Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 89. Sitzung des Landtages Brandenburg! Als Erstes begrüße ich unsere Gäste, Schülerinnen und Schüler des Marie-Curie-Gymnasiums in Dallgow-Döberitz. Einen spannenden Vormittag wünsche ich euch hier im Landtag!
Gemäß § 20 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Landtags habe ich Ihnen folgende Mitteilung zu machen: Die CDU-Fraktion hat am 18. Februar 2014 den Abgeordneten Schierack als Vorsitzenden und den Abgeordneten Dombrowski als stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Viel Erfolg bei eurer Arbeit!
Des Weiteren habe ich mitzuteilen, dass der Rechtsausschuss am 20. Februar 2014 den Abgeordneten Wichmann zum Vorsitzenden gewählt hat. Viel Freude bei dieser Aufgabe!
Die dritte und letzte Mitteilung: Der Antrag „Mietpreisbremse auch in Brandenburg einführen!“, Drucksache 5/8550, ist vom Antragsteller zurückgezogen worden. Er war für morgen vorgesehen.
Ihnen liegt die Einladung mit dem Entwurf der Tagesordnung vor. Gibt es hierzu Bemerkungen? - Da das nicht der Fall ist, bitte ich Sie um Zustimmung zur Tagesordnung. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist die Tagesordnung bestätigt.
Dazu liegt ein Entschließungsantrag der SPD-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 5/8593, vor.
Sehr geehrter Landtagspräsident! Guten Morgen, meine Damen und Herren! Werte Gäste! Wer von uns hat sie nicht verfolgt, die Bilder aus der Ukraine? Seit Monaten versammelt sich die Opposition auf dem Maidan in Kiew, trotz klirrender Kälte und drohender Gewalt. In der letzten Woche hat sich die Lage verschärft - es ist geschossen worden -, drehte sich die Spirale der Gewalt und riss viele hoffnungsvolle Menschen in den Tod, Menschen, die nur eines wollten: frei sein, selbst ent
scheiden, wohin sich ihr Land entwickeln soll. Und sie wollten frei wählen, wem sie ihr Vertrauen dafür aussprechen. Dabei hat sich wieder einmal gezeigt: Der Wille der Menschen zur Freiheit kann auf Dauer nicht unterdrückt werden. Die Europäische Union sollte nun den weiteren Weg der Ukraine hin zu Freiheit, Parlamentarismus und Demokratie in Abstimmung mit dem östlichen - russischen - Nachbarn unterstützen.
Meine Damen und Herren! Ja, wir kennen dieses Gefühl, diese Sehnsucht, denn auch bei uns haben Menschen 1989 viel dafür riskiert, dass wir nun schon seit einem Vierteljahrhundert in Freiheit und Demokratie leben können. Und auch dafür gab es ein Vorbild, einen Auslöser: die Solidarno´s´c in Polen. Der mutige Einsatz vieler Polinnen und Polen für die Freiheit hat für uns Deutsche eine ganz besondere Bedeutung, denn Solidarno´s´c war ein ganz wichtiger Schritt für die friedliche Revolution in der DDR. Mit der Solidarno´s´c begann die demokratische Wende in Mittel- und Osteuropa. Das, meine Damen und Herren, dürfen wir nicht vergessen, und dafür gilt dem polnischen Volk unser ganz besonderer Dank.
Seit der Erweiterung der Europäischen Union im Jahre 2004 damals wurden zehn ost- und südeuropäische Länder aus dem früheren Ostblock Mitglieder der Europäischen Union - hat sich die Gestalt der EU deutlich verändert. Brandenburg liegt nun im Herzen eines zusammenwachsenden Europas - mitten zwischen Westeuropa und unseren Nachbarn in Osteuropa. Das ist eine große Chance für unser Land. Es ist wichtig und richtig, dass sich Brandenburg in seiner Verfassung dazu bekennt, eine gute, partnerschaftliche Zusammenarbeit zu unserem Nachbarn Polen zu pflegen. Übrigens sind wir das einzige Bundesland der Bundesrepublik, das diese Festlegung in der Verfassung verankert hat. Wir tun das aus historischer Verantwortung heraus; gute Beziehungen zu unserem Nachbarland liegen uns am Herzen. Wir tun es aber auch aus praktischer Vernunft, denn wir brauchen ein Europa, in dem über Grenzen hinweg zusammengearbeitet wird - für gute und praktische Lösungen für die Menschen vor Ort.
Die Zusammenarbeit zwischen Brandenburg und unserem polnischen Nachbarn findet auf vielen Ebenen statt. Wir haben dafür intakte Arbeitsstrukturen. Brandenburg unterhält mit sechs Woiwodschaften intensive Beziehungen. In Wroclaw und Pozna´n sind Partnerschaftsbüros, in Stettin ist das Verbindungsbüro - als Anker für unsere Beziehungen mit Polen. Sie unterstützen vor Ort die Kooperation zwischen Unternehmern, Verbänden, Hochschulen und anderen Akteuren. Sie vermitteln Kontakte, und so geben sie Impulse für neue Projekte und Ideen.
Wir wissen um die gute Zusammenarbeit zwischen Brandenburg und Polen. Ich denke da etwa an die beispielhafte Zusammenar
beit bei der Bekämpfung von Kriminalität in der Grenzregion, an die gute Kooperation der Sicherheitsbehörden. Kriminalität kennt keine Grenzen, und deshalb ist es wichtig, dass auch die Sicherheitsbehörden über Grenzen hinweg arbeiten.
Noch besser wäre es, wenn auch das Abkommen der Bundesrepublik Deutschland mit Polen beschlossen und die Kooperation weiter verstärkt werden könnte.
Ich denke an die gute Zusammenarbeit auf dem Feld von Wissenschaft und Forschung. Schon heute sind über 1 100 polnische Studierende an brandenburgischen Hochschulen immatrikuliert. Die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) nimmt hier eine Schlüsselfunktion ein. Sie ist Mittler zwischen Ost- und Westeuropa. Mit dem Collegium Polonicum leistet die Viadrina gemeinsam mit der Universität Pozna´n einen wichtigen Beitrag für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Besonders das Projekt „Borders in Motion“ mit insgesamt 5 Millionen Euro zusätzlichen Mitteln ist hier zu erwähnen. Langfristig soll die Bildung einer deutsch-polnischen Universität vorangebracht und damit als dauerhafte Einrichtung für gemeinsame Forschung und Lehre etabliert werden.
Ich denke aber zum Beispiel auch an die Zusammenarbeit in der regionalen Arbeitsmarktpolitik. Allein in Brandenburg gehen 8 000 Polinnen und Polen einer geregelten Beschäftigung nach. Wir tun gut daran, diesen regionalen Arbeitsmarkt in der Grenzregion noch stärker zu vernetzen.
Meine Damen und Herren! Das Zusammenwachsen der jungen Generation sollte uns besonders am Herzen liegen. Wenn wir heute die jungen Menschen in Brandenburg und Polen zusammenbringen, wenn sie sich für die jeweilige Geschichte, Gesellschaft und Kultur des Nachbarlandes interessieren, ist das der beste Weg, damit Menschen in den Grenzregionen langfristig noch besser zueinanderfinden. Deshalb ist es richtig, den Schüler- und Jugendaustausch zu stärken, für mehr Klassenfahrten in das Nachbarland zu werben. Auch wenn sich Jugendliche inzwischen fast immer mit Englisch verständigen können, sollten sie die Sprache des Nachbarn erlernen. Wir wollen deshalb das Interesse am Polnischunterricht in den Brandenburger Schulen weiter steigern.
Sprache ist nicht nur eine Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt, sie ist auch eine kulturelle Bereicherung - und das für die Menschen auf beiden Seiten der Oder.
Meine Damen und Herren, vor kurzem ist Dietmar Woidke zum neuen Koordinator der Bundesregierung für die deutschpolnische Zusammenarbeit ernannt worden. Am Montag war er zu seinem Antrittsbesuch in Warschau.
Die Bundesregierung hat mit dem Brandenburger Ministerpräsidenten einen Politiker gewählt, der an der Grenze zu Polen aufgewachsen ist, hier seit langem politische Verantwortung trägt, über viele Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit unseren polnischen Partnern und über so manche persönlichen Kontakte verfügt. Er kennt die Probleme. Aber vor allem weiß Dietmar Woidke um die Chancen, die in einer engen Kooperation mit unseren europäischen Nachbarn liegen. Meine Damen
und Herren, ich finde, die Bundesregierung hat mit Dietmar Woidke eine sehr gute, eine kluge Wahl getroffen.
Der Brandenburger Ministerpräsident wird als Koordinator den deutsch-polnischen Beziehungen guttun, und er wird mit seiner Arbeit auch Brandenburg einen wichtigen Dienst erweisen. Vor allem wird er sich dafür einsetzen, dass die gutnachbarliche Zusammenarbeit in den Grenzregionen auf den verschiedensten Ebenen weiter verbessert wird. Davon kann Brandenburg nur profitieren.
Fast 25 Jahre nach der friedlichen Revolution in Mittel- und Osteuropa können wir sagen: Die gemeinsame Arbeit auf vielen Feldern zwischen Brandenburg und unseren polnischen Nachbarn hat sich bewährt. Dabei ist unter beiden Partnern viel Vertrauen gewachsen. Daran sollten wir anknüpfen und die Zusammenarbeit weiter ausbauen. So arbeiten wir über Grenzen hinweg gemeinsam an Projekten, schaffen praktische Lösungen für die Menschen vor Ort in einer zusammenwachsenden Region mitten in Europa. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Während für die CDU-Fraktion die Abgeordnete Richstein ans Mikrofon tritt, begrüße ich unseren parlamentarischen Nachwuchs. Herzlich willkommen, Karla Niels! Ein sehr disziplinierter Gast.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den letzten Tagen und Wochen blicken wir voller Sorge, aber auch mit viel Hoffnung und mit aufkeimender Zuversicht nach Osten, auf die Ukraine und den Maidan-Platz - dorthin, wo derzeit Geschichte geschrieben wird, wo sich Menschen gegen ein Regime auflehnen, wo sie Demokratie einfordern und wo sie für ihre Rechte kämpfen.
Wir blicken auf die Ukraine in Trauer um die Opfer, die in diesem Kampf ihr Leben oder ihre Unversehrtheit gelassen haben, in Mitgefühl mit den Angehörigen, Freunden und Mitstreitern der Opfer.
Und wir blicken auf die Ukraine, weil wir an einen Teil unserer Geschichte erinnert werden. Vor 25 Jahren gingen hier in Deutschland die Menschen auf die Straßen und haben sich gegen das Regime aufgelehnt, haben Demokratie eingefordert und für ihre Rechte gekämpft. Zu unserem Glück war es damals eine friedliche Revolution, und wir mussten keine Toten oder Schwerverletzten beklagen.
Was hat dies nun mit unserer Aktuellen Stunde zu tun? Sehr viel - denn ohne die polnischen Wegbereiter hätte es unsere Revolution nicht gegeben. Ohne die Solidarno´s´c-Bewegung, ohne den Runden Tisch in Warschau wäre die Mauer in Berlin
nicht gefallen und der Kommunismus in Mittel- und Osteuropa nicht untergegangen. Wir sind daher unseren polnischen Nachbarn zu sehr viel Dank verpflichtet - und das am Ende einer Epoche, in der wir enormes Leid über sie gebracht haben.
Der Blick auf die Ukraine und die Geschehnisse geben uns aber auch einen Einblick in das Hier und Jetzt. Es waren gerade die Außenminister Frankreichs, Polens und Deutschlands, die zu Gesprächen nach Kiew reisten und im Namen der Europäischen Union auftraten. Zwei Reflexionen, zwei Splitter, die die Rolle Polens in Europa und in der Europäischen Union widerspiegeln: Vom Spielball europäischer Mächte im 19. Jahrhundert über eine geschundene Nation im 20. Jahrhundert hat sich Polen über einen Wegbereiter der friedlichen deutschen Revolution zu einem der wichtigsten Akteure der Europäischen Union im 21. Jahrhundert entwickelt.
Dabei ist die deutsch-polnische Freundschaft keine Selbstverständlichkeit. Deutschland hat Polen und dem polnischen Volk viel Leid zugefügt. Die Beziehungen waren geprägt von der gemeinsamen dunklen Geschichte, insbesondere von den Verbrechen des Zweiten Weltkriegs.
Aber diese Geschichte haben wir, ohne zu vergessen, zum Glück hinter uns gelassen; denn in den letzten 25 Jahren hat sich aus dem zaghaften Annähern eine Partnerschaft entwickelt, in der sich zwei Länder auf Augenhöhe gegenüberstehen. Für Brandenburg ist diese Partnerschaft von besonderer Bedeutung, verbindet uns doch eine mehr als 250 Kilometer lange Grenze.