damen und Herren, ich eröffne die 87. Plenarsitzung des Landtages Brandenburg.

Ich begrüße unter unseren Gästen eine Gruppe aus dem Landkreis Teltow-Fläming und wünsche Ihnen einen interessanten Vormittag heute hier in Potsdam.

(Allgemeiner Beifall)

Sehr geehrte Abgeordnete, ich habe Ihnen vor Eintritt in die Tagesordnung mitzuteilen, dass mir der Abgeordnete Domres eine Information geschickt hat, die ich Ihnen verlesen werde:

„Ich möchte Sie darüber in Kenntnis setzen, dass die Fraktion DIE LINKE im Landtag Brandenburg in ihrer heutigen Fraktionssitzung Frau Margitta Mächtig zu ihrer Fraktionsvorsitzenden und Herrn Stefan Ludwig zum stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden gewählt hat.“

Herzlichen Glückwünsch und erfolgreiches Arbeiten!

(Allgemeiner Beifall)

Ihnen liegt der Entwurf der Tagesordnung vor. Gibt es Bemerkungen zur Tagesordnung? - Da das nicht der Fall ist, bitte ich um ein zustimmendes Handzeichen, damit wir nach ihr verfahren können. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Beides ist nicht der Fall. Damit ist die Tagesordnung beschlossen.

Wir haben heute ganztägig auf Frau Ministerin Kunst zu verzichten. Sie wird von Frau Ministerin Münch vertreten.

(Zuruf von der CDU: Das sieht man! - Vereinzelt Heiter- keit)

- Was ich im Augenblick zwar noch nicht feststellen kann, aber das wird sicher noch.

Meine Damen und Herren, ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde

Thema: Für eine verlässliche Innenpolitik - Vertrauen der Polizei in die Politik wiederherstellen

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 5/8373

Des Weiteren liegt in der Drucksache 5/8434 ein Entschließungsantrag zu diesem Thema vor.

Der Abgeordnete Schierack eröffnet die Debatte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Abgeordnete! Seit Beginn dieser Wahlpe

riode bringen wir als Opposition das Thema der inneren Sicherheit immer wieder in den Landtag, weil wir spüren: Die innere Sicherheit ist bei Rot-Rot in schlechten Händen.

(Widerspruch bei der Fraktion DIE LINKE)

Die Zahlen der Kriminalstatistik sprechen ihre eigene und klare Sprache, so klar, dass auch der Innenminister nicht mehr daran vorbeikommt. Sie mussten eingestehen, dass etwas in der Struktur und bei den Zielvorgaben der Personalstellen nicht stimmt.

Herr Innenminister, Sie sprechen immer noch euphemistisch von einer Unwucht in den Reifen eines Fahrzeugs. Das zeigt mir nur: Sie nehmen das Thema nach wie vor nicht ernst. Sie tun so, als handele es sich dabei um Reparaturarbeiten. Nein, diese Polizeireform, die gegen große Widerstände in diesem Land durchgesetzt worden ist, ist gescheitert,

(Beifall CDU)

und wir befürchten - um in Ihrem Bild zu bleiben -, dass diese Unwucht des Fahrzeugs dazu führt, dass dieses Auto an den Baum gesetzt wird. Dieser drohende Totalschaden und die Äußerungen des Ministerpräsidenten, dies jetzt zur Chefsache zu machen - eine Sache, die er schon als Innenminister verteidigt und durchgesetzt hat -, ist für uns Anlass zu dieser Aktuellen Stunde. Da können SPD und Linke wieder hier am Rednerpult stehen und tönen, wir würden alles schwarz malen oder Ängste in diesem Land schüren.

(Jürgens [DIE LINKE]: Machen Sie sich mal keine Ge- danken darüber, was wir sagen werden!)

Meine Damen und Herren, die Zahlen aber sprechen ihre eigene und klare Sprache. Sie können die Statistik anstrengen, wie Sie wollen, die Zahlen bleiben, wie sie sind.

(Beifall CDU)

Noch im Juni letzten Jahres hat der damalige Innenminister Woidke, als wir das Thema schon einmal in diesem Landtag hatten, darüber gesagt - ich zitiere - „Agitation und Propaganda“. Nun sind wir ja einiges …

(Ministerpräsident Dr. Woidke: Deswegen reden Sie ja auch heute - haben wir ja gelesen! - Vereinzelt Lachen bei der Fraktion DIE LINKE)

- Danke schön.

Deswegen habe ich gedacht, als Sie von Agitation und Propaganda sprachen: Was denken eigentlich die Menschen, Herr Woidke, beispielsweise in Guben oder Forst, wenn sie erleben müssen, dass ihr Auto geklaut worden ist? Was denken die Menschen am Rand von Berlin über das Thema „Agitation und Propaganda“, wenn sie merken, dass in ihr Haus eingebrochen wurde?

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache, und es ist unbestritten, dass wegen der Bevölkerungsentwicklung und der neuen Anforderungen, aber auch der finanziellen Perspektiven in unserem Land eine strukturelle und personelle Veränderung auch im öffentlichen Dienst erfolgen muss. Aber dazu muss man erst

einmal Prioritäten festlegen, und dies haben Sie von Anfang an nicht getan. Meine Damen und Herren, deshalb war es überhaupt möglich, dass Herr Speer damals mit einer Polizeireform an die Öffentlichkeit trat, die besagte, 7 000 Polizisten sollen im Jahr 2020 in Brandenburg vorhanden sein.

Dann gab es - ich will daran erinnern - landesweit berechtigte Proteste, eine Volksinitiative zu diesem Thema. Was haben Sie - scheinheilig - mit dieser Volksinitiative gemacht - wie mit allen Volksinitiativen in dieser Legislatur? - Sie nehmen sie erst ernst, dann nehmen Sie sie an, und dann versenken Sie sie politisch.

(Beifall CDU, FDP und B90/GRÜNE)

Das ist die Art und Weise, wie Sie mit der Volksinitiative umgegangen sind. Aber dieses Thema der inneren Sicherheit ist Ihnen geblieben, Herr Ministerpräsident, weil diese Reform gescheitert ist.

(Beifall CDU)

Wir haben uns als CDU-Fraktion immer konstruktiv verhalten.

(Lachen bei der Fraktion DIE LINKE)

Wir haben eigene Vorschläge vorgelegt. Ja, Sie haben protestiert, haben unsere Vorschläge immer abgelehnt. Aber Ihre eigenen Ziele, die Sie damals formuliert haben, sind nicht erreicht worden. Was haben Sie den Menschen alles versprochen!

(Bretz [CDU]: Genau!)

Was haben Sie den Menschen vorgegaukelt! Ich erinnere Sie an Ihre Ziele: Sie haben den Menschen gesagt: Die Polizeipräsenz und der Streifendienst müssen in der Fläche aufrechterhalten werden.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Das sagen wir auch heute noch!)

Die Einsatzaufgaben der Schutz- und Kriminalpolizei müssen weiterhin zeitnah und effizient bewältigt werden. Die Interventionszeiten dürfen sich nicht verschlechtern. Der Revierdienst darf nicht beeinträchtigt werden. Und heute, nach drei Jahren? Genau das Gegenteil ist passiert.

(Beifall CDU)

Die Zahl der Einbruchsdiebstähle ist kontinuierlich gestiegen, allein um 10 % im letzten Jahr. Die Aufklärungsquote liegt bei gerade einmal 17 %. Nur 17 % aller Einbrüche werden aufgeklärt. Die Anzahl der Kfz-Diebstähle steigt. Es sind immer weniger Funkstreifenwagen im Einsatz, und damit steigt die Interventionszeit dramatisch: 4 Minuten plus 4 Minuten. 4 Minuten können im Ernstfall eine Ewigkeit für die Menschen bedeuten.

Der Krankenstand steigt und die Motivation der Polizei sinkt. Nichts, aber auch gar nichts ist von dem Auftrag, den der Landtag der Landesregierung erteilt hat, erfüllt worden. Das sind eben nur Statistiken und Zahlen. Damit kann man nicht das Erleben und den Schock derjenigen beschreiben, die, wenn sie nach Hause kommen, sehen, dass eingebrochen, dass in ihre Privatsphäre eingedrungen worden ist. Neben dem materiellen

Schaden entsteht bei den Betroffenen das Gefühl der Ohnmacht, der Unsicherheit und der Angst - und das bleibt häufig ein Leben lang. Das riskieren Sie mit dieser Polizeireform. Und was ist Ihre Reaktion? Ständig kommen von der Landesregierung neue Meldungen, Einzelmaßnahmen, also Stückwerk, um diesen Negativtrend zu stoppen.

Erinnern wir uns allein daran, wie die Polizeireform angefangen hat. Damals sprach man von vielen Wachen, deren Schließung geplant sei. 15 Reviere plus x sollten geschlossen werden.

(Domres [DIE LINKE]: Und, was ist passiert?)