Protocol of the Session on November 21, 2013

Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie zur 84. Plenarsitzung des Landtages Brandenburg.

Ich begrüße unsere erste heutige Gästegruppe, Schülerinnen und Schüler der Bildungseinrichtung aus dem schönen Buckow in der Schorfheide. Herzlich willkommen bei uns im Landtag!

(Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren, Ihnen liegt der Entwurf der Tagesordnung vor. Gibt es Bemerkungen hierzu? - Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben gestern Abend in der Sendung „Klartext“ beim rbb einen Bericht sehen können, sehen müssen, der sich um das Thema Odersun und die Rettungsbeihilfe des Landes Brandenburg in Höhe von 3 Millionen Euro drehte. Wir haben in diesem Bericht auch gehört, dass der zuständige Minister diesen Vorgang als Fehler einstuft. Wir haben des Weiteren den Hinweis darauf bekommen, dass der Rechnungshof in einem Bericht festgestellt hat „dass es hier offensichtlich um einen Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit - § 7 der Landeshaushaltsordnung - geht.“

Wir glauben als Fraktion, dass dieser Vorgang eine enorme Sprengkraft besitzt, da es hier um Steuergelder in Höhe von 3 Millionen Euro geht und darum, dass offensichtlich unter einer rot-roten Landesregierung Managergehälter abgesichert werden sollten und auch wurden.

(Unmut bei der Fraktion DIE LINKE und vereinzelt bei der SPD)

Deshalb beantragen wir einen neuen Tagesordnungspunkt 1 mit dem Titel „Stellungnahme der Landesregierung zu den Vorwürfen gegen Minister Ralf Christoffers“ und bitten, zu TOP 1 die Redezeitvariante 1 zu vereinbaren. - Vielen Dank.

Gibt es hierzu Bemerkungen? - Bitte.

Sehr geehrter Kollege Senftleben! Sehr geehrte Kollegen der CDU-Fraktion! Sie sind schon etwas länger hier im Landtag verortet und müssten eigentlich wissen, wie das Prozedere ist. Es gibt den Entwurf eines Berichts des Landesrechnungshofes. Dazu hat die Landesregierung noch nicht einmal Stellung nehmen können. Die Gepflogenheiten sind die, dass dann im Haushaltskontrollausschuss sowohl der Entwurf des Landesrechnungshofes als auch die Positionierung der Landesregierung besprochen werden. Das ist der richtige Weg - anstatt hier auf Aktionismus zu setzen und vor allen Dingen Sachen zu behaupten, die in keiner Weise belegt sind.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD - Zuruf des Ab- geordneten Senftleben [CDU])

Ich habe Ihnen mitzuteilen, dass uns Minister Christoffers heute ganztägig fehlt und von Herrn Dr. Markov vertreten wird. Frau Ministerin Kunst wird ab 18 Uhr durch Frau Dr. Münch vertreten. Das nur als Information hierzu.

Ich lasse über den Änderungsantrag von Herrn Senftleben abstimmen. Wer ihm folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? Damit ist diesem Antrag nicht gefolgt worden.

Ich lasse über die Tagesordnung insgesamt abstimmen.

(Der Abgeordnete Büttner [FDP] meldet sich zu einem Geschäftsordnungsantrag.)

- Bitte, Herr Büttner?

Herr Präsident, guten Morgen! Ich habe gestern von dieser Stelle aus beantragt, den Tagesordnungspunkt zur Änderung des Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplanes des Landes Brandenburg von der gestrigen Tagesordnung abzusetzen. Das haben die Koalitionsfraktionen verweigert.

Wir haben dann gestern in der 2. Lesung Äußerungen von Finanzminister Markov gehört, die zur maximalen Verwirrung in diesem Hause, glaube ich, beigetragen haben. Das Wetter scheint sich den Ausführungen von Finanzminister Markov angepasst zu haben: Wir stochern im Nebel. Umso nachdrücklicher beantragen wir als FDP-Fraktion die Absetzung des Tagesordnungspunktes 3 „Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplanes des Landes Brandenburg“.

Hierzu gibt es Bemerkungen. - Herr Bischoff, bitte.

Ich möchte hier für die SPD- und auch für die Linksfraktion erklären, dass wir diesen Antrag ablehnen - wie auch den von gestern Morgen schon. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass es gute Tradition ist, parlamentarische gute Tradition, eine Haushaltsdebatte zu führen, wenn der Tagesordnungspunkt aufgerufen worden ist. Dazu haben wir heute mit jeder Fraktion 20 Minuten vereinbart. Da besteht dann Gelegenheit zur Aussprache. Aber hier einen Tagesordnungsantrag zum wiederholten Male und ohne neue Argumente aufzufahren ist schon etwas merkwürdig.

(Lachen bei der FDP)

Wir lehnen diesen Antrag ab.

Es gibt eine weitere Wortmeldung. Herr Burkardt, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Büttner hat richtig auf den neuen Umstand hingewiesen, Herr Kollege Bischoff: Die Ausführungen des Herrn Finanzministers gestern zum Thema Finanzierung des Flughafens waren so aufschlussreich, dass klar erkennbar war, dass die Verwirrung über den Zustand bei der Finanzierung des Flughafens bei ihm wahrscheinlich am größten ist. Deswegen kann der Haushalt guten Gewissens hier und heute gar nicht verabschiedet werden. Wir unterstützen deswegen diesen Antrag.

(Beifall CDU und FDP)

Ich habe eine weitere Wortmeldung von Herrn Görke.

Sehr geehrte Kollegen! Der Finanzrahmen für den Doppelhaushalt 2013/14 ist im Dezember letzten Jahres beschlossen worden. Er ist bereits beschlossen worden! Es gibt mit diesem Nachtragshaushalt keinen Cent mehr für den Flughafen, und deshalb brauchen wir diesen Antrag nicht. Wir sind gern bereit, die Debatte nachher zum Nachtragshaushalt auch zu diesem Punkt mit Ihnen zu führen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Auch Herr Vogel hat sich zu Wort gemeldet.

Wir hatten gestern eine ausführliche Debatte und haben gehört, dass wir erst am 13. Dezember ansatzweise Auskünfte darüber erhalten können, wie stark der Flughafen uns nun tatsächlich belasten wird, und dass wir dann auch genau wissen werden, wie die Liquiditätsplanung für 2014/15 usw. aussehen wird. Insofern ist eine Verabschiedung dieses Haushalts vor dem 13. Dezember 2014 aus meiner Sicht überhaupt nicht möglich. Ich stimme deswegen dem Antrag der FDP zu.

(Beifall B90/GRÜNE, CDU und FDP)

Stimmen wir also über den Antrag der FDP ab, diesen Tagesordnungspunkt heute abzusetzen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.

Gibt es weitere Bemerkungen zum Tagesordnungsentwurf? Das ist nicht der Fall. Wir stimmen also über den Entwurf der Tagesordnung ab. Wer ihm folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei drei Enthaltungen ist dem Entwurf zugestimmt worden.

Meine Damen und Herren, wir steigen in die Tagesordnung ein und beginnen mit Tagesordnungspunkt 1:

Aktuelle Stunde

Thema: Steigende Flüchtlingszahlen - Herausforderung für Land und Kommunen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 5/8134

Des Weiteren liegt mit Drucksache 5/8221 ein Entschließungsantrag der SPD-Fraktion, der Linksfraktion, der CDU-Fraktion, der FDP-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beginnt die Debatte mit dem Beitrag der Abgeordneten Nonnemacher.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Liebe Vertreterinnen des Flüchtlingsrates! Während Mitte der 90er-Jahre die Zahl der Flüchtlinge und Asylsuchenden in Brandenburg bei etwa 32 000 jährlich lag, sank sie auf einen Tiefstand von 570 im Jahre 2007. Infolge dessen wurden viele Unterkünfte geschlossen und Betreuungsangebote abgebaut. Seither steigen die Zahlen wieder moderat an, auf 1 500 Flüchtlinge im Jahre 2009, 1 700 im Jahr 2012. Dieses Jahr werden 3 300 bis 3 600 Menschen erwartet.

Kamen die Flüchtlinge in den 90er-Jahren vorwiegend aus dem Krisengebiet im ehemaligen Jugoslawien, haben sich die Gegenden, die von Bürgerkrieg und anhaltenden gewaltsamen Auseinandersetzungen betroffen sind, gewandelt. Syrien, Nordafrika, Afghanistan, Tschetschenien stehen oben an.

Nicht vergessen werden sollte, dass die überwiegende Menge der Flüchtlinge Zuflucht in den unmittelbaren Nachbarländern sucht. Durch den Bürgerkrieg in Syrien ist die Zahl der Flüchtlinge auf über 2 Millionen angewachsen, die allein im Süden der Türkei, in Jordanien und im Libanon in riesigen Lagern mehr schlecht als recht leben.

Im Libanon, einem Land mit 4,2 Millionen Einwohnern, wird die Zahl der syrischen Flüchtlinge auf 500 000 geschätzt. Die Aufnahme von 5 000 syrischen Flüchtlingen in Deutschland mutet dagegen äußerst bescheiden an.

Auch die maximal 3 600 Flüchtlinge, die dieses Jahr in Brandenburg mit seinen knapp 2,5 Millionen Einwohnern erwartet werden, stellen zwar eine Herausforderung, aber eine beherrschbare Herausforderung dar.

Die geschilderten Relationen machen klar, dass Panikvisionen, das Land werde von Flüchtlingsströmen überflutet, oder „Das Boot ist voll“-Parolen jeglicher rationaler Grundlage entbehren.

(Beifall B90/GRÜNE, DIE LINKE und SPD)

Der Landtag hat nach ausführlichen Diskussionen seit April 2011 am 7. Juni vergangenen Jahres den Beschluss „Verbesserung der Lebenssituation von Flüchtlingen und Asylbewerbe

rinnen und Asylbewerbern im Land Brandenburg“ gefasst. Darin wird nicht nur die Überarbeitung des Landesintegrationskonzepts von 2005 erbeten, sondern auch ein gemeinsam mit den Landkreisen und kreisfreien Städten zu erarbeitendes Unterbringungskonzept.

Das Landesintegrationskonzept wird uns im Frühjahr 2014 zugehen. Das Unterbringungskonzept scheiterte im Sommer und wurde in die nächste Legislaturperiode verschoben. Trotz dieser eher ernüchternden Bilanz muss nochmals betont werden, dass der Landtagsbeschluss sehr positive Elemente enthielt und einen Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik hätte einleiten können: Vorrang von Wohnungsunterbringung, insbesondere für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge, Schutz der Privatsphäre, Teilhabe am gesellschaftlichen und sozialen Leben, Begrenzung der Wohndauer in Gemeinschaftsunterkünften, Zugang zu qualifiziertem Deutschunterricht, verbesserte psychosoziale und medizinische Versorgung und einiges mehr.

Dieser erfreuliche Ansatz und dieser Perspektivwechsel kollidieren nun mit den deutlich anziehenden Flüchtlingszahlen, der Überbelegung der Zentralen Aufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt mit bis zu 750 Flüchtlingen, dem großen Druck auf die Kreise, ihre Kapazitäten auszuweiten und noch mehr Flüchtlinge aufzunehmen, als zu Jahresbeginn gedacht. Plötzlich stand Quantität im Vordergrund, während der Landtagsbeschluss eine verbesserte Qualität bei der Unterbringung und Betreuung im Auge hatte.